April
MoDiMiDoFrSaSo
1 2K3 4 5R6 7
8 9K1011S12S1314
1516K1718L19L2021
2223K2425S26SO2728
2930 1 2 3 4 5
b
Legende:
Knn Ritter der Knobelrunde
Snn Spieletreff - Auwiesen
Snn Spieletreff - Franckviertel
Snn Spieletreff - Keferfeld-Oed
Snn Spieletreff - Pichling
Lnn LinzCon 2024
Onn Offener Spieleabend - Vöcklabruck
Rnn Würfelschänke Ried
<- Livingstone^Lokus ->

Knobelritters Spielearchiv - Loch Ness

Art des Spiels: Bluff- und Zockerspiel
Spieleautor:    Ronald Wettering
Verlag:         Hans im Glück
Vertrieb:       Schmidt Spiele
Jahrgang:       2010
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 8 Jahren
Dauer:          30 bis 45 Minuten
Preis:          ca. € 20,-

Zielgruppe:     Gelegenheitsspieler ++

Ich hab's gesehen! Ja, wirklich! Bei meinem ersten Schottlandbesuch - das liegt schon ewig lange zurück - war ich auch am Loch Ness. Und bei Drumnadrochit, ganz in der Nähe vom Urquhart Castle, da sah ich auf dem See eine Welle, eher eine kleine Erhebung auf der Wasseroberfläche. Es war nicht eindeutig zu erkennen, und ich stand am Ufer doch mindestens 400 Fuß von der Erscheinung entfernt, aber das war Nessie. Ganz sicher. Es kann gar nichts anderes gewesen sein als das Ungeheuer, als es knapp unterhalb der Oberfläche dahin schwamm.

Was, ihr glaubt mir nicht?! Dann habt ihr wohl noch nicht die überzeugenden Beweise gesehen. Die unscharfen Schnappschüsse aus den 30er-Jahren. Das Unterwasserfoto von 1972. Das Video vom 28. Mai 2007. Ja, selbst auf Google Earth (Koordinaten 57 Grad 13' N, 4 Grad 34' W) kann man ganz klar die Umrisse des Monsters erkennen. Noch immer nicht überzeugt? Dann muss ich mich wohl noch mal an den schottischen See begeben, um euch noch mehr Beweise seiner Existenz zu liefern.

Ich bin aber nicht alleine nach Inverness am Loch Ness angereist. Auch andere sensationslüsterne Fotografen möchten nur allzu gerne ein Bild von Nessie knipsen. Da entwickelt sich unter uns zwangsläufig - wie immer unter Paparazzi - ein beinharter Konkurrenzkampf. Jeder möchte die besten Aufnahmen machen, die schärfsten und eindrucksvollsten Fotos. Die bekommt man natürlich nur dort, wo das Ungeheuer auch wirklich auftaucht. Aber wo kann das wohl sein? Loch Ness ist schließlich der zweitgrößte See Schottlands, und an welchen der 15 geeigneten Beobachtungsposten soll ich wohl meine drei Kameras platzieren, um ein möglichst gutes Bild zu erhalten?

Nessie - so erzählen es sich die Einheimischen hinter vorgehaltener Hand - schwimmt ständig im Uhrzeigersinn am Ufer entlang. Doch leider ist seine Geschwindigkeit nicht konstant. Manchmal trödelt es herum und taucht nur wenige Yards von der Stelle entfernt auf, wo es zuletzt gesichtet wurde. Und dann hetzt es wieder - wahrscheinlich auf der Jagd nach köstlichem Fisch - fast um den ganzen See herum. Gerüchten zufolge richtet sich der Plesiosaurier - oder was für ein Urtier Nessie auch immer sein mag - bei seiner Bewegung nach den Ködern, welche ihm die Leute in den See schmeißen. Gut, dass ich mich gleich mit solchen Nessie-Lockmitteln in fünf verschiedenen Dosierungen eingedeckt habe. Ich werfe gleich mal einen solchen Köder rein. Welchen soll ich denn zuerst nehmen? Ach was, ich probier's gleich mal mit dem stärksten, den mit dem Wert "5".

Jetzt ist es für mich kinderleicht, den Ort des nächsten Auftauchens zu bestimmen. Ich brauche meine Fotoapparate bloß 5 Plätze weiter vom letzten, bekannten Sichtungsort zu postieren. Doch halt, sehe ich da nicht im schottischen Hochnebel die Silhouette von meinem ärgsten Widersacher, den belgischen Reporter Claude McMirror, wie er ebenfalls etwas in den See wirft? Und weiter hinten, ich könnte schwören, das war der verschrobene Nils Blitzgewitteren aus Dänemark. Er wird doch nicht auch...?

Das macht die Sache nun etwas komplizierter, denn 3 Köder machen das Ungeheuer klarerweise viel schneller. Wenn ich bloß wüsste, welchen Köder die anderen Reporter benutzt haben. Ich werde sie genau beobachten müssen, an welchen Stellen sie ihre Kameras aufstellen. Da wir unsere Fotoapparate nacheinander platzieren - der Aufbau nimmt natürlich etwas Zeit in Anspruch -, kann ich mich etwas nach ihnen richten, wie auch die anderen sich nach meinen Kameraplätzen orientieren werden. Schließlich sind alle Apparate in Stellung, und ich warte gespannt, wo Nessie auftaucht.

Da, dort vorne! Direkt vor meiner besten Spiegelreflexkamera (Wert 7) kräuselt sich die Wasseroberfläche und Nessie präsentiert sich in all seiner dinomäßigen Pracht. Aber auch mit meiner kleinen Polariod-Sofortbildkamera (Wert 3), die ich etwas weiter links positioniert habe, gelingt mir noch ein akzeptabler Schnappschuss. Das erhöht mein Prestige bei der internationalen Presse gehörig. Aber auch Herr Blitzgewitteren reibt sich die Hände, während sich der Belgier verschätzt hat, und nun ganz ohne Fotos dasteht.

Nächste Nacht werde ich wieder auf der Lauer liegen. Köder habe ich ja noch genug, es bleibt auch noch ein wenig Zeit, zwei meiner Kameras umzustellen. Aber vorher möchte ich mich noch im Ort Drumnadrochit umhören, vielleicht erhalte ich in einem der idyllischen Gebäude den einen oder anderen hilfreichen Tipp. Soll ich da eher den "Bag Pipe Shop" aufsuchen? Ich habe gehört, dass sich Nessie mit Dudelsackklängen noch ein Stückchen anlocken lässt. Oder soll ich lieber in der "Church" einen Mitbewerber im Beichtstuhl belauschen, welchen Köder er die nächste Nacht verwenden wird? Aber auch die anderen Gebäude, wie das "Pub" oder der "Photo Shop" wären nützliche Optionen, um am Ende, nach mehreren aufregenden Nächten als der angesehenste Fotograf der Insel, ja sogar der ganzen Welt zu gelten.

Illustrator Claus Stephan hat die grafische Gestaltung von "Loch Ness" an die Gruselfilmplakate der 30er-Jahre - dem Zeitpunkt der ersten Nessie-Hysterie - orientiert. Vom Spiel her erinnert es ein wenig an ein klassisches Thekenspiel, welches bei uns "Knobeln" heißt. Ich nehme zwar an, dass ein Großteil der Leser das Spiel kennt, trotzdem hier kurz die Regeln: Jeder nimmt 0 bis 3 Münzen in die Hand und nacheinander versuchen die Spieler die Gesamtsumme der Münzen zu erraten. Wer richtig liegt, scheidet aus, die anderen spielen weiter. Wer zuletzt übrigbleibt, muss eine Runde (alkoholischer) Getränke zahlen.

Ronald Wettering hat dieses einfache Spielprinzip mit einem attraktiven Thema, etwas Spielmaterial und einigen Zusatzregeln auf ein Brettspiel umgemünzt. Bewegungskarten in den Werten von 1 bis 5 übernehmen hier die Funktion der Münzen, wobei allerdings stets nur 3 Karten (vom Startspieler und den beiden im Uhrzeigersinn folgenden Spielern) verdeckt ausgelegt werden. Anschließend gibt es 2 (bei Spielbeginn 3) Tipprunden, bei der die Spieler nacheinander ihre Kameras ein- bzw. später versetzen. Wie beim Knobeln versucht man, Rückschlüsse aus den Ansagen der Mitspieler zu ziehen.

Da aber kein Spieler ausscheiden, geschweige denn eine Lokalrunde schmeißen soll (die Altersangabe ist ja ab 8 Jahren), gibt es nun Punkte für richtige Tipps. Jeder Beobachtungsposten bietet dazu Platz für 2 oder 3 Kameras, sodass mehrere Spieler richtig liegen können. Aber auch für Kameras im selben Uferbereich, der 2 bis 3 Beobachtungsplätze umfassen kann, erhält man noch Prestigepunkte. Zusätzliche Punkte bei Spielende für das Sammeln von Fotokarten (nur bei ganz richtigen Tipps erhältlich) runden das Wertungsschema ab.

Da jeder Spieler 2 bis 3 Tipps - die Kameras - abgeben kann, ist sogar etwas Bluffen in der ersten Tipprunde möglich. Dennoch ist das Spielgefühl recht ähnlich dem alten Thekenspiel. den entscheidenden Unterschied machen aber erst die Spezialgebäude aus, welche das Spiel deutlich aufwerten. Ab der zweiten Spielrunde kann sich jeder Spieler für eines der sechs Gebäude entscheiden und den damit verbundenen Vorteil - eine zusätzliche Kamera für eine Runde, die Aufwertung der 3er-Kamera auf den Wert "9", das Ziehen der Nessie-Figur um ein weiteres Feld, oder ähnliches - nutzen. Alle Gebäude haben ihre Vorteile, die abhängig von der Sitzposition zum Startspieler und zur Spielsituation stärker oder schwächer sein können, und deshalb taktische Überlegungen erfordern.

Apropos taktische Überlegungen: Ich empfehle bereits ab der zweiten Partie nach der Variante "Zimmer gefällig?" zu spielen, bei der eine ausgespielte Karte - im Gegensatz zum Grundspiel - nicht automatisch für die nächste Runde wieder auf die Hand zurückgenommen wird. Erst nachdem alle 5 Karten gespielt wurden, oder mit der Wahl des Gebäudes "Hotel" stehen wieder alle Karten zur Verfügung. Mit einem guten Gedächtnis lassen sich so die Möglichkeiten der Mitspieler einschränken, wodurch das Spiel weniger zufällig wird.

Wie die meisten Touristen habe ich bei meinem Schottlandbesuch in Drumnadrochit das volle Programm mitgemacht: Besuch des Nessie-Museums, Fahrt auf dem Loch Ness mit einem Boot, das mit einem Echolot-Gerät zum Aufspüren des Monsters ausgestattet war, nächtliche Spaziergänge mit Ferngläsern am Ufer etc. Während ich diese Sachen - so amüsant sie damals auch waren - sicher kein zweites Mal mehr machen würde, bin ich einem gelegentlichen spielerischen Foto-Shooting mit dem Ungeheuer nicht abgeneigt. Denn die gelungene Mischung aus Planung und Zufall macht Spaß und gefällt vor allem in familiären und lockeren Spielerunden.

Franky Bayer

Bewertung: 3 Schilde