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Knobelritters Spielearchiv - Chrononauts

Art des Spiels: taktisches Kartenspiel
Autor:          Andrew Looney
Verlag:         Looney Labs
Jahrgang:       2000
Spielerzahl:    1 bis 6 Spieler
Alter:          ab 11 Jahren
Dauer:          ca. 20 bis 45 Minuten
Preis:          ca. € 15,-

Die Zeitlinie, so nehmen wir es zumindest wahr, verläuft linear. Es reihen sich Tage auf Tage, Jahre auf Jahre, Jahrmillionen auf Jahrmillionen. Ein Ereignis, welches einmal passiert ist, lässt sich daher nicht mehr ungeschehen machen und hat auch direkte und indirekte Auswirkungen auf spätere Ereignisse, wie wir sehr genau noch aus dem Geschichtsunterricht wissen.

Was wäre aber, wenn das eine oder andere Ereignis anders ausgefallen wäre? Wenn beispielsweise Erzherzog Ferdinand im Jahre 1914 nicht erschossen, sondern das Attentat verhindert worden wäre? Hätte da vielleicht der Erste Weltkrieg überhaupt nicht stattgefunden? Die Zusammenhänge sind natürlich komplexer, aber uninteressant sind solche Gedankengebilde nicht. Forscher gehen sogar noch etwas weiter und stellen die Theorie auf, dass es für jedes Ereignis tatsächlich ein entsprechendes Alternativereignis existiere, und es daher unendliche viele Paralleluniversen gäbe. Man stelle sich vor: Irgendwo gäbe es dann eine Welt, in der die "Titanic" dem Eisberg rechtzeitig ausweichen konnte, Hitler während der Eröffnung der Olympischen Spiele in Berlin einem Anschlag zum Opfer fiel und die Atombombe nie entwickelt wurde. Wie so eine Welt wohl aussehen würde?

Der amerikanische Kleinverlag Looney Labs hat aus diesen Spekulationen ein Kartenspiel geformt. Bei "Chrononauts" übernehmen die Spieler die Rolle von Zeitreisenden, die sich auf unserer Welt wiederfinden, also einer Welt mit allen Ereignissen, die so abgelaufen sind, wie wir sie kennen. Insgesamt sind es 32 Ereignis-Karten, die schön chronologisch geordnet in der Tischmitte ausgelegt werden. Wir unterscheiden dabei zwischen sogenannten "Linchpins" (Hauptereignisse) und "Ripplepoints" (Folgegeschehen).

Da die Zeitreisenden jedoch ursprünglich aus verschiedenen Paralleluniversen stammen, müssen sie bestimmte Ereignisse der Vergangenheit so verändern, dass sie in ihre individuelle Welt zurückkehren können. Jeder Spieler erhält eine geheime "Identitätskarte", auf der durch Schlagzeilen angegeben ist, welche drei Ereignisse auf welche Weise stattgefunden haben müssen, damit die Rückkehr möglich ist. Wer nach Ende seines Zuges seine 3 richtigen Schlagzeilen vorfindet, gewinnt das Spiel.

Nur die "Linchpins" können mit gewissen Karten verändert werden, was sich dann auf einen oder mehrere "Ripplepoints" - wie auf der Karte angegeben - auswirkt. Die entsprechenden Karten werden einfach umgedreht. Durch die Umkehr eines Ereignisses entstehen allerdings sogenannte "Paradoxa", die durch sogenannte "Patches" (alternative Schlagzeilen von stattdessen stattgefundenen Ereignissen) geflickt werden können. Die Identitätskarten jedes Spielers fordern übrigens je 1 Originalereignis und 2 solche "Patches".

Es gibt aber noch zwei andere Möglichkeiten, als siegreicher Chrononaut hervorzugehen. Zum Einen besteht die Möglichkeit, Artefakte zu sammeln. Die Artefakte aus verschiedenen Zeitepochen kommen ebenfalls im allgemeinen Kartenstapel vor. Um zu gewinnen, muss man die drei speziellen Artefakte einer anfangs geheim zugeteilten "Mission" vor sich liegen haben. Hier ist ein Beispiel für eine solche Mission angebracht. Moderne religiöse Institutionen zahlen Top-Preise für folgende religiöse Artefakte: die Dornenkrone von Ihr-wisst-schon-wem, die verlorene Bundeslade (momentan in einer Holzkiste aufbewahrt) und eine Videokassette von der Schöpfung des Universums (auf Betamax).

Und zuletzt gewinnt man das Spiel, sobald man es geschafft hat, nach Abschluss seines Zuges zehn Karten auf der Hand zu halten. Da man zu Spielbeginn nur 3 Karten besitzt und ein normaler Spielzug darin besteht, zuerst 1 Karte vom Stapel zu ziehen, und anschließend entweder 1 Karte zu spielen oder 1 Karte auf den Ablagestapel zu werfen, muss es logischerweise Wege geben, seine Kartenhand zu erhöhen. Und tatsächlich, wenn es einem Time Traveller gelingt, ein Paradoxon zu flicken, also den entsprechenden "Patch" auszuspielen, darf er zur Belohnung eine Extrakarte ziehen. Auch der Verkauf von Artefakten (durch bestimmte Karten möglich) bringt eine, unter Umständen sogar 2 Extrakarten. Leider wird der gezielten Erhöhung der eigenen Kartenhand durch einige Aktionskarten entgegengewirkt (Tausch der Handkarten mit anderen Spielern oder Gleichmäßige Umverteilung aller Handkarten), aber da die Gesamtkartenzahl nie weniger wird, sondern nur anwachsen kann, ist gewährleistet, dass das Spiel sicher irgendwann einmal - nach meinen Erfahrungen zwischen 15 und 60 Minuten - zu Ende ist.

Es ist schade, dass "Chrononauts" bis dato nur in der englischen Version zu haben ist. Zwar sind die Kartenfunktionen nicht zu kompliziert und auch nicht zu vielfältig, so dass man auch mit geringen Sprachkenntnissen bald gut mitspielen kann, aber um die vielen witzigen Anspielungen, die kleinen satirischen Geschichtchen, die eingebaut wurden, verstehen und richtig genießen zu können, ist schon einigermaßen gutes Englisch erforderlich.

Das Spiel selbst ist originell und gut durchdacht. Beim Verändern von Ereignissen ist viel Überblick erforderlich, daher braucht man in den ersten Partien sicher viel Konzentration. Spielt man es jedoch öfters, geht das Ganze schon wesentlich flüssiger vor sich. Zum Gewinnen kommt es weniger auf taktisches Vermögen an, als darauf, gut aufzupassen und sich bietende Gelegenheiten beim Schopf zu packen, schließlich ist man doch ziemlich vom Kartenglück abhängig. Insgesamt kann ich dieses witzige und originelle Kartenspiel jedem ans Herz legen.

Ich kann aber nicht sagen, ob und wie viele Exemplare es noch von "Chrononauts" gibt. Für alle diejenigen, die keines mehr ergattern konnten, bleibt dann nur mehr die Möglichkeit, mit einer Zeitmaschine ein paar Jährchen in die Vergangenheit zu reisen. Oder gibt es etwa in einem Paralleluniversum gar eine deutsche Version?!

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde