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Knobelritters Spielearchiv - Der weisse Hai

Art des Spiels: asymmetrisches Taktikspiel
Spieleautor:    Prospero Hall
Verlag:         Ravensburger Spiele
Jahrgang:       2020
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          ca. 60 Minuten
Preis:          ca. € 39,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spielexperten:      (+)

Einleitung

"Der weiße Hai" (Originaltitel: "Jaws") ist ein US-amerikanischer Thriller von 1975, der unter der Regie von Steven Spielberg gedreht wurde. Zusammen mit dem zwei Jahre später erschienenen "Krieg der Sterne" läutete der Film die Ära des Blockbuster-Kinos in Hollywood ein und gilt bis heute als einer der besten Thriller. Er sorgte zudem für einen Boom des Tierhorror-Genres und hatte neben den offiziellen Fortsetzungen zahlreiche weitere Haifilmproduktionen zur Folge.

So steht's auf Wikipedia. 45 Jahre sind seit der Premiere des Films vergangen. Obwohl einige Spiele erschienen sind, in denen die gefräßigen Knorpelfische die Hauptrolle spielen, gab es bis vor kurzem kein einziges Spiel, das sich der Originalgeschichte bedient. Erst das Autorenteam "Prospero Hall" aus Seattle hat die spannende Story gekonnt in ein Brettspiel umgemünzt, in dem sich ein besonders großes Exemplar des ohnehin schon größten Raubfisches der Welt und seine Jäger einen packenden Zweikampf in 2 Akten liefern.

Spielbeschreibung

Ein Zweikampf, das bedeutet, dass es zwei Parteien mit entgegengesetzten Zielen gibt. Hier finden wir auf der einen Seite den weissen Hai, dessen primäres Ziel die Selbsterhaltung ist, also Nahrungsaufnahme, was in seinem Fall leider auch unschuldige Schwimmer und andere menschliche Opfer betrifft, die sich in sein Habitat - das Meer - wagen. Ein Spieler übernimmt die Rolle dieses Raubfisches.

Dieses Verhalten entspricht natürlich nicht den Vorstellungen der Bewohner und Besucher des beschaulichen Badeorts Amity Island, welchen der Hai als sein persönliches Jagdrevier auserkoren hat. Chief Brody, der Chef der lokalen Polizei, Quint, ein erfahrener Haifänger und der Meeresbiologe Hooper versuchen daher, die Schwimmer zu retten und den Hai zu jagen. Diese 3 Rollen werden unter den anderen Spielern aufgeteilt.

Das Duell wird - inspiriert vom Originalfilm - in zwei Akten ausgefochten. Der erste Akt findet auf Amity statt, der zweite Akt schließlich auf Quints Bott - der "Orca" - auf hoher See.

1. Akt: Amity

Dieser Akt spielt auf Amity Island. Der Spielplan zeigt die Stadt unterteilt in ein paar Stadtteile und vier Strände, sowie das die Insel umgebende Meer unterteilt in ein paar Zonen. In jeder Runde bestimmt zuerst eine Ereigniskarte (Phase 1), wie viele Schwimmer an welchen Stränden neu hinzukommen. Außerdem gibt die Karte Anweisungen, die entweder sofort befolgt werden müssen, oder sich auf spätere Phasen der Runde beziehen.

Danach (in Phase 2) darf der Hai bis zu 3 Aktionen (Bewegung, Schwimmer fressen) und eine Zusatzfähigkeit ausführen. Dies macht der Spieler geheim und notiert dies auf seinem Bewegungsplan. Anschließend verkündet er bloß, welche Schwimmer er gefressen hat, und ob bzw. welche Bewegungsmelder er ausgelöst hat. Nutzte er eine seiner 4 einmalig einsetzbaren Zusatzfähigkeiten, muss er dies zwar melden, aber nicht welche davon ("Fressrausch", "Ausweichmanöver", "Turbo" oder "Außer Sicht") er gespielt hat.

In Phase 3 ist schließlich die Besatzung in beliebiger Reihenfolge dran. Jeder darf bis zu 4 Aktionen ausführen, wobei jedem Besatzungsmitglied unterschiedliche Aktionen sowie anderes Spielmaterial zur Verfügung stehen. Chief Brody bewegt sich über die Insel Amity, um Schwimmer aus dem Wasser zu holen, Fässer an die Docks zu liefern, bei der Suche nach dem Hai zu helfen und Strände zu schließen. Quint steuert sein Boot durchs Meer, um Schwimmer zu retten und Fässer ins Wasser zu werfen, mit denen er den Hai aufzuspüren oder sogar zu treffen hofft. Und Hooper fährt mit seinem Schnellboot, um bei der Suche nach dem Hai zu helfen (vor allem mit seinem Fischfinder-Radar), Quint Fässer zu liefern und ebenfalls Schwimmer zu bergen.

Der erste Akt endet sofort, wenn entweder der Hai 9 Schwimmer fressen konnte, oder die Besatzung es schafft, ein zweites Fass am Hai zu befestigen. Die Anzahl der vom Hai gefressenen Schwimmer bestimmt sowohl, wie viele Spezialfähigkeitskarten dem Hai, als auch wie viele zusätzliche Ausrüstungskarten der Besatzung für den 2. Akt zur Verfügung stehen.

2. Akt: Die Orca

Der ultimative Showdown findet auf der Orca statt, wozu der Spielplan umgedreht, und das Boot aus 8 Bootskärtchen auf den vorgegebenen Feldern aufgebaut wird. Die Besatzungsmitglieder bekommen ihre eigene Grundausrüstung, ansonsten wird das Ergebnis des 1. Aktes für die zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel für beide Parteien herangezogen.

Jede Runde besteht nun aus 6 Phasen. Zuerst bieten dem Hai drei zufällig aufgedeckte Karten 3 Auftauchoptionen, welche mit den Buchstaben A, B und C gekennzeichnet werden. Der Hai entscheidet sich mit einem Chip verdeckt für eine der 3 Auftauchkarten. Danach bereitet sich die Besatzung durch Bewegung, Wahl einer Waffe oder eines Zubehörs, sowie der Platzierung des entsprechenden Zielchips auf den bevorstehenden Angriff vor.

Nachdem der Hai dann seinen Chip offenbart hat und so das gewählte Feld angreift, kann die Besatzung den Hai attackieren, sofern das Zielplättchen tatsächlich auf dem Feld liegt, auf dem der Hai auftaucht. Die Angriffe werden mit Spezialwürfeln durchgeführt, wobei der Hai soviele Verwundungen erleidet wie die Summe der Treffer (inklusive des Waffenbonus) abzüglich des Ausweichwertes der Auftauchkarte. Abschließend greift der Hai ebenfalls mit Würfeln an, wobei er sich eventuell zwischen dem Boot oder einem im Wasser befindlichen Besatzungsmitglied entscheiden muss. Während die Verwundungen von Hai und Besatzung auf den Charaktertafeln festgehalten werden, werden Bootsplättchen bei ausreichend vielen Treffern zuerst auf die kaputte Seite umgedreht und bei erneutem Angriff ganz entfernt.

Der Hai gewinnt sofort, wenn es ihm gelingt, das Boot vollkommen zu zerstören oder alle Besatzungsmitglieder zu eliminieren. Die Besatzung gewinnt wiederum augenblicklich, wenn sie es schafft, dem Hai ausreichend viele Verwundungen zuzufügen.

Fazit

"Der weisse Hai" - das sind eigentlich zwei separate Spiele, denn die beiden Akte unterscheiden sich doch einigermaßen. Dies ist auch der Grund für die relativ lange Spielbeschreibung, schließlich musste ich ja beide Spielabläufe erklären. Aus diesem Grund werde ich auch hier im Fazit die beiden Akte getrennt voneinander beurteilen.

Der 1. Akt erinnert an "Scotland Yard" - immerhin "Spiel des Jahres 1983" und noch immer Dauerbrenner im Ravensburger-Sortiment. Auch dieses ist ein asymmetrisches Spiel mit klar verteilten Rollen. Ein Spieler bewegt sich verborgen auf einem Spielplan, und die anderen müssen ihn fangen, wobei die Jäger den Hinweisen folgen, die der Gejagte von Zeit zu Zeit hinterlassen muss. Sie versuchen dabei, die möglichen Aufenthaltsorte zu erraten und den Gejagten immer mehr in die Enge zu treiben.

Im Falle des Hais will dieser aber nicht nur seinen Häschern entwischen, sondern verfolgt sein eigenes Ziel. Er muss daher abwägen, wo er zuschlagen will und wann er seine Zusatzfähigkeiten einsetzen soll. Hierzu gehört auch eine Risikoeinschätzung, ob es sich lohnt, mehr Schwimmer zu fressen, dafür aber weniger Fluchtmöglichkeiten vorzufinden. Sich nur zu verstecken, funktioniert nicht, da die Zeit für die Jäger spielt und sie die Schlinge sonst immer enger ziehen können. Und natürlich kommt hier auch eine gehörige Portion Bluff ins Spiel. Die Besatzung wiederum muss ihre Aktionen bestmöglich koordinieren, um ihre Mittel am effektivsten einsetzen zu können. Dabei stechen vor allem die unterschiedlichen Fähigkeiten der Besatzung hervor, die ein geplantes und wohl abgestimmtes Vorgehen erfordern.

Dieses hochpsychologische Spielchen sorgt für ein intensives Spielerlebnis, gefällt mir ausgesprochen gut und ist für sich alleine schon eine Kaufempfehlung wert. Der Wermutstropfen: Der Ausgang dieses Aktes bestimmt noch keinen Sieger, sondern bereitet nur die Ausgangssituation für den 2. Akt vor.

Die Asymmetrie bleibt auch im 2. Akt erhalten, denn wieder haben beide Parteien vollkommen unterschiedliche Mittel, um ihre individuellen Ziele zu erreichen. Beide wollen ihre Gegner eliminieren, wobei der Hai naturgemäß widerstandsfähiger ist und mehr Treffer einstecken kann als die drei Jäger. Die Summe an Verwundungen, die jede Partei seinem(n) Kontrahenten zufügen muss, ist jedoch ident, denn die 3 Besatzungsmitglieder geben bereits mit der sechsten Verwundung den Löffel ab, der Hai mit der achtzehnten. Darüber hinaus ist der Hai aber auch siegreich, wenn es ihm gelingt, das Boot völlig zu zerstören.

Der Hai ist im Gegensatz zum 1. Akt zwar nicht topographisch in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, dafür hat er allerdings bloß 3 mögliche Auftauchoptionen. Für welche der drei ausliegenden Auftauchkarten er sich entscheidet, hängt weniger davon ab, wo er am meisten Schaden anrichten kann, sondern vielmehr, wo er glaubt, den Waffen der Besatzung am besten aus dem Weg zu gehen. Während der Hai ja automatisch einen Angriff macht und auch gerne das Boot attackiert, müssen Quint, Hooper und Brody die Intentionen des Hais erraten, um ihre Waffen überhaupt einsetzen zu können. Meist müssen sie sich entscheiden, ob sie sich auf jenes Feld konzentrieren, in dem sie mit dem Angriff rechnen, oder sich lieber verteilen, um mehrere Felder abzudecken.

Die Optionen nehmen im Laufe des Spiels ab, wenn die Orca zusehends zerstört wird, wodurch die Bewegung der Besatzungsmitglieder immer mehr eingeschränkt wird. Für die Treffer werden übrigens Würfel herangezogen. Auch wenn die Waffen der Besatzung einen bestimmten Grundwert geben, ist hier doch ein relativ hoher Glücksfaktor gegeben. Dies sehe ich aber nicht unbedingt als Nachteil, er sorgt vielmehr für eine gewisse Unsicherheit bei Begegnungen und damit für Nervenkitzel.

Obwohl es hier - im Gegensatz zum 1. Akt - einen eindeutigen Sieger des Duells gibt, konnte uns der fortgesetzte Kampf auf der Orca nicht wirklich überzeugen. Ich finde es dramaturgisch unbefriedigend, wenn durch den Ausgang im 1. Akt ungleiche Voraussetzungen geschaffen werden. Wenn dadurch eine Seite stark benachteiligt ist, muss sie sich dennoch mit nur geringen Aussichten auf Erfolg dennoch durch den 2. Akt quälen. Vielleicht hätte man diesem Problem begegnen können, man nicht die zur Verfügung stehenden Mittel an den Ausgang des 1. Aktes anpasst, sondern die "Lebenspunkte" des Hais und der Jäger. Die Ungleichheit bestünde dann zwar ebenfalls, das "Leiden" des Unterlegenen wäre aber dementsprechend kürzer.

Ich empfehle eher, die beiden Teile einzeln zu spielen, was auch in der Spielregel als Variante angeboten wird. Spielerisch sagt mir das Katz-und-Maus-Spiel auf Amity eindeutig mehr zu, nur leider könnte der Sieger bei einem Einzelspiel nur so in etwa anhand der gefressenen Schwimmer ermittelt werden (mehr als 7 gefressene Schwimmer = Erfolg des Hais). Die Verknüpfung beider Akte ist meiner Meinung nach nicht so recht gelungen, was dem Spiel einen fahlen Beigeschmack verleiht.

Das Spielmaterial ist hingegen recht ansprechend gestaltet, auch wenn es sich in der zu großen Schachtel recht verloren fühlen muss. Viele Originalzitate aus dem Film auf den Karten sorgen für viel prickelnde Atmosphäre. "Der weisse Hai" wird sicher noch das eine oder andere Mal auf unserem Spieltisch landen, aber ich fürchte, dass nur der 1. Akt davon auch noch tatsächlich gespielt wird.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde