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Knobelritters Spielearchiv - Friedrich

Art des Spiels: Karten- und Positionsspiel
Spieleautor:    Richard Sivél
Verlag:         Histogame
Jahrgang:       2004
Spielerzahl:    3 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          150 bis 300 Minuten
Preis:          ca. € 35,-

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Sommer 1756. Halb Europa hat sich zu einem Bündnis zusammengeschlossen. Friedrich der Große ahnt, dass seine Gegner nur die Vernichtung Preußens im Schilde führen. Um ihnen zuvorzukommen, befiehlt er den Präventivschlag gegen Sachsen und besetzt es im Handstreich. Damit bricht aber der Siebenjährige Krieg aus. Preußen sieht sich völlig eingekreist, Unterstützung erhält es nur von England und Hannover. Es geht um Sein oder Nicht-Sein des preußischen Staates...

Dies ist die historische Ausgangslage für das Spiel "Friedrich". Rund 250 Jahre später wissen wir, wie sich der Konflikt weiterentwickelt hat, und der Krieg ausgegangen ist: Die russische Zarin Elisabeth starb, ihr Nachfolger, der Friedrich abgöttisch verehrte, schloss sofort Frieden. Schweden folgte bald nach und ein Jahr später lenkte auch das bankrotte Frankreich ein. Preußen war gerettet. Doch wie heißt es im Untertitel des Spiels? "Die Schicksalskarten werden neu gemischt." Nun ist jeder Ausgang möglich, jede der drei oder vier am Spiel beteiligten Parteien (ein Spieler kann auch mehrere Nationen führen) kann nun den Sieg davontragen.

Dabei haben die einzelnen Nationen vollkommen verschiedene Ausgangspositionen, was sich vor allem in der Anzahl und Stärke ihrer Streitkräfte zeigt. Preußen beispielsweise verfügt anfangs über 8 Generäle mit einer Gesamtstärke von 32 Armeen, Frankreich hingegen hat lediglich 3 Generäle mit insgesamt 20 Armeen, Schweden muss sogar mit einem General und 4 Armeen auskommen. Die Armeen werden übrigens zu Beginn von den Spielern geheim den Generälen zugeteilt, wobei kein General mehr als 8 Armeen befehligen darf. Auch die Zielsetzungen sind recht unterschiedlich. Während Russland, Schweden, Österreich, die Reichsarmee und Frankreich bestimmte Zielorte in Preußen erobern müssen, um zu siegen, ist Preußen (zusammen mit Hannover) bloß darauf aus, sich solange erfolgreich zu verteidigen, bis die Schicksalsuhr abgelaufen ist. Sobald 3 angreifende Nationen - aus welchem Grund auch immer - ausgeschieden sind, hat Friedrich gewonnen.

Das Spiel läuft in Runden ab, wobei die sieben Nationen in einer fixen Reihenfolge nacheinander ihre Spielzüge ausführen. Zuerst gibt es Nachschub. Jede Nation erhält vom gemischten Stapel eine bestimmte Anzahl an "taktischen Karten", welche in den vier Farben Herz, Pik, Karo und Kreuz jeweils in den Werten 2 bis 13 vorkommen. Wie beim Start ist auch hier die Kartenverteilung äußerst ungerecht, denn während Friedrich gleich 7 Karten erhält, muss Frankreich mit 3 Karten, Schweden gar nur mit einer einzigen Karte auskommen.

Dann bewegen die Spieler ihre Truppen. Die Bewegung erfolgt entlang der auf dem Spielplan eingezeichneten Straßen, wobei Generäle bis zu 3 Städte weit ziehen können, Versorgungstrosse bis zu 2 Städte. Wird der gesamte Weg auf einer der wenigen Hauptstraßen zurückgelegt, darf jeweils eine Stadt weiter gezogen werden. Primäres Ziel der angreifenden Parteien ist natürlich die Eroberung ihrer Zielstädte, die dann erfolgt, wenn ein General sich darüber bewegt. Preußen und Hannover können jedoch die Zielstädte in ihren Heimatgebieten verteidigen, indem sie diese "decken" (ein General deckt hierbei alle Zielstädte im Umkreis von 3 Städten ab), oder aber auch im Falle einer Eroberung wieder versuchen, diese durch "Rückeroberung" zurückzugewinnen.

Bei all den verschiedenen Interessen sind Kämpfe natürlich vorprogrammiert. Diese werden auf eine originelle Weise abgewickelt, wie ich sie bis jetzt in Spielen noch nicht vorgefunden habe. Treffen verfeindete Generäle aufeinander, gibt zuerst jeder die Stärke der entsprechenden Armeen bekannt, die von jedem Spieler verdeckt auf einem Notizblatt festgehalten wird. Die schwächere Seite (bei Gleichstand der Angreifer) kann nun entweder den Rückzug antreten, wobei sie so viele Armeen verliert, wie die Differenz der Kampfstärke ausmacht, und vom siegreichen Spieler um ebenso viele Städte weggezogen wird. Oder sie kann taktische Karten ausspielen, um die Verluste in Grenzen zu halten, oder sogar - bei entsprechender Höhe der Werte selbst in die Offensive zu gehen. In letzterem Fall ist daraufhin der Gegner gefordert, eine Wahl zwischen Aufgabe und Weiterführung der Schlacht zu treffen. Dieses Kartenduell geht solange, bis sich schließlich eine Seite zurückgezogen hat.

Das Interessante dabei ist, dass jeder General nur Karten mit dem Symbol ausspielen darf, welches dem Sektor entspricht, in der sich die Figur befindet. Stehen beide kämpfenden Truppen im selben Sektor, müssen beide also dieselbe Kartenfarbe verwenden. Es kann aber auch durchaus vorkommen, dass die Grenze der Sektoren - der Spielplan ist in rechteckige Sektoren eingeteilt - zwischen den beiden Gegnern verläuft, sodass beide Spieler unterschiedliche Kartenfarben (z.B. Pik gegen Herz) ausspielen müssen. Die Spieler sind daher bestrebt, Schlachten nur in denjenigen Gebieten auszufechten, von denen sie ausreichend Karten besitzen. Eine gefinkelte Vermischung von Brett- und Kartenspiel!

Armeen können sich übrigens nicht so ohne weiteres in Feindesland aufhalten. Im Heimatgebiet ist jede Armee automatisch versorgt, aber in der Fremde muss ein Tross (nichtkämpfende Einheit) für die Versorgung der Truppen aufkommen. Jeder Tross versorgt dabei beliebig viele Generäle derselben Farbe, zu denen eine gedachte Versorgungslinie von maximal 6 Städten Länge existiert, ohne dass diese durch feindliche Spielfiguren blockiert wird. Eine Runde lang kann ein General unversorgt sein, ist jedoch in der darauffolgenden Runde nach wie vor keine Versorgung gegeben, wird er sofort vom Spielbrett genommen. Ein herber Verlust, weshalb auch stets - vor allem von den angreifenden Parteien - darauf geachtet werden sollte, den Versorgungstross nicht unachtsam durch Feindeinwirkung zu verlieren.

Nachdem alle sieben Nationen ihre Spielzüge (Nachschub, Bewegung, Kämpfe und Versorgung) absolviert haben, kommt die Schicksalsuhr ins Spiel. In den ersten fünf Runden passiert gar nichts, aber ab der sechsten Runde wird die oberste Karte des Schicksalsstapels aufgedeckt und abgehandelt. 12 der 18 Karten haben nur geringe oder gar keine Auswirkungen, die restlichen 6 Karten bedeuten jedoch wichtige historische Schicksalsschläge. Die harmloseren können den Nachschub an taktischen Karten für bestimmte Nationen reduzieren (im Falle Preußens sogar drastisch), im schlimmsten Falle scheidet eine der angreifenden Mächte (Schweden, Russland oder Frankreich) aus dem Spiel aus.

In vielen Spieler bedeutet das Ausscheiden einer Nation, dass der Spieler, der diese geführt hat, das Spiel beenden muss. Bei "Friedrich" kann es dabei zu einer neuen Länderverteilung kommen, und der betroffene Spieler übernimmt die Geschicke der Reichsarmee. Damit ist gewährleistet, dass wirklich alle Spieler bis zum Schluss am Geschehen mitwirken.

Ich hatte anfangs meine Bedenken über die seltsame Kombination von taktischem, ja sogar strategischem Brettspiel mit einem glücksabhängigen Kartenspiel. Diese haben sich jedoch sehr bald zerstreut, denn die Kämpfe funktionieren reibungslos. Es kommt sehr wohl darauf an, aus den zugeteilten Karten das Beste zu machen, darauf auf dem Spielplan zu reagieren, sich richtig zu postieren. Kämpfe muss man nicht immer bis zum bitteren Ende führen, öfters ist es klüger, im geeigneten Moment einen Rückzieher zu machen. "Friedrich" schlägt, was die taktischen Karten anbelangt, einen gelungenen Mittelweg zwischen etwas vom Zufall gesteuertem und reinem Denkspiel ein. Jede Nation verlangt auch eine etwas andere Strategie. Österreich dringt eher forsch in Preußen ein, Frankreich leichtfüßig wie ein Florettkämpfer, Russland langsam und behäbig, Schweden wiederum hält sich lange im Hintergrund. Und Preußen muss sich auf allen Seiten geschickt verteidigen und darf sich nicht in allzu viele kräfteraubenden Scharmützel einlassen. Jede Nation ist somit eine eigene, reizvolle Herausforderung.

Völlig anders muss ich hingegen die übermächtigen Schicksalskarten bewerten. Ja, ich weiß, der Autor wollte historisch möglichst authentisch bleiben, geschichtliche Ereignisse einbauen und bewusst das - historisch belegte - plötzliche Ausscheiden verschiedener Nationen herbeiführen. Ich finde es aber schlichtweg unbefriedigend, wenn man vielleicht stundenlang seine Truppen geschickt manövriert, um dann knapp vor dem entscheidenden Sieg auszuscheiden. Auch das andere Extrem ist möglich: Man plagt sich mehr schlecht als recht, spielt hundsmiserabel, bekommt aber nach dem Ausscheiden seiner Nation eine Reichsarmee in aussichtsreicher Lage, mit der man das Spiel gewinnt. Bei einem kurzes Glücksspiel wären diese fatalen Schicksalswendungen noch verkraftbar, aber bei einem Spiel, das gut und gerne fünf Stunden und mehr in Anspruch nimmt, haben sie - Geschichte hin, Geschichte her - nichts verloren. Dieser meiner Meinung nach unnötige Regelung trübt das ansonsten so positive Bild, das "Friedrich" bei mir hinterlassen hat.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde