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Knobelritters Spielearchiv - Lorenzo der Prächtige

Art des Spiels: Arbeitereinsetzspiel
Spieleautoren:  Virginio Gigli, Flaminia
                Brasini & Simone Luciani
Verlag:         Cranio Creations
Jahrgang:       2016
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          60 bis 120 Minuten
Preis:          € 44,90

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Tu felix Italia!

Fast alle Länder dieser Erde müssen froh sein, wenn sie auch nur ein einziges Mal zum Schauplatz der Weltgeschichte wurden, mit weitreichenden Auswirkungen über Jahrhunderte hinweg. Italien kann sich glücklich schätzen, bereits zwei Mal mitten im Zentrum des Weltgeschehens gestanden zu haben. Das erste Mal, als die Römer ein riesiges Weltreich aufgebaut haben. Das zweite Mal nicht ganz 1500 Jahre später, als Italien zur Zeit der Renaissance in fast allen Bereichen der Gesellschaft den Nabel der Welt darstellte.

Eine der einflussreichsten Persönlichkeiten dieser Zeit war Lorenzo de' Medici, ein umsichtiger Diplomat und Politiker, sowie ein leidenschaftlicher Förderer von Künstlern und Dichtern. Im gleichnamigen Spiel machen wir es dem mächtigen Staatsmann nach. Wir wetteifern um Ruhm und Prestige, indem wir neue Gebiete erobern, die Errichtung großartiger Gebäude fördern, uns bei militärischen Unternehmungen engagieren und uns mit bedeutenden Charakteren umgeben, um der mächtigste und angesehenste Bürger von Florenz zu werden.


Um dies zu erreichen, schicken wir unsere Familienmitglieder aus. Jeder von uns besitzt drei Figuren in seiner Farbe, welche mit Würfelsymbolen in Weiß, Orange und Schwarz markiert sind, sowie eine farblose Figur mit dem Wert "0". Ein Würfelwurf der drei Würfel zu Beginn jeder der sechs Runden bestimmt den Grundwert jeder Figur.

Reihum setzen wir eine unserer Figuren ein. Der Spielplan zeigt hierzu mehrere Bereiche. Der Hauptbereich sind die Türme, in denen Entwicklungskarten zum Erwerb stehen. Die Türme werden zu Beginn jeder Runde mit je vier Entwicklungskarten bestückt, wobei jedem Turm ein gewisser Typ zugeordnet ist: Gebiete, Gebäude, Charaktere und Wagnisse.

Wollen wir eine bestimmte Entwicklungskarte erwerben, müssen wir mehrere Dinge beachten. Zuerst einmal muss unser eingesetztes Familienmitglied über einen ausreichend hohen Wert - ersichtlich am farblich passenden Würfel - verfügen. Je weiter oben sich die Karte im Turm befindet, umso höher ist der erforderliche Wert, von 1 (ganz unten) bis 7 (in der obersten Etage). Bei Bedarf können wir den Wert unseres Familienmitglied gegen Abgabe von Dienern um je 1 erhöhen. Hat bereits ein Spieler ein Familienmitglied in diesem Turm, müssen wir zudem noch Zusatzkosten von 3 Münzen entrichten. Bei den beiden obersten, schwieriger zu erfüllenden Stockwerken jedes Turms werden wir dafür mit bestimmten Boni entschädigt.

Für den Großteil der Karten fallen dann noch weitere Kosten an. So müssen wir beispielsweise für Charaktere Münzen bezahlen, oder für Gebäude meist Kombinationen an Rohstoffen und/oder Münzen abgeben. Die meisten Karten haben einen sofortigen Effekt, der uns beispielsweise Ressourcen, Punkte oder Bonusaktionen beschert. Für den weiteren Spielverlauf wichtiger ist aber der dauerhafte Effekt, der auf vielen Karten angegeben ist. Dieser kann uns neben Ressourcen, Punkten oder Zusatzaktionen auch Nachlässe für bestimmte Entwicklungskarten, lukrative Tauschmöglichkeiten, u.v.m. bringen.

Weitere wichtige Einsetzbereiche für unsere Familienmitglieder sind die Bereiche "Ernte" und "Produktion". Beide funktionieren auf dieselbe Weise, nur dass - neben den passenden Symbolen auf unserem eigenen Spielertableau - bei der Ernte die Symbole auf unseren Gebietskarten, bei der Produktion die Symbole auf unseren Gebäudekarten aktiviert werden, was uns die entsprechenden Vorteile bringt. Auch hier können Diener eingesetzt werden, um mehr/bessere Karten zu aktivieren.

Am Markt - ein weiteres Betätigungsfeld für unsere Familienmitglieder - können wir uns mit verschiedenen Dingen - Diener, Münzen, etc. - eindecken, allerdings stehen nicht alle Felder bei jeder Spielerzahl zur Verfügung. Der Ratspalast wiederum bringt uns neben 1 Münze noch ein Privileg, d. h. eines aus fünf zur Auswahl stehenden, eher bescheidenen Paketen. Dafür regelt der Besuch des Ratspalasts die Spielreihenfolge für die nächste Runde.

Jede zweite Runde findet noch eine zusätzliche Phase - der Vatikanbericht - statt. In dieser Phase müssen wir unsere Unterstützung der Kirche durch Glaubenspunkte unter Beweis stellen, um nicht exkommuniziert zu werden. Nur wenn wir ausreichend viele Glaubenspunkte haben und uns entscheiden, die Kirche zu unterstützen, dankt uns der Papst mit Siegpunkten. Ansonsten haben wir mit den Nachteilen der Exkommunikation zu rechnen. Die entsprechenden Exkommunikationsplättchen werden bereits zu Beginn zufällig auf den Spielplan platziert, sodass wir uns rechtzeitig auf Wirkung und mögliche Nebenwirkungen einstellen können.

Nach sechs Runden (drei Zeitabschnitte zu je 2 Runden) endet das Spiel. In einer Schlusswertung werden noch Punkte für diverse Errungenschaften (Gebiete, beeinflusste Charaktere, Wagnisse, militärische Stärke und angesammelte Ressourcen) ausgeschüttet. Wer schlussendlich die meisten Siegpunkte erzielen konnte, gewinnt das Spiel.


"Lorenzo der Prächtige" ist - wie man unschwer aus der Spielbeschreibung herauslesen kann - ein Arbeitereinsetzspiel. Als solches folgt es auch den üblichen Regeln. So können die Spieler nicht einfach so ihre Spielfiguren nach Belieben einsetzen. Auf den meisten Einsetzfeldern darf nur eine einzige Figur stehen. Die Folge ist, dass der Startreihenfolge und dem richtigen Timing eine wichtige Rolle zukommen.

Dieser bereits wohlbekannte Kampf um die attraktiven Felder wird bei "Lorenzo" noch zusätzlich geschürt. So gelten pro Runde nur für die allererste Figur in jedem Turm die normalen Kosten, für jede weitere Figur entstehen noch zusätzliche Kosten von 3 Münzen. Je weiter hinten ein Spieler in der Spielreihenfolge sitzt, umso schwieriger bzw. kostenintensiver ist es deshalb für ihn, seine Vorhaben durchzuführen.

Um in der nächsten Runde früher dran zu kommen, sollte man den Ratspalast aufsuchen. Die Aktionen dort sind jedoch erstens eher unattraktiv, und zweitens kostet dies ja auch eine wertvolle Aktion. Manchmal muss man aber in den sauren Apfel beißen, um später vor den anderen Spielern agieren und bessere Einsetzfelder vorfinden zu können.

Erfrischend neu bei "Lorenzo" ist, dass der Wert der Familienmitglieder stets verschieden ist. Zwar gibt es schon seit längerem sogenannte "Würfeleinsetzspiele", bei denen auch die Stärke der Würfel einen Einfluss auf die entsprechende Aktion und/oder auf ihren Einsatz hat. Hier aber werden die Würfel für alle Spieler ausgewürfelt, sodass die Werte für alle Spieler gleich gelten. Durch diesen Kniff ist einerseits eine für jede Runde andere Ausgangssituation gewährleistet, andererseits aber auch Chancengleichheit für alle. Diese originelle Regelung sorgt für spannende Partien mit kniffligen Entscheidungen.

Strategische Entscheidungen werden vor allem durch die vier verschiedenen Typen der Entwicklungskarten gefordert. Jeder Typ wird anders geregelt, verlangt differenzierte Voraussetzungen und/oder Ressourcen, und bringt auf unterschiedliche Weise die so wichtigen Siegpunkte. Gebietskarten (grün) tragen keine Kosten, dafür ist ab der dritten Karte ein Mindestwert an militärischer Stärke erforderlich. In Folge können dann durch die Aktion "Ernte" Rohstoffe generiert werden. Personenkarten (blau) müssen mit Münzen gekauft werden. Sie haben sehr oft einen starken Soforteffekt, wie etwa eine sehr attraktive Zusatzaktion, manchmal auch einen guten dauerhaften Effekt. Siegpunkte gibt es erst am Spielende, abhängig von der Anzahl der Personen, die man schlussendlich besitzt.

Für Gebäudekarten (gelb) wiederum braucht man ausreichend Rohstoffe. Man erhält sofort beim Bauen die auf der Karte angegebenen Siegpunkte. Ein weiterer Vorteil zeigt sich bei der Aktion "Produktion", wo sie einen mehr oder weniger großen Nutzen bringen können. Der letzte Typ sind die Wagnisse (violett), für die statt der üblichen Ressourcen manchmal ein bestimmter Wert an militärischer Stärke gefordert wird, welcher anschließend um die Hälfte reduziert wird. Die aufgedruckten Siegpunkte bekommt man erst zum Schluss. Diese vier Typen von Entwicklungskarten sorgen für reichlich Abwechslung. Man sollte sich aus strategischer Sicht auf 2 oder 3 Typen spezialisieren. Dem uneingeschränkten Erwerb von Karten gleichen Typs ist ohnehin ein Riegel vorgeschoben, da man maximal 6 Karten jeder Farbe sammeln darf.

Als wenn dies alles noch nicht ausreichend wäre, ist man noch ständig mit Glaubensfragen konfrontiert. Es erweist sich als recht vorteilhaft, während des Spiels Glaubenspunkte zu sammeln. Hat man nicht genug gesammelt, oder entscheidet sich freiwillig, keine abzugeben, muss man die Nachteile einer Exkommunikation in Kauf nehmen. Im ersten Zeitabschnitt bedeutet dies meistens, für den Rest des Spiels von irgendetwas weniger zu erhalten. Im zweiten Zeitabschnitt wird in den meisten Fällen der Zugang zu bestimmten Entwicklungskarten empfindlich behindert, im dritten und letzten Vatikanbericht verliert man für gewisse Voraussetzungen Siegpunkte.

Es ist durchaus möglich, den einen oder anderen Vatikanbericht zu ignorieren und mit den damit verbundenen Nachteilen zu spielen. Man muss sich halt nur entsprechend darauf einstellen. Wird beispielsweise der Erwerb von Wagnissen erschwert, kann man entweder darauf achten, schon vorher genug gesammelt zu haben, oder einfach von vornherein darauf verzichten. In den ersten beiden Vatikanberichten ist auch eine freiwillige Exkommunikation eine durchaus überlegenswerte Option, um auf der Glaubenspunktleiste sehr weit voranzuschreiten. Die Siegpunkte dafür bei der Schlusswertung steigen nämlich progressiv an. Auf jeden Fall sorgen diese religiösen Zwänge für so einige Kopfschmerzen und zusätzlichen Nervenkitzel.

"Lorenzo der Prächtige" beinhaltet ja noch einige erweiterte Regeln für das "vollständige Spiel". Hierbei kommen spezielle Anführer ins Spiel. Jeder erhält in Drafting-Manier vier Anführerkarten auf die Hand. Im Laufe des Spiels kann er jede Karte entweder gegen ein Ratsprivileg eintauschen, oder - falls er die darauf angegebene Voraussetzung (eine bestimmte Anzahl an Ressourcen, Glaubenspunkten, Entwicklungskarten eines Typs, etc.) erfüllt - vor sich ausspielen. In letzterem Fall beschert sie ihm einen dauerhafte Vorteil oder eine einmalige Sonderfähigkeit pro Runde.

Diese Fortgeschrittenen-Variante sorgt zwar für ein paar zusätzliche Regeln, weshalb es tatsächlich besser ist, sich in den ersten Partien auf die Grundregeln zu konzentrieren, um nicht in der Fülle der Regeln den Überblick zu verlieren. Im Prinzip macht sie das Spiel jedoch einfacher. Selbst wenn man gar nicht erst probiert, den einen oder anderen seiner 4 Anführer auszuspielen, verhelfen schon die möglichen Ratsprivilegien so manche Schwierigkeit zu meistern, was doch eine gewisse Erleichterung darstellt.

Ob nach den Grundregeln oder mit der Fortgeschrittenen-Variante gespielt wird: "Lorenzo der Prächtige" ist eine absolute Bereicherung im Genre "Worker Placement", und auf jeden Fall eines des besten Spiele dieses ohnehin schon bemerkenswerten Jahrgangs.

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde