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Knobelritters Spielearchiv - Teotihuacan

Art des Spiels: Arbeitereinsetz-Rondell-Spiel
Spieleautor:    Daniele Tascini
Verlag:         Schwerkraft Verlag
Jahrgang:       2019
Spielerzahl:    1 bis 4 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren
Dauer:          120 - 180 Minuten
Preis:          ca. € 55,-

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Die alten Hochkulturen Mittel- und Südamerikas? Hmm… Lasst mach mal überlegen. Inkas, Azteken, Mayas. Machu Picchu, Tikal, Chichen Itza. Sonnenkult, Stufenpyramiden, Menschenopfer. Komische Schriftzeichen, gutes astronomisches Wissen, dafür keine Kenntnis vom Rad. Tja, das war's auch schon. Viel mehr weiß ich darüber wirklich nicht.

Einer, der sicher fundiertere Kenntnisse über diese Zivilisationen (oder zumindest eine gewisse Affinität dazu) haben muss, ist der italienische Spieleautor Daniele Tascini. Schließlich hat er (gemeinsam mit Co-Autor Simone Luciani) uns Spieler schon mit seinem Werk "Tzolk'in - Der Maya-Kalender" an der Blütezeit der Mayas mitwirken lassen. Auch in seinem neuesten Opus "Teotihuacan - Die Stadt der Götter" lässt er uns als Nachkommen mächtiger Adelsfamilien der Mayas am Aufbau der Stadt und der Errichtung der mächtigen Stufenpyramide teilhaben, um dafür möglichst viel Ruhm zu ernten.


Vorerst stehen von der geplanten Stufenpyramide in der Mitte des riesigen Spielplans aber nur ein paar Fundamente. Rundherum sind einige Orte (Aktionstafeln) angeordnet, an denen die Spieler die unterschiedlichsten Aktionen ausführen können. Manche der Tafeln weisen einen besonderen Bereich auf, den "Anbetungsraum". Links der Pyramide stehen drei Tempel, in denen die Spieler Einfluss nehmen können. Rechts hingegen befinden sich die "Straße der Toten", sowie die Kalenderscheibe zum Festhalten des Spielfortschritts.

Zur Spielvorbereitung werden die verschiedensten Plättchen (Herrscher-, Erkundungs-, Technologie-, Tempelbonus- und Verzierungsplättchen) und Pyramidensteine auf die dafür vorgesehenen Felder des Spielplans gelegt. Jeder Spieler erhält ein paar Marker in seiner Farbe, sowie drei Würfel, welche er zur Startaufstellung auf bestimmte Orte des Plans stellt. Nachdem jeder seine Startausrüstung erhalten hat, beginnt das Spiel mit der 1. Runde des ersten Spielabschnitts, "Eklipse" genannt.

Wer an der Reihe ist, bewegt einen seiner (freien) Arbeiter um 1 bis 3 Aktionstafeln im Uhrzeigersinn vorwärts. Anschießend führt er eine der 3 möglichen Aktionen der so erreichten Aktionstafel aus.:

  1. Kakao ernten:
  2. Er erhält so viel Kakao wie die Anzahl verschiedener Farben bereits vorhandener Arbeiter an diesem Ort + 1. Kakao benötigt man einerseits, um seine Arbeiter am Ende einer Eklipse ernähren, andererseits um sich die Kosten bestimmter Aktionen leisten zu können.

  3. Anbeten:
  4. Diese Aktion kann nur auf Aktionstafeln mit einem separaten Bereich durchgeführt werden. Der bewegte Würfel kommt in diesen "Anbetungsraum", wo er dann "eingeschlossen" ist und auch nicht bei der Berechnung der Kosten bzw. Kakaoernte berücksichtigt wird. Danach kann der Spieler entweder die Fähigkeit dieses Anbetungsraums nutzen (in den meisten Fällen ein Fortschritt in einem bestimmten Tempel), das dort befindliche Entdeckungsplättchen (gegen Bezahlung seiner Kosten) nehmen, oder gleich beides machen, wenn er zusätzlich 1 Kakao abgibt.

  5. Hauptaktion ausführen:
  6. Dazu muss der Spieler zuerst so viel Kakao abgeben wie die Anzahl verschiedener Farben bereits vorhandener Arbeiter an diesem Ort. Danach führt er die jeweilige Hauptaktion aus, wobei deren Wirkung zumeist sowohl von der Anzahl seiner (freien) Würfel auf dieser Aktionstafel als auch von der Augenzahl seines niedrigsten Würfels abhängt. Viele Aktionen bringen zudem noch eine zusätzliche Belohnung, wie das Vorrücken in einem der Tempel oder einen Fortschritt auf der Pyramidenleiste.

Im Gegensatz zu den beiden anderen Aktionen muss der Spieler nach einer Hauptaktion eine oder zwei "Verstärkungen" vornehmen, also die Augenzahl von einem oder zwei Würfeln um 1 erhöhen. Falls ein Arbeiter dadurch die Stärke 6 erhält, findet sofort ein "Aufstieg" statt, das heißt dass er mit der Würfelseite "1" als neuer Arbeiter eingesetzt wird. Der Spieler darf sich eine Belohnung (z. B. 5 Kakao) auswählen und macht einen Fortschritt auf der "Straße der Toten".

Hier nun eine kurze Beschreibung der einzelnen Hauptaktionen. Eines der acht Aktionsfelder - der "Palast" - bietet keine Hauptaktion, dafür 3 Anbetungsräume. Drei andere - "Wald", "Steinbruch" und "Goldvorkommen" - dienen dazu, an Ressourcen (Holz, Stein, respektive Gold) zu gelangen, welche wiederum in drei anderen Aktionsfeldern für diverse Bautätigkeiten benötigt werden: Für den Bau der Pyramide ("Bauwerk"), für die Verschönerung ihrer Stufen ("Verzierungen"), sowie für Gebäude der herrschenden Klasse ("Adelige"). Das verbliebene Aktionsfeld - "Alchemie" ermöglicht die Investition in eines der ausliegenden Technologieplättchen, welche für den Rest des Spiels die verschiedensten Vorteile bringen.

Nach jeder Runde und nach jedem "Aufstieg" wird der Rundenstein auf der Kalenderscheibe um 1 Position vorgerückt. Erreicht dieser das Zielfeld, endet die "Eklipse". In einer Wertung gibt es Punkte für den Fortschritt auf der Straße der Toten und auf der Pyramidenleiste (samt Bonus für den bauaktivsten Spieler), sowie für Sets aus verschiedenen Masken (auf gesammelten Entdeckungsplättchen). Schließlich muss jeder Spieler noch seine eigenen Arbeiter mit Kakao ernähren ("Unterhalt"), um keine Siegpunkte zu verlieren. Wer nach drei Eklipsen schlussendlich die meisten Siegpunkte vorweisen kann, gewinnt das Spiel.


Vom Spielmechanismus her ist "Teotihuacan" ein Arbeitereinsetz-Rondell-Spiel. Aber eines der ungewohnten, der ungewöhnlich herausfordernden Sorte, denn anders als bei den üblichen Vertretern dieser Art kommt es nicht einfach bloß darauf an, einen Arbeiter irgendwo einzusetzen, um die entsprechende Aktion durchführen zu können. Bereits für die entstehenden Kosten sind die bereits vorhandenen Würfel ausschlaggebend, auch jene der Mitspieler. Für die meisten Aktionen sind dann noch die Anzahl der eigenen Würfel sowie oft auch deren Augenzahl entscheidend. Viel mehr geht dann wirklich nicht mehr, dies alles beansprucht die grauen Zellen doch sehr.

Dementsprechend lange ist die Lernphase. Die Erklärung der Regeln für die erste Partie nimmt eine dreiviertel bis fast eine Stunde in Anspruch, bis alle relevanten Einzelheiten erwähnt wurden. Der Grundmechanismus stellt sich dann als doch nicht so kompliziert heraus. Es sind vielmehr die zahlreichen Details und Zusatzeffekte, die beachtet werden müssen, welche vollste Konzentration erfordern. Man muss tatsächlich langsam und Schritt für Schritt vorgehen, um ja nichts zu vergessen. Trotzdem habe ich - in insgesamt 8 Partien! - bis jetzt noch keine einzige ohne Fehler erlebt!

Während die Kakaoernte ziemlich simpel ist, kann eine Hauptaktion gleich einen Rattenschwanz an Effekten und Handlungen nach sich ziehen. Ich habe mir ein - ganz und gar nicht unwahrscheinliches - Beispiel für einen Spielzug ausgedacht, welches sagenhafte 29 Einzelschritte beinhaltet. Dieses Exempel demonstriert, wie sorgfältig man bei der Abwicklung seines Spielzugs vorgehen muss, und wie leicht man etwas übersehen kann.

Die Altersangabe "ab 14 Jahren" ist alleine deswegen schon durchaus verständlich und nachvollziehbar. Aber auch der Strategie-Faktor ist sehr hoch. Es gibt viele Vorgehensweisen, an die wertvollen Siegpunkte heranzukommen. Eine hohe Punkteausbeute versprechen die Bautätigkeiten an der Pyramide, denn sowohl Steine als auch Verzierungen bieten neben unmittelbaren Basispunkten noch Bonuspunkte für übereinstimmende Symbole und Farben, sowie Extrapunkte bei der Wertung. Auch Fortschritte auf den Tempelleisten werden belohnt, umso großzügiger, je weiter man auf einem Tempel vorrückt. Aus diesem Grund sollte man sich auf einen, höchstens zwei Tempel fokussieren.

Eine weitere ausgezeichnete Punktequelle liefern die Masken. Vorausgesetzt, man fängt früh genug an, verschiedene Masken zu sammeln, denn dann bekommt man bei jeder Wertung die Siegpunkte, welche bei großen Sets recht üppig ausfallen können. Und schließlich können noch Gebäude für Adlige recht lukrativ sein, denn neben den direkten Punkten erhält man bei jeder Wertung noch Extrapunkte für den damit forcierten Fortschritt auf der "Straße der Toten".

Neben der interessanten Kombination aus Worker Placement und Rondellmechanismus besticht bei "Teotihuacan" noch ein weiteres Element: Das "Verstärken", im Prinzip ein eingebauter Alterungsprozess. Mit jeder Aufwertung eines Würfels erhöhen sich die Chancen auf bessere Erträge, vor allem die Möglichkeit, mehr Rohstoffe auf den entsprechenden Aktionsfeldern zu erhalten. Dies geht allerdings mit höheren Unterhaltskosten am Ende jeder Eklipse (für einen Arbeiter der Stärke "4" oder "5" benötigt man 2 Kakao statt nur einem), sowie einem unausweichlichen Ableben einher. Um von einem solchen "Aufstieg" bestmöglich zu profitieren - wichtige Faktoren dabei sind Unterhaltskosten, mögliche Belohnungen, Fortschritt auf der Straße der Toten und das Voranschreiten des Rundensteins - ist richtiges Timing gefragt.

Es besteht auch die Möglichkeit, auf das Altern weitgehend zu verzichten, indem man bevorzugt die Anbetungsräume aufsucht. Der Nachteil: Ein Würfel in einem Anbetungsraum gilt als "eingeschlossen" und kann nicht mehr so ohne weiteres bewegt weren. Es kostet Kakao, solchermaßen blockierte Arbeiter wieder frei zu bekommen. Es gibt Spieler, welche diese speziellen Mechanismen sehr gut ausnutzen können. Wie man dies am besten anstellt, hat sich mir persönlich jedoch bis jetzt noch nicht erschlossen.

Wie bei den meisten Strategiespielen kommt es schlussendlich darauf an, sich nicht zu verzetteln und sich auf wenige Dinge zu konzentrieren. Wer dann geschickt seine Aktionen auf diese eingeschlagenen Wege abstimmt und sinnvoll miteinander zu verbinden vermag, kann viele Siegpunkte einheimsen. Die Spieldauer liegt bei so einem spielerischen Schwergewicht naturgemäß im oberen Bereich. Man muss - je nach Spielerzahl und Grübelverhalten der Mitspieler - mit 2 bis 3 Stunden rechnen, in Vollbesetzung noch mehr. Ich bevorzuge daher Partien zu zweit oder zu dritt, weil sich der Zeitbedarf hierbei in erträglichem Rahmen hält.

Aufgrund der zahlreichen Plättchen, die es zu platzieren gilt, dauert auch der Spielaufbau ein wenig länger. Dafür bietet das Spiel in jeder Partie eine etwas andere Herausforderung. Für Anfänger gibt es übrigens ein eigenes Einsteigerspiel mit vorgegebenen Ausgangssituationen, fixem Spielplan und einigen festgelegten Plättchen. Das reguläre Standardspiel bietet dann wesentlich mehr Varianz, weil sämtliche Plättchen und Tafeln zufällig verteilt werden. Außerdem können die Spieler aus 4 zufällig gezogenen Startplättchen 2 auswählen und so ihre Ausgangslage weitgehend selbst bestimmen.

Wem dies noch nicht genügt, kann noch die beiden beinhalteten Varianten hinzunehmen. Die Startplättchen-Draft-Variante merzt noch den letzten verbliebenen Glücksanteil durch ein "Draften" der Startplättchen aus. Die Sonnenfinsternis-Variante hingegen sorgt, wenn der Rundenstein das letzte Feld erreicht, für eine sofortige Eklipse, statt wie üblich die Spielrunde zu beenden und eine weitere Runde anzuschließen. Dadurch ändert sich ein wenig der Charakter des Spiels, da das Ende nicht genau vorhersehbar ist, sondern im Gegenteil von Spielern sogar bewusst schnell herbeigeführt werden kann. Eine sehr wettstreitorientierte Variante.

Wie bei vielen Spielen vom Verlag "Schwerkraft Spiele" findet man auch hier eine interessante Solo-Variante vor, bei der ein Automa - hier "Teotibot" genannt - die Züge eines virtuellen Gegners übernimmt. Dies funktioniert sehr gut, ich selbst mag es aber lieber, gegen Spieler aus Fleisch und Blut anzutreten und mich mit ihnen zu messen.

Das Spielmaterial ist üppig, was sich auch auf den Preis auswirkt. Für ungefähr 55 Euro bekommt man dann aber auch einen riesigen Spielplan, eine Vielzahl an verschiedenen Plättchen, Würfel in vier Farben, diverses Holzmaterial (individuelle Ressourcenmarker, Markierungsscheiben, Gebäude, etc.) und vor allem die großen, attraktiv gestalteten Pyramidensteine, mit denen die zentrale Stufenpyramide beeindruckend dreidimensional in die Höhe wächst.

"Teotihuacan" ist meiner Meinung nach eines der hochkarätigsten, herausforderndsten, interessantesten Strategiespiele der letzten Jahre. Der Wiederspielreiz ist aufgrund der abwechslungsreichen Ausgangssituationen und der Spielvarianten außergewöhnlich hoch, weshalb ich nicht umhin komme, dem Spiel eine absolute Empfehlung auszusprechen.

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde