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Knobelritters Spielearchiv - Vinci

Art des Spiels: Eroberungsspiel
Spieleautor:    Philippe Keyaerts
Verlag:         Eurogames
Jahrgang:       1999
Spielerzahl:    3 bis 6 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren
Dauer:          ca. 120 Minuten

Wie oft haben Sie schon das Brettspiel "Civilization" gespielt?

a.) Ach, wir spielen's jede Woche

b.) Leider erst ein-, zweimal

c.) Civi..was? Noch nie gehört!

Wer es kennt, oder es vielleicht sogar in seiner Spielesammlung hat, auf den trifft höchstwahrscheinlich Antwort b.), kaum aber Antwort c.) zu. Der Grund liegt in der horrend langen Spieldauer, die eine Partie "Civi" mit sich bringt. Zwar ist das Spiel über die gesamte Spielzeit überaus interaktiv und äußerst interessant, aber 10 bis 12 Stunden muss man erst einmal dafür aufbringen.

Das Spiel, welches nun vor mir liegt und meiner ausführlichen Beschreibung harrt, handelt ebenfalls vom Aufstieg und Fall der Zivilisationen, mit dem Unterschied, dass jeder Spieler nicht nur ein Volk zur Hochblüte bringen soll, sondern auch schon mal bei Bedarf den Niedergang eines Reiches in Kauf nimmt und statt dessen eine neue Zivilisation übernimmt. Wieder ein Fall für eine lange, durchspielte, schlaflose Nacht, also? Keinesfalls, denn "Vinci" - so der Name des Spiels - nimmt gerade mal zwei Stunden Zeit in Anspruch.

Der Spielplan zeigt Europa mit 45 namentlich nicht genannten Provinzen. Jede weist eine von fünf Geländearten auf: Gebirge, Wald, Hügelland, Ackerland und Weideland. Einige Provinzen weisen zudem ein Symbol auf: Anker stellen Häfen dar und Spitzhacken repräsentieren einträgliche Minen. Zu Spielbeginn werden neutrale Holzspielsteine auf alle Provinzen (außer Bergprovinzen) gelegt, die letzten Streitkräfte eines zerfallendes Reiches. Jeder Spieler erhält alle Spielsteine einer Farbe seiner Wahl. Der etwas größere Spielstein dient zum Festhalten des Punktestandes des Spielers und wird anfangs auf das Feld 10 der um den Spielplan verlaufenden Punkteleiste gelegt.

Das war schon fast das gesamte Spielmaterial. In der Schachtel sucht man vergeblich nach Würfeln, Spielkarten oder Chips, die verschiedene Streitmächte darstellen könnten. Statt dessen gibt es nur mehr einige quadratische Marker, auf deren Funktion ich später eingehen werde, sowie als Wichtigstes 52 Zivilisationskärtchen. Ein Volk wird nämlich bei "Vinci" durch 2 Zivilisationskärtchen definiert. Es wäre nicht sehr sinnvoll, beschriebe ich nun hier alle Zivilisationskärtchen, aber generell gibt es da Kärtchen, die einem Volk Extra-Siegpunkte bringen, wenn es bestimmte Provinzen einnimmt ("Tierzucht", "Landwirtschaft"), andere Kärtchen bringen Vorteile beim Kampf ("Waffen", "Galeeren", "Festungen") und vieles mehr. Durch die Kombination zweier Kärtchen erhält jedes Volk somit seinen eigenen "Charakter".

Zu Spielbeginn werden 12 Kärtchen nacheinander aus dem Leinensäckchen gezogen, um die ersten sechs Völker zu bilden. Auf einer Leiste am linken oberen Rand des Spielplans werden sie auf die nummerierten Plätze ausgelegt. Wenn ein Spieler eine neue Zivilisation übernimmt, also auch bei Spielbeginn, kann er aus diesen Völkern wählen. Dabei gibt es ein gut funktionierendes "Bonus-Malus"-System. Wählt er das Volk auf Platz 1, ändert das an seinem Punktestand nichts. Will er jedoch ein Volk mit einer höheren Platznummer führen, muss er für jedes Volk, welches derart ausgelassen wird, zwei Siegpunkte abgeben. Die übersprungenen Völker werden mit einem Marker gekennzeichnet. Nimmt man hingegen ein Volk, auf dem sich bereits ein oder mehrere Marker befinden, bekommt man für jeden Marker 2 Siegpunkte zugeschrieben. Auf diese Weise werden die Vorteile stärkerer und die Nachteile schwächerer Kombinationen etwas ausgeglichen. Man muss also zumeist einige Siegpunkte abgeben, wenn man ein besonders vielversprechendes Volk nehmen will, andererseits wird ein wenig attraktives Volk gerne gewählt, wenn man durch seine vielen Marker zu schnellen Siegpunkten kommt.

Jede Zivilisation unterscheidet sich jedoch nicht nur durch ihre zwei Spezial-Eigenschaften, sondern auch durch ihre Größe, welche durch die Zahlen auf den Plättchen und einer Grundanzahl (abhängig von der Spielerzahl) ermittelt wird. Jeder Spieler nimmt sich die für sein Volk ermittelte Zahl an Spielsteinen und dann kann das eigentliche Spiel beginnen. Der Spielablauf ist keineswegs kompliziert. Angefangen mit einer Provinz am Spielrand werden die Spielsteine auf benachbarte Provinzen verteilt. Wie viele Spielsteine man braucht, um eine Provinz zu erobern, ist abhängig von einigen wenigen Faktoren: Grundkosten 2 Spielsteine, +1 für Gebirgs- und Waldprovinzen, +1 für jede verteidigende Einheit, -1 für Angriffe aus einer Gebirgsprovinz. Der unterlegene Verteidiger verliert einen Spielstein, restliche Spielsteine kann er beliebig auf eigene Provinzen verteilen.

Am Ende seines Zuges ermittelt jeder Spieler die Siegpunkte für sein Volk. Normalerweise ist das 1 Punkt für jede Provinz, nur die Bergprovinzen zählen nichts. Dies alles kann natürlich noch durch die Zivilisationskärtchen modifiziert werden. Ein Volk mit "Tierzucht" beispielsweise bekommt noch einen Extra-Siegpunkt für jede Weideland-Provinz. Dann kommt der nächste Spieler an die Reihe.

Das wäre an und für sich ja nichts Spektakuläres. Da aber jedes Volk nur zu Beginn Spielsteine erhält und keine Zuwächse stattfinden, ist irgendwann einmal die maximale Ausdehnung erreicht. In jeder kontrollierten Provinz sollte ja ein Spielstein bleiben, daher kann ein Volk zu einem Zeitpunkt keine neuen Eroberungen mehr durchführen. Wenn es so seinen Zenit erreicht hat oder es durch Angriffe anderer Spieler schon sehr stark dezimiert ist, ist es im Grunde genommen dem Untergang geweiht. Doch keine Angst, das bedeutet nicht, dass der Spieler aus dem Spiel ausscheidet. Ein Spieler kann nämlich - diese Besonderheit von "Vinci" habe ich schon eingangs kurz angeschnitten - den Zusammenbruch seines Reichs erklären und flugs eine neue Zivilisation auf bereits beschriebene Weise übernehmen. Sein "altes" Reich bleibt dennoch im Spiel, zwar mit nur einem Spielstein pro Provinz, aber es sorgt dafür weiterhin für Siegpunkte. Einzige Einschränkung: In der Runde, in welcher der Niedergang eines Volkes erklärt wird, darf dieses keine Eroberungen machen. Ab der nächsten Runde fängt man mit der neuen Zivilisation wieder irgendwo am Spielfeldrand an.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler eine vorher vereinbarte Zahl an Siegpunkten erreicht. In der Regel sollten es mindestens 100 Punkte sein, die Spieldauer dafür liegt ungefähr bei eineinhalb Stunden. Einem längeren oder kürzeren Spiel steht jedoch nichts im Wege.

Es ist erstaunlich, wie aus so einfachen Mitteln ein derart interessantes Spiel entsteht. Bis auf die anfängliche Verteilung der Zivilisationskärtchen gibt es praktisch keinen Glücksfaktor. Da zudem alle Informationen offen liegen und die "Kämpfe" (ich halte den Begriff "Verdrängungen" für treffender) auch nicht durch Würfelduelle oder Karten ausgetragen werden, erhält das Spiel einen sehr taktischen Charakter, ohne aber zu einem reinen Strategiespiel auszuarten.

Den besonderen Reiz von "Vinci" macht jedoch das Herausfinden vom richtigen Timing in den verschiedenen Spielsituationen aus. Jedes Volk hat schließlich andere Anforderungen und ist ein wenig anders zu handhaben. Es erstaunt mich immer wieder von Neuem, wie aus zwei einfachen Zivilisationsmarkern unterschiedliche Völker definiert werden, die dann im Spiel auch wirklich anders reagieren. Größere Völker, zum Beispiel mit Barbaren schaffen eine schnellere Ausbreitung und können dann auch länger bestehen. Auch wenn Reiche über Provinzen verfügen, die viele Extra-Siegpunkte bringen, wird deren Niedergang länger hinausgezögert. Andere Völker hingegen, vor allem jene, die ihre Spezialfähigkeiten auch beim Zerfall des Reiches behalten, sollte man bald einmal fallen lassen. Aber das alles richtet sich natürlich nach der jeweiligen Spielsituation, daher bringt Spielerfahrung hier deutliche Vorteile. Reizvoll ist es allemal, den richtigen Zeitpunkt zum geschickten Wechsel herauszufinden und die Stärken und Schwächen der Zivilisationen auszuprobieren.

Nach soviel Lorbeeren nun aber zum großen Kritikpunkt: Die Spielregel. Sie ist leider nicht unmissverständlich ausgelegt und voller Lücken und Fehler, und so kommt es - vor allem bei der ersten Partie - unweigerlich zu Auslegungs- und Interpretationsunterschieden. Zum Beispiel: Bringen Minen nun 2 Extrapunkte (Symbol auf Kärtchen) oder nur 1 (Übersichtstafel)? Sind alle Küstenprovinzen an der selben Küste angesiedelt, oder wo sind die Grenzen? Unterbrechen Küstenprovinzen die Auswirkungen der Astronomie? Können Angriffe in eine Provinz durchgeführt werden, die einer gerade in dieser Runde eroberten Provinz benachbart ist? Die Antwort zu diesen und noch anderen Fragen muss man sich erst aus verschiedenen Teilen der Regeln erarbeiten oder vorab ausdiskutieren, was den Spielfluss hemmt. Aber ab der zweiten Partie, wenn alles abgesprochen ist, läuft das Spiel dann flüssig ab - die Grundregeln sind ja beileibe nicht kompliziert - und dauert erstaunlicherweise wirklich nur 90 bis 120 Minuten.

Das ist auch der große Unterschied zu Civi, und daher kommt es bei uns sicherlich öfters auf den Tisch. Aber wo wir gerade dabei sind, wer hat Lust auf eine Partie Civilization? Meldungen bitte an die Redaktion. Ansonsten: Vinci liegt auf jeden Fall beim nächsten Spieleabend wieder auf.

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde