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Knobelritters Spielearchiv - Die Tore der Welt

Art des Spiels: Spiel zum Roman
Spieleautoren:  Stefan Stadler
                & Michael Rieneck
Verlag:         Kosmos Spiele
Jahrgang:       2009
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          90 bis 120 Minuten
Preis:          ca. € 35,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spieleexperten ++

Bei Fortsetzungen bekannter Spiele verhält es sich wie bei Fortsetzungen erfolgreicher Filme oder Bücher. Jeder, der das Original gespielt/gesehen/gelesen hat, will unbedingt auch das neue Werk kennenlernen, worauf natürlich die geschäftstüchtigen Spieleverlage/Filmproduzenten/Buchverleger spekulieren. Zumeist können die hohen Erwartungen jedoch nicht erfüllt werden, und bei Spielern/Kinogängern/Lesern bleibt eine Enttäuschung.

Ich habe gerade "Die Tore der Welt" von Ken Follett gelesen, das Nachfolgewerk vom Bestseller "Die Säulen der Erde". Der Roman ist wieder grandios geschrieben, das Mittelalter - es spielt rund 200 Jahre später, also in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts - wird sehr detailgetreu und authentisch wiedergegeben, und doch hat es mir nicht mehr ganz so gut gefallen. Das Werk ähnelt meiner Meinung nach zu sehr dem Original, auch die darin vorkommenden Charaktere sind in ihren Grundzügen nicht so anders, weshalb im Grunde dieselben Konflikte auftauchen. Mir kommt vor, als ob bewusst nicht allzu viel vom erfolgreichen Konzept abgewichen wurde.

Und wie steht es dann mit dem Spiel zum Buch? Das Brettspiel "Die Säulen der Erde" war ja auch ein großer Erfolg, gewann es doch 2007 immerhin den renommierten "Deutschen Spielepreis". Haben die beiden Autoren Stefan Stadler und Michael Rieneck nach dem Motto "Never change a winning team" die bewährten Spielmechanismen ebenfalls nur ein wenig abgeändert? Die Antwort lautet eindeutig: Nein! Während bei "Die Säulen der Erde" der in dieser Zeit gerade moderne Mechanismus des "Worker Placements" auf gelungene Weise verwendet wurde, kommt dies bei "Die Tore der Welt" überhaupt nicht vor. Sicher, es geht wieder um Siegpunkte, welche das Ansehen darstellen, das die Spieler im Laufe des Spiels erlangen, aber diese Punkte müssen nun auf andere Weise gesammelt werden.

Bei den "Säulen" bekam man vorwiegend für die Mitwirkung am Bau der Kathedrale der fiktiven Stadt Kingsbridge Punkte, nun sind es zwei völlig verschiedene Tätigkeiten, welche wertvolle Siegpunkte bringen: Einerseits der Bau verschiedener Gebäude, wie etwa einer neuen Steinbrücke über den Fluss oder eines neues Hospitals, andererseits die Behandlung von Pestkranken. Die Spieler werden sozusagen belohnt, wenn sie erfolgreich in die Rollen der beiden Hauptfiguren des Romans schlüpfen: Baumeister Merthin und Schwester Caris. Wem dies in den vier Abschnitten - hier "Kapitel" genannt - am besten gelingt, gewinnt das Spiel.

Doch bevor ein Spieler überhaupt an Siegpunkte denken kann, muss er seinen Pflichten nachkommen. "Die Tore der Welt" spielt in England in den Jahren 1337 bis 1361. Zu jener Zeit - im Spätmittelalter - galten völlig andere Werte wie heutzutage. Neben dem Grundbedürfnis von ausreichend Nahrung spielte auch noch der Glauben eine wichtige Rolle. Und natürlich musste jeder - vom einfachen Handwerker bis zum angesehenen Gildemeister oder Lord - Steuern zahlen. Im Spiel ist das so geregelt, dass am Ende jedes Kapitels gewisse Pflichtabgaben zu entrichten sind: 2 Marker "Frömmigkeit", um nachzuweisen, dass man ein frommes Leben führt; 2 Marker "Getreide", um zu beweisen, dass man sich ausreichend um Ernährung gekümmert hat; und schließlich legt ein Steuerwürfel noch fest, wie viel Geld (zwischen 2 und 5 Münzen) an Steuern an den König abzugeben sind.

Frömmigkeit, Getreide und Geld für die Pflichtabgaben, dazu noch Material (Holz oder Stein) für die verschiedenen Bauvorhaben, medizinisches Wissen, um Kranke zu versorgen, an all diese Dinge muss man folglich auf irgendeine Weise im Laufe eines Kapitels rankommen, worauf ich nun bei der Erklärung des Spielverlaufs eingehen will.

Jedes Kapitel ist in 6 Runden unterteilt, in welcher der Startspieler eine Ereigniskarte aufdeckt. Nachdem das darauf beschriebene Ereignis (ein stark an den Roman angelehntes positives oder negatives Ereignis) ausgeführt wurde, richtet er die Karte auf dem dafür vorgesehenen Feld so aus, dass jede Ecke der Karte zu einem Spieler weist. Jeder erhält daraufhin das Einkommen, das auf "seiner" Ecke angegeben ist. Anschließend darf der Startspieler den Gunststein auf der speziellen Leiste des Spielplans so viele Felder vorrücken, wie die Markierung der Ereigniskarte anzeigt, also zwischen 0 und 3 Felder. Das Zielfeld des Gunststeins bezeichnet die Gunst, welche der Startspieler einmalig genießen kann. Dies können wie beim Einkommen Geld, Waren, Baustoffe, unterschiedliche Plättchen, Siegpunkte und ähnliches sein. Der Startspieler wird darauf bedacht sein, die Ereigniskarte so zu drehen, dass er am meisten davon profitiert.

Bis auf den Startspieler haben die Spieler somit keinen Einfluss auf das, was sie bekommen können. Das ändert sich aber sofort, denn nach der Gunst können alle Spieler eine ihrer Aktionskarten ausspielen. 12 unterschiedliche Karten hält jeder zu Beginn jedes Kapitels auf der Hand. Diese bieten vielfältige Möglichkeiten. So können mit ihnen dringend benötigtes Baumaterial, Geld, Getreide oder andere wichtige Plättchen angeschafft werden, sie ermöglichen die Beteiligung an punkteträchtigen Bauvorhaben oder die Versorgung von an Pest erkrankten Einwohnern. Sie erlauben die Tuchherstellung, sowie den lukrativen Verkauf von Wolle und/oder Tuch am Markt. Beliebt ist auch der Bau von Häusern, denn die anschließende Pacht kann wieder wertvolle Einkommen bringen. Kurzum: Mit den Aktionskarten gestaltet man sein Leben in Kingsbridge. Allerdings muss man für jede Aktionskarte, die man ausspielt, eine andere auf seinen Ablagestapel legen, womit die damit verbundene Aktion in diesem Kapitel nicht mehr durchgeführt werden kann.

Es kommt sehr darauf an, seine Aktionen in Hinsicht auf die späteren Siegpunkte auszurichten. Besonders in den beiden letzten Kapiteln lassen sich viele Punkte sammeln, ob mit erfolgreichen Bauvorhaben oder mit gelungener medizinischer Versorgung. In den ersten Jahren jedoch muss man sich eher darauf konzentrieren, seine Pflichtabgaben zu erfüllen. Wer diese Verpflichtungen nämlich vernachlässigt, muss nicht nur den Verlust seines Ansehens in Kauf nehmen (sprich: er zieht Felder auf der Siegpunktleiste zurück), sondern auch mit empfindlichen Strafen rechnen. Ist man nicht fromm genug, muss man "Buße" tun, hat man nicht genug zu essen, muss man "Betteln" gehen, und wer seine Steuern nicht bezahlt, muss vor das "Königliche Gericht". Diese Strafen können wichtige Einkommen oder Aktionen kosten.

Bei aller Vorausschau, bei aller Konzentration auf eine der beiden grundlegenden Taktiken muss man allerdings einräumen, dass das Spiel nicht allzu sehr planbar ist. Die Ereignisse mischen das Geschehen mitunter schon sehr auf. Wer sich beispielsweise mehr aufs Bauen verlegt, wird sich ärgern, wenn dann nicht genug Bauvorhaben unter den Ereigniskarten auftauchen. Wer sich eher auf die medizinische Versorgung vorbereitet, dem kann beispielsweise das Ereignis "Schließung der Stadttore" einen gewaltigen Strich durch die Rechnung machen, da es ab diesem Zeitpunkt keine neuen Krankheitsfälle mehr gibt.

"Die Tore der Welt" ist daher nichts für reine Taktiker und Strategen, bringt dafür jedoch das Spätmittelalter mit seinen unvorhersehbaren Ereignissen ganz gut rüber. Überhaupt wurden die Vorkommnisse im Roman sehr gut ins Spielgeschehen integriert, auch graphisch wurde alles einfach phantastisch umgesetzt. Vom Anspruch her kommt es zwar nicht ganz an "Die Säulen der Erde" heran, es wird aber Anhänger dieses Spiels und Fans des Buches sicher nicht enttäuschen.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde