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Knobelritters Spielearchiv - Das Orakel von Delphi

Art des Spiels: Würfel- und Logistik-Spiel
Spieleautor:    Stefan Feld
Verlag:         Pegasus Spiele
Jahrgang:       2016
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 75 Minuten
Preis:          ca. € 35,-    

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Von der griechischen Sagenwelt ist mir von der Schulzeit nicht recht viel in Erinnerung geblieben. Am meisten hängengeblieben - aber daran sind wohl auch TV und Kino Schuld - sind mir die Abenteuer von Herkules und von Odysseus. Das trifft sich gut, denn das Spiel, um das es hier geht, könnte man als eine Kombination dieser beiden Sagen betrachten. Wie der Halbgott haben wir 12 Aufgaben zu erfüllen, wie zum Beispiel das Besiegen von Monstern, und wie der Held von Troja irren wir durch die Inselwelt herum, um nach Erledigung unserer Pflichten hoffentlich als Erster nach Hause zu kommen.


Aber zuerst einmal spielen wir Gaia, die griechische Göttin der Schöpfung, und erschaffen unsere eigene Ägäis. Sie wird aus modularen Teilen, welche aus mehreren Sechseckfeldern bestehen, vor jeder Partie aufgebaut. Obwohl der Aufbau der Inselwelt beliebig ist (für Anfänger gibt es eine empfohlene Aufbauanleitung), ist darauf zu achten, dass alle Wasserwege zusammenhängen und somit einen gemeinsamen Ozean bilden.

Schließlich müssen noch verschiedene Zeile auf den Inseln platziert werden: Opfergaben (kleine Würfelchen), Tempel, Statuen und Monster in sechs Farben sowie verdeckte Inselplättchen, jeweils auf die dafür vorgesehenen Felder. Insgesamt eine recht aufwendige Prozedur. Dies bildet dann die in jeder Partie neue Ausgangssituation für unsere Abenteuer.

Die Farben der erwähnten Teile haben nichts mit den Spielerfarben zu tun, sondern entsprechen den auf den Würfeln vorkommenden Farben. Diese Würfel steuern unsere Aktionen. Jeder von uns besitzt 3 Farbwürfel ("Orakelwürfel" genannt), die wir am Ende unseres Spielzuges würfeln. Sie ermöglichen uns dann im nächsten Zug 3 Aktionen.

Bei fast allen Aktionen ist die Farbe des dafür eingesetzten Orakelwürfels wichtig. So muss bei einer Bewegung unseres Schiffes das Zielfeld der Farbe des Würfels entsprechen. Wir dürfen auf diese Weise unser Schiff um bis zu 3 Felder ziehen. Wollen wir auf einem benachbarten Feld ein Monster bekämpfen, muss der Orakelwürfel dieselbe Farbe wie das Monster aufweisen.

Um ein Inselplättchen aufdecken zu dürfen, müssen das Inselfeldes und unser Würfel dieselbe Farbe haben. Dasselbe gilt für das Aufladen von Opfergaben und Statuen, sowie für das Abliefern derselben an ihrem designierten Bestimmungsort (Tempel bzw. Bauplatz). Um einen Gott auf der Götterleiste vorrücken oder Wundenkarten ablegen zu dürfen, braucht man ebenfalls den passenden Würfel.

Das Prinzip ist stets dasselbe: Die Farbe des eingesetzten Orakelwürfels muss zur gewählten Aktion passen. Die einzigen Ausnahmen bilden die 3 Nebenaktionen, welche unabhängig von der Farbe des Würfels sind: 1 Orakelkarte nehmen, 2 Gunstplättchen nehmen und 2 Inselplättchen ansehen.

Die meisten Aktionen dienen dazu, die uns auferlegten Aufgaben zu erledigen. Hierzu erhalten wir zu Spielbeginn 12 Zeusplättchen, auf denen unsere Aufgaben angegeben sind. So müssen wir

  1. unter allen Inselplättchen jene drei in unserer Farbe aufsuchen,
  2. drei Monster besiegen,
  3. drei Statuen errichten und
  4. drei Opfergaben zu Tempeln bringen.

In allen Fällen dürfen wir das erledigte Plättchen abgeben und erhalten zudem den darauf vermerkten Bonus, zum Beispiel 3 Gunstplättchen für ein vollbrachtes Opfer. Wenn es uns gelingt, zuerst alle Aufgaben zu erfüllen und anschließend zum Startfeld zurückzukehren, gewinnen wir das Spiel und steigen in den Olymp zu den griechischen Göttern auf, oder so.

Das war schon alles? Mancher Leser wird sich nun wohl wundern, dass für ein Spiel von Stefan Feld bis jetzt eigentlich ungewohnt wenige Regeln vorkommen. Das liegt aber daran, dass ich - um die Spielbeschreibung möglichst kurz und verständlich zu halten und nicht zu überfrachten - nicht alles erwähnt habe. Selbstverständlich bietet Stefan auch hier wieder ein eher komplexes Regelwerk. Ich möchte nicht allzu sehr ins Detail gehen, aber mich dennoch ausführlich einigen interessanten Aspekten widmen.

Zuerst einmal wird der Begriff "Würfel" bei Hobbystrategen und Freizeittaktiker die Nase rümpfen lassen. Ein Würfelspiel? Ist "Das Orakel von Delphi" damit nicht glücksabhängig? Nein, mit der derselben Argumentation könnte man ja auch "Catan" als reines Glücksspiel abtun. Selbstverständlich spielt das Glück eine gewisse Rolle, und wer öfter die Farben erwürfelt, die er gerade braucht, hat's sicherlich leichter. Aber es gibt genug Möglichkeiten, Tyche, der griechischen Göttin des Zufalls und des Schicksals ein Schnippchen zu schlagen.

Die Farben der Orakelwürfel sind auf den Spielertableaus nämlich kreisförmig angeordnet. Mit den bereits erwähnten Gunstplättchen lässt sich ein Würfel "umfärben", und zwar um eine Position im Uhrzeigersinn pro eingesetztem Gunstplättchen. Eine weitere Möglichkeit bieten die Orakelkarten. Für einen Würfel beliebiger Farbe kann man sich ja eine Orakelkarte vom verdeckten Stapel nehmen. Diese zeigt eine der sechs Farben und kann zu einem beliebigen Zeitpunkt wie ein Würfel derselben Farbe eingesetzt werden. Allerdings ist der Einsatz auf 1 Orakelkarte pro Spielzug beschränkt.

Diese beiden Elemente sind recht hilfreich, den Glücksfaktor zu reduzieren. Außerdem liegt es jedem selbst in der Hand, das jeweils Beste aus seinem Würfelwurf zu machen. Aber wenn wir schon mal beim Würfelglück sind, muss ich auch noch ein wenig auf den Kampf gegen die Monster eingehen, bei dem allerdings nicht Hexaeder (griechisch für "Sechsseiter"), sondern Trapezoeder (spezielle zehnseitige Würfel) zum Einsatz kommen.

Anders als bei Opfergaben und Statuen reicht es bei Monstern nicht aus, mit seinem Schiff auf ein benachbartes Feld zu ziehen und einen passenden Würfel abzugeben. Das Biest wehrt sich mit Leibeskräften und muss zusätzlich noch besiegt werden. Und das geht so: Jedes Monster hat eine Stärke von 9, die mit dem zehnseitigen Würfel erzielt werden muss. Ohne Modifikation eine recht aussichtslose Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass die "9" die höchste Zahl ist (eine "0" wäre sogar ganz ungünstig). Aber erstens kann man von der Stärke des Monsters die Stärke seines Schildes abziehen, zweitens darf man gegen Abgabe eines Gunstplättchens einen weiteren Würfelwurf durchführen. Mit jedem Wurf sinkt zudem die Stärke des Monsters. Mit gutem Schild und ausreichend Gunstplättchen ausgestattet, geht dann doch irgendwann jedes Monster in die Knie.

Schilde helfen übrigens auch gegen den Angriff des Titanen am Ende jeder Runde. Der letzte Spieler einer Runde würfelt am Ende seines Zuges den Titanenwürfel, der die Stärke des Titanen angibt und mit dem er jeden Spieler einzeln angreift. Kann ein Spieler den Angriff nicht mit seinem Schild abwehren, erhält er eine Wundenkarte, bei einer "6" sogar 2. Diese Wundenkarten können recht lästig sein, denn besitzt man am Anfang seines Zuges drei gleichfarbige Wundenkarten oder insgesamt sechs Stück, kann man zwar 3 beliebige abgeben, setzt aber diese Runde aus. Auch mit den Farben der zufällig gezogenen Wundenkarten kann man deshalb mal Pech oder Glück haben.

Das war's dann aber auch mit allen Zufallselementen, gegen die man in den meisten Fällen aber ausreichend entgegensteuern kann. Ansonsten dominieren bei "Das Orakel von Delphi" Logistik und Planung. Auf das Grundprinzip reduziert handelt es sich ja um ein "Pick & Deliver"-Spiel. Es gilt daher, seine Wege sinnvoll und möglichst zeitsparend vorauszuplanen. Besonders in der Anfangsphase sollte deshalb die Ausgangslage aufmerksam studiert und "gelesen" werden. Ich finde zudem das Erfüllen von Aufgaben als eine willkommene Abwechslung zum gewohnten und schon so abgedroschenen Sammeln von Siegpunkten.

Obwohl die Spieler sehr mit ihren eigenen Würfeln und Plänen beschäftigt sind, kommt die Interaktion nicht zu kurz. Sie kommt vor allem im Wettlauf um Monster, bestimmte Opfergaben und günstig gelegene Statuen zum Tragen. Sowohl bei den Tempelopferungen als auch bei den Monstern sind nämlich jeweils zwei bestimmte Farben vorgeschrieben, und da will natürlich keiner jene Opfergaben und Monster abkriegen, die längere und umständlichere Wege erfordern.

Schließlich noch zu etwas, was man von Stefan Feld schon zur Genüge kennt: "Das Orakel von Delphi" bietet ebenfalls viele Möglichkeiten zu Zusatz- bzw. verbesserten Aktionen. Begleiterkarten, welche man als Belohnung für das Errichten einer Statue erhält, bringen - je nach Art des Begleiters - entweder Vorteile im Kampf (Helden), bei der Bewegung (Kreaturen) oder eine Jokerfunktion einer Würfelfarbe (Halbgötter). Besiegt man ein Monster, darf man sich hingegen eine Ausrüstungskarte der offenen Auslage nehmen, welche entweder für einen dauerhaften Vorteil (z. B. eine größere Reichweite seines Schiffes) oder für einen Soforteffekt (etwa eine Statue direkt aufs Schiff laden) sorgt.

Die bereits erwähnten Götter auf ihren Götterleisten können ebenfalls sehr vorteilhaft sein. Erreicht nämlich eine Götterscheibe das oberste Feld, erhält der Spieler vom entsprechenden Gott eine Sonderaktion, die er zu einem beliebigen Zeitpunkt während seines Zuges einsetzen kann. So erlaubt etwa "Poseidon", sein Schiff sofort auf ein beliebiges Wasserfeld zu setzen, "Aphrodite", alle Wundenkarten abzulegen, oder "Ares" ein Monster zu besiegen, ohne dafür würfeln zu müssen.

So hilfreich die göttliche Unterstützung auch sein mag, zahlt es sich nicht wirklich aus, Götter lediglich mit Würfeleinsatz vorzurücken. Glücklicherweise gibt es noch eine Möglichkeit dafür. Jedes Mal, wenn ein Spieler am Ende seies Zuges seine drei Orakelwürfel für die nächste Runde auswürfelt, dürfen die anderen Spieler eine Götterscheibe einer gewürfelten Farbe vorrücken, sofern sich diese bereits auf der Leiste befindet. Wer da vorausschauend in mehrere Götter "investiert", erhöht die Chancen auf göttlichen Beistand.

Und dann gibt es noch ein letztes Spielelement. Gegen den Uhrzeigersinn, vom Spieler rechts vom Startspieler beginnend, sucht sich jeder Spieler ein Schiffsplättchen aus, das ihm einen individuellen Startvorteil bringt, zum Beispiel bereits 2 Schilde zu Beginn des Spiels, eine größere Reichweite des Schiffs, oder geringere Kosten beim "Umfärben" der Orakelwürfel.

Stefan Feld hat uns hier wieder ein sehr schönes Spiel abgeliefert, dessen Grundmechanismen eigentlich erstaunlich einfach sind. Mit vielen kleinen Regeldetails bietet er den Spielern aber reichlich Abwechslung, Spielraum für taktische Raffinessen und gefinkelte Züge, was denn allerdings zu Lasten des Spielflusses geht. Mit Grüblern am Tisch kann das Spiel deshalb in voller Besetzung doch schon mal gute 2 Stunden in Anspruch nehmen, obwohl es durchschnittlich nicht mehr als 12 bis 14 Runden braucht, bis jemand seine 12. Aufgabe erfüllt.

Für mich stellt "Das Orakel von Delphi" aufgrund der relativen Einfachheit der Regeln, der etwas anderen Aufgabenstellung und der taktischen Möglichkeiten eines der besten Werke von Stefan Feld dar, und ich bin jederzeit wieder gerne bereit, mich auf eine abenteuerliche Reise durch die Ägäis zu begeben. Am besten mit 2 oder 3 Mitstreitern…

Franky Bayer

Wertung: 5 Schilde