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Knobelritters Spielearchiv - Distilled

Art des Spiels: Kartenspiel
Spieleautor:    Dave Beck
Verlag:         Paverson Games
                bzw. Giant Roc Games
Jahrgang:       2022
Spielerzahl:    1 bis 5 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren (?)
Dauer:          30 Minuten / Spieler
Preis:          ca. € 79,-

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Einleitung

Habe ich schon irgendwann mal erwähnt, dass ich ein Liebhaber schottischen Single Malt Whiskys bin? Ach, schon öfter? Sorry, dass ich den geschätzten Leser mit meiner Leidenschaft vielleicht schon auf die Nerven gehe, aber allein der Gedanke an ein Gläschen Lagavullin oder einen Schluck eines rauchigen Ardbeg versetzt mich - etwas übertrieben ausgedrückt - in Extase.

Und so konnte ich vom Thema her auch nicht bei "Distilled" widerstehen, einem Spiel, bei dem wir als Erben einer stillgelegten Destillerie Zutaten, wie Wasser, Hefe und verschiedene Zuckerarten, sowie Zubehör, wie Fässer und Flaschen erwerben, um diverse Brände herzustellen, welche uns Geld (für weitere Einkäufe und Investitionen) und vor allem wichtige Siegpunkte im Wettstreit um den renommierten Titel "Master Distiller" bringen sollen.

Spielbeschreibung

Zu allererst müssen wir Spieler uns darauf einigen, welche Rezeptkarte wir für die anstehende Partie verwenden wollen. Jede Rezeptkarte bietet - neben den beiden Standardschnäpsen "Moonshine" und "Vodka" eine Auswahl an sieben erlesenen Spirituosen, welche uns diesmal zur Verfügung stehen. Für jede Spirituose ist genau angegeben, welcher Zucker verwendet werden darf, und wie viele Zuckerkarten das fertige Destillat mindestens enthalten muss. Außerdem zeigen bestimmte Symbole, ob die Spirituose reifen muss oder nicht, in welches Fass sie abgefüllt werden muss, und wie viele Siegpunkte sie dann grundsätzlich einbringt.

Die gewählte Rezeptkarte hat auch einen Einfluss darauf, welche Charakterkarten prinzipiell zur Wahl stehen. Von diesen bekommt jeder von uns zwei zufällige zugeteilt, für eine der beiden Charaktere müssen wir uns entscheiden. Die Charakterkarte beschert uns ein Spezialrezept, ein gewisses Startkapital, Startressourcen und das Recht auf eine besondere Zutat. Vor allem aber besitzt jeder einzelne Charakter eine ganz spezielle Fähigkeit, etwa Fässer billiger erwerben zu können, oder zu Beginn jeder Runde automatisch eine bestimmte Zutat zu erhalten.

Bevor wir uns ans Schnapsbrennen machen können, müssen noch die Wertungstafel, der Basismarkt und der Premiummarkt vorbereitet werden. Der Basismarkt beinhaltet alle Basiszutaten (Hefe, Wasser und die 3 Basiszucker Getreidezucker, pflanzlicher Zucker und Fruchtzucker), sowie die Basis-Fässer aus Ton und aus Holz. Alle Basiskarten liegen offen auf der Basismarkttafel aus. Die Premiumkarten werden hingegen nach ihren 3 Arten (Verbesserungen, Zutaten und Zubehör) getrennt sortiert und gemischt. Anschließend werden von jedem der drei Stapel vier Karten offen ausgelegt. Daneben kommt noch die LKW-Tafel für abgelegte Premiumkarten.

Auf die Wertungstafel kommen die Labels aller durch die Rezeptkarte vorgegebenen Spirituosen, nämlich je 2 Label pro Spieler für Moonshine und Vodka, je 1 Label pro Spieler für die 7 speziellen Destillate. Ein Fassmarker dient als Rundenzähler, welcher auf Feld 1 startet. Schließlich werden noch die beiden Stapel der Alkoholkarten (offen) und der Aromakarten (gemischt und verdeckt) bereitgelegt.

Abschließend erhalten wir drei Zielkarten, außerdem werden noch zufällig um ein Auszeichnungsplättchen mehr offen ausgelegt, als Spieler teilnehmen. Beides kann uns bei entsprechend guter Planung zusätzliche Siegpunkte einbringen.

Eine Partie verläuft über 7 Runden, welche in vier Phasen unterteilt sind. In der Marktphase (A) dürfen wir Verbesserungen, Zutaten oder Zubehör einkaufen. Dabei stehen uns alle Karten des Basismarktes und die offen ausliegenden Premiumkarten zur Auswahl. Allerdings dürfen wir uns pro Runde nur zwei Mal vom Basismarkt bedienen. Die Kosten jeder Karte sind unten rechts angegeben, einige Zutaten (etwa Hefe, Wasser oder normaler Getreidezucker) sind sogar gratis erhältlich.

Zutaten kommen in die Vorratskammer unseres Destillerie-Tableaus, Zubehör in unser Lager, Verbesserungen auf einen der drei dafür vorgesehenen Räume. In dieser Marktphase können wir übrigens auch Rezeptmarker für neue Spirituosen erwerben, welche uns je nach Farbe (Bronze, Silber oder Gold) 2 bis 6 Münzen kosten. Erst nachdem alle Spieler gepasst haben, endet die Marktphase.

In der Destillationsphase (B) machen wir uns endlich ans Schnapsbrennen. Die linke Kante unseres Destillerie-Tableaus stellt unseren Gärbottich dar, in den wir die benötigten Zutaten geben. Jeweils mindestens 1 passende Karte muss in die Bereiche "Hefe", "Wasser" und "Zucker" gelegt werden, anschließend wird für jeden Zucker 1 Alkohol-Karte hinzugefügt. Alle Karten werden dann gemischt, bevor die oberste Karte (der "Vorlauf") und die unterste Karte (der "Nachlauf") entfernt und in die Vorratskammer zurückgelegt werden. Die verbliebenen Karten ergeben das hergestellte Destillat, welches wir in ein Fass füllen. Wir vergleichen die darin enthaltenen Zuckerkarten (Art und Anzahl) mit unseren erworbenen Rezepten und erhalten das entsprechende "Label".

In der Verkaufsphase (C) verkaufen wir unsere fertigen Destillate. Nicht reifende Schnäpse (wie z. B. Vodka oder Gin) müssen wir sofort in Flaschen abfüllen und verkaufen, außerdem dürfen wir jede reifende Spirituose, welche mindestens eine Runde lang in unserem Keller gereift ist, in dieser Phase an zahlungskräftige Kunden bringen. Die Anzahl der Münzen links oben auf allen Karten (Zutaten, Alkohol, Fass und Flasche) ergibt den Verkaufserlös, während die Siegpunkte durch die Basispunkte für dieses Label, sowie den entsprechenden Symbolen links unten auf jeder Karte ermittelt werden. Die Punkte rücken wir mit unserem Marker auf der Wertungstafel vor.

Außerdem erhalten wir einen Labelbonus, indem wir das Label auf eines der 7 Bonusfelder am oberen Rand unseres Destillerie-Tableaus legen, was uns je nach Feld ein kostenloses Zubehör, einen kostenlosen Rezeptmarker, eine Gratis-Verbesserung, unsere besondere Zutat oder ähnliches beschert.

Es folgt die Reifungsphase (D), in der wir gerade destillierte Spirituosen, welche auf jeden Fall noch reifen müssen, in unserem Keller lagern. Diese sowie bereits im Keller befindliche Destillate, die wir noch länger reifen lassen wollen, erhalten je eine zufällige Aromakarte (verdeckt) hinzugefügt. Diese bringen uns später im Verkauf nicht nur wertvolle Münzen, sondern noch zusätzliche Siegpunkte, abhängig von der Anzahl an Aromakarten in einer Spirituose (1 Aromakarte bloß 1 Siegpunkt, 2 Aromakarte bereits deren 3, 3 Aromakarten 6 Siegpunkte, etc.).

Am Ende der dritten Runde müssen wir eine der 3 Zielkarten abgeben. Außerdem wird nach jeder Runde kontrolliert, ob einer von uns die Voraussetzungen eines Auszeichnungsplättchens erfüllt, was mit Zusatzpunkten belohnt wird. Wer diese Runde nichts verkaufen konnte oder wollte, darf schließlich noch ein "Tasting" durchführen (höchstens 4 Siegpunkte in je 1 Münze umwandeln), um ein paar Münzen für die kommende Marktphase zur Verfügung zu haben.

Nach sieben Runden endet die Partie. In einer Schlusswertung erhalten wir noch Punkte für Spirituosen in unserem Keller, für unsere Flaschensammlung (Punkte für Flaschen gleicher oder vieler unterschiedlicher Regionen), für unsere Verbesserungen, erfüllte Zielkarten, sowie für verbliebene Münzen (5 Münzen = 1 Siegpunkt). Konnten wir auf der Wertungstafel am weitesten vorrücken, haben wir uns den ehrenvollen Titel "Master Distiller" redlich verdient.

Fazit

Wie bereits eingangs erwähnt, übt das Thema "Schnäpse" eine große Faszination auf mich aus, auch wenn sich diese fast ausschließlich auf schottischen Malzwhisky beschränkt. Der Destillationsprozess wurde aber - wenn auch stark vereinfacht - recht gut simuliert. Die Verwendung verschiedener Zuckerarten, der Gärvorgang, das Destillieren selbst (inklusive Vor- und Nachlauf), das Abfüllen und der Verkauf - alles wurde thematisch wunderbar umgesetzt.

Überhaupt erweist sich "Distilled" als äußerst lehrreich und lässt uns tief eintauchen in die Welt der Spirituosen. Die Spielanleitung ist voll an Details, zahlreiche Absätze und Flavourtexte verraten uns allerlei Spannendes und Wissenswertes aus aller Welt. Aus diesem Grund habe ich mir ohne zu zögern die Erweiterung zugelegt, um damit auch über Destillate aus Afrika und dem Mittleren Osten zu erfahren. Die Erweiterung fügt sich zudem ausgezeichnet in das Grundspiel ein, und eigentlich erachte ich diese bereits als unverzichtbar.

Auch hinsichtlich dessen, was an Spielmaterial geboten wird, hat sich die Anschaffung gelohnt. Neben den weit über 300 Karten, welche die Basiskarten, die Verbesserungen, Premiumzutaten, das Premiumzubehör und die Charaktere darstellen, sind da noch jede Menge großformatige Rezeptkarten, eine Wertungstafel, fünf Spielertableaus, etliche stabile Plättchen für die Labels und die Auszeichnungsplättchen, sowie ein paar Holzmarker (Würfel für die Rezepte, individuell gestaltete Siegpunktmarker für die Spieler).

Besonders hervorheben möchte ich die gediegene grafische Gestaltung, sowie die praktische Unterbringung des gesamten Materials in Inlays (sogar mit ausreichend Platz für die bereits erschienene Erweiterung). Dies alles hat zwar seinen Preis, welcher aber meiner Meinung nach aufgrund des Gebotenen durchaus gerechtfertigt ist.

Thema und Spielmaterial sind zweifellos mitentscheidende Kriterien. Die Hauptsache ist und bleibt jedoch das Spiel selbst, sprich: Spielmechanismus, Spielgefühl, Spielreiz. Schauen wir uns also mal an, was "Distilled" diesbezüglich zu bieten hat. Im Grunde genommen ist es ein Kartenspiel, bei dem man Komponenten sammelt, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen, in diesem Falle ein gelungenes Destillat.

Hierbei bietet das Spiel ein hohes Maß an Abwechslung. Einerseits finden wir schon im Grundspiel zehn unterschiedliche Rezeptkarten vor. Für die erste Partie empfiehlt sich eine Rezeptkarte mit ausgewogenen Kombinationen, später kann man auch schwierigere Rezeptkarten verwenden, beispielsweise solche, die sich auf bestimmte Regionen konzentrieren, oder - noch anspruchsvoller - solche nur mit gereiften Spirituosen.

Aber selbst ohne die diversen Rezepte sorgt auch die Vielzahl an Premiumkarten - Verbesserungen, Zutaten und Zubehör - dafür, dass keine Partie der anderen gleicht. Zusammen mit stets neuen Zielkarten und zufällig gezogenen Auszeichnungsplättchen entsteht so für jede Partie eine andere Ausgangssituation, sodass man andere Schwerpunkte setzen muss, gegebenenfalls sogar komplett andere Strategien erforderlich sind.

Stellt sich nur noch die Frage nach dem Glücksfaktor. Dieser wird von Anfängern als recht hoch eingeschätzt. Da wird geflucht und verdammt, wenn der Destillationsprozess wider Erwartens einmal ganz anders abgelaufen ist als beabsichtigt. Klar kann es beim zufälligen Entfernen der obersten und untersten Karte des Destillats passieren, dass für ein Rezept elementare Karten wegfallen. Dies hat aber weniger mit Glück oder Pech als mit Wahrscheinlichkeit zu tun. Man weiß ja schon vorher, wie hoch ungefähr die Chancen für Erfolg und Misserfolg sind.

Außerdem gibt es doch mehrere Möglichkeiten, dem Zufall entgegenzuwirken. Man kann etwa die Rezepte so auswählen, dass mehrere Resultate passen. Man kann auf Nummer "sicher" gehen und ausreichend Karten in den Gärbottich geben. Zudem gibt es so manche Verbesserung, welche die Erfolgschancen deutlich erhöht. Man muss halt immer die Chancen abwägen, und manchmal muss man eben auch mal riskieren. Ich konnte in meinen gut zwei Dutzend Partien feststellen, dass der Glücksanteil doch relativiert werden kann.

Vielmehr kommt es auf die richtige Strategie, auf eine erfolgsversprechende Vorgehensweise an. Hierfür müssen unbedingt auch die Zielkarten und die Auszeichnungsplättchen berücksichtigt werden. Erstere schaffen individuelle Fokussierungen, wobei man sich am Ende der 3. Runde von einer der drei anfangs ausgeteilten Zielkarten trennen muss. Die Auszeichnungsplättchen wiederum sorgen für eingewisses Maß an Interaktion, da nur jener Spieler die angegebenen Punkte erhält, der die jeweilige Bedingung zuerst erfüllt.

Aber auch sonst gibt es viel zu planen, einiges zu bedenken: Auf welche Region konzentriere ich mich, wie nutze ich meine Charakterfähigkeit am besten, soll ich Premiumflaschen sammeln, welche Verbesseruen helfen mir am meisten. Besonders knifflig wird's mit Spirituosen, welche reifen müssen, denn da kommt es sehr auf's richtige Timing an. Nicht nur, dass man teurere Fässer braucht, fehlen dann auch noch Einnahmen für die nächste Runde, weil man das Destillat nicht sofort verkaufen darf. Zwar kann man durch "Tasting" ein paar Münzen lukrieren, aber einen der vorteilhaften Label-Boni bekommt man auch erst beim Verkauf.

"Distilled" bietet auch einen sehr gut funktionierenden Solo-Modus. Hierbei werden Solo-Zielkarten in verschiedenen Stufen (A-, B- und C-Ziele) in einem Fassmuster ausgelegt. Es gilt, einen Pfad von erfüllten Zielkarten von der untersten zur obersten Reihe zu schaffen, und gleichzeitig die auf diese Weise ermittelte Mindestpunktezahl zu erreichen. Dies erweist sich schon in der niedrigsten Schwierigkeitsstufe als recht herausfordernd, der Schwierigkeitsgrad kann aber noch nach Belieben erhöht werden.

"Distilled" avancierte - nicht nur wegen des Themas - in den letzten Wochen zu meinem absoluten Lieblingsspiel. Mittlerweile teilen viele aus meinen Spielrunden diese Meinung, weshalb ich das Spiel, selbst bei dem hohen Verkaufspreis, der aktuell verlangt wird, bedenkenlos empfehlen kann.

Franky Bayer

Bewertung: 6 Schilde