März
MoDiMiDoFrSaSo
26272829 1 2R3
4 5K6 7 8IS9I10
1112K131415W16W17
1819K2021S22SO2324
2526K2728293031
Legende:
Knn Ritter der Knobelrunde
Snn Spieletreff - Auwiesen
Snn Spieletreff - Franckviertel
Snn Spieletreff - Pichling
Inn Innviertler Spieletage
Onn Offener Spieleabend - Vöcklabruck
Wnn 21. Weißkirchner Spielefestival
Rnn Würfelschänke Ried
<- Runebound^Saba - Palast der Königin ->

Knobelritters Spielearchiv - Russian Railroads

Art des Spiels: Arbeitereinsetzspiel
Spieleautoren:  Helmut Ohley &
                Leonhard Orgler
Verlag:         Hans im Glück
Vertrieb:       Schmidt Spiele
Jahrgang:       2013
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          ca. 120 Minuten
Preis:          ca. € 39,-

Zielgruppe: Spielexperten ++

Die TraunCon ist ein alljährlich um das verlängerte Christi Himmelfahrt-Wochenende stattfindendes Spielertreffen der "Ritter der Knobelrunde", bei dem sich auch Spieler aus ganz Österreich und dem benachbarten Ausland einfinden. Einer der Stammgäste ist Leonhard "Lonny" Orgler, der das Wochenende nutzt, stundenlange 18xx-Partien zu spielen. Einige davon sind von ihm selbst verfasste und liebevoll gestaltete Szenarien. Seine Passion für Eisenbahnspiele führte schon zu mancher Veröffentlichung bei anderen Verlagen. Sein neuestes Werk sorgt aber heuer für Furore auch abseits der Railroad Gamers, wurde es doch ausgerechnet bei "Hans im Glück" herausgebracht, einem des besten und meistprämierten Spieleverlage überhaupt.

Die Story: "Russians Railroads" führt die Spieler ins Russland am Ende des 19. Jahrhunderts. Zar Alexander III. entscheidet sich auf Anraten seines Verkehrsministers für die Durchführung eines gewaltigen Projekts: Den Bau der Transsibirischen Eisenbahn. Um sein Reich in die Moderne zu führen, sollen aber auch andere wichtige Routen errichtet und die Industrialisierung vorangetrieben werden.

Wer sich nur einen Spielplan mit einer maßstabgetreuen Landkarte des russischen Reichs erwartet, wird enttäuscht sein. Der Hauptspielplan zeigt bloß jene Bereiche, in denen die Spieler Personal einsetzen können: Gleisbau, Bau von Lokomotiven und Fabriken, Entwicklung der Industrialisierung, Ingenieurwesen und sonstiges. Und damit wäre auch schon der wesentliche Spielmechanismus erwähnt: worker placement. Die Spieler setzen also, wenn sie an der Reihe sind, Arbeiterfiguren auf freie Felder der erwähnten Bereiche, um die gewünschte Aktion durchführen zu können. Zumeist ist es eine Figur, die benötigt wird. Für einige Aktionen muss man aber auch zwei oder drei Arbeiter einsetzen. Einige davon bieten dafür einen größeren Nutzen, andere sind einfach nur für jene Spieler da, die für das "billigere" Feld zu spät kamen. Ich beschreibe im Anschluss mal die grundlegenden Aktionen.

Der Gleisbau geschieht vollkommen anders, wie man es normalerweise von Eisenbahnspielen erwartet. Jeder Spieler besitzt sein eigenes Spielertableau mit drei Strecken: Zwei kürzere Strecken nach St. Petersburg und nach Kiew (je 9 Felder), sowie die "Transsibirische Eisenbahn", die lange Verbindung von Moskau bis nach Wladiwostok (15 Felder). Gleise gibt es in fünf verschiedenen Farben, was unterschiedlichen Qualitäten entspricht. Die schwarzen Gleise sind die ersten Gleise, die gelegt werden. Sie können in Folge in graue, braune, naturfarbene und schließlich in die exklusiven, etwas größeren weißen Gleise aufgerüstet werden.

Wer eine Aktion Gleisbau wählt, zieht mit den angegebenen Gleisen auf einer beliebigen Strecke vorwärts. Drei Grundregeln gibt es jedoch zu beachten. So ist die Reihenfolge der Farben - schwarz, grau, braun, naturfarben, weiß - stets einzuhalten. Ein nachfolgendes Gleis muss außerdem stets auf ein freies Feld gezogen werden und darf daher niemals mit dem vorderen Gleis gleichziehen, geschweige denn dieses überholen. Und schließlich muss das entsprechende Gleis bereits verfügbar und in der Strecke erlaubt sein.

Mit der Aktion Lokomotive/Fabrik kann eine Lokomotive erworben werden, um die gebauten Gleise dann auch wirklich befahren zu können. Anfangs besitzt jeder Spieler nur eine 1er-Lok an der "Transsib", mit der er eine Reichweite von gerade mal einem Feld besitzt. Durch den Kauf einer Lokomotive können auch die anderen Strecken befahren werden. Das Aufrüsten auf eine bessere Lokomotive erlaubt schließlich das Erreichen zusätzlicher Felder. Allerdings kann stets nur die Lokomotive mit der niedrigsten Zahl genommen werden. Die "Transsib" ist übrigens die einzige Strecke, an der zwei Lokomotive liegen dürfen, die zusammengezählt werden, um die Reichweite zu ermitteln.

Alternativ kann mit derselben Aktion auch eine Fabrik gebaut werden. Die Lokomotive mit der niedrigsten Zahl wird dann einfach auf die Rückseite gedreht. Die darauf symbolhaft abgebildete Fabrik wird passend in die Industrieleiste gelegt. Dies ist wichtig für die nächste mögliche Aktion - die Industrialisierung. Dabei wird der Industriemarker schrittweise auf der Industrieleiste vorgerückt. Die Fabriken dienen zum Füllen der Lücken, die der Industriemarker alleine nicht überbrücken darf.

Wie wird aber nun ermittelt, wer dem Zaren am besten bei der Durchführung seiner ehrgeizigen Projekte hilft? Erfahrene Spieler werden die Antwort sicher erraten: mit Siegpunkten! Am Ende jeder Runde, wenn niemand mehr Arbeiter einsetzen kann oder will und somit alle gepasst haben, findet eine Wertung statt. Jeder Spieler erhält einerseits Punkte für den Ausbau seiner 3 Strecken, wobei jedes Feld, das mit einer Lokomotive erreicht wird, Punkte je nach aufgerüstetem Gleis bringt. Schwarze Gleise sind gar nichts wert, graue Gleise zählen 1 Punkt, braune Gleise 2 Punkte, naturfarbene Gleise 4 Punkte und die weißen sogar 7 Punkte. Aber auch der industrielle Fortschritt wird belohnt, je nachdem wie weit der Industriemarker vorgerückt ist.

Nach der Wertung der letzten Runde gibt es noch eine kleine Schlusswertung. Erst danach steht der Gewinner des Spiels, der wahre Held der Arbeit fest.

An einige Elementen merkt man, dass Lonny und Helmut 18xx-Liebhaber sind. So ist das Aufrüsten der Gleise vergleichbar mit dem "Upgraden" der Hexfelder von den einfachen gelben Plättchen über die besseren grünen bis schließlich zu den ertragreichen roten Plättchen. Auch das Aufwerten der Lokomotiven kommt auf ähnliche Weise in der 18xx-Reihe vor.

Im Kern ist es aber ein typisches Personaleinsatzspiel, das auch denselben Regeln folgt. So ist natürlich die Spielerreihenfolge recht wichtig, da mehr Auswahl und bessere Optionen hat, wer früher an der Reihe ist. Es verwundert daher auch nicht, dass es für die Reihenfolge eigene Einsetzfelder gibt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Anzahl der Arbeiter. Wer über mehr Arbeiter verfügt, kann in der Regel mehr und effektivere Aktionen durchführen. Auf einem Sonderfeld sind zwei kurzfristige Leiharbeiter zu erhalten, die allerdings nur für eine Runde gelten. Nachhaltiger ist das schon das Sonderfeld, welches 2 Münzen einbringt, da eine Münze jederzeit für einen Arbeiter verwendet werden darf, aber unbegrenzt in die nächste Runde mitgenommen werden darf. Einen permanenten Zuwachs an Arbeitern gibt es hingegen auf bestimmten Feldern der beiden Strecken "Transsib" und Kiew.

Dies bringt uns zu einer genaueren Betrachtung der Strecken. Rund die Hälfte der Felder bietet nämlich bestimmte Vorteile. Bei einigen Feldern genügt es, wenn lediglich ein schwarzes Gleis darauf gezogen wird, um in den Genuss des Vorteils zu gelangen. Auf diese Weise sind beispielsweise neue Gleise erhältlich. Bei anderen Feldern wird zusätzlich eine Lokomotive benötigt, welche das Feld tatsächlich erreichen kann. Ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, aber die meisten dieser Felder bringen auf die eine oder andere Weise Zuwachs auf dem Punktekonto.

Was ich aber noch unbedingt erwähnen muss, sind die Ingenieure, die gleich mehrere Funktionen erfüllen. Zum einen sorgen die zufällig für die aktuelle Partie aufgelegten Ingenieure für ständig wechselnde Startvoraussetzungen. Nachdem jede Runde der vorderste Ingenieur gegen Abgabe einer Münze angeworben werden kann, lässt sich schnell ablesen, wie viele Runden noch zu spielen sind. Am wichtigsten jedoch ist, dass die Aktionen der Ingenieure verbesserte Versionen der Grundaktionen sind, also entweder weniger Arbeitereinsatz brauchen oder zusätzlich noch Siegpunkte einbringen. Und vor allem: Wer einen Ingenieur anwirbt, darf dessen Aktion exklusiv nutzen, braucht also nicht auf die Mitspieler Acht geben.

"Russian Railroads" verleitet zum Ausprobieren verschiedener Herangehensweisen und besitzt daher einen hohen Wiederspielreiz. So bietet jede der drei Strecken ihren eigenen Vorteil. Mit der "Transsib" kommt man an immer wertvollere Gleise heran. Die Strecke Moskau - St. Petersburg verhilft gleich zu zwei der begehrten ?-Plättchen, welche Extravorteile während des Spiels sowie Zusatzpunkte bei Spielende bringen. Und die Strecke nach Kiew hält besonders viele Sondersiegpunkte bereit.

Grundsätzlich kann man zwei verschiedene Strategien feststellen, wie man ja auch leicht bei den Punktewertungen am Rundenende erkennt. Der Gleisbau entwickelt sich anfangs langsam und zäh, da die ersten schwarzen Gleise ja noch keine Punkte zählen, und man auch erst allmählich an dafür notwendige Lokomotiven gelangt. Aber gerade gegen Spielende hin können äußerst hohe Punktezahlen erzielt werden, vor allem wenn die teuren weißen Gleise ins Spiel kommen. Dann gerät das Ausrechnen der Punkte fast schon zur höheren Mathematik.

Im Gegensatz zum Gleisbau sind bei der Industrialisierung hingegen relativ schnell und auf einfachere Weise Punkte möglich, die Punktekurve verläuft aber bei weitem nicht so progressiv. Zumeist wird man aber ohnehin nicht auf Extremstrategien gehen (können), sondern sich eher nach den Möglichkeiten richten, die sich einem bieten. Es empfiehlt sich trotzdem, gezielt einen Plan zu verfolgen und sich nicht zu verzetteln. In den Partien, die ich bis jetzt miterlebt habe, hat sich der Gleisbau als etwas stärker herausgestellt. Alle Spieler, die verstärkt auf die Industrie gesetzt haben, waren am Ende nicht vorne dabei, obwohl da schon einige interessante und - wie ich meine - auch erfolgsversprechende Taktiken dabei waren.

Abschließend noch zu einem Punkt, der mir am meisten imponiert. Das Spielmaterial mit den schönen Holzfiguren und eigens gestalteten Holzgleisen, zahlreichen stabilen Plättchen und Karten ist reichlich und hochwertig, wie man es von "Hans im Glück" gewöhnt ist. Aber am meisten beeindruckt die grafische Gestaltung und Illustration, welche Funktionalität und Ästhetik verbindet. Die Symbolik des Spielplans und der Spielertableaus unterstützen den Spielverlauf und das Verständnis perfekt, sodass nach der ersten Regelerklärung kaum mehr Fragen auftauchen, was dem Spielfluss recht förderlich ist. Das Spielprinzip ist ja relativ einfach, aber die vielen Regeldetails, die hier gar keine Erwähnung fanden, sind durch die kluge Grafik schnell zu erfassen, eine erstklassige Redaktionsarbeit.

Lonny und Helmut haben mit "Hans im Glück" daher einen ausgezeichneten Partner für die Fertigstellung ihres Spiels gefunden, denn das Resultat kann sich sehen lassen. Für mich ist es gehört es zu den besten Personaleinsetzspielen. Der Spielreiz hält für viele Partien an, auch wenn sich bei häufigem Spielen gewisse Automatismen einstellen. Ich werde bei den nächsten Spieletagen daher Lonny sicher etwas genauer beobachten, ob er wieder neue Ideen im Gepäck hat...

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde