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Knobelritters Spielearchiv - Golem

Art des Spiels: Strategiespiel	
Spieleautoren:  Virginio Gigli, Flaminia
                Brasini & Simone Luciani
Verlag:         Cranio Creations
Jahrgang:       2021
Spielerzahl:    1 bis 4 Spieler
Alter:          ab 13 Jahren
Dauer:          ca. 120 Minuten
Preis:          € 54,90

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Einleitung

Ende Oktober des vergangenen Jahres - in den österreichischen Herbstferien - war ich in Prag. Natürlich rein nebenberuflich, denn ich musste vor Ort Recherchen für eine fundierte Rezension des Spiels "Golem" einholen. Der Lehmwächter wurde nämlich - laut jüdischer Mythologie - im Jahre 1584 vom Rabbi Loew in einer Synagoge der tschechischen Hauptstadt erschaffen.

Im Spiel schlüpfen wir in die Rolle von Gelehrten, welche ihr Wissen nutzen, um geheimnisvolle Bücher zu studieren, Gold zu sammeln, mächtige Artefakte herzustellen und die unermüdlichen Golems zu erschaffen, welche nützliche Arbeiten in der Stadt erledigen sollen.

Spielbeschreibung

Der Spielplan zeigt wenig überraschend Prag. Es ist aber nicht jenes Prag, welches ich erlebt habe, was aber nicht nur daran liegt, dass "Golem" Ende des 16. Jahrhunderts spielt. Vielmehr konzentriert sich der Plan auf nur wenige Orte: Einen Palast, in den zu Beginn 4 Charakterkarten kommen, eine Bibliothek, in der stets 5 offene Bücherkarten ausliegen, ein Friedhof am unteren Rand des Plans, sowie drei Bezirke in den Farben rot, gelb und blau. In diesen Bezirken, in die anfangs zufällige Nachbarschaftsplättchen platziert werden, bewegen sich und wirken sowohl unsere erschaffenen Golems als auch unsere Studenten. Am Start stellen wir je 1 Studentenfigur in jeden Bezirk, sowie insgesamt 2 Golem-Figuren in Bezirke unserer Wahl.

Die wichtige Synagoge wird mitsamt dem Synagogentableau neben den Spielplan gelegt. Sie dient dazu, farbige Murmeln zufällig auf 5 Reihen zu verteilen, mit denen wir hauptsächlich unsere Aktionen durchführen. Zu diesem Zwecke werden anfangs - abhängig von der Spielerzahl - ein paar rote, blaue, gelbe, schwarze und weiße Murmeln von hinten in den Aufbau geworfen. Die auf dem Tableau - ebenfalls zufällig - ausgelegten Aktionsplättchen können wiederum von unserem Rabbi genutzt werden.

Wir erhalten unser persönliches Spielertableau, auf dem wir unsere Golems erschaffen, Forschen und Artefakte vervollständigen. Dementsprechend gibt es auch drei Währungen: Lehm, Wissen und Geld. Nachdem wir 4 Golems und alle Aufwertungsplättchen auf unserem Tableau platziert, ein paar - durch Startplättchen bestimmte - Ressourcen und Startvorteile erhalten und 3 Aufgabenkarten gedraftet haben, kann es losgehen.

Eine Partie geht über 4 Runden, in denen wir - nach dem Auffrischen der Auslage (Murmeln auffüllen, neue Aktionsplättchen auslegen und Bücher aktualisieren) - je drei Aktionen durchführen: 2 Murmelaktionen und 1 Rabbi-Aktion.

Bei einer Murmelaktion nehmen wir eine Murmel aus einer Reihe. Die Farbe der Murmel gibt vor, ob und wie weit wir Studenten bewegen dürfen. Danach führen wir die entsprechende Aktion mit der aktuellen Stärke (das ist die Anzahl aller Murmeln in der gewählten Reihe) aus. Dabei können wir in einem von 3 Bereichen tätig werden, welche ähnlich ablaufen: So erhalten wir mit der Aktion "Golem" zuerst Lehm entsprechend der Stärke, können dann (gegen Abgabe von Lehm) eine Golem-Aufwertung entwickeln und schließlich (wiederum gegen Lehm) einen Golem erschaffen.

Mit der Aktion "Artefakte" erhalten wir Münzen und können diese in eine Artefakt-Aufwertung und in Gold (wird für Artefakte benötigt) investieren. Die Aktion "Forschen" bringt uns Wissen, welches wir für eine Forschungs-Aufwertung und für eine Bücherkarte ausgeben können.

Für die Aktion "Arbeiten" wird ebenfalls Wissen benötigt, um 1 bis 4 unserer erschaffenen Golems "arbeiten" zu lassen, sprich: den Effekt jener Nachbarschaftsplättchen zu nutzen, wo sie sich befinden. Die "Spiegel"-Aktion erlaubt es, gegen Abgabe einer Münze eine beliebige andere Murmelaktion mit der Stärke der Aktion "Spiegel" auszuführen, quasi zu kopieren.

Fehlt noch die Rabbi-Aktion. Bei dieser stellen wir unsere Rabbi-Figur auf ein freies Aktionsplättchen des Synagogentableaus und nutzen den darauf angegebenen Effekt. Das unterste Feld darf hingegen von mehreren Spielern gewählt werden. Allerdings bestimmt die Reihenfolge von oben nach unten auch die Spielerreihenfolge für die nächste Runde.

Bevor diese aber - nach Abschluss aller möglichen Aktionen - beginnen kann, gibt es noch ein paar abschließende Punkte zu erledigen. So wird überprüft, ob unsere gewählte Murmelkombination mit der Charakterkarte der aktuellen Runde übereinstimmt, um den damit verbundenen Vorteil nutzen zu können. Danach erhalten wir Einkommen für jedes dafür freigeschaltete Symbol (für unsere Studenten, vervollständigte Artefakte, unsere Marker auf der Forschungs- und der Golemleiste). Und schließlich kommt es zur Golem-Kontrolle, bei der wir Wissen ausgeben müssen, um unsere Golems zu "kontrollieren", also für jedes Feld, welches unsere Golems weiter vorangeschritten sind als unsere Studenten in den gleichen Bezirken.

Nach der vierten Runde endet die Partie, und wir erhalten zu jenen Punkten, die wir durch diverse Effekte (Einnahmen, Nachbarschaftsplättchen, Charakterkarten, etc.) bereits während des Spiels sammeln konnten, in einer Schlusswertung noch jede Menge Siegpunkte hinzu. Ein paar Punkte gibt's für verbliebene Ressourcen, für die obersten drei Felder der Forschungsleiste und für erfüllte Aufgabenkarten.

Den Großteil jedoch bekommen wir aber durch Multiplikation in den drei Hauptbereichen: Die Anzahl unserer Golems mal der roten Menoras, die Anzahl unserer Spalten mit Büchern mal der blauen Menoras, sowie die Anzahl unserer vervollständigten Artefakte mal der gelben Menoras. Die Menoras befinden sich auf den entsprechenden freigeschalteten Aufwertungsplättchen, sowie je 1 x auf dem Spielplan. Pro Bereich sind auf diese Weise jeweils 32 Punkte (4 Objekte x 8 Menoras) möglich.

Ist es uns schlussendlich gelungen, insgesamt die höchste Punktezahl zu erzielen, haben wir gewonnen.

Fazit

10 Absätze alleine für die Spielbeschreibung - das ist schon ein erster Hinweis darauf, dass es sich bei "Golem" nicht um ein simples, kurzes Spielchen für Otto Normalverbraucher handelt. Dabei habe ich mich sogar auf die wichtigsten Regeln, auf die wesentlichen Elemente beschränkt, ohne auf die unzähligen Details, auf die vielen Besonderheiten einzugehen. Ja, ganz eindeutig: "Golem" ist ein richtiges Expertenspiel, ein knallharter Brocken und eine Herausforderung für echte Spieleprofis und erfahrene Brettspieler.

Dabei ist das Grundgerüst gar nicht mal so kompliziert. Betrachten wir die einzelnen Spielelemente mal separat. Da ist zum einen der originelle Murmelmechanismus, bei dem die "Synagoge" die dort hinein geworfenen Murmeln zufällig auf 5 Aktionsreihen verteilt. Eine Murmelaktion erlaubt dann, die entsprechende Aktion in der so ermittelten Stärke auszuführen. Die Murmelaktionen selbst stellen keine Hexerei dar, sind recht logisch aufgebaut und werden durch eine verständliche Symbolik unterstützt.

Es bestehen gewisse Ähnlichkeiten zu "Grand Austria Hotel" (vom selben Autorenteam), bloß dass dort statt der Murmeln Würfel vorzufinden sind. Die Stärke einer Aktion wird also ebenfalls per Zufall bestimmt. Bei den Murmeln ist der Einfluss aber doch eine Spur größer, da ein Spieler ja entscheiden kann, wo er die Murmeln in die Synagoge wirft. Ob dies ursprünglich so beabsichtigt war, entzieht sich meiner Kenntnis. Wenn nicht, dann hätte es ein paar Zusatzelemente an der Konstruktion bedurft, um eine zufälligere Verteilung der Murmeln zu gewährleisten.

Wie bei "Grand Austria Hotel" sorgt dieser Mechanismus für ein gewisses Maß an Interaktion. Wer früher dran ist, hat nicht nur die bessere Auswahl, vor allem was die Farben der Murmeln anbelangt, sondern auch meist eine etwas stärkere Aktion, denn jede entnommene Murmel bewirkt ja diesbezüglich eine Verringerung.

Der Startspieler genießt da schon einen großen Vorteil, weshalb man dies unbedingt in seine Überlegungen mit einbeziehen sollte. Speziell die Rabbi-Aktion verlangt hierbei ein geschicktes Timing, denn damit kann man die Spielerreihenfolge beeinflussen. Führt man die Rabbi-Aktion jedoch zu früh aus, kann dies Nachteile für die noch ausständigen Murmelaktionen haben.

Die Murmelaktionen konzentrieren sich im Wesentlichen auf drei Hauptbereiche. Jeder Bereich verfügt über vier Investitionsmöglichkeiten (Golems, Bücher oder Artefakte), sechs Aufwertungsmöglichkeiten mittels Menoras (einmal über den Hauptspielplan), und sogar über eine eigene "Währung" (Lehm, Wissen oder Geld). Strategisch ist es - wegen der Multiplikatoren - vorteilhafter, sich auf ein oder zwei Bereiche zu beschränken. Von jedem ein bisschen ergibt dann leider auch in Summe nur ein bisschen von allem, während voll aufgewertete, voll ausgebaute Bereiche mit stolzen 32 Punkten (8 x 4) belohnt werden.

Wenn alles so klar und übersichtlich wäre, wie ich es hier dargestellt habe, woher stammt dann die Komplexität? Es ist die Verzahnung der einzelnen Elemente, die alles verkompliziert. Auch wenn die grundlegenden Aktionen nicht schwer sind, so sind es die zahlreichen Nebenaktionen, Vorteile, Querverbindungen und Zusatzregeln, welche volle Aufmerksamkeit und ständiges Abwägen erfordern.

So bringt jeder der drei Bereiche eine andere Art von Vorteilen. Vervollständigte Artefakte erhöhen die Einnahmen, wodurch man sich mehr leisten kann. In der Bibliothek werden Effekte freigeschaltet, welche durch gekaufte Bücher (auch öfter) genützt werden können. Golems wiederum können mit der Aktion "Arbeiten" verschiedenste hilfreiche Nebeneffekte bringen.

"Golem" hält noch jede Menge an weiteren Details parat. Etwa die Studenten, welche man immer weiter vorwärtsziehen sollte, weil die weiter entfernten Felder in den Bezirken immer bessere Einnahmen, am Ende sogar wertvolle Siegpunkte oder sogar Menoras als weitere Multiplikatoren bringen, und sie außerdem besser enteilte Golems kontrollieren können. Oder dass die Golems ständig vorwärts stürmen, wo sie zwar stärkere "Arbeiten"-Effekte freischalten, aber eben schwer unter Kontrolle zu halten sind, was Wissensverlust bedeutet, im schlimmsten Fall Siegpunkte kostet. Oder die Möglichkeit, Golems zu zerstören, wodurch man sich nicht nur des leidigen Kontrollproblems entledigt, sondern sogar noch vom Vorteil eines Friedhoffeldes profitiert.

Auf alles einzugehen, bringt gar nichts, weshalb ich mich hier nicht weiter in Regelfeinheiten verlieren möchte. Glücklicherweise ist die Symbolik gelungen, was den Spielablauf erleichtert. Außerdem ist im Anhang der Spielanleitung alles genau aufgelistet und unmissverständlich erklärt. Trotzdem muss man die allererste Partie für einen Neuling als Kennenlernpartie betrachten, auch wenn hierfür ein vereinfachter Aufbau einen schnelleren Einstieg ermöglicht. Die Lernkurve ist aber recht steil, sodass man bereits beim zweiten, dritten Mal gezielter agieren, die Verknüpfungen besser nutzen kann.

Das Spielmaterial ist reichhaltig, von guter Qualität und auch ansprechend - wenn auch etwas düster - gestaltet. Die Spieldauer kann in Vollbesetzung schon mal bei drei bis vier Stunden liegen. Dies ist für meinen Geschmack dann doch etwas zu lang, weshalb ich "Golem" höchstens zu dritt spielen möchte. Zu zweit funktioniert es ebenfalls ausgezeichnet, obwohl durch weniger Murmeln die Stärke der Aktionen anfangs geringer ausfällt.

Persönlich gefallen mir in letzter Zeit Kennerspieler besser, da bei diesen die überschaubare Spielzeit in einem besseren Verhältnis zum Spielreiz liegt. "Golem" bildet als eines der wenigen Expertenspiele des aktuellen Jahrgangs eine löbliche Ausnahme, die immer wieder gerne hervorgekramt wird und von mir eine entsprechend gute Bewertung verdient.

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde

Nachwort für die Redaktion: So, die Rezension ist fertig. Die Spesenabrechnung des - für die wichtigen Hintergrundinformationen UNBEDINGT notwendigen - Ausflugs in die tschechische Hauptstadt, inklusive Besuch der Synagoge und Teilnahme an virtuellen Golem-Escape Room-Abenteuern, werde ich alsbald einreichen. Meine nächste Rezension wird übrigens über "Finde Atlantis" sein. Die Redaktion sollte deshalb schon mal ein paar Tausend Euro für U-Boot-Touren einplanen…