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Knobelritters Spielearchiv - Orléans

Art des Spiels: Bag Building Game
Spieleautor:    Reiner Stockhausen
Verlag:         dlp games
Jahrgang:       2014
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          ca. 90 Minuten
Preis:          ca. € 39,-

Zielgruppen:    Spielexperten ++

Spielmechanismen verändern sich. Ständig. Und alle paar Jahre kommt etwas völlig Neues auf den Markt, was die nächste Generation an Spielen nachhaltig prägt. Vor ein paar Jahrzehnten etwa waren Versteigerungsspiele in, dann Mehrheitenspiele. Später kamen Sammelkartenspiele auf, danach waren Arbeitereinsetzspiele in Mode. In Folge kamen Deckbauspiele und Draftingspiele auf. Das hier beschriebene Spiel könnte nun einen neuen Trend setzen, man könnte es nämlich als "Bag Building Game", also als Sackbauspiel bezeichnen.

Was versteht man wohl darunter? Wie bei einem Deckbauspiel verfügt jeder Spieler aus einem Anfangsbestand mit eher bescheidenen Fähigkeiten, hier sind es halt statt Karten Personenplättchen. Vier sogenannte "Gefolgsleute" sind es, mit denen jeder Spieler in seinem eigenen Stoffbeutel beginnt: 1 Bauer, 1 Schiffer, 1 Handwerker und 1 Händler.

In jeder Runde ziehen die Spieler Gefolgsleute aus ihrem Beutel und platzieren sie auf die Marktfelder ihres persönlichen Spielertableaus. In der anschließenden Planungsphase können die Gefolgsleute auf Aktionsfelder von verschiedenen Orten eingesetzt werden. In der Aktionsphase schließlich können Aktionen von Orten, auf denen alle Aktionsfelder belegt sind, ausgeführt werden.

Die meisten Orte erlauben das Rekrutieren eines neuen Personenplättchens, zusammen mit einer dazugehörigen Aktion, wie das Vorrücken des eigenen Markers auf der entsprechenden Leiste. Jede Leiste bringt bestimmte Vorteile mit sich, zum Beispiel erhält man auf der "Burg" nicht nur einen Gefolgsmann "Ritter", sondern erhöht damit auch sukzessive die Anzahl der Plättchen, die man jede Runde aus dem Beutel ziehen darf. Auf einigen Leisten winken auch Bürgerplättchen als Belohnung für die jeweils schnellsten Spieler.

Andere Orte sind notwendig, um die eigene Händlerfigur auf dem Spielplan von Stadt zu Stadt zu bewegen (gleichzeitig erhält man eine auf der Strecke ausliegende Ware) bzw. um dort ein Kontor zu errichten. Wichtig - vor allem in Hinsicht auf die Schlusswertung - ist auch, den Marker auf der Entwicklungsleiste so weit wie möglich vorwärts zu ziehen.

Nach 18 Runden endet das Spiel, und die Spieler ermitteln ihre Siegpunkte. Jedes gesammelte Warenplättchen bringt - je nach Art - 1 Punkt (Getreide) bis 5 Punkte (Brokant). Der Großteil der Punkte ergibt sich jedoch aus der Multiplikation des erreichten Entwicklungsstand (dargestellt durch Sterne) mit der Summe aus errichteten Kontoren und gesammelten Bürgerplättchen. Und selbst im mittelalterlichen Frankreich gewinnt finalement der Spieler mit den meisten Gesamtpunkten.

Mit dem Anfangsbestand an vier Gefolgsleuten kommt man nicht sehr weit. Gerade mal 2 Orte - Bauernhaus und Dorf - lassen sich damit vollenden. Und so dient das "Bagbuilden" einerseits dazu, an drei weitere Personen zu kommen, nämlich den Ritter, den Gelehrten und den Mönch. Erst damit kann man auch die Aktionen der anderen Orte des eigenen Spielertableaus nutzen.

Andererseits ist es aber auch sinnvoll, auf mehrere gleiche Personenplättchen zu setzen. Auf diese Weise lassen sich die Chancen erhöhen, bestimmte Plättchen tatsächlich aus dem Stoffbeutel zu ziehen. Ein weiterer Vorteil dieser "Spezialisierung" besteht darin, dass man damit auf die Verbesserung gewisser Eigenschaften abzielt.

Die meisten dieser Sonderfähigkeiten der Gefolgsleute wirken sich auf das Ziehen aus dem Beutel (Phase 3) und die Planung bzw. Durchführung der Ortsaktionen (Phasen 4 und 5) aus. Konzentriert man sich beispielsweise auf den Erwerb von Rittern, steigert dies gleichzeitig die Anzahl der Plättchen, die man pro Runde ziehen darf. Mit jedem neuen Handwerker erhält man wiederum ein Technikplättchen, welches dauerhaft den Platz eines Personenplättchens auf dem eigenen Spielertableau einnimmt. Der Händler erlaubt es, eine eigene Ortskarte zu bauen, deren Aktion nur der Spieler selbst nutzen kann. Mönche schließlich sind universell einsetzbar, denn sie können jede andere Person ersetzen.

Während des Spiels müssen die Spieler immer wieder kurzfristige taktische Entscheidungen treffen, vor allem bei den zahlreichen Interaktionen mit den Mitspielern. Auf dem Spielplan etwa kommen sich die Konkurrenten immer wieder in die Quere. Einerseits, um wertvolle Waren auf den Handelsrouten einzusammeln, andererseits auch bei der Errichtung von Kontoren, denn in jeder Stadt - außer in Orléans - darf nur ein einziges Kontor stehen.

Auch bei den "segensreichen Werken" - Glaube und Religion hatten im Mittelalter einen hohen Stellenwert - gilt es, die Aktionsmöglichkeiten der Konkurrenz zu berücksichtigen. Im Rathaus können nämlich bis zu 2 Personenplättchen permanent auf eine eigene Tafel entsandt werden, wo sie eine kleine Belohnung - meist in Form von Geld - erhalten. Besonders erstrebenswert ist es bei dieser Aktion, das letzte Feld eines "Werkes" zu belegen, denn dies bringt dem Spieler eines der begehrten Bürgerplättchen.

Generell ist "Orléans" jedoch eher strategisch ausgerichtet. Für die Spieler gilt es, das neue Sackbauelement so zu nutzen, dass sowohl flexibel auf die Aktionen der Mitspieler reagiert werden kann als auch längerfristige Vorgehensweisen unterstützt werden. Waren können zwar wertvolle Siegpunkte liefern, für den Sieg ist es dennoch unumgänglich, sich auf dem zentralen Spielplan stark auszubreiten und - zwecks Multiplikator - den Marker auf der Entwicklungsleiste voranzutreiben.

Bei aller Originalität ist aber trotzdem nicht alles parfait in der Stadt an der Loire. So haben die Stundenglaskarten leider relativ wenig Einfluss auf das Spielgeschehen. Einige können zwar ein wenig lästig sein, wenn zum Beispiel eine "Wallfahrt" das Anwerben von Mönchen verhindert, oder mit der "Pest" ein (blind gezogener) Gefolgsmann das Zeitliche segnet. Bei den anderen Ereignissen gewinnt oder verliert man mal die eine oder andere Münze, was sich aber kaum bis gar nicht auf das Endergebnis auswirkt. Hier hätte man sich deutlich Besseres einfallen lassen können. Die einzig wichtige Funktion der Stundenglaskarten ist - ihr Name verrät es schon - den Fortschritt der Zeit festzuhalten, schließlich endet das Spiel mit der Runde, in der die 18. und letzte Karte aufgedeckt wurde.

Im Vergleich zu Deckbauspielen fällt außerdem auf, dass kein kompletter "Durchlauf" der Personenplättchen stattfindet. Benutzte Gefolgsleute wandern ohne Zwischenschritt sofort in den Stoffbeutel. Deshalb kann es passieren, dass einige Plättchen öfters auftauchen, andere hingegen längere Zeit im Beutel verbleiben. Der Glücksfaktor ist deswegen doch höher als gewohnt. Auch in diesem Punkt hätte ich mir eine bessere Regelung gewünscht, welche das Spiel etwas berechenbarer und das Ziehen weniger glücksabhängig macht.

Vieles an "Orléans" mag bekannt sein, einige Elemente sind bereits in ähnlicher Form in anderen Spielen aufgetaucht. Aber die Kombination der vorwiegend strategisch orientierten Spielelemente mit dem innovativen Spielmechanismus des "Bagbuilding" ergibt ein tolles, neu- und einzigartiges Spielgefühl, das zurecht zum Kennerspiel des Jahres 2015 nominiert wurde und sich beim Deutschen SpielePreis nur dem Überflieger "Auf den Spuren von Marco Polo" geschlagen geben musste.

Mir persönlich gefällt "Orléans" so gut, dass ich mir umgehend das Set mit den Holzfiguren besorgt habe. Damit fühlt sich das Wühlen nun viel besser an als mit den kleinen Pappplättchen, die sich im Stoffbeutel recht verloren vorkommen. Daneben ist erst kürzlich bereits eine Erweiterung - "Invasion" - auf den Markt gekommen. Bei der Qualität des Grundspiels kommt man als Liebhaber anspruchsvoller und origineller Spiele nicht daran vorbei!

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde