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Knobelritters Spielearchiv - Puerto Rico

Art des Spiels: taktisches Rollen-Spiel
Spieleautor:    Andreas Seyfarth
Verlag:         alea Spiele
Jahrgang:       2002
Spielerzahl:    3 bis 5 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          90 bis 150 Minuten
Preis:          ca. € 29,-
Auszeichnung:   Nominiert zum "Spiel des Jahres 2002"
                Deutscher Spielepreis 2002
                SpieleHit für Experten 2002 der Wiener Spieleakademie

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Selten zuvor habe ich auf ein Spiel mit soviel Spannung gewartet. Man stelle sich vor: Die Durchschnittsnote der Spielescouts in Essen (die Leser der deutschen Spielezeitschrift "Fairplay" waren aufgefordert, die Neuheiten zu bewerten) war 1,0!!! Also jeder, der das Spiel dort ausprobiert hat, gab dem Spiel die Bestnote, ohne Ausnahme!

Und dann war das Paket endlich da. In der gewohnten alea-Schachtelgröße, allerdings diesmal auch mit einem blauen Dreieck versehen. Das Spielmaterial ist reichlich, viele Plättchen (Dublonen, Siegpunkte, Plantagen, Gebäude,...), jede Menge Holzchips (Kolonisten und Waren), 6 Spielpläne und einige dickere Kärtchen (Rollenkarten, Handelshaus, Transportschiffe,...). Ich möchte an dieser Stelle noch nicht genauer drauf eingehen, nur die Startaufstellung ist vorerst wichtig: Jeder Spieler erhält ein paar Dublonen als Startgeld, einen Spielplan, der jeweils 12 Insel- und 12 Stadtfelder zeigt, sowie entweder eine Indigo- oder eine Maisplantage, die er sogleich auf seinem Spielplan unterbringt.

Das Spielziel ist klar. Wie es sich für richtige Kolonialherren geziemt, müssen Land und Leute ausgebeutet werden, um möglichst viel Wohlstand und Ansehen zu erlangen. Viele Dublonen zu scheffeln ist zwar schön, am Ende zählt jedoch nur, wer die meisten Siegpunkte errungen hat. Diese erhält man einerseits für die Errichtung bedeutender Gebäude, andererseits durch Warenlieferungen ins Mutterland.

Hört sich mal ganz interessant an, aber wie soll das Ganze gehen? "Puerto Rico" weist den bisher höchsten Wert (7 von 10) auf der alea-Skala auf, das deutet auf ein überaus komplexes Spiel hin. Der Spielablauf ist dann aber doch überraschend einfach:

Der Startspieler - er erhält das "Gouverneur"-Plättchen - wählt eine der ausliegenden Rollenkarten aus und reihum führt dann jeder Spieler die entsprechende Aktion aus. Jede Rolle beinhaltet dabei auch ein besonderes Privileg für den Spieler, der sie genommen hat. Dann nimmt der linke Nachbar eine der verbleibenden Rollenkarten, und wiederum wird von allen Spielern die entsprechende Aktion durchgeführt. Dies geht so lange, bis jeder Spieler eine Rollenkarte vor sich liegen hat. Dann wird zum Abschluss auf die drei nicht gewählten Rollenkarten je eine Dublone gelegt, die genommenen Rollenkarten kommen wieder in die Tischmitte und der Startspieler wechselt, indem die "Gouverneur"-Karte nach links weitergereicht wird.

Die Rollenkarten spiegeln den normalen Alltag in der Kolonie wider.

Der Siedler erlaubt den Spielern, neue Plantagen auf seinen Spielplan anzulegen, der Reichtum des Landes liegt schließlich in der fruchtbaren Landwirtschaft und diese will genutzt werden. Die Auswahl ist dabei auf ein paar offene Plantagenplättchen beschränkt.

Der Bürgermeister bringt neue Kolonisten auf die Insel. Das ist notwendig, denn von alleine funktioniert leider gar nichts. Erst mit Kolonisten besetzt können Plantagen gedeihen, Produktionsgebäude produzieren und Verwaltungsgebäude ihre Funktionen ausüben.

Der Baumeister sorgt - gegen Bezahlung von Dublonen - für den Ausbau der Stadt. Zur Herstellung einiger Waren werden spezielle Produktionsgebäude benötigt (Tabak braucht einen Tabakspeicher, Kaffee eine Kaffeerösterei, etc.), und andere Gebäude können die verschiedensten Vorteile bringen.

Mit dem Aufseher können endlich Waren produziert werden. Jeder Spieler erhält Warensteine entsprechend seiner Produktionsketten. Wichtig ist dabei, dass sowohl die Plantagen als auch dazugehörige Produktionsgebäude besetzt sind.

Die erzeugte Ware kann auf zwei Arten an den Mann gebracht werden. Mit dem Händler kann jeder Spieler genau einen Warenstein an das Handelshaus zu einem fixen Preis verkaufen. Das Handelshaus nimmt jedoch nur maximal vier Waren - noch dazu verschiedener Sorte - auf.

Aber auch in die alte Welt können Waren geliefert werden. Dies übernimmt der Kapitän. Drei unterschiedlich große Transportschiffe stehen hierfür zur Verfügung, sie nehmen allerdings nur Warensteine jeder Sorte auf. Im Gegensatz zum Handelshaus gibt es keine Dublonen, Warenlieferungen werden stattdessen mit Siegpunkten belohnt.

Die letzte Rolle ist die des Goldsuchers. Wählt ein Spieler diese Rollenkarte, löst er damit keine allgemeine Aktion aus, sondern erhält nur eine Dublone aus der Bank.

Bis jetzt also noch keine größeren Komplikationen, alles ist logisch aufgebaut, die einzelnen Rollenkarten zudem auf den Spielplänen beschrieben. Interessant ist die wechselnde Reihenfolge der Aktionen. Da kann es schon passieren, dass beispielsweise öfters der Baumeister zum Einsatz kommt, oder der Aufseher eine Zeit lang nicht gewählt wird. Trotzdem wird es nicht vorkommen, dass eine Aktion gänzlich vernachlässigt wird. Die Dublonen, die sich auf nicht genommenen Rollenkarten anhäufen, sorgen schon für den nötigen Anreiz.

Mancher wird sich nach der bisherigen Beschreibung fragen, was daran wohl so übermäßig komplex sein soll. Keine Sorge, das kommt schon. Es sind die vielen verschiedenen Gebäude, die es zu beachten gilt. Die Spielregel widmet ihnen immerhin ganze 4 DIN-A4-Seiten. Generell sind auf allen Gebäuden die fälligen Baukosten (zwischen 1 und 10 Dublonen) und die Siegpunkte, die sie am Ende einbringen (1 bis 4 Siegpunkte) angegeben. Die Kreise wiederum geben an, wie viele Kolonisten das Gebäude aufnehmen kann. Die Produktionsgebäude in den selben Farben ihrer Plantagen sind - wie der Name bereits sagt - wichtig für die Produktion von Waren. Die violetten Gebäude haben Auswirkungen auf die verschiedensten Bereiche. Alle Gebäude hier zu beschreiben, wäre nicht sehr zielführend, darum nur einige Beispiele: Eine "Markthalle" bringt mehr Dublonen in der "Händlerphase", eine "Hazienda" bringt in der "Siedler"-Phase eine Plantage zusätzlich. Mit einer "Universität" kann man in der "Baumeister"-Phase ein neues Gebäude direkt mit einem Kolonisten bestücken, und ein "Hafen" bringt mehr Siegpunkte pro Lieferung in der "Kapitän"-Phase. Während von den meisten Gebäuden mindestens zwei Stück vorhanden sind, gibt es von den fünf großen Gebäuden, welche zwei Stadtfelder beanspruchen, nur jeweils 1 Stück. Diese Gebäude, für die immerhin stolze 10 Dublonen zu berappen sind, bringen neben den vier angeführten Siegpunkten noch zusätzliche Siegpunkte am Ende des Spiels, z.B. 1 Siegpunkt für jedes violette Gebäude bei einem "Rathaus". Zu beachten ist jedoch, dass nur besetzte Gebäude die angeführten Auswirkungen haben.

Die Vor- und Nachteile der einzelnen Gebäude sind gerade für den Neuling nicht einfach zu erfassen. Ich habe festgestellt, dass es ein, zwei Partien braucht, bis man ihren Wert und ihren Nutzen ein wenig einschätzen kann. "Puerto Rico" besitzt also schon da einen großen Anforderungscharakter.

Das Spiel endet am Ende der Runde, in der entweder der Vorrat an Siegpunkten oder an Kolonisten ausgegangen sind, oder ein Spieler all seine 12 Stadtfelder bebaut hat, was erfahrungsgemäß ungefähr 15 volle Runden braucht. Je nach Spieleranzahl liegt die Spieldauer daher zwischen 90 und 150 Minuten. Wer dann die meisten Siegpunkte hat, gewinnt das Spiel.

Der interessanteste Aspekt liegt an den zwei grundsätzlich verschiedenen Arten, an Siegpunkte zu kommen: Einerseits während des Spiels durch Warenlieferungen, andererseits am Ende des Spiels durch errichtete Gebäude und die Sondersiegpunkte der "großen Gebäude". Dadurch ergeben sich bereits unterschiedliche Strategien, die man durch den Bau passender Gebäude unterstützen kann. Ich möchte den gespannten Leser nicht die Freude nehmen, selbst verschiedene Taktiken zu entdecken oder zu entwickeln, darum nur ein einziges Beispiel: Wer möglichst wertvolle Gebäude bauen will, sollte die Warenlieferungen eher vernachlässigen, sich auf teure Produkte wie Kaffee und Tabak konzentrieren und einige Steinbrüche anlegen. Viele Aktionen, mangelnde Verfügbarkeit der passenden Mittel und die hohe Interaktion zwischen den Spielern verlangen daneben aber auch kurzfristige taktische Entscheidungen und flexibles Handeln.

Insgesamt gesehen ist "Puerto Rico" ein sehr anspruchsvolles, vielschichtiges Spiel mit hohem Anforderungscharakter. Die Vorschusslorbeeren waren auf jeden Falle gerechtfertigt, nähme ich mich selber als Gradmesser, sollte es sogar mit sechs Schilden bewertet werden. Der Münchner Autor Andreas Seyfarth ist übrigens kein Unbekannter der Spieleszene, mit "Manhattan" schaffte er 1994 sogar das "Spiel des Jahres". Dies traue ich seinem heurigen Meisterwerk zwar nicht zu, dazu ist das Spiel einfach zu komplex. Beim Deutschen Spielepreis jedoch ist "Puerto Rico" ein ganz heißer Tipp.

Franky Bayer

Bewertung: 6 Schilde