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Knobelritters Spielearchiv - Terra Mystica

Art des Spiels: Aufbau - und Entwicklungsspiel
Spieleautoren:  Helge Ostertag &
                Jens Drögemüller
Verlag:         Feuerland Spiele
Jahrgang:       2012
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          90 bis 150 Minuten
Preis:          ca. € 59,-
Auszeichnung:   Deutscher SpielePreis 2013

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Eigentlich bin ich ja voll ausgelastet mit den Rezensionen jener Spiele, die ich von den Spieleverlagen zum Zwecke der Spielekritik erhalten habe. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an die Verlage und ihre umtriebigen Pressemitarbeiter. Aber jedes Jahr erscheinen mehr Spiele, als ich den Verlagen ruhigen Gewissens abverlangen, geschweige denn darüber berichten kann. Außerdem können sich viele Kleinverlage nicht leisten, jeden dahergelaufenen Journalisten mit Gratisexemplaren zu beglücken. Unter diesen Spielen befinden sich dann schon manchmal richtige Perlen, die ich als verantwortungsbewusster Rezensent meinen Lesern auf keinen Fall vorenthalten darf. Wie eben auch dieses Spiel, das Erstlingswerk des neuen Spieleverlages "Feuerland Spiele", welches sogar den Deutschen SpielePreis 2013 gewann.

"Terra Mystica" heißt das Spiel, in dem die Spieler die Geschicke eines von 14 Völkern führen, um es im Wettstreit mit den Mitspielern erfolgreich zu entwickeln. Wie der Titel schon verrät, spielt sich das Ganze nicht in einem realen Land unserer schönen Erde ab, sondern in einem geheimnisvollen Land voller mystischer Wesen. Dort treffen wir auf Hexen, Halblinge, Zwerge, Nixen, Giganten, Chaosmagier, Alchemisten, Düsterlinge und andere seltsame Kreaturen. Da verwundert es kaum, dass auch der Magie eine wichtige Rolle zukommt.

Der Spielplan zeigt ein Gebiet aus sieben verschiedenen Landschaften: Ebenen, Sümpfe, Seen, Wälder, Gebirge, Einöden und Wüsten, ungleichmäßig über den ganzen Plan verteilt. Aber auch Flüsse durchqueren das Gebiet. Jedes Volk kann nur in einer bestimmten Landschaft leben. So fühlen sich etwa Hexen lediglich im Wald wohl, Nomaden leben nur in der Wüste und Zwerge brauchen natürlich unbedingt das Gebirge zum Leben. Zur besseren Übersicht richten sich die Spielerfarben eines Volkes an die Farben "ihrer" Landschaften.

Damit ein Volk sich ausdehnen, sein Herrschaftsgebiet also vergrößern kann, muss es daher andere angrenzende Landschaften nach seinen Bedürfnissen umgestalten. Dazu haben alle Völker die Fähigkeit des Terraformings. Jede Landschaft lässt sich mit entsprechendem Aufwand in die passende Landschaft verwandeln. Auf dem Völkertableau jedes Volkes ist klar ersichtlich, wie viel Arbeit - dargestellt durch Schaufeln - für jeden einzelnen Landschaftstyp notwendig ist, um die gewünschte Landschaft zu erhalten.

Um sich den Herrschaftsanspruch über ein Gebiet zu sichern, genügt es, ein Wohnhaus - nach dem Bezahlen der Baukosten - auf die umgewandelte Landschaft zu bauen. Wohnhäuser können später zu (teureren) Handelshäusern aufgerüstet werden, diese dann entweder in noch kostspieligere Festungen oder zu Tempeln. Letztere können schließlich noch zu Heiligtümer umgewandelt werden.

Die Vergrößerung seines Herrschaftsgebietes kann sich auf zwei Arten punktemäßig auszahlen: Zum einen können ab einer bestimmten Größe einer Agglomeration Städte gegründet werden, was mit reichlich Siegpunkten belohnt wird. Zum anderen gibt es bei der Schlusswertung bei Spielende Extrapunkte für die größten Siedlungen.

Errichtete Gebäude bringen zudem jede Runde wichtige Einnahmen. Je nach Gebäude können dies Münzen sein, oder aber auch Arbeiter, die man für die weitere Entwicklung seines Reiches benötigt (zum Buddeln beim "Terraforming" und zum Bau von Gebäuden). Aufgerüstete Profanbauten, wie Handelshäuser und Festungen, können jedoch auch Machtpunkte in der Einnahmensphase einbringen. Ein ausgeklügeltes System mit drei "Schalen der Macht" sorgt dafür, dass man Machtpunkte nicht einfach nur so kriegt, sondern sorgfältig sammeln muss, um Macht aufzubauen. Macht ist so eine Art Magie, mit deren Hilfe sich vor allem vorteilhafte Zusatzaktionen durchführen lassen.

Sakralbauten, wie Tempel und Heiligtümer wiederum generieren Priester. Diese braucht man für Verbesserungen auf seinem eigenen Völkertableau. So verringert der Fortschritt beim Umwandeln die Kosten des Terraformings, während der Fortschritt bei der Schifffahrt eines verbesserte Ausbreitung der Besiedlungsfläche über die Flüsse ermöglicht. Eine weitere wichtige Rolle spielen die Priester bei den vier verschiedenen Kulten, die den vier Elementen Feuer, Wasser, Erde und Luft huldigen. Indem man Priester in den Orden eines Kults entsendet, erhöht man seinen Status in dem entsprechenden Kult, was während des Spiels Vorteile bringt, aber vor allem bei Spielende für willkommene Siegpunkte sorgen kann.

Natürlich ist es die Anzahl der Siegpunkte, die man im Laufe der sechs Runden eines Spiels sowie bei der Schlusswertung sammeln konnte, welche über denn Sieger des Spiels entscheidet. Es gibt - wie der Leser es sich sicher schon denken konnte - zahlreiche Möglichkeiten, an die begehrten Siegpunkte zu gelangen. Neben den erwähnten Punktelieferanten Stadtgründung, Siedlungsgröße und Kultstatus sind es einerseits noch die Fortschritte auf dem eigenen Völkertableau (Schifffahrt, Terraforming), die mit Siegpunkten belohnt werden. Andererseits geben Wertungsplättchen vor, für welche Aktion es in jeder Runde Zusatzpunkte zu gewinnen gibt. So können die Errichtung bestimmter Gebäude, Stadtgründungen und ähnliches zusätzliche Punkte einbringen. Es empfiehlt sich, seine Aktionen danach zu richten und vorausschauend zu planen, zumal ja die Art und deren Reihenfolge für alle sechs Runden schon zu Beginn zufällig festgelegt wird.

Ein Spiel, bei dem sich Völker auf einem Spielplan ausbreiten, sorgt üblicherweise für starken Konkurrenzkampf um die besten Felder. Auch "Terra Mystica" macht bei diesen Territorialansprüchen keine Ausnahme. Trotzdem ist hier etwas anders, denn Nachbarschaft anderer Völker bringt durchaus seine Vorteile. So sind die Baukosten für ein Handelshaus gleich um einiges niedriger, wenn es benachbart zu einem anderen Volk errichtet wird. Außerdem ermöglichen von anderen Völkern auf benachbarte Felder errichtete Bauten eine Erhöhung der Macht, wenn auch nicht ohne Nebeneffekt (geringer Verlust an Siegpunkten). Jedenfalls führt dies zu einem gewissen Dilemma, und benachbarte Völkern verlangen eine gründliche Abwägung der Vor- und Nachteile.

Den wichtigsten Aspekt von "Terra Mystica", der den Unterschied zu ähnlich gearteten Spielen ausmacht, habe ich mir allerdings für den Schluss aufgehoben. Jedes der 14 beinhalteten Völker ist nämlich anders. Die Unterschiede sind zum Teil minimal, wie etwa beim Startguthaben beim Spielaufbau (Arbeiter, Münzen, Machtpunkte, etc.) oder den Kosten der Gebäude. Aber teilweise haben die einzelnen Völker komplett unterschiedliche Voraussetzungen, die sogar stark differenzierte Spielweisen erfordern. Zwerge breiten sich beispielsweise mit Hilfe von Tunneln aus, Düsterlinge lassen ihre Priester Gelände umformen, Nixen können Flüsse durchqueren, etc. Auch bringt der Bau einer Festung jedem einzelnen Volk einen völlig unterschiedlichen Vorteil, und fast jedes Volk hat eine besondere Fähigkeit. So ist ein sehr hoher Wiederspielreiz gegeben.

Mir imponiert diese Varianz, die Abwechslung, die mit den 14 Völkern geschaffen wurde, und welche sicherlich enorm viel Entwicklungs- und Abstimmungsarbeit erfordert hat. Dabei ist alles gut austariert, obwohl ich in meinen Partien einige Völker als schwieriger zu führen erachte als andere. Der Grund dafür kann aber sein, dass einige Völker besser zu meiner persönlichen Spielweise passen, andere mir wiederum überhaupt nicht liegen. Ich will aber schon glauben, dass die Vor- und Nachteile jedes Volkes genug durchgetestet wurden und möglichst ausgeglichene Voraussetzungen geschaffen wurden.

Auf jeden Fall ist das Gesamtwerk beeindruckend, wenn man noch dazu bedenkt, dass es das Erstlingswerk eines jungen Verlages ist. Sicher, es ist ein Spiel für Spielexperten, erfahrene Gamer und Vielspieler. Gelegenheitsspieler wären allein schon ob der Komplexität und der Fülle an Regeln, von denen ich die meisten hier nicht mal erwähnt habe, hoffnungslos überfordert. Nachblättern und Studieren von Regeldetails sind daher unvermeidlich, selbst unter richtigen Spielveteranen.

Die Völkertableaus sind dafür sehr gelungen gestaltet und unterstützen sehr hilfreich den Spielablauf. Überhaupt ist das Spielmaterial gesondert hervorzuheben: Reichlich, hochwertig und gut durchdacht. Das ergibt in Summe ein wirklich tolles Vielspieler-Spiel, das völlig verdient im Herbst mit dem Deutschen SpielePreis ausgezeichnet worden ist.

Franky Bayer

Bewertung: 5 1/2 Schilde