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Knobelritters Spielearchiv - Android Netrunner

Art des Spiels: Living Card Game
Spieleautor:    Richard Garfield
Verlag:         Fantasy Flight Games
Vertrieb:       Heidelberger Spieleverlag
Jahrgang:       2013
Spielerzahl:    2 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren
Dauer:          30 bis 60 Minuten
Preis:          ca. € 35,-

Zielgruppen:    Spielexperten ++
                Zweipersonen ++

Vor 20 Jahren kam "Magic - The Gathering" heraus und veränderte die Spielewelt. Ein Kartenspiel, bei dem man mit den Karten nicht nur spielt, sondern diese auch sammelt, handelte und tauscht, war etwas völlig Neues. Die Möglichkeit, das Spiel mit immer neuen Karten laufend zu verändern, war nicht nur für die Spieler attraktiv, sondern auch für die Verlage eine verlockende Verkaufsstrategie. Und so verwunderte es auch nicht, dass schon bald weitere "Trading Card Games" (oder auch "Collectible Card Games") erschienen.

Ich stieß damals eher zufällig auf "Netrunner", einem Spiel, das im Cyberspace einer dystopischen Zukunft spielt. Die folgende Spielekritik habe ich bereits vor etwa 18 Jahren verfasst. Nun ist das Spiel bei Heidelberger auf Deutsch erschienen, und da sich am genialen Spielsystem gottlob nichts geändert hat, will ich sie - ein bisschen angepasst - den Lesern nicht vorenthalten.

Wir schreiben das Jahr 2036. Dank unseres weitverzweigten Computernetzes ist es uns - einem Konzern - gelungen, viele Belange der Menschheit zu kontrollieren. Leider wird unser perfekt organisiertes System von einer Gruppe Anarchisten bedroht, die wichtige Informationen aus unseren Datenbanken stehlen wollen.

Glaube um Himmels willen ja nichts, was dir "Big Brother" weismachen will. Das Ziel jedes Konzerns ist in Wirklichkeit die totale Verknechtung der Menschen. Setz dich gegen diese Tyrannei zur Wehr und hilf uns, ihre Pläne zu durchkreuzen und ihre Vorhaben, die sie in ihren Computer gespeichert haben, aufzudecken!

Unsere wichtigsten Informationen stecken in den sogenannten "Agenden". Unser Ziel ist es nun, Agenden im Wert von 7 Punkten fertig zu entwickeln.

...und genau das musst du verhindern und deinerseits Agenden im Wert von 7 Punkten befreien! Mit Hilfe eines Computer kannst du dich an das Netz anschließen, wobei du dein Gehirn direkt damit verbindest. So kannst du in die geheimen Dateien der Konzerne eindringen, ein Vorgang, der "Run" genannt wird.

Um uns vor den diebischen Eingriffen der Runner zu schützen, müssen wir die angelegten Datenbanken sichern. Vier verschiedene Arten von Schlössern ("ICE" = Intrusion Countermeasure Electronics) stehen uns dazu zur Verfügung: Wächter, Barrieren, Code-Zugänge und Fallen.

Solltest du bei einem Run auf ein Schloss treffen, können dir zur Überwindung vier verschiedene "Icebreaker" (das sind passende Schlüssel für das jeweilige Schloss) helfen, die du in deiner Ausrüstung finden kannst. Die meisten Schlösser stoppen nur deinen Run, aber hüte dich vor den Wächter, denn diese können dir auch Schaden zufügen!

Um die Runner noch mehr abzuschrecken, installieren wir Wächter zum Schutz unserer Dataforts. Diese können beim Runner Netzschäden und sogar Hirnschäden anrichten. Einige Wächter verursachen die Zerstörung von Programmen des Runners, andere sind in der Lage, den Runner im Netz zurückzuverfolgen und somit Hinweise auf seine Identität und seinen Aufenthaltsort zu geben. Dann ist der Runner auch physisch greifbar und kann wirksamer bekämpft werden.

Ganz besonders wichtig für deine Runs ist es, möglichst viele Abzweigungen ("Verbindungen") zu schaffen. Je mehr desto schwieriger ist es für einen Konzern, dir nachzustöbern. Denn bist du erst einmal erfasst, kann er deine Ressourcen angreifen, und es kostet dich wieder einige "Credits", um dem Zugriff des Konzerns zu entkommen. Andererseits kannst du aber die Möglichkeit nützen, Computerviren in den Dateien des Konzerns zu hinterlassen, das beschäftigt den Konzern einige Zeit und lässt dir mehr Zeit für erfolgreiche Runs.

Unsere Taktik besteht darin, uns so schnell wie möglich vor Eindringlingen zu schützen, einen größeren Vorrat an "Credits" (=Geld) anzulegen, Agenden anzulegen und ehestmöglich zu entwickeln. Mit etwas Bluff können wir Defizite in der Verteidigung gelegentlich wettmachen, mit aggressiven Schlössern dem Runner das Fürchten lehren. Selbst mit "falschen" Agenden, die sich dann als Fallen entpuppen, können wir schließlich erfolgreich sein.

Für dich ist das Ganze ein Wettkampf mit der Zeit. Je länger du brauchst, umso mehr kann sich der Konzern einigeln und seine Ziele verwirklichen. Das Motto kann daher für dich nur lauten: Run, Run, Run!!! Nütze jede Gelegenheit dazu, gönne dem Konzern keine Verschnaufpause. Achte aber auch du darauf, über immer genug "Credits" für die Runs zu verfügen.

Das alte "Netrunner" war zwar ein Sammelkartenspiel, ich habe aber im Gegensatz zu "Magic" keine Unsummen in Starter- und Boosterpacks investiert, oder gar komplette Boxen gekauft. Mir hat das Spiel aus jenem Grund so gut gefallen, weil eine einzige Doppel-Starter-Packung für viele, packende Partien vollkommen ausgereicht hat. Sicher hätte ich ohne weiteres auch Karten sammeln und tauschen können, um gefinkelte, ausgefeilte Decks mit verschiedenen Taktikschwerpunkten zu konstruieren. Meiner Erfahrung nach geht dabei aber einfach viel zu viel Zeit fürs "Tuning" und andere Nebensächlichkeiten verloren, die dann fürs eigentliche Spielen abgeht. "Netrunner" funktionierte aber auch ohne dieses ganze unnötige Brimborium.

Die neueste Ausgabe wird nun als LCG - die Abkürzung für "Living Card Game" angeboten. Das bedeutet, dass es ein Grundspiel gibt, wofür in Folge fix zusammengestellte Erweiterungen auf den Markt kommen. Es ist also das, was wir von typischen "Eurogames" her kennen und nicht die für den Konsumenten finanziell desaströse Praxis von zufälligen Boosterpackungen. In der - reichlich überdimensionierten - Schachtel finden wir bereits insgesamt drei verschiedene Runner und vier verschiedene Konzerne vor, welche uns eine Vielzahl an Möglichkeiten und viel Abwechslung bieten.

Das Einzigartige an "Android Netrunner" sind jedoch die asymmetrische Ausgangssituation und die unterschiedliche Aufgabenstellung für die beiden Kontrahenten Runner und Konzern. Beide haben andere Kartensätze, die sich auch farblich an ihren Rückseiten (rot für die Konzerne, blau für die Runner) unterscheiden. Und so spielen sich die beiden Rollen ebenfalls ganz anders.

Der Konzern zieht in seinem Zug zuerst eine Karte nach und muss anschließend 3 Aktionen durchführen. Eine der wichtigsten Aktionen ist der Aufbau eines Sicherheitsnetzes durch das Installieren von Ice. Vor dem Zugriff der Runner muss fast alles gesichert werden: Das "HQ" (= die Handkarten), "Forschung & Entwicklung" (= der Nachziehstapel), das "Archiv" (= der Ablagestapel) und auch ausgelagerte Systeme, in denen unter anderem auch die Agenden untergebracht werden können. Eine weitere wichtige Aktion ist das Entwickeln von Agenden, denn nur mit Agenden, die ausreichend entwickelt werden konnten, können Punkte erzielt werden. Dem Schutz von "F & E" kommt übrigens besondere Bedeutung zu, denn der Konzern verliert sofort, wenn er eine Karte nachziehen müsste, und der Nachziehstapel aufgebraucht ist.

Dem Runner stehen insgesamt 4 Aktionen zur Verfügung, welche er hauptsächlich benötigt, um wichtige Ressourcen zu schaffen und notwendige Ausrüstung, wie Hardware und Programme für seine Runs zu installieren. Die wichtigste Aktion stellt aber sicher der Run dar, denn dieser erlaubt es ihm, dem Konzern Agenden zu stehlen. Für die Überwindung von Ice benötigt er sogenannte "Icebreaker"-Programme. Runs sind aber nicht so harmlos, denn bestimmte Ice können den Runner markieren und ihn in Folge angreifbar machen. Neben dem Verlust von Ressoourcen und Ausrüstung können ihm manche Wächter sogar Schaden zufügen. Während Körper- und Netzschäden nur zum einmaligen Verlust von Handkarten führen, sind Hirnschäden besonders gefährlich. Sie reduzieren dauerhaft das Handkartenlimit, und fünf erlittene Hirnschäden führen automatisch zur Niederlage des Runners.

Wie bereits erwähnt bieten die Grundausgabe, und vor allem auch zukünftig erscheinende Erweiterungen die Möglichkeit des Deckbaus. Das kommt für mich - aus genannten Gründen - nicht in Frage, ich genieße lieber die vorgefertigten Decks für Runner und Konzerne, welche für mehr als ausreichend Abwechslung sorgen. Wer das Spielgefühl aber noch weiter vertiefen will, und über genug Zeit verfügt, kann aber selbst ein Deck nach Belieben zusammenstellen, wobei ein paar Einschränkungen, wie Mindestkartenzahl, Einflusslimit für Karten anderer Fraktionen, Minimum von Agendapunkten in Konzern-Decks sowie die Beschränkung der Anzahl der Kopien einer Karte in einem Deck zu beachten sind.

Das Spiel selbst hat in den fast zwei Jahrzehnten seit seines Erscheinens absolut nichts von seiner Attraktivität, seiner Faszination verloren. "Android Netrunner" ist nach wie vor ein genialer, spannender Zweikampf mit viel Bluff und Taktik. Man kann Fantasy Flight Games nur dazu gratulieren, das Spiel jetzt in dieser Form als erschwingliches LCG auf den Markt gebracht zu haben. Und mit der deutschen Übersetzung, die bei Heidelberger erhältlich ist, verdoppelt sich der Personenkreis jener, mit denen ich mich darin nun duellieren kann.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde