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Knobelritters Spielearchiv - Crystal Palace

Art des Spiels: Worker Placement Game
Spieleautor:    Carsten Lauber
Verlag:         Feuerland Spiele
Jahrgang:       2019
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren
Dauer:          90 bis 150 Minuten
Preis:          € 49,90

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Einleitung

Im Jahr 1851 fand die erste Weltausstellung der Geschichte in London statt. Eine der hier der Weltöffentlichkeit präsentierten Neuheiten war der Telegraf. Vorgestellt wurde die Idee einer Industrieausstellung dieser Größe zwei Jahre zuvor, 1849. In diesem Jahr begannen die Planungen.

Und über den Verlauf dieser drei Jahre spielen wir "Crystal Palace". Der Kristallpalast war ein eigens für diese Veranstaltung gebautes Gebäude. 1936 fiel es vollständig einem Brand zum Opfer. Ein Londoner Stadtbezirk ist nach ihm benannt.

2 - 5 Spieler ab 14 Jahren vertreten hier je ein Land ihrer Wahl, um spektakuläre Erfindungen zu präsentieren, einflussreiche Persönlichkeiten jener Zeit für sich zu gewinnen und möglichst viel Aufmerksamkeit zu generieren.

Dieses 60 bis 150 Minuten dauernde Würfeleinsetzspiel, erschienen bei Feuerland im Deutschen sowie Capstone Games im Englischen, ist Carsten Laubers Erstlingswerk. Würfel werden hier nicht gewürfelt, sondern beliebig eingestellt und mit diesen auf Aktionen geboten. Allerdings kostet jede Augenzahl Geld, und Geld ist stets knapp.

Spielbeschreibung

Jede Nation verfügt über eine auf dem Spielertableau abgebildete Besonderheit. Auf dessen linker Seite gibt es drei mit einem Assistenten erreichbare Fortschrittsfelder für eine bestimmte, nationenindividuelle Errungenschaft. Während die Niederländer für gewisse Mengen an Zeitungen belohnt werden, sind es bei den Briten in Westminster erhaltener Einfluss oder bei den Franzosen die Zahl der für ihre Sache gewonnenen Persönlichkeiten..

Gespielt wird über fünf Runden. Der Rundenfortschritt hat jeweils Einfluss auf erreichbare Siegpunkte für gebaute Prototypen sowie generierbare Aufmerksamkeit bei der London Times.

Zu Beginn einer Runde stellen wir parallel und geheim unsere vier Startwürfel auf beliebige Augenzahlen ein. Anschließend wird verglichen, wer hier den höchsten Gesamtwert eingestellt hat. Die niedrigste Gesamtaugenzahl bringt 1 Zeitung ein. Anschließend wird die eingestellte Gesamtaugenzahl in Pfund bezahlt.

Zeitungen können per Jederzeitaktion in unterschiedliche Dinge eingetauscht werden, seien es Zahnräder (werden für den Bau von Prototypen und das Anwerben von Persönlichkeiten benötigt), Bares, Schritte auf der Einkommensleiste oder ein weiterer Würfel.

Nachdem auf diese Weise der Startspieler für die aktuelle Runde gekürt wurde, beginnt dieser mit dem Einsetzen des ersten Würfels auf einem der Gebotsfelder der Aktionstableaus. Er gibt mit der entsprechenden Augenzahl ein Gebot für eins der dortigen Aktionsfelder ab.

Reihum setzt nun jeder Spieler so lange je einen Würfel ein, bis entweder alle Würfel platziert wurden oder ein bzw. mehrere Spieler keine weiteren mehr einsetzen möchten.

Acht Aktionstableaus stehen uns in "Crystal Palace" zur Verfügung. Auf diesen gibt es stets mehr Bietfelder für unsere Würfel als Aktionsfelder. So kommt nicht jeder, der hier ein Würfelgebot abgibt, tatsächlich zum Zuge. Wer leer ausgeht, erhält 1 Trostpfund. Wer auf den jeweiligen Aktionstableaus das Höchstgebot abgegeben hat, darf dort seinen entsprechenden Würfel auf das freie, linke Aktionsfeld schieben und die Aktion ausführen. Dann ist an der Reihe, wer das zweithöchste Gebot abgegeben hat, usw. So werden die acht Tableaus nacheinander abgehandelt.

Die Aktionstableaus stellen Orte oder Institutionen dar, von der London Times über den Port of London, Waterloo Station, Westminster bis hin zum Reform Club oder dem Patent Office.

Im Reform Club werben wir Persönlichkeiten an, im Patent Office erwerben wir Patente, die wir in Prototypen umwandeln können, bei der London Times erzeugen wir Aufmerksamkeit in Form von Schritten auf der Buzzleiste.

Am Schwarzmarkt, einem besonderen Ort, der über keinerlei Bietfelder verfügt, lassen sich Assistenten einsetzen oder bewegen, um dort Einkommenseffekte und Zahnräder zu erhalten. Wird hier das letzte, freie Feld besetzt, sagen die Bobbies Hallo und schicken alle bis auf den Neuzugang/Partycrasher nach Hause.

Wer Kosten nicht begleichen kann, muss Kredite aufnehmen. Diese drohen mit jeweils 8 - 10 Minussiegpunkten am Spielende, wer sie zurückzahlt, kann diese jedoch auf 5 reduzieren.

Wer nach Runde 5 die meisten Siegpunkte generiert hat, gewinnt das Spiel.

Fazit

Das Spiel kann man zu fünft spielen. Kann man. Wenn alle viel Zeit haben. Viel! Zeit! 60 bis 150 Minuten? Zu fünft? Dass ich nicht lache! Selbst mit vier Spielern sind drei Stunden schon sehr knapp kalkuliert. Drei ist eine schöne Zahl! Ein Trio mit zwölf Würfeln! Hier gibt es genügend Wettbewerb um begehrte Aktionsfelder, und es bleibt noch Zeit für einen abschließenden Absacker. Alle Tableaus bieten jeweils eine der Spielerzahl entsprechende Seite mit mehr oder weniger verfügbaren Aktionsfeldern.

Spielprinzip und Ablauf sind schnell verinnerlicht, die Zahl der Entscheidungen ist jedoch riesig.

Phase 1: Würfel einstellen, vergleichen, bezahlen (Oh Gott, wie viele stelle ich ein? Wer soll das bezahlen?)

Phase 2: Würfelgebote platzieren, vergleichen (Oh Herr, was will ich machen? Ich will alles machen! Wenn bloß meine Würfel könnten, wie ich wollte, aber meine Finanzen mich nicht lassen!)

Phase 3: Aktionsphase abhandeln (Toll, jetzt ist nur noch das Aktionsfeld übrig, das zusätzlich Geld kostet…)

Phase 4: Saläre angeworbener Persönlichkeiten zahlen, deren Effekte nutzen (ich brauch schon wieder 'nen Kredit! Mimimimimi…!)

Phase 5: Patente in Prototypen umwandeln, deren Effekte nutzen (Ich bau den Klimawandler!)

Phase 6: Dem Einkommensleistenfortschritt entsprechend Einkommen nehmen, den dortigen Fortschritt um 3 reduzieren, weitere erspielte Einkommenseffekte abhandeln (Na klasse! Wenn ich gleich keine Einkommensschritte zustande bekomme, wird die nächste Einkommensphase eine tränenreiche…)

Verwaltung: Neue Gesichter betreten den Reform Club! Oh, ist das nicht Dr. Watson? Und der da sieht aus wie Alexander von Humboldt! Wie? Neue Patente im Office? Oh! Dort! Ein Schallaufsauger! Oder hier! Dampfsaxophon! Oder da! Eine Spaßbremse!

"Crystal Palace" bietet viele Strategien. Auch Extremstrategien - Stichwort Kredite!

Siegpunkte generell lassen sich generieren über Persönlichkeiten und Prototypen sowie Bonussiegpunkte für Synergien zwischen diesen. Beispielsweise erhalte ich, wenn ich aus dem Blitzdingsbums-Patent einen Prototypen baue und Herrn Bellachini bereits auf meiner Payroll habe, vier Bonussiegpunkte. Andersherum erhalte ich, wenn ich bereits den Prototypen der Gelddruckmaschine gebaut habe und Herrn Bellachini einstelle, auch hier vier Bonussiegpunkte. Wann ich allerdings welchen Prototypen baue oder welche Person einstelle, hat Einfluss auf die Siegpunkte, die ich für diese erhalte. Diese fallen nämlich höher oder niedriger aus, je nachdem, in welchem Jahr dies geschieht.

Auch gibt es Persönlichkeiten, die sowohl Soforteffekt UND wiederkehrend einmal pro Runde nutzbare Eigenschaft mitbringen, andere hingegen bieten entweder das eine oder das andere.

Prototypen ermöglichen auf sich selbst oder auf Mitspieler einmalig anwendbare positive oder negative oder Einkommenseffekte. Ja, klingt nach Interaktion! Kommt aber selten vor und ist in der Gesamtbetrachtung des Interaktionsgehalts dieses Spiels völlig vernachlässigbar. Da spielt das Wettbieten um die Aktionsfelder eine sehr viel größere Rolle.

Die Buzzleiste, auf der unterwegs insgesamt bis zu zwei Marker pro Spieler an sechs möglichen Orten abgelegt werden können, um die dort abgebildeten Einkommenseffekte freizuschalten, belohnt die Spieler am Spielende mit Siegpunkten, je nachdem, wer hier die längste Strecke zurückgelegt hat. Wir haben uns allerdings gefragt, was es bringen soll, hier bis nach ganz oben zu latschen. Da oben gibt es einen Ort, an dem lege ich eins meiner zwei Scheibchen ab und ... bekomme in den Einkommensphasen 11 Siegpunkte. Bis ich da oben bin, kann es allerdings dauern. Da kann ich genauso gut weiter unten Scheiben platzieren. Das sind weniger Siegpunkte, stimmt, dafür bin ich früher da und erhalte entsprechend häufiger den Effekt. Gut, wenn es mehr als einen Aufmerksamkeitssüchtigen gibt, und keiner von denen nachgeben will, wird es ein Wettlauf um die höchste Siegpunktzahl zum Spielende und entsprechend weiter läuft man. Aber so weit nach oben? Unserer Meinung nach die Mühe nicht wert!

Auf dem Westminster-Tableau können wir auf der Einflussleiste voranschreiten und dort Einmaleffekte auslösen. Unser dortiger Fortschritt wirkt sich auf die Gehaltsforderungen der eingestellten Persönlichkeiten aus. Je weiter ich hier komme, desto genügsamer werden sie. Wobei es hier auch Ausnahmen gibt. Leute wie Camille Pissarro oder Levi Strauss denken, man könne mehr verlangen, je berühmter wir werden. Pff, die sollten froh sein, dass sie für uns arbeiten dürfen!!

Das Tableau der Bank of England bietet stets zwei Plättchen mit sehr wertvollen Soforteffekten an: Schritte auf der Einkommensleiste (erwähnte ich schon, dass Geld in "Crystal Palace" furchtbar knapp ist?) und Siegpunkte.

Der Port of London ist ein sehr vielseitiges Tableau. Ich bekomme hier zwei Assistentenaktionen (am Schwarzmarkt ist erstere sogar kostenlos durchführbar), zwei Zahnräder, zusätzliche Würfel oder eine ganz besondere Aktion: Ich kann einen Würfel opfern, um sofort eine jahresabhängig unterschiedlich hohe Siegpunktzahl zu erhalten plus Siegpunkte der Augenzahl entsprechend. Diese Aktion erfordert jedoch ein Ticket und von diesen gibt es nur drei im Spiel.

Auf unserem Spielertableau gibt es noch einen sehr wichtigen, zentralen Bereich, der aus zehn mit je zwei Minussiegpunkten verzierten Feldern besteht. Ich möchte diese während des Spiels mit Forschungsplättchen abdecken, die ich über das British Museum, Prototypen oder Persönlichkeiten erhalte. Diese Plättchen bieten mir Sofort- oder Einkommenseffekte. Je mehr dieser Felder ich am Spielende nicht mehr sehen kann, desto weniger schmerzhaft fällt die Schlusswertung aus. Kredite, die ich aufnehme, platziere ich ebenfalls auf diesen Feldern. Praktisch!

Kredite! Wer glaubt, er könne fünf Runden "Crystal Palace" spielen, ohne einen Kredit aufzunehmen, ist entweder sehr, sehr, sehr mutig oder ein bisschen größenwahnsinnig. Was jetzt nicht heißen soll, dass es nicht doch ginge. Wenn man sich darauf konzentriert, das Rundeneinkommen hoch zu halten, kann das funktionieren. Dafür muss Fortuna jedoch dafür sorgen, dass die Mitspieler die dafür nötigen Felder nicht besetzen. Kredite sind ein wichtiger Teil des Spielkonzepts. Wie schon erwähnt, fallen alle Spieler auf der Einkommensleiste in jeder Runde um drei Felder. Wer auf den untersten Feldern ankommt, zahlt Strafe in Form von Minussiegpunkten, wer ganz unten anschlägt, zahlt in Pfund! Die Frage ist daher in aller Regel gar nicht, OB du Kredite aufnimmst, sondern vielmehr wie viele, und wie viele davon du zurückzahlst.

Das Spiel erzeugt diesen Twist zwischen "Ich will hoch bieten, weil ich viel vor habe" und "Wovon soll ich das bitte bezahlen? Ich will nicht schon wieder einen Kredit aufnehmen!" Kreditplättchen liegen verdeckt und werden dementsprechend gezogen. Sie sind, wie eingangs erwähnt, zwischen acht und zehn Minussiegpunkte wert, wenn sie nicht zurückgezahlt werden. Beglichene Kredite schlagen netto nur noch mit drei Minussiegpunkten ins Kontor, da sie brutto zwar minus fünf wert sind, jedoch zwei auf dem Spielertableau abdecken. Nun ja, es sei denn, ich nehme mehr Kredite auf, als Platz für Plättchen auf meinem Tableau vorhanden ist, aber dann, DANN ... bin ich wohl bereits in einen Zustand jenseits von Verrückt transzendiert ...

Ich kann jedoch auch darauf spekulieren, dass ich mit niedrigen Augenzahlen noch Zugang zu attraktiven Aktionsfeldern erhalte. Ich sehe ja, welche Würfelwerte die Mitspieler noch haben. Das wäre dann ein sehr günstiger Weg, eine Aktion zu ergattern.

Wer übrigens das Dampfzahnbohrer-Patent erwirbt und daraus einen Prototypen baut, wird auf der Rückseite der Karte mit einem Flavourtext belohnt, der jedem, der an Zahnarztphobie leidet, das Blut in den Adern gefrieren lässt. Die Flavourtexte sind jedenfalls sehr gelungen!

Auf den Spielertableaus lassen sich die einzelnen, übersichtlich gestalteten Phasen und was in ihnen passiert, gut ablesen. Die Ikonographie generell ist leicht verständlich. Hier wurde gute Arbeit abgeliefert. Jede Phase ist durch eine andersfarbige Gardine (ich nenne sie immer Gardinen, sorry, laut Anleitung sind es Banner) gekennzeichnet. Ein Beiblatt zur Anleitung bietet ein übersichtliches Glossar. Top!

Schön sind die farbigen Schatztruhen für die Spieler, in denen die Würfel und Tokens Platz finden. Diese Pappbehältnisse werden vor dem allerersten Spiel in Form geknickt und an den Ecken fixiert. Sie dienen auch dazu, die frisch eingestellten Würfel zunächst abzudecken, da das Einstellen der vieläugigen Kuben geheim geschieht.

Die Spielanleitung bietet wenig Grund zum Grübeln. Wir sind ziemlich gut klar gekommen. Die wichtigen Dinge sind hier gut mithilfe von Abbildungen erklärt.

Abschließend und zusammenfassend kann ich guten Gewissens konstatieren, dass "Crystal Palace" ein grandios gutes Würfeleinsetzspiel mit einem tollen Bietmechanismus ist. All meinen Mitspielern gefiel der Twist, die Würfel zwar selbst einstellen zu können, jedoch der Versuchung, hierbei möglichst hohe Augenzahlen zu wählen, stets knappe Finanzen und somit schmerzhafte Kredite gegenüber stehen.

Auch die Zahl der sich auf den acht Tableaus bietenden Möglichkeiten, gepaart mit dem illustratorisch toll rübergebrachten Setting weiß sehr zu gefallen. Der in die Patentideen und Persönlichkeiten eingeflossene Humor rundet die Präsentation wundervoll ab.

Das Spielmaterial an sich bietet keinerlei Angriffsfläche. Die Tableaus sind stabil, wölben sich nicht, und die Karten sind von robuster Qualität.

Ich empfehle - wie bereits erwähnt - ausdrücklich, das Spiel am besten zu dritt, maximal zu viert zu spielen, es sei denn, Zeit spielt keine Rolle.

Carsten Burak

Bewertung: 4½ Schilde