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Knobelritters Spielearchiv - Tycoon

Art des Spiels: Positions- und Mehrheitenspiel
Spieleautoren:  Wolfgang Kramer& Horst-Rainer Rösner
Verlag:         Jumbo Spiele
Jahrgang:       1998
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 75 Minuten
Preis:          nicht mehr erhältlich

Was sind das bloß für Leute, die Spiele erfinden?

Auf den ersten Blick schauen sie ganz normal aus und gehen geregelten Berufen nach. Manche sind Zahntechniker, andere Pädagogen, wieder andere Maschinenbauingenieure, Geologen oder Mathematiker, und manche sogar Hoteliers. Aber in ihrer Freizeit tüfteln und basteln sie, denken sich raffinierte oder verblüffend einfache Spielmechanismen aus und feilen an ihren Ideen. Einige verbringen dabei fast mehr Zeit für ihr Hobby als für ihre Arbeit. Da man allerdings zumeist nicht reich werden kann als Spieleautor, bleibt das Spiele Ausdenken nur eine intensive Nebenbeschäftigung. Ein Mann jedoch hat es gewagt. Ein Schwabe aus Korntal hat im Jahre 1989 seinen Beruf (immerhin leitende Position bei Bosch) an den Nagel gehängt und widmet sich seitdem tatsächlich hauptberuflich dem Spiele Erfinden. Die Rede ist von Wolfgang Kramer. Ja, genau DER Wolfgang Kramer. Der mit "Heimlich & Co", "Auf Achse" und "El Grande" bereits dreimal die Auszeichnung "Spiel des Jahres" entgegengenommen hat. Ab und zu eine gute Idee zu haben und damit einen Riesenerfolg zu haben, kann man sich ja noch irgendwie vorstellen. Aber nun finanziell und existenziell von seinen Einfällen leben zu müssen, klingt schon sehr mutig. Was ist, wenn ihm mal nichts mehr einfällt?

Nun ja, noch ist es nicht so weit. Die Jahre 1997 und 1998 scheinen die momentan produktivste Zeit von Herrn Kramer zu sein, denn er präsentierte sowohl im Herbst in Essen als auch im Frühjahr in Nürnberg eine Vielzahl neuer Spiele. Unter seinen vielen Neuerscheinungen möchte ich nun "Tycoon" etwas näher beschreiben, und das nicht aus Willkür, sondern weil ich finde, dass "Tycoon" das eindeutig beste Spiel darunter ist.

Es gilt, Hotels und Fabriken in neun Weltstädten zu bauen. Bevor der werte Leser nun Vergleiche zu Monopoly anstellt, sei ihm versichert, dass hier gottlob völlig andere Spielmechanismen vorkommen. Ich persönlich finde die Bezeichnung "Hotels" nicht besonders glücklich. Niederlassungen oder Zweigstellen würden besser zum Spielethema passen.

Der Zweck der wirtschaftlichen Expansion ist es, an den drei Zahltagen das meiste Geld zu verdienen. Dies erreicht man auf drei verschiedene Arten: Verbreitung, Majorität und Fabriken. Bei der Verbreitung wird man dafür belohnt, in mehreren Städten Hotels gebaut zu haben. Je mehr Städte, desto mehr Geld gibt's. Erhält man beispielsweise gerade mal 5 Millionen, wenn man in drei Städten vertreten ist, so setzt bei weltumfassender Verbreitung (alle neuen Städte) eine wahre Geldflut mit 40 Millionen ein. Ganz im Gegensatz dazu steht die Gewinnausschüttung bei der Majorität. Jede Stadt wird einzeln abgerechnet, und die Besitzer der meisten und zweitmeisten Hotels in dieser Stadt erhalten Geld. Wie viel, das hängt davon ab, wie viele Hotels insgesamt dort schon gebaut wurden. Am höchsten sind die Prämien, wenn genau acht Hotels in einer Stadt stehen, danach sinken die Erträge wieder etwas.

Und auch die Besitzer von Fabriken erhalten dann noch Geld ausbezahlt, wobei auch hier die Anzahl der Hotels in der jeweiligen Stadt von Bedeutung ist. Als besonderen Anreiz erhalten zudem die Fabriken in den bestversorgten Metropolen (Städte mit den meisten Hotels) doppelte Prämien.

Jetzt ist es einmal wichtig, zu erklären, wie man überhaupt Hotels und Fabriken in Städten errichtet. Wie erwähnt gibt es 9 Städte, welche sich in quadratischer Anordnung in etwa an der richtigen geographischen Stelle auf dem Spielplan befinden: New York, Mexico City, Rio de Janeiro, Monaco, Kairo, Kapstadt, Tokio, Hong Kong und Sydney. Um in einer Metropole bauen zu können, muss man sich natürlich erst dorthin begeben, und das einzig wahre Fortbewegungsmittel für Industriemagnaten ist und bleibt das Flugzeug. Zwei Möglichkeiten stehen dem Manager zur Verfügung: der Linienflug, der es erlaubt von irgendeiner Stadt direkt in die auf dem Flugticket angeführte Stadt zu jetten. Oder der etwas billigere Charterflug, der dafür den Nachteil hat, dass er nur zwischen den beiden angegebenen Städten gültig ist. Da in einem Spielzug immer nur sechs Charterflüge und zwei Linienflüge zur Auswahl stehen, wollen Bauvorhaben also gut geplant sein.

Jede Stadt verfügt über zwei Flughäfen, zwei Fabrikgelände und 12 Bauplätze für die Hotels. Die Flughäfen bestimmen die Höhe der Baukosten für die Hotels. Ist nämlich der erste Flughafen besetzt (soll das heißen, dass seine Kapazität mit einem Flieger schon erfüllt ist?), dann muss man auf den zweiten Flughafen ausweichen, und dort sind die Kosten für Hotels um eine Million teurer. Für mehr als zwei Flugzeuge ist in einer Stadt kein Platz, die Konkurrenz muss draußenbleiben und warten, bis einer der Anwesenden wieder abreist. Auch zwischen den einzelnen Städten gibt es Unterschiede in den Baukosten. Während man in Sydney oder Kapstadt im günstigeren Fall ein Hotel bereits um geradezu mickrige 2 Millionen hinstellen kann, blättert man für Hotels in New York oder Monaco mindestens 4 Millionen hin. Dafür sind die Erfolgsprämien umso höher. Fabriken kosten in der Regel das Doppelte von Hotels. Da sich der Gewinn aus Fabriken nach der Anzahl der Hotels in einer Kapitale richtet, rechnet sich eine Fabrik jedoch erst im späteren Spielverlauf.

Das Spiel läuft eigentlich ganz einfach ab. Zu Beginn jeder Phase erhält jeder Spieler sechs Hotels. Wer an der Reihe ist, kann eine der drei folgenden Aktionen wählen: ein Hotel bauen, eine Fabrik bauen oder ein Darlehen aufnehmen. Die beiden ersten Aktionen wurden bereits beschrieben, vor dem Bauen darf ein Spieler noch beliebig oft fliegen, sofern er passende Flugtickets besitzt. Auch darf er vor oder nach dem Bauen beliebig viele der ausliegenden Tickets kaufen. Kann oder will ein Spieler jedoch nichts bauen, dann muss er zu seiner "Hausbank" zurückkehren (soll heißen: seinen Flieger vom Plan nehmen) und einen Kredit aufnehmen. Dass sich dies nicht immer vermeiden lässt, zeigt schon das bescheidene Anfangskapital von gerade mal 15 Millionen! Über vorübergehende Liquiditätsschwächen hilft da so ein Darlehen recht gut hinweg, mit dem zu erwartenden Nachteil: Der Rückzahlungsbetrag ist natürlich beträchtlich höher. Besonders wenn ein Kredit am Ende eines Zahltags mangels Bargeld verlängert werden muss, wachsen die Zinsen dafür in den Himmel. Von der "Hausbank" kommt man außerdem nur mit einem teuren Linienflug wieder ins Geschehen.

Hat ein Spieler schließlich alle vor ihm liegenden Hotels verbaut, endet die Phase und ein Zahltag wie bereits beschrieben, findet statt. Nach der dritten Phase (ein Spieler hat alle seine 18 Hotels verbraucht) und dem damit verbundenen dritten Zahltag, endet das Spiel, und - Sie werden es nicht für möglich halten! - der Spieler mit dem meisten Geld gewinnt!

Das sind alle Regeln, angenehm simpel also für ein Wirtschaftsspiel. "Tycoon" spielt sich auch sehr gut. Ein wenig Logistik à la "Auf Achse" (das Planen der Flugverbindungen) gepaart mit Mehrheitsfindung wie bei "Acquire", dazu noch etwas Mängelverwaltung, da man immer nur eine Aktion in seinem Spielzug hat, und man natürlich gerne viel mehr machen würde. Das ergibt eine sehr gelungene Mischung. Was mir bei "Tycoon" aber besonders gut gefällt, ist, dass man immer zwischen zwei entgegengesetzten Möglichkeiten abwägen muss. Die Majorität in ein oder mehreren Städten lässt sich nicht gleichzeitig mit einer globalen Expansion verwirklichen.

Ebenso bringt ein von Anfang an schnelles Errichten von Hotels in vielen Städten zwar im ersten Moment recht viel sein, aber durch einen wirklich genialen Mechanismus sind gerade die ersten Hotels in allen Städten später stark abbruchsgefährdet. Wird nämlich das 7. Hotel in einer Stadt (in New York oder Monaco erst beim 8.) errichtet, wird das erste Hotel in dieser Stadt renovierungsbedürftig und zählt nicht mehr mit. Ebenso wird beim Bauen des 10. und des 12. Hotels verfahren, da erwischt es die Hotels Nr. 2 bzw. Nr. 3. Dies rüttelt die Mehrheitsverhältnisse zum Teil gehörig durcheinander. Es gibt also keine richtige Garantie für die Majorität und genau das erzeugt Spannung. Das Renovieren der Gebäude kostet zwar in Folge nichts, verlangt aber wiederum die Anwesenheit in der Stadt und kostet daher wieder eine wertvolle Aktion.

Und zu guter Letzt steigt der Wert der Prämien und der Fabriken, je mehr Hotels in einer Stadt stehen, aber ab dem neunten Hotel geht's mit den Erträgen wieder bergab. Auch hier ist man manchmal in der Zwickmühle, denn mehr als 8 Hotels sind einerseits schlecht, andererseits aber eventuell notwendig für bessere Fabrikgewinne.

Alles in allem ist "Tycoon" ein Spiel mit vielen taktischen Möglichkeiten und Feinheiten, welches über die gesamte Spieldauer von ca. 75 Minuten die Spannung aufrechterhält. Wenn es Anlass zu Kritik gibt, dann lediglich für das Spielmaterial, insbesonders für die etwas lieblosen Figuren für Hotels (Plastikzylinder) und Fabriken (Plastikquader). Das sollte aber niemanden vom Kauf dieses wirklich sehr guten Spieles abhalten.

P.S.: Den Co-Autor sollte ich selbstverständlich nicht unerwähnt lassen. Es ist Horst-Rainer Rösner.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde