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Knobelritters Spielearchiv - Ad acta

Art des Spiels: Kartenspiel in sieben Akten
Autorin:        Andrea Meyer
Verlag:         Bewitched Spiele
Jahrgang:       2002
Spielerzahl:    für 2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          45 bis 60 Minuten
Preis:          ca. € 20,-

Wer hat sich nicht schon über irgendein Amt geärgert? Über endlos lange Wartezeiten, über unkompetente und bequeme Beamte, die einen von Pontius zu Pilatus und wieder retour schicken, über überhöhte und weit über der Inflationsrate steigende Gebühren ohne entsprechende Gegenleistung, über das - ach so - zuvorkommende Verhalten jener Personen, die rein aus unseren Steuereinnahmen entlohnt werden?

Halt, nicht drängeln... Nun gut, so ziemlich jeder also. Dabei ist das alles ja nur Klischee und jedwede Kritik vollkommen ungerechtfertigt. Wir Normalsterblichen können ja gar nicht ahnen, welche Strapazen unsere lieben, leidgeprüften Staats-, Landes- und Gemeindebediensteten alles auf sich nehmen, nur um uns Bürger zu dienen.

Aber nun haben wir die einmalige Gelegenheit, das Beamtenleben so richtig nachzuvollziehen. "Ad acta" heißt das Spiel, bei dem wir uns in Menschen vom Schlage eines Herrn Breitfuss - Ingenieur Breitfuss, wohlgemerkt - oder eines Herrn Weber versetzen können, um die schwierige Arbeit des Aktenherumschie.... 'tschuldigung: Aktenbearbeitens durchzuführen.

Jeder Spieler (die Spielregeln spricht von BeamtenanwärterInnen) übernimmt einen Schreibtisch eines bestimmten Amtes: Rathaus, Finanzamt, Arbeitsamt und Umweltamt stehen zur Auswahl. Jedes dieser Ämter hat sieben Projekte geplant, dessen Akte fertig bearbeitet und abgelegt werden sollte. Die Betonung liegt auf "sollte", denn wie nicht anders zu erwarten (der Amtsschimmel wiehert kräftig) muss jedes Projekt von mehreren Ämtern bewilligt werden. Daher landet auch jede Akte auf mehreren Schreibtischen, mindestens 2 Vermerke sind notwendig, die meisten Akten benötigen sogar Vermerke von drei verschiedenen Ämtern.

Schauen wir uns mal so ein typisches Projekt an: Das Arbeitsamt beantragt mit seiner Akte B den Bau eines neuen Arbeitsamtgebäudes. Dazu muss zuerst beim Umweltamt eine Ortsbegehung durchgeführt werden, anschließend im Rathaus die Budgetplanung erstellt werden. Erst wenn diese Akte B die Vermerke (passenderweise dargestellt durch angeheftete Büroklammern!) dieser beiden Ämter trägt, darf er erfolgreich abgelegt werden.

Es sind also insgesamt 28 Akten (selbst wenn nur 2 oder 3 Spieler mitmachen, kommen stets alle Ämter ins Spiel), welche sorgfältig gemischt und an die jeweiligen "Erstbearbeiter" verteilt werden. Dort werden sie, ohne ihre Reihenfolge zu ändern in den Eingangskorb des Schreibtisches gelegt, schön versetzt untereinander, so dass Farbe und Bezeichnung jeder Akte gut erkennbar sind.

So, nun aber an die Arbeit. Ganz im Gegensatz zur volkstümlichen Meinung wird in den Amtsstuben tatsächlich was getan. Eine Akte wird bearbeitet, in dem man sie vom Eingangskorb nimmt, sie mit einem Vermerk versieht (das heißt eine Büroklammer ansteckt) und sie zuoberst auf den Ausgangskorb des Schreibtisches legt. Ausdrücklich darf hierbei immer nur die oberste Akte des Eingangskorbs genommen werden, wo kämen wir auch hin, wenn dauernd auf dem Schreibtisch herumgewühlt und die schöne Ordnung durcheinandergebracht würde.

Im Spiel hat jeder Amtschef pro Spielrunde drei Aktionspunkte (AP) zur Verfügung. Einen AP kostet es, die oberste Akte im eigenen Eingangskorb zu bearbeiten. Ebenfalls 1 AP wird verbraucht, um die oberste Akte auf einem fremden Schreibtisch bearbeiten zu lassen. Dies nennt sich "Amtshilfe" und funktioniert - eigentlich vollkommen realitätsfremd - ohne jegliche Drohung, Schmiergeld, Bestechung oder Vitamin "B", ja der betroffene Amtschef darf so eine höfliche Bitte nicht einmal abschlagen. Sonstige Aktionsmöglichkeiten sind Bleistiftspitzen (1 AP), eine Art Ansparen von Aktionspunkten für spätere Verwendung, sowie das Ausspielen von sogenannten Maßnahmekarten (2 AP), auf die ich später zurückkomme.

Am Ende jeder Runde wird der Botenjunge, vom momentanen Startspieler geführt, aktiv. Reihum sammelt er die Akten aus den Ausgangskörben - wiederum ohne die Reihenfolge zu ändern! - ein und legt sie in seinen Botenwagen. Anschließend teilt er Stück für Stück von oben beginnend die Akten wieder an das nächste Amt aus. Wurde eine Akte bereits von allen zuständigen Bearbeitern abgezeichnet, kommt sie auf den nächsten freien Platz der zentralen Ablage. Danach wechselt der Stempel als Symbol für den Startspieler an den nächsten Spieler im Uhrzeigersinn.

Nun verrate ich das Geheimnis für den unerklärlichen Arbeitseifer in den verschiedenen Ämtern: Jedes fertig bearbeitete Projekt bringt Pluspunkte. Aber nicht alle gleich viel, es hängt vielmehr davon ab, in welches Fach der Ablage eine bestimmte Akte kommt. Einige Akten bringen mehr Punkte, wenn sie relativ rasch erledigt werden, bei anderen wiederum sollte man bis zum fünften oder gar sechsten (dem letztmöglichen) Fach zuwarten. Auf jedem Schreibtisch verrät eine Tabelle, wie viele Punkte jede Akte in jedem Fach einbrächte. Bis zu 7 Punkte sind beim optimalen Zeitpunkt machbar, mindestens aber 1 Punkt. Immerhin noch besser als wenn eine Akte nicht mehr rechtzeitig fertig wird und in den Reißwolf gelangt, denn das bringt sicher einen Minuspunkt.

Wer am Ende des Spiels die meisten Punkte mit all seinen sieben Akten zusammenbringt, wird befördert oder frühzeitig pensioniert bei vollem Gehalt oder erhält sonst welche Privilegien, was weiß ich. Auf jeden Fall gewinnt dieser Spieler das Spiel.

Ziemlich trockene Materie? Nein, im Gegenteil! "Ad acta" präsentiert sich zwar als Taktikspiel. Dass es jedoch nicht allzu linear und absehbar abläuft, dafür sorgen die "Maßnahmekarten". Jeder Spieler hat automatisch vier solcher Karten in seinem Besitz, die er einmalig für 2 AP einsetzen kann. Ein "Telefonanruf" hilft, eine Akte in einem Eingangskorb direkt zu bearbeiten, auch wenn sie weiter unten im Stapel liegt. "Per Sonderboten" kann eine Akte aus einem Ausgangskorb direkt zum nächsten Amt bzw. zur Ablage gebracht werden, ohne auf den Boten zu warten. "Durchzug" im Büro wirbelt die Akten eines beliebigen Eingangskorbs durcheinander, der Spieler am Zug kann den Stapel nach seinem Gutdünken neu sortieren. Und schließlich gibt es noch "Rücksprache", die eine Akte aus dem Ausgangskorb zurück in den Eingangskorb befördert. Fortgeschrittene "Ad acta"-Spieler können auch noch die 8 neutralen Maßnahmekarten verwenden, auf die ich hier aber nicht näher eingehe.

Obwohl keine Würfel verwendet werden, und auch sonst im Spielablauf kein Zufallsmoment vorkommt, kann man "Ad acta" nicht als lupenreines Taktikspiel bezeichnen. Was nützen einem die beste Taktik, die gefinkeltsten Züge, die ausgefeiltesten Manöver, wenn das Glück bei der Startverteilung nicht auf seiner Seite ist. Liegen die eigenen Akten auf allen Schreibtischen ziemlich weit oben, braucht man im Normalfall einfach weniger Aktionspunkte als jemand, dessen Akten überall ganz unten verstauben. Doch nicht nur dies wirkt sich aus, sondern auch die Reihenfolge, wohin die Akten als nächstes hinkommen. Da kann eine Akte zwar anfangs zu oberst liegen, aber durch viele neue Eingänge weit nach unten rutschen, andere auf den ersten Blick "verbaute" Akten können plötzlich nach oben wandern. In unseren Partien gab es zudem nach ein paar Runden ziemlich leere Schreibtische und welche, auf denen sich im Eingangskorb die Akten nur so türmten. Wie hoch der Einfluss der Ausgangssituation ist, lässt sich daher nicht wirklich sagen, aber es ist sicher so, dass die Spieler unterschiedlich viele AP zum Durchforsten ihrer Akten brauchen. Trotzdem betrachte ich das nicht unbedingt als Nachteil, denn durch die verschiedenen Maßnahmekarten lassen sich Ungerechtigkeiten - notfalls auch gemeinsam gegen den Führenden - über die gesamte Spieldauer doch ausgleichen.

Bei "Ad acta" bilden Thema, Spielmechanismus und das für einen Kleinverlag erstaunlich gute Spielmaterial meiner Meinung nach eine sehr gelungene Einheit. Es ist ein ganz und gar nicht trockenes Spiel mit viel Taktik und einer gehörigen Portion Interaktion, welches mit viel Augenzwinkern den Büroalltag persifliert. Mein Kompliment, Frau Meyer.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde