März
MoDiMiDoFrSaSo
26272829 1 2R3
4 5K6 7 8IS9I10
1112K131415W16W17
1819K2021S22SO2324
2526K2728293031
Legende:
Knn Ritter der Knobelrunde
Snn Spieletreff - Auwiesen
Snn Spieletreff - Franckviertel
Snn Spieletreff - Pichling
Inn Innviertler Spieletage
Onn Offener Spieleabend - Vöcklabruck
Wnn 21. Weißkirchner Spielefestival
Rnn Würfelschänke Ried
<- Die Abtei der wandernden Bücher^Die Baumeister des Colosseum ->

Knobelritters Spielearchiv - Die Alchemisten

Art des Spiels: Tüftel- und Arbeitereinsatz-Spiel
Spieleautor:    Matús Kotry
Verlag:         Czech Games Edition
Vertrieb:       Heidelberger Spiele
Jahrgang:       2014
Spielerzahl:    2 bis 2 Spieler
Alter:          ab 13 Jahren
Dauer:          2 bis 3 Stunden
Preis:          ca. € 39,-

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Wenn man Kupfer mit Ammoniak zusammenmischt, entsteht eine Flüssigkeit von tiefblauer Farbe, dem angeblich schönsten Blau der Welt. Für den Laien mag dies wie ein kleines Wunder erscheinen. Wenn man sich aber in Chemie gut auskennt, und über die Gleichung Cu + NH3 = Cu (NH3)4 Bescheid weiß, ist das Ergebnis keine Überraschung.

Auch beim Spiel "Die Alchemisten", das uns ins tiefe Mittelalter versetzt, als man noch keine Ahnung von Atomen und Molekülen hatte, entstehen durch das Mischen von schmackhaften Zutaten, wie Vogelklauen, Kröten, Pilze, Farne, Skorpione, u. ä. zunächst unerklärliche Tränke. Durch Kenntnis über den Aufbau dieser Zutaten werden die Resultate - ob Gift, Lähmungs- oder Heiltrank - aber auch hier vorhersehbar.

Die Zutaten enthält nämlich genau 1 alchemistisches Element, welches aus drei Teilchen besteht, die eine Farbe (rot, grün oder blau) und eine Ladung (+ oder -) haben. Um herauszufinden, welcher Trank gebraut wurde, sucht man nach einem großen Teilchen von Element 1 und einem kleinen Teilchen von Element 2, die in Farbe und Ladung übereinstimmen. Wenn zwei Elemente keine gemeinsamen Teilchen haben, neutralisieren sie sich und ergeben einen neutralen Trank. Klingt kompliziert, ist aber im Grunde genommen ganz einfach. Da man allerdings bei jeder Form von Experiment lediglich die Art des gebrauten Trankes erfährt, die durch das Mischen von 2 Zutaten entsteht, muss man daraus seine Schlüsse ziehen.

Dieses Prinzip aus Deduktion, Ausschlussverfahren und Kombination ist absolut faszinierend und wunderbar konstruiert. Trotzdem genügt dies allein allenfalls für ein Solitärspiel, nicht aber für ein Mehrpersonenspiel, weshalb es selbstverständlich noch weitere Spielmechanismen geben muss. Die Lösung liegt im Worker Placement, das heißt die Spieler setzen Aktionswürfel auf einem Spielplan ein, um bestimmte Aktionen durchführen zu können.

Auf dem Spielplan gibt es acht verschiedene Aktionsfelder. Eines der wichtigsten ist jenes, bei dem man neue Zutatenkarten bekommt, schließlich verbrauchen sich Zutaten, wenn aus ihnen Tränke gebraut werden. Ein Aktionsfeld erlaubt das "Transmutieren" von Zutaten in Goldmünzen, die für bestimmte andere Aktionen benötigt werden. Zwei Aktionsfelder helfen, wichtige Erkenntnisse zu erlangen.

Bei einem Test am Studenten erhält dieser eine Mixtur aus zwei Zutaten, woraufhin man die Art des entstehenden Gebräus erfährt. Während der Student anfangs bereitwillig Tränke schluckt, ist er nur mehr mit einem Goldstück zu überreden, sobald den negativen Effekt eines Tranks erleiden musste. Beim Feld "Trank trinken" braucht man hingegen niemals Gold zahlen, dafür muss man bei so einem gewagten Selbstversuch selbst die Folgen eines negativen Tranks in Kauf nehmen.

Nachdem "Die Alchemisten" aber nicht zu den kooperativen Spielen gehört, muss es irgendeine Möglichkeit zum Leistungsvergleich der Spieler geben. Hier geschieht dies in Form von Rufpunkten, die man auf verschiedenste Art und Weise erhalten kann. Am besten steigert man seinen Ruf durch das Aufstellen von Theorien. Ist man über die Zusammensetzung einer Zutat sicher (oder zumindest ausreichend sicher genug), sucht man das Aktionsfeld "Theorien publizieren" auf und zahlt ein Goldstück. Dann legt man das Plättchen, welches das vermutete alchemistische Element zeigt, zusammen mit einem eigenen Siegel auf das Zutat-Feld der Theorien-Tafel. Dies bringt schon mal einen sofortigen Rufpunkt ein, kann aber in Folge für noch weitere sorgen.

Theorien können sich aber - sei's wegen Irrtums, sei's wegen übertriebenem Risiko - durchaus auch als falsch herausstellen. In diesem Fall lohnt der Einsatz von Aktionssteinen auf dem Feld "Theorien widerlegen". Dem Zweifler winken gleich 2 Rufpunkte, wenn sich seine Skepsis als richtig herausstellt, während der Alchemist mit seiner fehlerhaften Theorie ein Verlust an Rufpunkten droht.

Auf einem der beiden restlichen Aktionsfelder lässt sich entweder ein Trank verkaufen, womit sich - je nach versprochener und tatsächlicher Qualität - nicht nur gutes Gold verdienen, sondern vielleicht auch der eine oder andere Rückschluss ziehen lässt. Und das letzte Aktionsfeld schließlich erlaubt es, Artefakte zu kaufen. Artefakte sind zwar recht kostspielig, bringen aber je nach Art positive Effekte während oder wertvolle Rufpunkte am Ende des Spiels.

Nach sechs Runden kommt es zur Auflösung, und es werden noch Rufpunkte für Theorien vergeben, die sich als richtig herausgestellt haben bzw. Rufpunkte für falsche Theorien abgezogen. Jener Alchemist, der schlussendlich den meisten Ruf anhäufen konnte, gewinnt das Spiel.

Ein Spiel, bei dem eine zufällige, keinem Spieler bekannte Ausgangssituation festgelegt wird, und man in Folge Informationen erhält: Das ist ohne Spielleiter eigentlich gar nicht möglich. Doch wer übernimmt freiwillig für mehr als zwei Stunden diese Funktion, ohne selbst irgendwie aktiv am Spiel teilnehmen zu können? Der tschechische Verlag "Czech Games Edition" bietet dafür eine fast schon geniale Lösung: Eine eigene, selbstverständlich kostenlose App.

Ich bin normalerweise als reiner "Analog"-Spieler kein Freund dieser neumodernen Techniken, die oft unnötig vom Spielerischen ablenken. Aber diese App - sie funktioniert nach Installation sogar offline! - ist einfach traumhaft. Einmal gestartet, kann sie für die verschiedensten Aktionen herangezogen werden, in denen Tränke gebraut werden. Dabei ist es einer Spielrunde freigestellt, ob sie die Fotofunktion zum Einscannen der Zutatenkarten hinter dem Sichtschirm nutzen will, oder lieber - empfehlenswert bei schlechtem Licht - die manuelle Eingabe.

Sicher: Das Spiel selbst wirkt durch viele, viele Details ziemlich kompliziert. Auf einige davon gehe ich erst gar nicht ein, um diese Rezension nicht zu überladen. Besonders für den Neuling sind das eine Menge Informationen, die nur mit vollster Konzentration zu durchschauen sind. Die Spielregel gibt sich aber Mühe, dem Spieler die komplexen Mechanismen und Verschachtelungen ausführlich und verständlich näher zu bringen. In der ersten Spielrunde stehen außerdem (eigentlich logisch) nur fünf der acht Aktionsfelder zur Verfügung, was zu einem leichteren Einstieg verhilft.

Spielerisch weiß "Die Alchemisten" hauptsächlich deswegen zu überzeugen, weil hier der Konkurrenzkampf zwischen den Spielern sehr gut auf den Punkt gebracht wird. So wird vor jeder Runde um die Reihenfolge der Aktionen taktiert. Wer früher dran ist, kann zuerst auf benötigte Zutaten zugreifen, gewünschte Artefakte erwerben und noch vor seinen Mitbewerbern Theorien veröffentlichen. Dafür werden Plätze weiter hinten in der Spielreihenfolge meist mit zusätzlichen Zutaten oder dem einen oder anderen Helfer - Personen, welche dir einen bestimmten Vorteil verschaffen - belohnt.

Das Kernelement des Spiels bildet aber auf jeden Fall das Publizieren von Theorien. Dabei bringt frühzeitiges Veröffentlichen doch so viele Vorteile, dass die Spieler veranlasst werden, manchmal auch noch nicht bestätigte Theorien zu riskieren. Schon die Publikation selbst wird mit einem Rufpunkt honoriert. Am Ende jeder Runde erhält zudem jener Spieler mit den meisten Siegeln auf der Theorien-Tafel (gilt auch für unterstützte, von anderen Spielern ursprünglich aufgestellte Theorien!) einen Extra-Rufpunkt. Und schließlich verlangen Konferenzplättchen am Ende der dritten bzw. fünften Runde unbedingt eine gewisse Anzahl an Siegeln, um nicht einen Rufverlust hinnehmen zu müssen. Wer das Risiko von Rufverlust durch widerlegte Theorien minimieren oder ganz vermeiden will, kann spezielle Siegel legen, mit denen man sich gegen die Polarität eines bestimmten Farbteilchens absichern kann, bei Spielende bringen diese allerdings keine Rufpunkte ein. Auf jeden Fall sorgt auch das Publizieren von Theorien für ein hohes Maß an Interaktion.

Die Kombination aus deduktivem Tüfteln und hochgradig interaktivem Arbeitereinsatzspiel ist neuartig, innovativ und äußerst gelungen. Die technische Unterstützung mit dem Smartphone ist einfach perfekt und erlaubt einen reibungslosen und doch ziemlich flotten Ablauf. Und auch das reichhaltige, hochwertige, schön gestaltete Spielmaterial weiß zu überzeugen. Kurzum: Mit "Die Alchemisten" liegt hier ein Spiel vor, das mich auf den ersten Blick begeistert hat, und das für mich zu den Besten im Jahrgang 2014/15 zählt. Eine ganz klare Empfehlung an den anspruchsvollen Spieler, der sich dieses spielerische Vergnügen auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde