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Knobelritters Spielearchiv - Café Melange

Art des Spiels: Schlussfolgerungsspiel
Spieleautor:    Stephan Riedel
Verlag:         Clicker Spiele
Jahrgang:       2013
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 45 Minuten
Preis:          ca. € 25,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spielexperten (+)

Ein Spiel, das in einem Wiener Kaffeehaus spielt: Wer sonst wäre wohl prädestinierter als Spielerezensent als Euer gnädiger Quoten-Österreicher, der sich zudem als hauptberuflicher Hotelier und Gastwirt bestens in der Gastronomie auskennt?

Aber nicht das Zubereiten eines perfekten Melange oder das Servieren eines kleinen Braunen mit dem obligaten Glas Wasser zählt hier zu unseren Aufgaben. Es gilt, seine eigenen Gäste an Tischen neben illustren Persönlichkeiten aus Kunst, Literatur, Politik und Wissenschaft im Wien des Jahres 1910 zu platzieren, damit sie ein wenig Glanz - sprich Siegpunkte - abbekommen.

Nun gut, erkunden wir als Mann vom Fach einmal die örtlichen Gegebenheiten. Das "Cafè Central" ist ja ein etabliertes Kaffeehaus im Zentrum Wiens, nämlich im 1. Bezirk. Es mag zwar ein großes Renommee haben, die Räumlichkeiten sind jedoch - gemäß Spielplan - eher überschaubar. Im einzigen Raum stehen elf Tische, die sich in Form (quadratisch, rechteckig und rund) sowie Farbe (weiß, grau, braun) unterscheiden. Die Stühle in vier unterschiedlichen Farben (lila, orange, türkis und olivgrün) tragen sehr zum besonderen Flair des Etablissements bei.

Einige bedeutende Personen der Epoche, wie Gustav Mahler, Sigmund Freud oder Egon Schiele, haben sich schon an Tischen eingefunden. Jeder Spieler hat nun die Aufgabe, seine sechs Gäste - dargestellt durch Plättchen in seiner Farbe - an Tische mit möglichst vielen Prominenten zu setzen. Dazu dienen ihm vor allem die Reservierungskarten, von denen er anfangs vier Stück vom Nachziehstapel erhält. Die Reservierungskarten stellen die besonderen Wünsche der Gäste und Prominenten bezüglich ihres Sitzplatzes dar. 4 weitere Karten dieses Stapels werden aufgedeckt und bilden eine offene Auslage.

Während seines Spielzugs hat ein Spieler zwei Zugmöglichkeiten. Er kann entweder 1 bis 3 seiner Karten ausspielen und danach 1 Karte nachziehen (A) oder 3 Karten nachziehen (B). Spielt er eine Reservierungskarte aus, kann er damit eine neue Kartenreihe eröffnen, indem er auf jeden noch nicht besetzten Stuhl, welcher der ausgespielten Karte entspricht, einen Marker seiner Farbe legt. Spielt er also beispielsweise die Karte "rund", betrifft dies jeden Stuhl eines runden Tisches, maximal also 10 Marker. Auf diese Weise kann man höchstens zwei Kartenreihen eröffnen, da jeder Spieler (außer im Spiel zu zweit) nur über zwei verschiedene Markertypen verfügt.

In Folge - auch im selben Spielzug - kann man diese Kartenreihe erweitern. Dabei muss man eine Reservierungskarte eines anderen Typs wählen, in unserem Beispiel also entweder die Tischfarbe oder die Stuhlfarbe. Dann entfernt man von jedem Stuhl, der nicht der neu ausgespielten Reservierungskarte entspricht, einen Marker.

Wenn von einem Markertyp nur mehr ein einziger Marker am Spielplan ist, was normalerweise nach spätestens drei Karten der Fall ist, hat sich der Gast sozusagen für einen Sitzplatz entschieden. Der Spieler wählt ein beliebiges seiner Personenkärtchen und legt es an den so bestimmten Platz, wofür er sofort Siegpunkte (je nach Kärtchen 0 bis 4 Punkte) erhält. Auch Prominente können auf diese Weise platziert werden, denn für jeweils 2 Prominente werden ebenfalls Kartenreihen gebildet.

Sobald das 21. Besucherkärtchen platziert werden konnte, wird die aktuelle Runde noch zu Ende gespielt, sodass alle Spieler gleich oft an der Reihe waren. Es folgt eine Schlusswertung, bei der es noch Promipunkte für jeden Gast gibt, der am selben Tisch mit einem oder besser noch mehreren Prominenten sitzt. Wer danach die meisten Siegpunkte vorweisen kann, gewinnt das Spiel.

Spielekennern und richtigen Experten dürfte dies bekannt vorkommen. Stephan Riedel verwendet nämlich bei beiden anderen Spielen seines Kleinverlags "Clicker Spiele" dasselbe Prinzip. Bei "Old Town" galt es, eine alte Westernstadt anhand von Hinweisen zu rekonstruieren. Bei "Schinderhannes" wiederum musste herausgefunden werden, welche Tat und welches Ereignis sich an welchem Ort zugetragen hat. Allen drei Spielen ist gemein, dass die Spieler versuchen, Kärtchen so zu platzieren, dass sie damit möglichst viele Punkte erzielen.

Bei "Café Melange" stehen Logik und Deduktionsvermögen weniger im Vordergrund als bei den Vorgängern, vielmehr kommt es auf taktisch kluges Platzieren durch das Ausschlussverfahren an. Die Mechanismen, die dabei zum Einsatz kommen, sind nicht einfach zu durchschauen. Dass beim Eröffnen einer Kartenreihe Marker auf passende Plätze gelegt werden, während beim Erweitern eine Reihe Marker unpassender Plätze entfernt werden, stiftet anfänglich Verwirrung. Es dauert eine Weile, bis man dies verinnerlicht hat und den Durchblick erhält, wie man zu agieren hat. Dann richtet sich der Blick auf die Möglichkeiten, an die entscheidenden Siegpunkte zu gelangen.

Zum einen gibt es Sofortpunkte für das Legen von Gästen oder Prominenten. Wem dies im Laufe eines Spiels öfters gelingt, hat meistens schon einen schönen Vorsprung. Da alle Spieler dieselben zwei Aktionsmöglichkeiten vorfinden, kommt es drauf an, seine Aktionen effektiver zu nutzen. Mit Überblick, sorgfältigem Kartenmanagement und taktischem Geschick - zum Beispiel unter Berücksichtigung bereits besetzter Plätze - lässt sich mehr aus seinen Aktionen herausholen. Natürlich spielt das Kartenglück ebenfalls eine Rolle. Zwar können zwei identische Reservierungskarten als Joker herangezogen werden, aber dies bedeutet wieder einen kleinen Aktionsverlust.

Bei der Schlusswertung wiederum sollte man danach trachten, möglichst viele Prominente an Tische mit eigenen Gästen (oder umgekehrt) zu platzieren. Dies führt dazu, dass ein Gerangel um Plätze an Tischen mit vielen VIPs entsteht. Einen zweiten Promi an einen Tisch zu setzen sollte man deswegen nur dann, wenn schon ein eigener Gast anwesend ist, oder man sich zumindest einigermaßen sicher ist, dort auch selbst einen Gast hinsetzen zu können.

Meiner Spielerfahrung nach gewinnt aber jener Spieler, der den Überblick bewahrt und beides am besten miteinander verbinden kann. Der Einsatz der eigenen Gäste will dabei wohlüberlegt sein. Die sechs Personenkärtchen, die jeder Spieler besitzt, unterscheiden sich nämlich in ihren Werten. Kärtchen mit einem hohen Platzierungswert (4) haben nur einen geringen Promiwert (Multiplikator 1), während etwa das Kärtchen mit dem Platzierungswert 0 die Punktewerte der Prominenten am selben Tisch verdreifacht.

Im Spiel kommen noch Aktionskarten vor, deren Einsatz aber stark reglementiert ist. So kann ein Spieler in einer Partie höchstens 3 Aktionskarten - in regelmäßigen Abständen - ausspielen. Einige bringen Zusatzwertungen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt werden, aber es lassen sich damit nur maximal 2 Punkte holen. Andere Aktionskarten erlauben das Entfernen von Marker vom Spielbrett, was das Legen von Personenkärtchen erleichtert. Die sinnvollsten Aktionskarten aber sind jene, mit denen entweder zwei beliebige Prominente oder zwei beliebige eigene Gäste Platz tauschen können, da hier die Schlusswertung mit den Promipunkten noch entscheidend beeinflusst werden kann. In diesem Zusammenhang möchte ich aber dringend empfehlen, Karl Lueger, den einzigen Prominenten im Spiel, wegzulassen. Er sorgt nämlich aufgrund seiner politischen Neigung für negative Promipunkte (-1), was das Spiel leider total zum Kippen bringen kann.

Das Spielmaterial verdient noch löbliche Erwähnung. Es ist weit professioneller als etwa das von "Old Town", mit viel Holzmaterial, stabilen Kärtchen, einem hochwertigen Spielplan und schönen Spielkarten. Mir gefällt aber besonders die Spielanleitung, welche das ungewöhnliche und nicht einfach zu begreifende Spielprinzip klar strukturiert, verständlich und mit vielen Bildern erklärt. Auf der Rückseite befindet sich eine Kurzspielregel. Und in einem historischen Anhang erfahren die Spieler einen Überblick über alle im "Café Melange" vorkommenden Persönlichkeiten.

"Café Melange" ist sicher originell und gewöhnungsbedürftig im Spielablauf und daher nicht auf Anhieb zu verstehen. Ich finde aber, dass sich die Mühe lohnt, sich mit dem Spiel zu beschäftigen und sich in die Zeit der großen Wiener Kaffeehauskultur nach der Jahrhundertwende hineinzuversetzen.

Franky Bayer

Bewertung: 3 1/2 Schilde