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Knobelritters Spielearchiv - Colt Express

Art des Spiels: Kartenspiel
Spieleautor:    Christophe Raimbault
Verlag:         Ludonaute
Vertrieb:       Asmodée Spiele
Jahrgang:       2015
Spielerzahl:    2 bis 6 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 40 Minuten
Preis:          € 25,90

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Partyspieler (+)

Folgendes Spiel ist nichts für zart besaitete Gemüter. Spielt sich das Geschehen doch im Wilden, Wilden Westen ab, wo der Colt recht locker im Halfter sitzt. Hier fliegen die Kugeln, hier regnet es Blei, hier prasseln die Fäuste. Kurz: Hier regiert das Gesetz des Stärkeren (oder Treffsichereren).

Moralisch ist das Ganze ebenfalls äußerst bedenklich, besteht doch die Aufgabe der Spieler als verwegene Revolverhelden, bei einem Eisenbahnüberfall so viel Beute wie möglich zu machen. Raue Zeiten, raue Sitten!

Bis zu sechs Banditen können sich an dem Raub beteiligen. Ob sie sich ein Ticket gekauft haben, um bei einem Bahnhof in den Zug zu gelangen, oder ob sie den Zug verfolgt haben und unterwegs aufgesprungen sind, wissen wir nicht. Zumindest befinden sie sich bei Spielbeginn bereits in den hinteren Waggons. Die begehrte Beute wird durch Geldbeutel (Wert von $ 250 bis $ 500) und Edelsteine (je $ 500) dargestellt. Wo wie viel Beute zu holen ist, wird durch Symbole in den Waggons vorgegeben. Zusätzlich gibt es noch eine Geldkassette im Wert von $ 1.000 ganz vorne in der Lokomotive, welche jedoch von einem Marshal bewacht wird.

Jetzt würde man sich normalerweise erwarten, dass die Banditen gemeinsam die Waggons stürmten und den Fahrgästen ihre Wertsachen abknöpften. Dem ist aber nicht so, die Bande erweist sich als nicht gerade sehr homogen. Soll heißen: Jeder versucht auf eigene Faust (welch treffender Ausdruck!), so viel wie möglich zusammenzuraffen. Die anderen Banditen werden daher als Konkurrenten betrachtet, weshalb sich der Gebrauch der Colts und der Fäuste hauptsächlich gegen diese richtet.

Der Überfall geht über 5 Runden, wozu 4 zufällig gezogene Rundenkarten sowie eine Bahnhofskarte für die letzte Runde vorgeben, wie viele Züge in der jeweiligen Runde gespielt werden und welche besonderen Ereignisse eventuell dabei auftreten.

Jeder Spieler besitzt seinen eigenen Satz von 10 Aktionskarten. Vom gut gemischtem Stapel nimmt er zu Beginn jeder Runde sechs Stück auf die Hand. In der Planungsphase hat er dann, wenn er an der Reihe ist, die Wahl, entweder 1 Aktionskarte offen auf einen gemeinsamen Stapel zu spielen, oder 3 zusätzliche Karten für eine bessere Auswahl nachzuziehen. Nachdem alle Spieler ihre Spielzüge durchgeführt haben, kommt die Aktionsphase. Darin wird der gesamte Stapel einfach umgedreht und eine Karte nach der anderen ausgeführt.

Und dies sind die möglichen Aktionen, welche die Karten erlauben. Mit der Aktion "Bewegen" bewegt man seine Spielfigur von Waggon zu Waggon, wahlweise nach vorne oder nach hinten. Auf dem Dach kommt eine Figur schneller voran, wodurch sie dort sogar bis zu 3 Waggons weit ziehen kann. Bei der Aktion "Ebene wechseln" klettert eine Figur vom Inneren eines Waggons auf das Dach oder umgekehrt.

Die Aktion "Marshal" wiederum erlaubt es, die Marshal-Figur zu bewegen. Nachdem sich niemals ein Bandit im selben Waggon wie der Marshal aufhalten kann, müssen Banditen stets sofort die Flucht aufs Dach ergreifen und bekommen zudem noch eine Kugel verpasst.

Mit der Aktion "Feuer!" kann man selbst das Feuer auf einen anderen Banditen eröffnen. Befindet sich ein Bandit im Inneren des Waggons, kann er nur Banditen in einem benachbarten Waggon als Ziel wählen. Auf dem Dach wiederum kann er auf einen Banditen schießen, zu denen er Sichtkontakt hat. Nur wenn es ein gültiges Ziel gibt, überreicht er dem betroffenen Spieler eine seiner Patronenkarte, welche dieser auf seinen persönlichen Stapel legt. Treffer sind zwar überhaupt nicht gefährlich, geschweige denn tödlich. Da die Patronenkarten für den betroffenen Spieler aber nutzlos sind, "verstopfen" sie in Folge seine Kartenhand, womit er weniger Aktionen durchführen kann.

Gegen einen Banditen, der sich im selben Waggon aufhält, helfen aber keine Colts, sondern nur die Fäuste. Die Aktion "Hieb" versetzt den angegriffenen Banditen in einen benachbarten Waggon. Dieser verliert obendrein eines seiner bereits gesammelten Beutestücke. Alle Beutestücke - ob Geldbeutel, Edelsteine oder Geldkassetten - können wiederum mit der Aktion "Raub" am Aufenthaltsort aufgeklaubt werden, allerdings bloß 1 Stück pro Aktion.

Nach der fünften Runde endet das Spiel. Jeder Spieler addiert die Werte seiner gesammelten Beutestücke. Der Spieler, der schließlich die meisten Patronen verschossen hat, bekommt zusätzlich die Belohnung für den "Revolverheld" in Höhe von $ 1.000. Der reichste Spieler gewinnt das Spiel.

Das Auffälligste an "Colt Express" ist die Aufmachung. Der Zug kommt nicht etwa auf einem normalen Spielplan vor, auf dem die Spieler ihre Figuren bewegen, sondern als beeindruckendes, dreidimensionales Gebilde. Zwar erfordert dies vor der ersten Partie ein wenig Bastelarbeit, das Ergebnis ist dann aber auch sehr attraktiv. Je nach Teilnehmerzahl werden für eine Partie 2 bis 6 Waggons an die Lokomotive gehängt. Spielfiguren (für die Banditen und den Marshal), Plättchen (für die Beutestücke, aber auch für ein paar - spielerisch nicht relevante - ausschmückende Gelände-Teile, wie Kakteen und Zeugenberge) und Karten (Runden-, Charakter-, Aktions- und Patronenkarten) komplettieren das grafisch ebenfalls gefällige Spielmaterial.

Das Spiel selbst verbindet Bluff- und Zockerelemente mit ein bisschen Gedächtnistraining. Die meisten Aktionskarten werden offen auf einen gemeinsamen Stapel gelegt, weshalb Spieler mit besserer Merkfähigkeit etwas im Vorteil sind. Doch nicht alles lässt sich hundertprozentig erahnen, denn schon bei der Bewegung können ja - außer hinten am Zugende oder ganz vorne in der Lok - zwei entgegengesetzte Richtungen eingeschlagen werden, was jede Planung zunichtemachen kann.

Und dann sind da ja noch die Rundenkarten, die für jede Runde spezielle Regeln vorsehen. So können auf manchen Karten Tunnel vorkommen, bei denen im betroffenen Spielzug alle Aktionskarten verdeckt ausgespielt werden. Verschiedene Ereignisse sorgen zudem am Rundenende für Abwechslung. Aber auch die einzelnen Banditen haben unterschiedliche Sonderfähigkeiten. So kann beispielsweise "Tuco" durchs Dach schießen, oder "Ghost" seine Aktionskarte im ersten Spielzug jeder Runde verdeckt spielen.

Durch all diese Unsicherheiten kann man "Colt Express" auf keinen Fall als Taktikspiel betrachten. Ich ordne es in die Kategorie "gehobenes Funspiel" ein. Die dabei aufkommenden Emotionen - Ärger, Freude, Bangen, Hoffen, Jubeln - dürften den Ausschlag für die Jury gemacht haben, es zum "Spiel des Jahres 2015" zu küren. Nicht ganz zu Unrecht, wie ich finde.

Als kleinen Kritikpunkt empfinde ich die Überbewertung des Schießens. Die Prämie für den "Revolverheld" ist mit $ 1.000 meines Erachtens etwas zu hoch geraten. Es wird dadurch etwas zu viel und zu wild durch die Gegend geballert, mit der Hoffnung, dass die Kugel schon irgendein Ziel treffen wird. Ansonsten gefällt mir die Regelung mit den Patronenkarten, welche den Aktionskartenstapel allmählich blockieren, ausgesprochen gut. Ein getroffener Bandit ist dadurch quasi "verletzt" und etwas in seinen Aktionen gehemmt.

Genau dieser geschickte Kniff ist es, der dem Spiel eine spielerische Leichtigkeit verleiht. Trotz prasselnder Fäuste und fliegender Kugeln gibt es keine wirklichen Opfer, kein Spieler scheidet aus. So macht Spielen Spaß, und je mehr mitmachen, umso lustiger ist es. Zu zweit kann ich "Colt Express" hingegen nicht wirklich empfehlen.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde