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Knobelritters Spielearchiv - Root

Art des Spiels: asymmetrisches Gebietskontrollspiel
Spieleautor:    Cole Wehrle
Verlag:         Leder Games bzw. Quality Beast
Jahrgang:       2019
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10(?) Jahren
Dauer:          60 bis 90 Minuten
Preis:          € 57,90

Zielgruppen:    Spielexperten       ++
                Gelegenheitsspieler (+)

Da liegt es vor uns, das Waldland. Besteht der Wald selbst aus Nadelbäumen, wie Tannen und Fichten, wachsen an den idyllischen Lichtungen ein paar Laubbäume, welche der späte Herbst in gelb, orange und rot gefärbt hat. Ein paar schmale Wege verbinden die Lichtungen untereinander, und ein Flüsschen schlängelt sich durch den dichten Hain. Dies ist die Heimat von ein paar niedlichen Völkchen: Katzen, Adler, Häschen, und sogar ein Waschbär durchstreift das Waldland. Alles scheint friedlich, und doch…

…kämpfen diese vier Parteien um Macht und Recht, um die Vorherrschaft im Waldland. Dabei haben zwar alle Parteien dasselbe Ziel, nämlich zuerst 30 Punkte zu erzielen, aber die Art und Weise, wie sie an ihre Punkte kommen, unterscheidet sich doch sehr stark.


Die Unterschiede beginnen schon bei der Vorbereitung. Jede Partei erhält ihr persönliches Spielmaterial, bestehend aus einer Partei-Tafel, ein paar Karten, Markern und Spielfiguren. Bereits hier ist augenscheinlich, wie stark die Rollen differieren, denn während die einen jede Menge Spielfiguren erhalten, muss beispielsweise der Vagabund mit nur einer einzigen Figur sein Auslangen finden. Jede Partei-Tafel listet auf der Rückseite genau die jeweiligen Bestandteile und die Vorbereitungsarbeiten auf.

Die Vorderseite jeder Partei-Tafel erklärt wiederum die Grundlagen, die Besonderheiten, den spezifischen Ablauf eines Spielzuges und vor allem, auf welche Weise Siegpunkte generiert werden können. Ein kurzer Vergleich der Tafeln bestätigt die Asymmetrie der einzelnen Rollen.

Für jede Partei gilt jedoch, dass ihr Spielzug in 3 Phasen unterteilt ist. In der Phase "Vogelgesang" können bzw. müssen ein paar Aktionen am Beginn des Zuges ausgeführt werden. Danach folgt das "Tageslicht", welches die Hauptaktionsphase darstellt. Schließlich kommt der "Abend" mit abschließenden Aktionen, vor allem dem Nachschub an Karten und für einige Parteien das Sammeln von Siegpunkten.

Trotz der vielen Differenzen gibt es doch ein paar Grundkonzepte, welche - mit ein paar ausdrücklich angeführten Ausnahmen - für alle Spieler Gültigkeit haben. So gilt etwa für die Bewegung, dass man nur dann von einer Lichtung zu einer benachbarten ziehen darf, wenn man eine der beiden Lichtungen beherrscht, dort also die meisten Krieger und Gebäude besitzt.

Will man kämpfen, um Spielmarker von Gegnern vom Spielbrett zu entfernen, kommen die beiden Spezialwürfel zum Einsatz. Der Angreifer landet Treffer entsprechend des höheren Wurfs, der Verteidiger hingegen Treffer des niedrigeren Wurfs, bei beiden allerdings maximal so viele Treffer als sie eigene Krieger auf dieser Lichtung haben.

Die Karten können verschiedene Zwecke erfüllen. In den meisten Fällen muss man, um beispielsweise ein Gebäude auf einer Lichtung errichten zu können, Karten ausspielen. Dafür gelten nur solche Karten, welche farblich mit der betroffenen Lichtung übereinstimmen, erkennbar an der Farbe der Laubbäume. Blaue Karten erfüllen dabei die Funktion von "Jokern" und können überall eingesetzt werden.

Neben der Farbe weisen die Karten noch eine zweite Verwendungsmöglichkeit auf. Man kann die Karte herstellen, um ihren Effekt zu nutzen, der unten auf der Karte angegeben ist. Für die meisten Parteien gilt es hierfür, Gebäude an bestimmten Lichtungen zu besitzen. Der erzielte Effekt kann ein sofortiger Effekt sein, etwa die Herstellung eines Gegenstands, welcher Siegpunkte bringt, oder ein anhaltender Effekt, welcher fortan genutzt werden kann.

Auf die eine oder andere Weise sammeln die verschiedenen Fraktionen im Laufe des Spiels also Siegpunkte. Sobald eine Partei auf der Siegpunkt-Leiste 30 Siegpunkte erreicht oder überschreitet, hat sie augenblicklich gewonnen und darf die legitime Herrschaft über das Waldland antreten.


Es ist diese Asymmetrie in allen Belangen, welche das Besondere des Spiels ausmacht. In vielen Spielen haben die einzelnen Spieler unterschiedliche Ausgangslagen und müssen unterschiedliche Wege zum Sieg einschlagen. Aber nie zuvor - zumindest nach meinem Wissensstand - wurde dies derart konsequent und in so vielen Bereichen durchgesetzt wie hier bei "Root".

Der Einstieg ist dementsprechend schwierig, das Studieren der Regeln einigermaßen umständlich, muss doch jede einzelne Rolle mit ihren speziellen Anforderungen, ihren eigenen Regeln gelernt werden. Will man zudem reüssieren und erfolgreich agieren, ist auch die Kenntnis der Möglichkeiten und Optionen der anderen Partien absolut notwendig. Es dauert daher länger als bei normalen Spielen, bis man mit der Spielweise jeder einzelnen Partei vertraut ist.

Die Spielanleitung bedient sich aufgrund des komplizierten Lernprozesses gleich dreier Methoden. Den schnellsten Einstieg bietet ein "Schritt-für-Schritt"-Blatt mit genauer Anleitung von zwei Beispielsrunden, welche anschließend fortgeführt werden können. "Das Gesetz von Root" wiederum ist ein streng definiertes Regelheft mit präzisem Referenz-Stil, recht trocken in Punkte, Unterpunkte und Unterunterpunkte gegliedert.

Ich persönlich bevorzuge die "Lerne-zu-spielen"-Anleitung, welche zuerst den Aufbau und die Grundkonzepte des Spiels erläutert und danach jede einzelne Partei genau erklärt. Mir gefällt der lockere Lernstil besser, außerdem kann man recht gut vor und auch während einer Partie die Regeldetails der eigenen Rolle nachschlagen.

Da sich jede Partei komplett anders spielt, erachte ich den Wiederspielreiz von "Root" als außergewöhnlich hoch. Man braucht ja schon mindestens zwei Partien für jede Fraktion, bis man sie einigermaßen beherrscht und sinnvoll agiert. Alle vier Rollen zu erlernen, noch dazu in unterschiedlichen Konstellationen, das ergibt schon einen sehr lange anhaltenden Spielspaß. Sicher, der Aufwand ist doch beträchtlich, eigentlich vier Spiele zu lernen, aber es lohnt sich meiner Meinung nach auf jeden Fall.

Jetzt möchte ich noch in stark komprimierter Form auf die einzelnen Parteien eingehen. Die Marquise de Katz ist sicherlich am einfachsten zu spielen, denn ihre Spielweise ähnelt doch am ehesten einem typischen Eurogame. Sie ist anfangs schon stark im Waldland verbreitet und versucht, auf möglichst vielen Lichtungen Gebäude zu errichten, welche durch ihre "Produktion" ihre weitere Expansion begünstigen. Sie darf in jedem Spielzug grundsätzlich 3 Aktionen, für jede abgegebene Vogelkarte noch eine zusätzliche Aktion ausführen. Mit ihrem aggressiven Aufbauspiel trachtet sie danach, ihre Gegner zu überrollen und rasch Siegpunkte zu sammeln, da die Gegenspieler in der Regel immer stärker werden.

Die Horst-Dynastien - die ehemaligen Herrscher des Waldlandes - starten mit ein paar Figuren bloß an einer einzigen Lichtung. Sie spielen jede Runde 1 oder 2 Karten als permanente "Dekrete" aus, um anschließend die Aktionen aller ausliegenden Dekrete auszuführen. Dadurch steigt mit jeder Runde die Anzahl der Aktionen. Der Haken daran: Es müssen stets dieselben Aktionen in derselben Farbe in derselben Reihenfolge sein, sonst kommt es zu einem Aufruhr, was nicht nur Minuspunkte bringt, sondern wieder einen Neuanfang der "Programmierung" bedeutet, eine Art "Restart" also. Diese Spielweise ist schon wesentlich anspruchsvoller, kann aber bei richtigem Timing durch die große Anzahl möglicher Aktionen sehr effektiv sein. Der Nachteil: Die Programmierung ist für die Konkurrenten einsehbar, die Pläne können dadurch leichter vereitelt werden.

Die Waldland Allianz spielt sich sogar noch etwas extremer. Sie ist nämlich anfangs überhaupt nicht physisch vertreten. Sie sammelt Karten, welche als "Anhänger" fungieren. Mit ihnen kann die Allianz dann Aktionen durchführen, wie Sympathie verbreiten und revoltieren, um schließlich mit ihren Rebellen auf Lichtungen Fuß zu fassen. Später kann sie Offiziere ausbilden, um zusätzliche Aktionen durchführen zu können. Die Allianz führt also einen richtigen Guerillakrieg aus dem Hinterhalt, muss dafür aber mit bloß insgesamt 10 Figuren (inklusive der abgestellten Offiziere!) auskommen, eine knifflige Angelegenheit.

Die wenigsten Figuren hat aber eindeutig der Vagabund, denn er ist ein Einzelkämpfer, ein einsamer Wanderer. Um trotzdem sinnvoll agieren zu können, benützt er Gegenstände, welche ihm die verschiedensten Aktionen erlauben, zum Beispiel Bewegung mit Stiefeln, Kampf mit Schwertern, Erkundung mit Fackeln, etc. Diese Gegenstände, die er zum Teil auch von Mitspielern erhält, muss er aber geschickt verwalten, da sie erschöpft und sogar beschädigt werden können. Ein weitere Besonderheit des Vagabund ist die Beziehung zu den anderen Waldbewohnern. Um zu punkten, sucht er anfangs Verbündete. So eine Allianz muss aber nicht von Dauer sein, denn er kann sich entschließen, sie verräterisch aufzulösen. Im Status "feindlich" kann der Vagabund nämlich im Kampf durch entfernte Gegner Extrapunkte sammeln.

Man sollte sich somit keinesfalls durch die kindliche Aufmachung (Artwork von Kyle Ferrin) mit niedlichen Waldtieren täuschen lassen. "Root" ist im Grunde genommen ein hochpolitisches Spiel! Es lässt nicht nur völlig unterschiedliche Spielmechanismen aufeinander pralölen, auf deren interaktive Zusammenhänge sich die Spieler einstellen müssen, sondern verlangt von diesen auch viel Sinn für Taktik.

Alle Aktionen, die sich gegen einen bestimmten Spieler richten, können im Gegenzug nämlich einem Unbeteiligten helfen. Es gilt also, ein feines Gespür zu entwickeln, wen man zu welchem Zeitpunkt in welchem Ausmaß unterstützt bzw. schadet. Manchem Spieler missfällt dieser nicht gerade offensichtliche Königsmachereffekt. Zu zweit ist "Root" da ein wenig gerechter, da sich jede Aktion lediglich gegen den anderen richtet. Auf jeden Fall erscheint mir die Altersangabe - ab 10 Jahren - als viel zu optimistisch und sollte unbedingt auf "ab 12 Jahren" korrigiert werden.

Der Vollständigkeit halber sollte ich noch die alternative Siegbedingung erwähnen, die in unseren Partien zwar noch nicht genutzt wurde, deren Möglichkeit aber doch permanent im Raum hängt und ständig mitberücksichtigt werden sollte. Jeder Spieler kann, sofern er bereits mindestens 10 Siegunkte hat, während seines Tageslichts eine Dominanz-Karte spielen. Ab diesem Zeitpunkt wird sein Siegpunkt-Marker von der Leiste entfernt, und er kann nur mehr gewinnen, wenn er die Bedingung auf der Dominanz-Karte (z. B. Beherrschen von 3 Lichtungen einer bestimmten Farbe) erfüllt.

Die Rückseite des Spielplans zeigt übrigens das Waldland mit einer dicken, weißen Schneedecke überzogen. Auf dieser Winterseite haben die Lichtungen keine fixe Farbe. Diese wird ihnen mit sogenannten "Klassen-Markern" zufällig zugeteilt, wodurch mehr Abwechslung entsteht, die neue Herausforderungen bietet.

Mittlerweile ist bereits eine "Flussland"-Erweiterung erschienen, mit zwei neuen Parteien (der "Echsen Kult" und die "Flussvolk Kompanie"), sowie einem zweiten Vagabunden. Die detaillierten Regeln für die beiden neuen Völker sind bereits im "Gesetz von Root" nachzulesen, was zwar für das Grundspiel überflüssig ist, aber sich als recht praktisch erweist, wenn man einmal beide Spiele besitzt.

Ich für meinen Teil werde mir die Erweiterung sicherlich zulegen. Ich habe zwar noch nicht alle Möglichkeiten des Grundspiels ausreizen können, aber "Root" gefällt mir so gut, dass ich Lust auf mehr verspüre. Von mir daher eine klare Empfehlung, vor allem in kleinerer Besetzung (zu zweit oder zu dritt) gehört es zu den originellsten und interessantesten Taktikspielen des Jahrgangs.

Franky Bayer

Bewertung: 4½ Schilde