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Knobelritters Spielearchiv - Jerusalem

Art des Spiels: Mehrheitenspiel
Spieleautor:    Michele Mura
Verlag:         Red Glove Games
Vertrieb:       Abacus Spiele
Jahrgang:       2010
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          60 bis 120 Minuten
Preis:          ca. € 35,-

Zielgruppen:    Spielexperten ++

Über 900 Jahre liegt es nun schon zurück, dass Kreuzritter ins ferne Jerusalem ausgezogen sind, um die Heilige Stadt aus den Klauen der Heiden zu befreien. Man sollte meinen, dass neun Jahrhunderte ausreichen sollten, damit die Menschheit aus den Fehlern ihrer Vergangenheit lernt. Dem ist aber leider nicht so, denn selbst in unserer ach so modernen Zeit - im 3. Jahrtausend (!) - gibt es nach wie vor religiösen Fanatismus, Intoleranz in Glaubensfragen und Fundamentalismus. Und damit meine ich nicht nur den Islam, sondern - siehe beispielsweise Nordirland - auch andere Weltreligionen.

Doch lassen wir sozialkritische Bemerkungen beiseite und konzentrieren wir uns ganz auf die Kreuzzüge, das Thema des hier beschriebenen Spiels. Die Spieler schlüpfen in die Rollen von Kreuzritterbaronen, welche die verschiedenen Gebiete Jerusalems unter ihre Kontrolle bringen wollen, um als Zeichen ihrer Macht einen möglichst hohen Festungsturm errichten zu können.

"Gebiete unter Kontrolle bringen" - das klingt verdächtig nach Mehrheitenspiel. Und tatsächlich handelt es sich bei "Jerusalem" um einen typischen Vertreter dieser Spielegattung. Der Spielplan zeigt die Stadt Jerusalem unterteilt in 6 Machtzentren, die - mit Ausnahme des Davidsturms - jeweils aus 3 Gebieten bestehen. Wer in der Einkommensphase (Phase 3) in einem Gebiet über die Mehrheit an Knappen verfügt, erhält das dort abgebildete Einkommen in Form von Silbermünzen, Knappen und/oder Prestigepunkten.

Das Geld, welches vorwiegend in den Machtzentren "Markt" und "Adel" erhältlich ist, wird in der Phase 1 "Ämtergebote" benötigt. Darin werden Ämter wie Hauptmann, Schatzmeister oder Admiral versteigert. Neben einer Zusatzfunktion (der Admiral erhält zum Beispiel eine Silbermünze aus der Bank) bestimmt das ersteigerte Amt sowohl die Reihenfolge als auch die Anzahl der Knappen, die man in derselben Runde einsetzen darf. Je früher man dran ist, umso mehr Knappen darf man in der anschließenden Phase 2 "Einsetzen der Knappen" in die verschiedenen Gebiete platzieren.

Die Knappen, die man einsetzt, muss man erst einmal aus dem allgemeinen in seinen persönlichen Vorrat bekommen. Die meisten erhält man durch Mehrheiten im Machtzentrum "Tempelritter", aber auch am "Markt" und im "Patriarchat" kann man einige rekrutieren.

Die Prestigepunkte (hauptsächlich im "Königspalast", in geringerer Anzahl aber auch im "Adel" und im "Patriarchat" zu bekommen) braucht man wiederum, um zum Abschluss der Phase 3 "Einkommen" Stockwerke an seinem eigenen Festungsturm errichten zu können. Die Baukosten für ein Turmstockwerk sind gleich der Zahl des zu bauenden Stockwerks + 1. So kostet beispielsweise das dritte Stockwerk eines Turms 3 + 1 = 4 Prestigepunkte. Der erste Spieler, der ein Stockwerk einer bestimmten Höhe baut, muss 1 weiteren Prestigepunkt "bezahlen".

Am Ende der fünften und letzten Runde gibt es für verbliebene Ressourcen noch sogenannte "Geschenke des Königs" in Form von Prestigepunkten, welche die Spieler noch ein letztes Mal für den Bau an ihrem Festungsturm verwenden können. Es gewinnt schließlich der Spiel mit dem höchsten Turm, im Falle eines Gleichstands entscheiden noch die restlichen Prestigepunkte.

Thema und Spielmechanismus bilden bei "Jerusalem" keine Einheit. Statt in Jerusalem während der Kreuzzüge hätte das Spiel auch in jeder beliebigen Umgebung, zu jedem beliebigen Zeitalter stattfinden können. So hätte es beispielsweise ohne weiteres um die Kontrolle von Vierteln in Chicago zur Zeit der Prohibition gehen können. Trotzdem finde ich das gewählte Thema interessant, vermittelt es den Spieler doch nebenbei historisches Wissen aus dieser lange zurück liegenden Epoche.

Mehrheitenspiele gelten ja in Spielerkreisen als etwas veraltet. Tatsächlich liegt die Blütezeit dieser Spielegattung - mit "El Grande" als Spiel des Jahres 1996 - ja schon fast 2 Jahrzehnte zurück. Aber ähnlich den ständigen religiösen Querelen sind Mehrheitenspiele anscheinend auch heute noch aktuell. Als solches gilt es "Jerusalem" auch zu bewerten.

Der Einsetzmechanismus stellt die Spieler vor ein klassisches Dilemma. Einerseits ist es natürlich vorteilhaft, viele Knappen einsetzen zu dürfen, was vor allem mit den Ämtern mit niedrigerer Nummer (Hauptmann Nr. 1, Schatzmeister Nr. 2, etc.) möglich ist. Dieser Vorteil wird aber dadurch mehr als wettgemacht, dass man dafür früher mit dem Einsetzen dran ist, und nachfolgende Spieler sicher geglaubte Mehrheiten noch kippen können. Dies ist ganz schön knifflig und durchaus reizvoll. Dem "Baron" - eine etwas größere Figur - kommt aus diesem Grund eine wichtige Rolle zu. Zwar kann dieser nur zusammen mit mindestens drei Knappen in ein Gebiet platziert werden, aber das entsprechende Gebiet ist bis zum Ende der Runde blockiert, sodass kein anderer Spieler dort weitere Knappen einsetzen darf.

Die drei Einkommensarten - Knappen, Silbermünzen und Prestigepunkte - sind auf erfrischende Weise miteinander verknüpft. Alles ist wichtig, nichts sollte vernachlässigt werden. Diese gute Abstimmung macht einen wesentlichen Teil des Spielreizes aus. Eine nette zusätzliche Spielidee sind die Privilegien, die es für Mehrheiten in den gesamten Machtzentren "Patriarchat", "Markt" und "Adel" gibt. Es zählen dabei jeweils alle Knappen in allen drei Gebieten dieser Machtzentren. Durch das Privileg "Die Gelehrten" (im Patriarchat erhältlich) kommen auch die Aktionskarten ins Spiel, welche durchwegs positive Aktionen bringen (zusätzliche Ressourcen, Um- oder Einsetzen von Knappen, ja sogar Überläufer, etc.).

Das große Manko bei den meisten Mehrheitenspielen ist jedoch, dass es mit zunehmender Spieldauer etwas starr wird. Sind die Positionen einmal bezogen, dann können Mehrheitenverhältnisse nur mehr mit enormem Aufwand geändert werden. Damit das Ganze nicht uninteressant wird, sind Regeln wichtig, welche dem Spiel mehr Dynamik verleihen. Bei "Jerusalem" wird versucht, durch Ereigniskarten mehr Bewegung ins Spiel zu bringen. Vier verschiedene Ereignisse sind es, aber nur drei davon finden in einer Partie statt, und zwar in der Phase 4 "Ereignis" der 2., 3. und 4. Runde. In dieser Phase wird die verdeckt ausliegende Ereigniskarte - ein großer Spannungsmoment - umgedreht und das Ereignis ausgeführt.

Diese Ereignisse können das Geschehen ganz schön durcheinanderwirbeln. Jedes Ereignis wirkt auf ein ganz bestimmtes Machtzentrum, in dem alle Knappen der Spieler betroffen sind. So muss jeder Spieler bei der Wahl eines neuen "Thronfolgers" alle seine Knappen aus dem Königspalast entfernen, beim "Krieg" wiederum gehen alle Knappen im Machtzentrum "Tempelritter" verloren.

Nach meiner Erfahrung üben die Ereignisse einen zu großen Einfluss auf das Spiel aus. Wer Pech hat, verliert in einer Runde so viel, dass er für den Rest des Spiels keine Chance mehr hat. Wer Glück hat, bleibt von den negativen Auswirkungen großteils verschont. Sicher, wer sich auf wenige Machtzentren konzentriert, riskiert damit eine Menge, während man mit einer gleichmäßigeren Verteilung die Gefahr etwas minimieren kann, aber ideal erscheint uns dies nicht gerade.

"Jerusalem" hätte insgesamt gesehen durch einige interessante Mechanismen und Spielideen eine echte Bereicherung der Mehrheitenspiele sein können, die allzu mächtigen Ereignisse stören den ansonsten positiven Gesamteindruck allerdings beträchtlich. Deshalb erhält das Spiel von mir eine um eine Stufe schlechtere Note, als es ohne die Ereigniskarten bekommen hätte.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde