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<- Terra Nova (2006) | ^ | Terraforming Mars -> |
Art des Spiels: Strategiespiel Spieleautor: Andreas Faul Verlag: Kosmos Spiele Jahrgang: 2022 Spielerzahl: 1 bis 4 Spieler Alter: ab 12 Jahren Dauer: 90 bis 120 Minuten Preis: € 49,90 Zielgruppe: Spielexperten ++ |
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Die ähnliche Schachtelgrafik weist schon darauf hin: "Terra Nova" ist irgendwie - trotz des anderen Spieleverlags - mit "Terra Mystica" verwandt. Tatsächlich handelt es sich um eine Überarbeitung, bei der einige Elemente des Kult-Expertenspiels gestrichen und andere etwas reduziert wurden, sodass es nun einfacher, kürzer und folglich für Kenner geeignet ist.
Ich könnte es mir nun leicht machen, auf die Rezension des Originalspiels zu verweisen und bloß auf die Unterschiede einzugehen. Da aber jetzt eine andere Zielgruppe anvisiert wird, finde ich es angebracht, die Neuheit aus dem Hause Kosmos detailliert und ohne (allzu viele) unnötige Verweise auf "Terra Mystica" zu beschreiben.
Das "neue Land" besteht aus einem mit Sechseckfeldern übersäten Spielplan, der von einem sich verzweigenden Fluss durchzogen ist. Die Felder weisen eine von 5 verschiedenen Landschaftsarten auf: Wüste, See, Sumpf, Wald oder Ödland. Jeder der 2 bis 4 Spieler führt ein fantastisches Volk, welches sich nur in einer bestimmten Landschaft heimisch fühlt, beispielweise die "Druiden, die im Wald beheimatet sind, oder die "Wüstentöchter", welche klarerweise eine aride Umgebung brauchen.
Das entsprechende Völkertableau zeigt die besonderen Fähigkeiten des Volkes und dient gleichzeitig zur gleichermaßen übersichtlichen wie funktionellen Unterbringung seiner Häuser, Kontore, Paläste und Brücken, sowie seiner Machtsteine in den drei Machtschalen. Nachdem jeder seine Startgebäude auf den Spielplan gestellt, sein Startkapital und ein Vorteilsplättchen seiner Wahl erhalten hat, kann das Spiel losgehen.
Eine Partie "Terra Nova" geht über 5 Runden, die jeweils in drei Phasen untergliedert sind. In der Phase 1 Einkommen erhalten die Spieler Geld und Machtpunkte entsprechend ihrer freigelegten Einkommenssymbole (vor allem durch errichtete Gebäude). In Phase 2 Aktionen führen sie reihum jeweils eine von 7 möglichen Aktionen durch, bis alle Spieler gepasst haben. Phase 3 Rundenende dient schließlich dazu, die nächste Spielrunde vorzubereiten.
Die Hauptphase ist natürlich jene, in der die Spieler reihum Aktionen ausführen. Eine der wichtigsten Aktionen ist das Bauen. Dabei darf ein Spieler auf eine unbebaute Heimatlandschaft in Reichweite eines seiner Gebäude 1 Haus stellen (Kosten 4 Geld). Er darf aber auch auf eine andere Landschaft in Reichweite bauen, wenn er diese im selben Zug vorher umwandelt, also entsprechend seines Völkertableaus dafür 1 oder 2 Spaten (zu je 6 Geld) entrichtet.
Mit der Aktion "Gebäude aufwerten" kann ein Haus in ein Kontor bzw. ein Kontor in einen Palast aufgewertet werden. Während ein Palast stets 14 Geld kostet, gibt es bei den Kosten für ein Kontor unterschiedliche Kosten. Ist nämlich mindestens ein Gebäude eines anderen Volkes benachbart, reduzieren sich die Kosten von normalerweise 10 auf nur mehr 7 Geld.
Die Aktion "Schifffahrt verbessern" (Kosten 8 Geld) erhöht die Reichweite für Landschaftsfelder über Flussfelder, mit der Aktion "Brückenbau" (10 Geld) kann eine Brücke an einer Stelle über den Fluss angrenzend zu einem eigenen Gebäude errichtet werden.
Schließlich gibt es noch Sonderaktionen, welche auf Vorteilsplättchen oder freigeschalteten Palastfähigkeiten auftauchen und einmal pro Runde genutzt werden können, sowie Machtaktionen, für deren Nutzung entsprechend viele Machtsteine aus der letzten Schale "verbraucht" werden müssen. Jede Machtaktion kann nur einmal pro Runde druchgeführt werden, weshalb sie mit einem "X"-Plättchen markiert werden.
Kann oder will sich ein Spieler keine Aktion mehr leisten, muss er "passen". Dabei gibt er sein aktuelles Vorteilsplättchen ab und tauscht es gegen eines der ausliegenden Plättchen aus. Die Reihenfolge beim Passen bestimmt gleichzeitig die Zugreihenfolge für die nächste Runde. Hat auch die letzte Person gepasst, beginnt die Phase "Rundenende", in der alle "X"-Marker von Macht- und Sonderaktionen entfernt werden, und auf die verbliebenen Vorteilsplättchen je 1 Geld gelegt wird.
Nach der 5. Runde endet das Spiel. Bei einer Schlusswertung werden noch Punkte für die größten miteinander verbundenen Gruppen an Gebäuden ("Gebietswertung"), sowie für verbliebenes Geld und Machtpunkte vergeben. Wer schlussendlich die meisten Siegpunkte sammeln konnte, gewinnt die Partie.
Puristen und hartgesottene Vielspieler werden jetzt natürlich die Nase rümpfen und dieser "Neuheit" den Rücken zukehren. Eine noch so minimale Änderung, geschweige denn Reduzierung von einigen Spielelementen kommt für diese gar nicht in Frage! Diese Ausgabe richtet sich allerdings nicht an sie, sondern an die doch um einiges größere Zielgruppe an Liebhabern des gehobenen Familienspiels und des Kennerspiels. Und diese sitzen nun mal nicht gerne mehrere Stunden am Spieltisch, so ausgezeichnet könnte ein Spiel gar nicht sein.
Um es also massentauglicher zu gestalten, muss alles doch einigermaßen zurecht geschliffen, zusammengestutzt und um einige Nuancen zugänglicher und leichter gemacht werden. Man kann dem Spieleautor Andreas Faul - übrigens ein Schreiberkollege von mir hier auf "H@ll 9000" - gar nicht genug danken, dass er diese heikle Gratwanderung geschafft hat, und es ihm dabei gelungen ist, tatsächlich alle wesentlichen Elemente des vielfach prämierten Originals beizubehalten.
Da ist einmal die Ressource "Macht". Zwar gibt es hier im Gegensatz zu "Terra Mystica" mit "Geld" bloß eine einzige Währung, auf den ungewöhnlichen Umgang mit "Macht" wurde aber glücklicherweise nicht verzichtet. Macht kann allmählich angehäuft werden, indem für jeden Zugewinn eine Machtscheibe aus der niedrigst besetzten Schale in die nächsthöhere verschoben wird. Um schließlich eine der sogenannten "Machtaktionen" nutzen zu können, müssen dann entsprechend viele Machtscheiben aus der Machtschale III wieder in die kleinste Schale (I) zurückgegeben werden.
Macht erhält man nicht nur durch Einnahmenseffekte, sondern auch durch die topographische Nähe zu seinen Mitspielern auf dem Spielplan. Während es in vielen Spielen vorteilhaft ist, sich von seinen Mitspielern abzuschirmen, um sich ungestört ausbreiten zu können, braucht man hier die Nachbarschaft zu diesen. Zum einen sind die Baukosten für ein Kontor um einiges billiger (genau um 30 %), was ein nicht unwesentlicher Grund ist, ein Kontor benachbart zum Gebäude eines Mitspielers aufzustellen. Zum anderen profitiert auch der passive Spieler von jeder Bautätigkeit eines Nachbarn - sowohl bei Neubauten als auch bei Aufwertungen - indem er 1 Machtpunkt bekommt.
Die subtile Unterscheidung zwischen Nachbarschaft und Reichweite spielte schon im Originalspiel eine wichtige Rolle. Reichweite - vor allem durch Schifffahrt über ein oder mehrere Flussfelder - ist einerseits entscheidend für eine raschere Ausbreitung bei der Errichtung neuer Häuser, andererseits auch für die abschließende Gebietswertung am Spielende. Unmittelbare Nachbarschaft hingegen (wozu auch Brücken dienen) braucht es für die erwähnten Vorteile (Kostenreduzierung, Machterhalt), sowie für eine erfolgreiche Stadtgründung.
Um eine Stadt gründen zu können, benötigt es eine Gruppe von wenigstens vier eigenen miteinander benachbarten Gebäuden, deren Stadtwerte insgesamt mindestens 7 ergeben, wobei ein Haus 1 Punkt, ein Kontor 2 Punkte und ein Palast 3 Punkte zählt. Als Belohnung wählt man daraufhin eines seiner Stadtplättchen, legt dieses unter eines der zur Stadt gehörigen Gebäude und erhält sofort den darauf abgebildeten Bonus, darunter willkommene Siegpunkte.
Auch die Vorteilsplättchen und die Rundenwertungsplättchen kennen wir schon aus "Terra Mystica". Vorteilsplättchen schaffen bestimmte Vorteile für die nächste Runde, vor allem ein höheres Einkommen. Wer früher passt, hat dabei die bessere Auswahl an Plättchen. Rundenwertungsplättchen hingegen werden schon bei Spielbeginn für alle 5 Runden des Spiels zufällig offen ausgelegt. Sie belohnen für die komplette entsprechende Runde eine bestimmte Aktion - beispielsweise das Bauen von Kontoren - mit Extrapunkten. Es empfiehlt sich, seine Vorgehensweise während des ganzen Spiels ein wenig nach den ausliegenden Rundenwertungsplättchen auszurichten.
Die mit Abstand wichtigste Gemeinsamkeit stellt aber die Vielzahl an Völkerfähigkeiten dar. "Terra Nova" ist nämlich - ebenso wie sein Vorgänger - kein symmetrisches Spiel. Zwar sind es hier bloß 10 verschiedene Völker (im Gegensatz zu 14 bei "Terra Mystica", Erweiterungen nicht mitgezählt), aber es macht einen Großteil des Spielreizes aus, die speziellen Fähigkeiten seines Volkes bestmöglich zu nutzen, um sich gegen seine Mitspieler durchzusetzen.
Auf Vorder- und Rückseite jedes der fünf Völkertableaus sind unterschiedliche Völker mit jeweils anderen Sonderfähigkeiten abgebildet. Einige Fähigkeiten hat ein Volk von Beginn an, andere müssen durch den Bau von Palästen erst freigeschaltet werden. Beispielsweise beziehen die blauen Völker (Flaschengeister, Seebären) ihre Vorteile aus See- und Flussfeldern, fangen die Wüstentöchter bereits mit drei Häusern an, oder profitieren die Erfinderinnen vom Hausbau aller Mitspieler.
Für Abwechslung ist also schon mal gesorgt. Ich bin mir jedoch sicher, dass der Kosmos Verlag in den kommenden Jahrgängen noch die eine oder andere Erweiterung mit neuen Völkern herausbringen wird. Vielleicht nähert man sich damit auch noch etwas der Komplexität des Originalspiels an. Das Grundspiel bietet für sich alleine aber einen ausreichend hohen Wiederspielreiz.
"Terra Nova" wurde somit klug und umsichtig auf Kennerniveau getrimmt. Spielexperten werden damit sicher nicht angesprochen, sie sind aber auch nicht die anvisierte Zielgruppe. Ich selber spiele sehr gerne eine Partie "Terra Mystica", auch wenn ich mittlerweile den Nachfolger "Gaia Project" als das bessere Expertenspiel erachte. Ich muss allerdings zugeben, dass ich die kürzere Spieldauer und den flotteren Einstieg von "Terra Nova" schätze, weshalb es dieses in den letzten Monaten tatsächlich öfter auf meinen Spieltisch geschafft hat als das Original. Und das ist für sich bereits eine ausgezeichnete Referenz…
Franky Bayer
Bewertung: 4½ Schilde