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Knobelritters Spielearchiv - Polterfass

Art des Spiels: Würfelzockerspiel
Spieleautor:    Andreas Schmidt
Verlag:         Zoch Verlag
Jahrgang:       2013
Spielerzahl:    3 bis 6 Spieler
Alter:          ab 8 Jahren
Dauer:          20 bis 30 Minuten
Preis:          ca. € 19,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Partyspieler ++

Als Gastwirt, der schon seit 27 Jahren ein Hotel-Restaurant führt, betrachte ich Spiele, die in meinem Metier spielen, naturgemäß etwas anders als Otto Normalverbraucher. Aus diesem Grund hätte ich am neuen Zoch-Spiel "Polterfass" so einige Sachen auszusetzen, die einfach wirklichkeitsfremd sind. Aber da geht es mir wahrscheinlich so wie einem Chirurgen, der in der Freizeit mit seinen Kindern "Doktor Bibber" spielt...

Schon die Fässer sind recht seltsam. Die sieben kleinen hellbraunen Holzfässer tragen auf Ober- und Unterseite unterschiedliche Zahlen, wobei die Gesamtsumme der beiden Zahlen auf jedem Fass stets 11 beträgt. Entweder ist die Mengenangabe in Gallons (Die Fässer in meinem Betrieb beinhalten 50 Liter, was ganz exakt 11 kanadischen Gallons entspricht), oder es handelt sich um kleinere Partyfässer. Die dunkelbraunen Spezialfässer können - je nach sichtbarer Seite - die Zahl eines hellen Fasses verdoppeln oder ein Fass zerstören.

Für die Menge, welche der aktuelle Wirt zapft, werden die Fässer in einen Würfelbecher gesteckt und auf einen Bierdeckel geworfen. Liegende Fässer zählen gar nicht, und bei den stehenden Fässern gilt nur die Zahl bzw. das Symbol auf der Oberseite. Also wenn bei mir aus einem Bierfass nur ein Bruchteil des gesamten Inhalt gezapft werden kann, löse ich sofort und ohne Zögern den Liefervertrag mit meiner Brauerei!

Aber es kommt noch schlimmer. Nach dem ersten Wurf des Wirtes entscheiden sich seine Gäste mit Hilfe von Spielkarten, wie viele Krüge sie bestellen möchten. Die Zahlen zeigen Werte von 0 bis 7. Da jeder Gast maximal 2 Karten verdeckt auslegen kann, sind Bestellungen bis höchstens 13 Krüge möglich. Also, in meinem Lokal richten die Gäste ihre Bestellungen nach ihrem Durst und nicht nach der eventuell vorhandenen Biermenge.

Bevor es zur Ausschank kommt, kann der Wirt nun noch beliebig oft weiterwürfeln. Dabei wirft er alle liegenden Fässer in den Würfelbecher, während er alle stehenden Zahlenfässer stehen lassen muss. Für jedes stehende Spezialfass hat er hingegen die freie Wahl. Weiterwürfeln ist jedoch mit einem gewissen Risiko verbunden, da der Wirt automatisch gescheitert ist, wenn bei einem seiner Würfe kein einziges Fass zum Stehen kommt.

Er kann sich aber auch entscheiden, den Zapfhahn zuzudrehen. Dann wird halt die Menge ausgeschenkt, welche die stehenden Fässer zeigen. Danach wird abgerechnet und es wird ermittelt, wie viele Krüge jeder tatsächlich erhält. Ist der Wirt gescheitert, bekommt jeder Gast die bestellte Menge, der Wirt selbst kriegt gar nichts. Es steht zwar nichts in der Spielregel, wer die Zeche bezahlen muss, aber dies sieht mir in diesem Fall verdächtig nach Freibier aus, wovon kein Gastronom langfristig überleben kann.

Hat der Wirt rechtzeitig den Zapfhahn zugedreht, decken alle Gäste ihre Karten auf. Reicht das gezapfte Bier für alle aus, erhält jeder Gast seine bestellte Menge gutgeschrieben. Der Wirt erhält den "Rest", also die Differenz zwischen ausgeschenkter und bestellter Menge. Waren die Gäste jedoch zu gierig, erhält der Wirt die gesamte ausgeschenkte Menge. Soll das etwa heißen, dass der Wirt dann alles selbst austrinkt? Es stimmt schon, dass manchmal der Wirt sein bester Gast ist, aber er muss doch wohl noch in der Lage sein, seine Gäste zu bedienen, oder? Die Gäste gehen dabei übrigens leer aus, bis auf den bescheidensten Gast, der sich die bestellte Anzahl des gierigsten Gastes gutschreiben kann.

Nach mehreren Runden, in denen die Rolle des Wirts im Uhrzeigersinn wechselt, gewinnt der Spieler, der als erstes unter dem Tisch liegt, was in diesem feuchtfröhlichen, trinkfesten Spiel erst nach 75 (!) Krügen Bier der Fall ist. Na prost! Bin ich froh, dass "Polterfass" nicht mit echtem Gerstensaft gespielt wird!

Das Spielmaterial von "Polterfass" ist - wie vom Zoch Verlag gewohnt - ausgesprochen schön. Die Fässer sind aus Holz, ein Würfelbecher dient zum Würfeln der Fässer. Extra gestaltete Bierdeckel - einer für jeden der bis zu sechs Spieler - dämpfen die Würfelgeräusche ab. Ein gut durchdachter Wertungsblock hilft beim Notieren der erzielten Punkte. Und die viersprachige Spielanleitung mit zahlreichen Bildern und Beispielen lässt keine Fragen offen. Das Spielprinzip mit all seinen möglichen Ausgängen und entsprechenden Folgen ist zwar nicht auf Anhieb zu verstehen, aber bereits nach ein, zwei Runden sind alle Beteiligten im Bilde.

Die Fässer übernehmen ja ein wenig die Rolle von Würfeln. Auf dem Schachtelboden wird sogar damit geworben, dass "das Würfeln jetzt neu erfunden" sei. Tatsächlich haben die Fässer ein anderes Verhalten als unsere Sechsseiter. Es gelten ja nur stehende Fässer. Je weniger Würfel man in den Würfelbecher gibt, umso niedriger die Wahrscheinlichkeit, dass auch wirklich stehende Fässer beim Wurf dabei sind. Schon mit nur 4 Würfeln ist das Risiko ziemlich hoch.

Das Spiel selbst ist im Grunde genommen ein Würfel-Zockerspiel mit Bluffelementen. Der erste Wurf des Wirtes gibt nur grob die Richtung vor, was passieren könnte. Die Gäste müssen daraufhin abschätzen, ob der Wirt noch weiter riskiert oder aufhört. Manchmal ist dieser nämlich gar nicht erpicht darauf, eine hohe Gesamtsumme zu erzielen, da sonst alle Gäste davon profitieren und unter Umständen nur wenig für ihn selbst übrigbleibt. Deshalb wird versucht, die anderen etwas in die Irre zu führen und die eigenen Absichten möglichst zu verbergen.

Leider lässt das Ergebnis des ersten Wurfs dem Wirt ab und zu keine große Auswahlmöglichkeit. Dann wird von den Gästen vielmehr nüchtern (!) kalkuliert, welche Bestellungsmenge noch sicher ist. Faustregel: Mögliche Ausschankmenge dividiert durch die Anzahl der Gäste. In seinen besten Momenten allerdings wird geblufft und gezockt, was das Zeug hält. Dann ist die Stimmung am Spieltisch wirklich gut.

Bei dieser Art des Spiels sollte die Spielerzahl eher im oberen Bereich liegen. Zu dritt funktioniert es zwar, aber viel mehr Spaß kommt in größerer Besetzung auf. In Minimalbesetzung kann der Wirt bei einem guten Wurf viel zu viele Punkte gewinnen, da Würfe mit über 40 Punkten keine Seltenheit sind und jeder Gast maximal 13 Krüge bestellen kann. Zu fünft oder zu sechst wirkt sich dies nicht so gravierend aus.

Insgesamt ist "Polterfass" also ein wirklich originelles Spiel, das für eine unterhaltsame halbe Stunde sorgt. Oder mehr, denn aufgrund der kurzen Spieldauer sind Revanchepartien leicht möglich. Von mir als kritischen Wirt bekommt "Polterfass" daher eine Empfehlung für lockere, entspannte Spielerunden. Allerdings mit dem Hinweis, dass die Bestell- und Ausschankgepflogenheiten in meinem Lokal in Realität doch etwas anders ausschauen ;--)

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde