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Knobelritters Spielearchiv - Azul - Der Sommerpavillon

Art des Spiels: taktisches Legespiel
Spieleautor:    Michael Kiesling
Verlag:         Next Move Games
Vertrieb:       Pegasus Spiele
Jahrgang:       2019
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 8 Jahren
Dauer:          30 bis 45 Minuten
Preis:          ca. € 39,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spielexperten       (+)

Einleitung

"Repetita non placent" - meinte einst der römische Dichter Horaz (65 - 8 v. Chr.). Was Spiele anbelangt, gebe ich ihm meistens Recht, denn viele Erweiterungen (also Wiederholungen) kommen qualitativ bei weitem nicht an das Grundspiel heran, weshalb man mit Leichtigkeit darauf verzichten hätte können. Ob dies auch für das vorliegende Spiel gilt, einer Variante von "Azul" (immerhin Spiel des Jahres 2018), wollen wir im Rahmen dieser Rezension feststellen.

Diesmal gilt es, einen Auftrag vom König Manuel I. zu erfüllen, der tatsächlich aufgrund des Todes des portugiesischen Monarchen nie verwirklicht wurde: Der Bau eines prächtigen Sommerpavillons. Und wieder einmal sind unsere Künste als Handwerker gefragt, um das Bauwerk mit wunderschönen Fliesen auszustatten.

Spielbeschreibung

Nachdem die Spieler einzeln für sich ihre Fähigkeiten als Fliesenleger unter Beweis stellen müssen, bekommt jeder seinen persönlichen Plan des Pavillon, sprich: seine eigene Spielertafel. Der Plan zeigt sieben sternförmige Muster, wobei die äußeren Sterne in den angegebenen Farben gefliest werden müssen, während der zentrale Stern unbedingt aus verschiedenen Farben bestehen muss.

Die Fliesen - von jeder der sechs Farben gibt es 22 Stück - werden in den Beutel gelegt. Danach werden 10 Fliesen gezogen und auf die Vorratsfelder des Spielplans platziert. Zu Beginn jeder Runde werden dann die im Kreis ausgelegten Manufakturplättchen - ihre Anzahl hängt von der Spielerzahl ab - mit jeweils 4 zufällig gezogenen Fliesen bestückt. Nachdem alle Spieler ihren Punktemarker auf die Zählleiste gestellt, der Startspieler-Stein in die Mitte der Manufakturplättchen gelegt und der Turm bereit gestellt wurde, kann das fröhliche Handwerken losgehen.

Der Spielablauf ist einfach und großteils bekannt. Zuerst werden in Phase 1 Fliesen erworben. Wer an der Reihe ist, wählt ein Manufakturplättchen, nimmt sich alle Fliesen einer Farbe in seinen Vorrat und verschiebt die verbliebenen Fliesen in die Mitte. Alternativ kann er aber auch die Tischmitte wählen und daraus alle Fliesen einer Farbe nehmen. Der erste Spieler, der dies in einer Runde macht, muss ein paar Minuspunkte in Kauf nehmen, wird dafür jedoch neuer Startspieler.

Sind alle Fliesen vergeben, werden in Phase 2 die Fliesen gelegt und gewertet. Reihum legen die Spieler ihre Fliesen auf die Felder ihrer Spielertafel. Auf jedem Feld ist angegeben, wie viele Fliesen welcher Farbe dafür notwendig sind. Eine Fliese davon wird auf das Feld gelegt, die restlichen werden in den Turm geworfen, wo sie wieder in den Beutel wandern, sobald dieser leer ist. Jede gelegte Fliese bringt direkt so viele Punkte ein, wie sich dann im entsprechenden Stern benachbart miteinander verbunden befinden. Will oder kann ein Spieler nichts mehr legen, kann er passen. Dabei darf er bis zu 4 Fliesen lagern und somit in die nächste Runde mitnehmen.

Zwei Besonderheiten sollten noch erwähnt werden. Zum einen wird in jeder Runde eine andere Farbe als Jokerfarbe definiert. In Phase 1 darf genau 1 Fliese dieser Farbe - sofern dort vertreten - zusätzlich genommen werden. Wird hingegen die Jokerfarbe selbst gewählt, darf lediglich 1 genommen werden, auch wenn sich auf dem betreffenden Manufakturplättchen oder der Tischmitte mehrere davon befinden sollten. In Phase 2 fungieren die Fliesen der Jokerfarbe tatsächlich als Joker, wobei aber stets mindestens eine Fliese der "echten" Farbe - nämlich zum Platzieren auf der Spielertafel - darunter sein muss.

Die zweite Besonderheit stellen die Säulen, Statuen und Fenster auf den Spielertafeln dar. Konnte ein Spieler alle angrenzenden Felder einer Säule mit Fliesen belegen, darf er sich sofort von den Vorratsfeldern des Spielplans eine beliebige Fliese als Bonus nehmen. Bei komplett umgebenen Statuen beträgt dieser Bonus schon 2 Fliesen, bei Fenstern - hier genügen bereits 2 Felder - sogar 3 beliebige Fliesen.

Nach sechs Runden endet das Spiel. In einer Schlusswertung erhalten die Spieler noch Sonderpunkte für komplett fertiggestellte Sterne. Außerdem bekommen sie noch Extrapunkte, wenn es ihnen gelungen ist, alle Einsen, Zweien, Dreien und/oder Vieren abzudecken. Minuspunkte gibt es hingegen für jede am Schluss übriggebliebene Fliese. Wer nun die meisten Punkte hat, gewinnt diesen spannenden Wettbewerb und empfiehlt sich der portugiesischen Königsfamilie als royaler Fliesenleger.

Fazit

"Azul - der Sommerpavillon" weist - was ja zu erwarten war - eine starke Ähnlichkeit zu "Azul" auf, was es auch gar nicht verleugnen will. Im Gegenteil: Die Popularität des "Spiel des Jahres 2018" wurde wohl ganz bewusst genutzt, um die Verkaufszahlen zu steigern. Aus kaufmännischer Sicht ist dies natürlich eine nachvollziehbare Überlegung.

Aber: Brauchen wir Spieler noch so ein Spiel? Dazu müssen wir alle 3 Spiele der (vorläufigen?) Trilogie miteinander vergleichen. Über die Qualität des Grundspiels brauchen wir nicht viele Worte verlieren. Die erlangten Trophäen - sogar wir Knobelritter haben es mit dem "Knobelpreis" für das unserer Meinung nach beste taktische Spiel des Jahres ausgezeichnet - reichen als Argumente aus.

Aber bereits über die Fortsetzung scheiden sich die Geister. "Azul - Die Buntglasfenster von Sintra" weist mit farbigen Glassteinen ebenfalls ein tolles Spielmaterial auf, hat allerdings - trotz ähnlichen Spielgefühls - wegen der zusätzlichen Punktemöglichkeiten einen doch etwas schwierigeren Zugang und spielt sich nicht so geradlinig. Für sich betrachtet ist es zwar ein exzellentes Spiel, jedoch nicht so verschieden vom Original, dass es ein absolutes Muss darstellte.

Dementsprechend skeptisch war ich betreffend des neuesten Werks von Michael Kiesling. Das fängt bereits mit dem Thema an, wo es um einen Sommerpavillon geht, der zwar in Planung war, in der Realität aber nie gebaut wurde. Das klingt schon ein wenig konstruiert und aufgesetzt. Wurde da intensiv nach irgendeinem halbwegs passenden Gebäude gesucht, um eine Verlängerung der Erfolgsstory zu rechtfertigen?

Obwohl der Grundmechanismus 1:1 von "Azul" übernommen wurde, kann man im Detail doch kleine, aber feine Unterschiede erkennen. Damit meine ich nicht das Material oder die Aufmachung. Die Verwendung von rautenförmigen Fliesen erlaubt zwar neue geometrische Anordnungen, was sich jedoch nicht auf das generelle Spielgefühl auswirkt.

Viel entscheidender ist, dass der Spielablauf nun in 2 getrennte Phasen gegliedert wurde. Musste man sowohl bei "Azul 1" als auch bei "Azul 2" die genommenen Spielsteine sofort einbauen, und damit verbundene Nachteile in Kauf nehmen, kann man hier nun in Phase 1 die Fliesen erst sammeln und kann sich dann in Phase 2 überlegen, wie man seinen Vorrat am besten einsetzt. Dies hat zur Folge, dass es sich weniger gemein, weniger konfrontativ spielt. Ich konnte feststellen, dass diese Verringerung des Ärgerpotentials in unseren Spielrunden überaus positiv ankam und auch die interessante Regelung mit der Jokerfarbe begrüßt wurde.

Obwohl die meisten Entscheidungen taktischer Natur sind, und man aufgrund der jeweils neuen Auslage an Fliesen auf den Manufakturplättchen eher kurzfristig und flexibel agiert, ist es doch möglich, seine Vorgehensweise auf verschiedene Art anzulegen. Dies liegt an den Extrapunkten, welche man bei der Schusswertung erzielen kann.

Man kann sich beispielsweise darauf konzentrieren, zwei bis maximal 3 Sterne zu vollenden, was zwischen 12 (für den mehrfarbigen Stern) und 20 Punkten (violetter Stern) einbringt. Oder man kann auf die Zusatzpunkte abzielen, die es für die Abdeckung aller Felder eines Wertes gibt. Die dafür ausgeschriebenen Belohnungen liegen zwischen 4 (für alle 1er) und 16 (für alle 4er) Punkten.

Wie immer man es aber auch anlegt, ohne die Bonusfliesen für Säulen, Statuen und Fenster (bei Belegung aller angrenzender Felder) lässt sich kein Blumentopf gewinnen, weshalb man dies stets in seine Überlegungen mit einbeziehen sollte. Dies wird durch die Tatsache belegt, dass jeder Spieler in den sechs Runden einer Partie zwischen 50 und 60 Fliesen in Phase 1 erhält. Da macht es schon einen großen Unterschied, ob man durch diesen Bonus beim Legen lediglich vereinzelte Fliesen, oder doch 10 oder mehr bekommt.

"Azul - der Sommerpavillon" ist für mich das beste Spiel der Trilogie, besser noch als das Original womit auch die eingangs gestellte Frage beantwortet wäre. Genau so hätte es eigentlich von Anfang an sein müssen. Aber vielleicht hat Autor Michael Kiesling den Erfolg gebraucht, um - zusätzlich mit ein paar weiteren Monaten Reifezeit - das Spiel zu perfektionieren und zu diesem meines Erachtens fast idealen Ergebnis zu gelangen. Ob meine "Knobelritter" derselben Meinung sind, wird sich spätestens bei der Vergabe des "Knobelpreises 2020" weisen…

Franky Bayer

Bewertung: 4½ Schilde