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Knobelritters Spielearchiv - Giganten

Art des Spiels: Aufbau- und Versteigerungsspiel
Spieleautor:    Wilko Manz
Verlag:         Kosmos Spiele
Jahrgang:       1999
Spielerzahl:    3 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          70 bis 90 Minuten
Preis:          ca. € 30,-

Texas!

Einer der bemerkenswertesten Eindrücke, die ich vor Jahren aus dem Lone Star State nach Hause genommen habe, waren die riesigen Ölfelder, in denen sich Derrick an Derrick, Förderpumpe an Förderpumpe und Öltank an Öltank reiht. Und über all dem schwebte der allgegenwärtige Geruch vom schwarzen Gold. Angesichts dieser beachtlichen Skyline an Bohrtürmen konnte man den großen Reichtum der Texaner ahnen und verstehen, warum die Texaner ein so selbstbewusstes Volk sind.

Als ich zum ersten Mal das Spiel "Giganten" in den Händen hielt, wurde ich sofort an meinen Texas-Aufenthalt erinnert. Die blau-schwarze Schachtel mit den vielen Bohrtürmen und dem veralteten Lastwagen drauf wog schwer in meinen Händen und machte mich so richtig neugierig. Nach dem Öffnen der Schachtel umso mehr, denn das Spielmaterial ist wirklich sehr einladend. Ein großer, ach was sag ich: riesiger Spielplan (84 x 56 cm!), fein modellierte Bohrtürme, Lastwägen im Look der 50er, Lokomotiven und Ölfässer und zusammensteckbare Ölsteine. Daneben noch "übliches" Beiwerk, wie Spielgeld, Plättchen, Karten und 1 Würfel. Wie lacht da mein Herz, wenn durch ein stilvolles Äußeres eine dichtere Spielatmosphäre entsteht. Wichtiger ist dennoch, dass es ein gutes Spiel ist, und das bringt uns nach den ersten Momenten des Staunens zum Kern der Sache.

Bohren, Fördern, Transportieren, Lagern und Verkaufen, das sind - so wurde ich bei einem Besuch des Petrol Museums belehrt - die wichtigsten Stationen im Ölgeschäft. Es wundert nicht, dass es sich bei "Giganten" um dasselbe dreht. Nun denn, lasst uns anfangen und Millionen von Dollars scheffeln. Drei bis vier Spieler sollten es schon sein, die in die Rolle der Ewings und Barnes' schlüpfen, Konkurrenz belebt schließlich das Geschäft und in diesem Falle auch das Spiel.

Zuerst schicken wir einen Lastwagen zum Sondieren ins Gelände. Dieser kommt über ebenes Terrain ganz zügig voran, über Hügel- oder gar Gebirgsfelder zockelt er natürlich dementsprechend langsamer dahin. Ziel sind die mit Plättchen markierten Felder, die Ölvorkommen versprechen. Hurtig diese Felder angesteuert, Truck auf dem Feld daneben geparkt und die Rückseite des Förderplättchens angeschaut. Texas muss wirklich ein Paradies für Ölbarone sein, denn fündig wird man auf jeden Fall. Die Vorderseite verrät bereits, ob das schwarze Gold mehr oder weniger fließen wird: 1 Bohrturm bringt 2 bis 4 Ölsteine zu Tage, ein Plättchen mit drei Bohrtürmen 4 bis 6 Ölsteine. Nach dem Begutachten kann der Spieler immer noch entscheiden, ob er dort einen Bohrturm für 4.000 bzw. 8.000 Dollar errichten will. Es macht aber wenig Sinn, selbst die weniger ergiebigen Vorkommen ungenützt liegen zu lassen. Spannender ist's bei den Plättchen mit 2 Bohrtürmen, denn dort gibt's eine größere Streuung: entweder lediglich 2 Ölsteine oder deren üppige 5. Da hilft jedoch kein Jammern, wenn man das kleinere Ölvorkommen erwischt hat, denn bei diesen Förderplättchen ist Baupflicht. Man kann sich also nicht davor drücken, dort einen Bohrturm für 6.000 &dol; aufzustellen.

Die auf diese Weise entdeckten Ölquellen sprudeln munter vor sich hin und liefern uns jede Runde eine schöne Menge Öl. Das ist übrigens im Spiel auf recht gute Weise gelöst, denn anfangs werden soviele Ölsteine an den Bohrturm befestigt, wie auf dem Förderplättchen angegeben. Jede Runde wird dann - bis zum Versiegen der Quelle - ein Ölstein produziert, welcher vom Bohrturm entfernt und in eines der eigenen Lager transportiert werden muss. Transportiert werden muss? Na klar, draußen im Gelände ist zuwenig Speicherkapazität, und versickern lassen wollen wir das wertvolle Zeugs ja auch nicht. Beim Transport fangen aber schon die Probleme an, denn Ölsteine können nur dann ins Lager gebracht werden, wenn das Eisenbahnnetz schon so weit bis zu den betreffenden Ölfeldern ausgebaut ist. Schienenstränge am linken Rand der Ölfelder zeigen den Baufortschritt des Eisenbahnnetzes für jeden Ölsucher an. So können wir nur solche Ölsteine von Bohrtürmen abtransportieren, die nicht weiter vom Lager entfernt sind als unsere eigene Lokomotive. Bohrtürme außerhalb der Reichweite können um teures Geld von anderen Spielern oder von der "schwarzen Lok" (scheint so eine Art verstaatlichte Eisenbahn zu sein) heimgebracht werden, ansonsten bleibt uns nichts anderes übrig als das schöne Öl in den Sand zu schütten.

Die geförderten und abtransportierten Ölsteine lagern wir anschließend in den riesigen Öltanks einer der drei Ölgesellschaften ein. Es obliegt dabei ganz den Spielern, wo sie wie viele Ölsteine unterbringen wollen. Als kleine Entscheidungshilfe dienen die Kurstabellen der Gesellschaften. Texas ist 100%ig marktwirtschaftlich orientiert, so erklärt sich, dass - anders wie bei uns - die Kurse bei den Gesellschaften recht unterschiedlich sein und auch ziemlichen Schwankungen unterliegen können.

Schließlich kommt der Augenblick, wo sich die ganzen Investitionen und Bemühungen auch gelohnt haben sollten: der Verkauf! Dummerweise kann in jeder Gesellschaft nur der Inhalt eines Lagers verkauft werden, nur ein einziger Spieler kann also pro Gesellschaft und pro Runde Geld verdienen. Wer der Glückliche ist, regeln sogenannte Verkaufslizenzen. In einer offenen Versteigerung wird um das Verkaufsrecht geboten. Wer bereit ist, mehr Verkaufslizenzen herzugeben, darf beliebig viele Ölsteine seines Lagers zum derzeitigen Kurswert verkaufen. Die anderen Spieler bleiben nicht nur auf ihrem Bestand sitzen, sie müssen sogar, da die Tanks nur 2 Ölsteine bis zur nächsten Runde fassen können, überzähliges Öl zu einem Spottpreis auf den Markt werfen.

Der Spielablauf ist klar und - vom Sondieren bis hin zum Verkauf - logisch aufgebaut. Das einzige, was ich noch nicht erklärt habe, ist die Art und Weise, wie die Spieler Einfluss auf die jeweiligen Aktionen nehmen. Wie werden die Kurswerte geändert, wie weit können die Lastwagen und die Lokomotiven bewegt werden, wie kommt man an die begehrten Verkaufslizenzen? Das ist auch das Wichtigste am Spiel, denn alle Aktionen werden durch Aktionskarten ermöglicht. In jeder Runde werden 1 rote Aktionskarte und so viele gelbe Aktionskarten, wie Spieler teilnehmen, aufgedeckt. Vom Startspieler ausgehend darf sich reihum jeder Spieler eine Karte aneignen. Jede Aktionskarte bietet mehrere Aktionen. Auf jeder Karte vertreten sind die Standardaktionen "Verkaufslizenzen" und "Bewegungspunkte". Ersteres gibt an, wie viele Verkaufslizenz-Karten der Spieler nehmen darf (es gibt sie zu gleichen Teilen mit den Werten "1" oder "2"), zweiteres zeigt, wie viele Bewegungspunkte man für die eigene Lok und den eigenen LKW (beliebig aufteilbar) verbrauchen kann. Daneben sind auf einigen Karten noch Sonderaktionen angegeben, wie "beliebigen Kurs verändern", "1 Ölstein nehmen" und vor allem die sehr starke Aktion "alle gegnerischen Loks zurücksetzen". Anzahl und Verteilung der verschiedenen Aktionen können auf jeder Karte anders sein, so hat beispielsweise eine Aktionskarte 12 Bewegungspunkte und 3 Verkaufslizenzen, eine andere 5 Bewegungspunkte/5 Verkaufslizenzen sowie die Sonderaktion "Kurswertänderung".

Es kommt daher viel auf die Wahl der richtigen Aktionskarte an. Je nach Spielsituation wird man mal diese, mal jene Aktion bevorzugen. Oder besser gesagt: Würde man gerne, denn die freie Auswahl hat ja nur der - natürlich jede Runde wechselnde - Startspieler. Die anderen müssen sich nehmen, was ihnen gerade übrig bleibt. Das heißt halt manchmal, in den sauren Apfel beißen. Jede noch so gute Planung wird durch dieses entscheidende Zufallsprinzip zunichte gemacht. Für mich kommt "Giganten" überhaupt daher wie ein Glücksspiel im Taktikmäntelchen, denn wer größere Ölquellen findet, häufiger 2er-Lizenzen erhält und nützlichere Aktionskarten vorfindet, wenn er an der Reihe ist, hat im wahrsten Sinne des Wortes die besseren Karten in der Hand. Die einzige Handlung, bei der man mehr Einfluss auf das Spielgeschehen hat, ist für mich die Versteigerung der Verkaufsrechte. Da kann geblufft, taktiert, gebunkert, riskiert, spekuliert und den Mitspielern eine ausgewischt werden.

Das Spiel endet, wenn die schwarze Lok, vorangetrieben durch eine Angabe auf den roten Aktionskarten, ihr Zielfeld erreicht. Dann erhält jeder Spieler noch Prämien für seine Bohrtürme (je weiter seine Lok vorne steht, desto höher fällt diese Prämie aus). Zum Schluss gewinnt - unnötig zu erwähnen bei einem Wirtschaftsspiel - derjenige mit dem meisten Bargeld.

Insgesamt gesehen ist "Giganten" nicht schlecht, aber nach einigen Partien erscheint das hervorragende Material nur mehr als Blendwerk, um die auftretenden spielerischen Mängel zu verbergen. Nicht dass ich die Spiele an unseren Spieleabenden bereut hätte, aber so richtig fesseln konnte mich das Spiel trotz des faszinierenden Themas und gelungener Optik nicht, zu hoch sind dafür die Unabwägbarkeiten. Es bietet zwar von allem etwas - ein wenig Logistik, ein bisschen Taktik, etwas Versteigerung -, aber für ein anspruchsvolles Wirtschaftsspiel, welches ich anfangs erwartet habe, ist dies nicht ausreichend. Schade.

Franky Bayer

Bewertung: 3 Schilde