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Knobelritters Spielearchiv - Scythe

Art des Spiels: Aufbau- und Area Control Spiel
Spieleautor:    Jamey Stegmaier
Verlag:         Feuerland Spiele
Jahrgang:       2016
Spielerzahl:    1 bis 5 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren
Dauer:          ca. 120 Minuten
Preis:          € 79,90

Zielgruppe:     Spielexperten ++

"Scythe" - das ist ein landwirtschaftlich genutztes Werkzeug zum Schneiden von Gras und Getreide. Wir würden es mit "Sense" übersetzen, aber auch das sprachlich verwandte "Sichel" würde gut passen. Als Spieletitel für das Objekt dieser Rezension ist "Scythe" ebenfalls vortrefflich geeignet. Immerhin symbolisiert es nicht nur die Agrarökonomie als Grundlage einer funktionierenden Gesellschaft, sondern auch die Wehrhaftigkeit, die Versorgung - wenn notwendig - auch mit Waffengewalt zu verteidigen. Nicht umsonst trug die Sowjetunion die Sichel - neben dem Hammer - auf ihren Fahnen.

Und damit sind wir nebenbei auch geographisch und zeitlich beim Spielethema angelangt. In den 1920er Jahren, wie sie vielleicht hätten sein können, wenn die Geschichte anders verlaufen wäre, versuchen mehrere Nationen nach dem ersten Großen Krieg die Führung über Osteuropa zu erlangen, indem sie ihre Infrastruktur aufbauen und Stück für Stück ihr Herrschaftsgebiet erweitern.


Zuerst zur Topographie: Der Spielplan besteht aus mehreren Sechseckfeldern, welche verschiedene Regionen (Tundra, Gehöfte, Wälder, Berge, Seen, etc.) zeigen. In der Mitte befindet sich die "Fabrik", ein begehrtes Ziel aller Invasoren, an den Rändern die Heimatgebiete der 5 verschiedenen Nationen. Außerdem finden wir auf dem riesigen Plan noch Skalen (für Ansehen, Stärke und Erfolge), sowie Ablagefelder für unterschiedliche Kartenstapel (Zielkarten, Kampfkarten und Begegnungskarten).

Jede Nation besteht anfangs gerade mal aus ihrem Anführer, dargestellt durch eine große Figur, sowie 2 Arbeitern, die schon in zwei angrenzenden Regionen positioniert sind. Außerdem besitzt jede Nation noch zwei Tableaus - ein Nationstableau und ein Spielertableau -, welche mit dem restlichen persönlichen Spielmaterial bestückt werden: weitere Arbeiterfiguren, Mechs (riesige gepanzerte Kampfmaschinen), Entwicklungs-würfel, Sterne, Rekruten und Gebäude. Beide Tableaus geben zudem noch die Anfangswerte für die Nation an, wie Stärke, Ansehen, Startkapital, Anzahl an Kampf- und Zielkarten.

Wer an der Reihe ist, muss seinen Aktionsmarker auf dem Spielertableau versetzen. Anschließend darf er zuerst die obere Aktion des gewählten Bereichs ausführen, danach noch die untere Aktion. Bei allen Aktionen gilt, dass die sichtbaren rot hinterlegten Felder die jeweiligen Kosten darstellen, die zu begleichen sind, während die sichtbaren grünen Felder den entsprechenden Nutzen zeigen. Ein Schrägstrich bedeutet, dass man nur eine der beiden Optionen nutzen kann.

Zu den oberen Aktionen zählen:

Bei der Bewegung stellen die Flüsse und Seen Hindernisse dar, welche schwieriger bzw. gar nicht zu überwinden sind. Trifft man auf gegnerische Einheiten, kommt es zum Kampf, bei dem die beteiligten Spieler verdeckt bis zu 7 Stärkepunkte, sowie pro involvierter Kampfeinheit 1 Kampfkarte (Werte von 2 bis 5) einsetzen dürfen. Die unterlegene Partei muss all ihre Einheiten zurück in ihr Heimatgebiet stellen.

Für die unteren Aktionen benötigt man Ressourcen:

Mit all diesen Aktionen versucht man, das größte Vermögen anzuhäufen. Während der Schlusswertung erhält man in drei Kategorien Geld: Für jede beherrschte Region, für je 2 kontrollierte Ressourcen und für jeden platzierten Stern. Letztere darf man immer dann auf die Erfolgsleiste legen, wenn man eine bestimmte Leistung vollbracht hat. Dies kann die Errichtung seines 4. Gebäudes, die Erfüllung einer Zielkarte, das Erreichen des Höchstwertes auf der Stärkeskala, ein siegreicher Kampf, das Einsetzen all seiner Mechs, etc. sein.

Wie viel Geld man für jede Kategorie jeweils bekommt, hängt wiederum vom erreichten Ansehen ab. Es kommt also nicht nur darauf an, die Entwicklung in den genannten Kategorien voranzutreiben, sondern gleichzeitig auch darauf zu achten, dass der Multiplikator dafür recht hoch ist. Wer schlussendlich das meiste Geld erreicht, hat seine Nation zum reichsten und mächtigsten Land Osteuropas geführt.


"Scythe" wirkt schon alleine wegen des Covers mit den dampfenden Kampfmaschinen, die gut und gerne aus dem "Star Wars"-Universums entsprungen sein könnten, sehr martialisch. Der Schein trügt jedoch, denn es spielt sich gar nicht so kriegerisch. Spielmechanisch besteht es im Grunde genommen aus zwei verschiedenen Ebenen, die geschickt miteinander verknüpft sind.

Es ist zuerst einmal ein Aufbau- und Entwicklungsspiel. Vor allem in den ersten Spielzügen, in denen sich die Nationen aufgrund der stark behindernden Flüsse nur wenige Felder vom Heimatgebiet entfernen und daher noch gar nicht in Kontakt mit anderen Nationen treten können, konzentriert sich jeder Spieler darauf, Rohstoffe zu sammeln und mit gut aufeinander abgestimmten Aktionen die Entwicklung seiner Nation voranzutreiben.

Damit gleicht es anfangs einem solitären Optimierungsspiel zu tun. Es muss ein guter Rhythmus zwischen Produktion von Rohstoffen und deren sinnvollem Einsatz gefunden werden. Unverzichtbar für die weitere Ausdehnung ist vor allem das Einsetzen von Mechs, um bestimmte Fähigkeiten, besonders jene der Flussüberquerung, aktivieren zu können.

Mit fortschreitender Spieldauer kommen die einzelnen Nationen jedoch immer stärker miteinander in Berührung. Nachdem jedes kontrollierte Feld am Spielende wertvolle Siegpunkte (sprich: Geld) einbringt, ist Expansion gefragt. Somit finden wir bei "Scythe" die typischen Merkmale eines "area control game". Eroberungen, Gebietskämpfe und Konflikte sind vorprogrammiert, womit auf dem Spielplan dann doch immer mehr Interaktion stattfindet.

Dass es trotzdem während des Spiels nicht zu allzu viel Schlachten kommt, dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen wird man im Normalfall nur für 2 gewonnene Kämpfe mit einem Stern belohnt, jeder weitere Sieg bringt diesbezüglich nichts ein. Zum anderen sinkt das Ansehen, wenn dadurch gegnerische Arbeiter vertrieben werden. Diesen wichtigen Multiplikator bei der Schlusswertung wird man sich nur dann verschlechtern wollen, wenn es sich nicht negativ auswirkt, oder wenn es unbedingt notwendig ist. Kurioser Nebeneffekt: Mit unscheinbaren Arbeitern lässt sich ein Gebiet manchmal wirkungsvoller schützen als mit den schweren Mechs. "Scythe" ist somit wesentlich weniger aggressiv als anfangs befürchtet.

Da bei den Kämpfen keine Würfel zum Einsatz kommen, ist der Glücksfaktor recht gering. Dafür kommt ein anderes Element zum Tragen. Die beiden in einen Kampf verwickelten Spieler können ja verdeckt entscheiden, wie viele Stärkepunkte sie einsetzen wollen. Außerdem dürfen sie pro Kampfeinheit noch eine Kampfkarte - ebenfalls verdeckt - ausspielen. Nachdem eingesetzte Stärke anschließend auf der Stärkeskala abgezogen und somit für weitere Schlachten fehlt, will man natürlich möglichst wenig verschwenden. Folglich werden die Kämpfe eher spekulativ, intuitiv geführt, quasi als psychologisches Duell. Diese andere Art des Zufalls wird nicht von allen Spielern goutiert.

Aber wie bereits erwähnt, sind Kämpfe bei "Scythe" nicht allzu sehr von Bedeutung. Viel wichtiger ist es, strategisch planvoll vorzugehen, die Stärken und Vorteile seiner Nationsfähigkeiten und seines Spielertableaus zu nutzen, welche da schon eine ungefähre Richtung vorgeben. Es bringt nichts, sich überall engagieren zu wollen. In praktisch allen Bereichen wird das Erreichen der letzten Entwicklungsstufe mit einem Stern belohnt, weshalb es vorteilhaft ist, sich auf einige wenige Bereiche zu konzentrieren und sich nicht zu verzetteln.

Dies wären die grundlegenden Spielelemente. "Scythe" hat aber noch unzählige weitere Details, welche für mehr Abwechslung, mehr Möglichkeiten und eine höhere Herausforderung sorgen. Ich möchte diese aber nur am Rande erwähnen, um diese Rezension nicht zu "verwässern", deren Hauptaugenmerk auf dem Wesentlichen liegen sollte.

So darf man sich, wenn man mit seinem Anführer erstmals die zentrale "Fabrik" erreicht, eine Fabrikkarte aussuchen, welche einem fünften Bereich des Tableaus entspricht und die Aktionsmöglichkeiten erhöht. Zieht man mit seinem Anführer auf ein Feld mit einem Begegnungsmarker, zieht man eine Begegnungskarte und darf eine der darauf angeführten, durchwegs positiven Aktionen durchführen. Mehrere Tunnel auf dem Spielplan erlauben es wiederum, größere Distanzen zurückzulegen, was für mehr Mobilität und folglich schnellere Interaktion zwischen den Spielern führt. Und schließlich haben auch die Gebäude der Spieler unterschiedliche Vorteile, unter anderem auch bei der Schlusswertung.

Die Zusammenstellung jedes Spielertableaus ist bei jedem Spieler unterschiedlich. Dies betrifft nicht nur die Kosten und Nutzen der einzelnen Aktionen, sondern auch die Kombination aus unterer und oberer Aktion. Die Bezeichnung eines Spielertableaus - "landwirtschaftlich", "patriotisch", "industriell", etc. - gibt bereits einen Aufschluss darauf, welche Spielweise damit gut geeignet wäre.

Und letztlich sind auch die Nationstableaus alle verschieden. So verfügt jede Nation über eine individuelle Sonderfähigkeit (so können etwa die Arbeiter der "Nordischen Königreiche" die Flüsse schwimmend überqueren), und durch eingesetzte Mechs werden unterschiedliche Fähigkeiten freigeschaltet. Gerade die zufällige Kombination von Spieler-und Nationstableau erfordert in jeder Partie eine Anpassung der Vorgehensweise, und sorgt infolgedessen für lange anhaltenden Spielreiz.

Beim Spielmaterial hat sich der Verlag nicht lumpen lassen. Die große Schachtel ist superschwer, und nach dem Öffnen erfährt man auch den Grund für das hohe Gewicht. Der Spielplan ist riesig und - wie auch alle Tableaus - aus extrastarkem Karton. Die Spielertableaus weisen auch tiefe Aussparungen für die Entwicklungswürfel, die Arbeiter, die Gebäude und die Rekruten auf, sodass ein Verrutschen praktisch unmöglich ist. Dazu gibt es noch viele unterschiedlich gestaltete Holzteile, fein modellierte Miniaturen für die Anführer und die Mechs - für alle Nationen natürlich verschieden -, sowie graphisch schön illustrierte Karten, die meisten davon großformatig.

Alles in allem reichlich, attraktiv und auch funktionell überzeugend. Zudem hat der Verlag Feuerland Spiele der deutschsprachigen Ausgabe viele übersichtliche Spielhilfen beigefügt, welche zusammen mit einer gelungenen Symbolik und einer gut gegliederten Spielregel keine Fragen offen lässt und ein unbeschwertes Spielvergnügen bereitet. Die Spieldauer bewegt sich für so ein Schwergewicht (eine passende Bezeichnung!) ebenfalls im angenehmen Bereich von ungefähr 2 Stunden. Deshalb bin ich - auch in Hinblick auf zukünftige Erweiterungen - fast geneigt, die Höchstnote zu vergeben. Fast.

"Scythe" beinhaltet noch eine Solo-Variante mit der Bezeichnung "Automa". Bei dieser spielt man alleine gegen einen "Dummy", dessen sämtliche Aktionen auf dem Spieplan von speziellen Karten gesteuert werden. Dabei kann man sogar zwischen vier Schwierigkeitsgraden wählen. Auch wenn mich die Art und Weise absolut fasziniert, wie eine gegnerische Nation mit Karten simuliert wird, bevorzuge ich doch eindeutig das Spiel gegen Gegner aus Fleisch und Blut (deshalb sieht man mich ja auch nie beim Computerspielen).

Franky Bayer

Wertung: 4½ Schilde