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Knobelritters Spielearchiv - Hab & Gut

Art des Spiels: Aktienspiel
Spieleautor:    Carlo A Rossi
Verlag:         Winning Moves
Jahrgang:       2008
Spielerzahl:    3 bis 5 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 45 Minuten
Preis:          ca. € 25,-

Zielgruppen:    Spielexperten ++
                Gelegenheitsspieler (+)

Wie wär's mit ein bisschen Aktienhandel? Moment, halt, nicht umblättern! Ich weiß, dass der Begriff "Aktien" bei einigen Menschen zurzeit ein Reizwort ist, aber ich kann den werten Leser versichern, dass er um sein Erspartes keine Angst zu haben braucht. Erstens geht es lediglich um ein Spiel, also nicht um echte Dollar, Euros oder Yen, sondern bloß um Spielgeld. Zweitens spielt die Handlung von "Hab & Gut " - so der Titel des Spiels - zu einer vollkommen anderen Epoche, nämlich in der Zeit der Gründerjahre, als zwischen 1871 und 1873 die Konjunktur im Deutschen Reich einen enormen Aufschwung erlebte und über 700 Aktiengesellschaften gegründet wurden. Und drittens - das wäre nur zu schön im wahren Wirtschaftsleben - können alle eigentlich nur gewinnen, denn bis jetzt hat jeder Spieler am Ende mehr Vermögen gehabt, als zu Beginn.

"Hab & Gut" heißt also das Spiel. Um es dem Leser zu erklären, fange ich am besten mit dem ersten Teil des Titels an, mit dem Wort "HAB". "HAB", so wie in HABgierig, WohlHABend oder unbedingt etwas HABen wollen. Ja, selbstverständlich geht es darum, sich mit dem An- und Verkauf von Aktien selbst so viel wie möglich zu bereichern. Für sechs verschiedene Waren, deren Kurswerte anfangs jeweils bei 40 liegen, liegen je 10 Aktien auf: Kohle (schwarz), Weizen (gelb), Kaffee (rot), Kautschuk (hellbraun), Tee (grün) und Salz (weiß).

Daneben muss es klarerweise auch noch einen Mechanismus geben, um die Kurse nach oben oder unten verändern zu können. Und tatsächlich, es sind Kurskarten mit den positiven Werten von "+2" bis "+6", sowie den negativen Werten von "-2" bis "-6", mit denen die Kurse erhöht bzw. verringert werden kann. Wird eine Karte ausgespielt, wird der Kursstein der entsprechenden Ware um so viele Felder noch oben bzw. nach unten bewegt, wie es der abgebildete Wert angibt. Je höher ein Kurs, umso größer auch die möglichen Kurssprünge, so verändert sich der Wert einer Ware im niedrigen Bereich um gerade mal 5 pro Feld, im Höchstfall sogar bis zu 20.

Zwar gibt es für jede Ware die gleiche Anzahl und dieselben Werte an Kurskarten, aber drei Regelungen sorgen dafür, dass sich die Kurse der Waren im Laufe des Spiels trotzdem unterschiedlich verändern können. Zum ersten spielen nicht alle Kurskarten mit. Jeder Spieler erhält zu Beginn verdeckt 8 Karten ausgeteilt, die er auf einen Kartenhalter steckt. Deshalb bleiben von den 54 Kurskarten selbst bei Höchstbesetzung noch Karten übrig. Dies sorgt für ein bisschen Ungewissheit, welche der Kurse sich in Zukunft günstig, und welche sich ungünstig gestalten können.

Zweitens werden die Kartenhalter so zwischen zwei Spieler gestellt, dass beide Spieler die Karten darauf einsehen können. Auf diese Weise hat jeder Spieler Einblick auf zwei Kartenhalter, einen zu seiner rechten und einen zu seiner linken Seite. Dies liefert allen Spielern eine erste Vorinformation über mögliche Kursänderungen. Die Hälfte der Karten wird allerdings - dies ist die dritte und interaktivste Regelung - nur mit dem halben Wert gerechnet, sowohl positiv als auch negativ. Dies - zusammen mit etwaigen Rückschlüssen aus den Aktionen der Mitbewerber - lässt ausreichend Raum für Spekulationen.

Des besseren Verständnisses wegen noch ein kurzer Überblick über den Spielablauf: Das Spiel ist in zwei Abschnitte geteilt, in denen alle Spieler die jeweils 8 Kurskarten erhalten. Jeder Abschnitt verläuft dann über 4 Runden mit je 2 Durchgängen. In jeder Runde werden im ersten Durchgang von den Spielern zuerst bis zu 3 Aktien gekauft oder verkauft. Anschließend werden im zweiten Durchgang die Aktienkurse auf der Kurstafel mit den Kurskarten verändert. Wer an der Reihe ist, nimmt dabei von beiden Kartenhaltern, die er einsieht, je eine Kurskarte. Eine der beiden Karten ist - wie erwähnt - nur mit dem halben Wert wirksam.

Nach der insgesamt achten Runde schließt die Börse. Jeder verkauft noch die Aktien in seinem Besitz zum aktuellen Kurswert. Natürlich ist es dann sehr von Vorteil, mehr Geld gescheffelt zu haben als die liebe Konkurrenz. Das heißt aber deshalb noch lange nicht, dass man mit dem meisten Bargeld automatisch gewonnen hat. Spieleautor Carlo A. Rossi hat da nämlich noch eine kleine, aber feine Hürde eingebaut.

Der zweite Teil des Spieletitels lautet ja "Gut". Dies bedeutet nichts anderes, dass man während des Spiels nicht nur auf die persönliche Bereicherung achten muss, sondern auch GUTes tun muss, und zwar in Form von mehr oder weniger großzügigen Spenden. Im Spiel ist dies so geregelt: Nach jedem Kauf/Verkauf von Aktien kann jeder Spieler eine beliebige seiner Aktien verdeckt auf seine Spendentafel legen. Nach dem ersten Abschnitt werden alle gespendeten Aktien zum Kurswert verkauft, somit erfährt man nach der Hälfte des Spiels, wie viel jeder zum Geben bereit war. Wer nach Börsenschluss insgesamt am wenigsten gespendet hat, scheidet aus dem Spiel aus und kann somit nicht gewinnen. Da kann es sogar vermeintlich klar Führende noch treffen, ein äußerst gelungener Kniff.

Aber auch das Spiel mit den Aktien ist sehr reizvoll gelöst. Die Kombination aus nur zum Teil einsehbaren Kurskarten und dem beschränktem Einfluss, ob sie mit halbem oder vollen Wert wirksam werden, ergibt genau das richtige Maß für Spekulationen. Da sich die Aktionen der Spieler meist auf alle auswirken, kommt aufmerksamem Beobachten der Mitspieler eine große Bedeutung zu. Und auch einige Tricks lässt das Spielsystem zu, zum Beispiel das kurzfristige Senken eines bestimmten Warenkurses, um sich dann zum passenden Zeitpunkt mit günstigen Aktien einzudecken zu können, und den Kurs anschließend in die Höhe klettern zu lassen. Überhaupt kommt es beim Ausspielen der Kurskarten auf das richtige Timing darauf an, um den Konkurrenten nicht allzu viele Informationen zu geben, oder sie bewusst in die Irre zu leiten.

"Hab & Gut" ist alles in allem ein wirklich tolles Aktienspiel, vielleicht sogar das beste, das ich kenne. Ein Spiel, bei dem alle Beteiligten gewinnen, nicht nur an eventuellen Kursgewinnen, sondern vor allem an Spielspaß.

Zum Abschluss noch eine kurze historische Notiz für all jene, die glauben, dass es im 19. Jahrhundert so eine Finanzkrise wie jetzt nicht hätte geben können: Die übermäßige Spekulation in den Gründerjahren führte infolge der 1873 einsetzenden Weltwirtschaftskrise zum so genannten "Gründerkrach", bei dem zahlreiche Aktiengesellschaften bankrott gingen. Die "Große Depression" löste die Hochkonjunktur der Gründerjahre ab. Ja ja, die Geschichte wiederholt sich eben doch immer wieder....

Franky Bayer

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