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Knobelritters Spielearchiv - Attika

Art des Spiels: Lege- und Entwicklungsspiel
Autor:          Marcel-André Casasola-Merkle
Verlag:         Hans im Glück
Jahrgang:       2003
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 60 Minuten
Preis:          ca. € 27,-

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Kritik (gr.-lat.-fr.) die; -, -en: 1. (wissenschaftliche, künstlerische) Beurteilung, Begutachtung, Bewertung. 2. Beanstandung, Tadel. 3. kritische Beurteilung, Besprechung einer künstlerischen Leistung, eines wissenschaftlichen, literarischen, künstlerischen Werkes (in einer Zeitung, im Rundfunk o.ä.)

So steht es in meinem Wörterbuch. In einem interessanten Artikel der Spielbox (4/1991) wird noch genauer dazu Stellung genommen. Kritik (so heißt es darin) macht die Meinung des Autors sichtbar, die er - im Falle von Spielekritiken - auf Grund seiner persönlichen Spielerfahrung und seiner eigenen Vorlieben gewonnen hat. Die Kompetenz eines Kritikers besteht darin, einen großen Überblick zu haben, Kriterien zu besitzen und sie anwenden zu können, sich auf der Basis sehr vielfältiger und reichhaltiger Spielerfahrung eine eigene Meinung zu bilden und sie begründet darstellen zu können. Dies beinhaltet auch den Mut zur Subjektivität. Kritik heißt wörtlich "sich entscheiden", für oder gegen etwas, aber immer ehrlich.

Warum diese große Ausschweifung in die Theorie? Es hat vielleicht ein wenig mit Feigheit zu tun. Ich neige dazu, bei schlechteren Spielen nicht allzu harsche Worte zu finden und mir selbst bei sehr guten Spielen ein kleines Hintertürl offen zu halten ("dies und das könnte noch verbessert werden..."). Nicht aber in diesem Fall. Ich stehe dazu, dass ich das folgende Spiel zu den besten Spielen der letzten Jahre halte und stelle es hiermit öffentlich auf meiner persönlichen Rangliste in dieselbe Reihe wie "Die Siedler von Catan" und "Puerto Rico", auch wenn ich damit alleine stehen sollte. Mir gefällt's, aus, basta!

Nachdem ich nun das Pferd von hinten aufgezäumt und die Bewertung gleich zu Beginn der Spielebeschreibung gestellt habe, muss ich wohl das Spiel beschreiben und damit meine Meinung begründen. Es handelt sich um "Attika" von Marcel-André Casasola-Merkle, welches bei Hans im Glück erschienen ist.

Bereits das Spielthema sagt mir sehr zu. Ich stehe auf Aufbauspiele, auf Spiele in denen man konstruktiv tätig ist. Im Falle von "Attika" übernimmt jeder Spieler einen Stadtstaat der griechischen Antike (Athen, Sparta, Theben und Korinth) und versucht, durch den Ausbau seiner anfangs kleinen Siedlung zu einer Metropole die Vorherrschaft auf der griechischen Halbinsel zu erringen.

Auch das Spielmaterial weiß - nach meinen persönlichen Geschmack - zu gefallen. Stabile Landschaftsteile - jeweils aus 6 Sechsecken bestehend - bilden einen von Spiel zu Spiel anderen Spielplan. Je nach Spielerzahl werden 4 bis 8 Teile (2 pro Spieler) nach einem bestimmten Muster ausgelegt. An die äußersten Ecken werden Heiligtümer gestellt, pro Spieler ein Tempel. Jeder Spieler erhält eine Ablagetafel eines Stadtstaates seiner Wahl und den dazugehörigen Satz aus 30 Gebäuden (davon je 6 Hauptgebäude), sowie ein paar Landschaftskarten vom gemischten Stapel. Die Amphoren aus Holz sowie die verbleibenden Landschaftsteile kommen erst später ins Spiel. Das Ganze ist grafisch sehr ansprechend, übersichtlich und schön gestaltet.

Das Spielziel ist klar definiert: Entweder als Erster alle 30 eigenen Gebäude auf dem Spielplan zu verbauen oder zwei beliebige Heiligtümer mit eigenen Gebäuden zu verbinden. Wie bringt man nun die Gebäude auf den Spielplan? Auf jedem Gebäudeplättchen sind die Baukosten genau angegeben. So benötigt man etwa für einen simplen Brunnen lediglich 1 x Wasser, für eine Festung aber bereits 3 x Berg und 1 x Hügel. Gibt man die erforderlichen Landschaftskarten ab, kann das Gebäude auf jedes unbesetzte Feld des Plans gesetzt werden. Insgesamt jedoch ein teures Vergnügen, wenn man bedenkt, dass ja 30 Gebäude zu errichten sind und man zu Beginn nur über wenige Landschaftskarten verfügt.

Zwei Regeln erlauben es jedoch, Baukosten zu sparen, ja zum Teil können sie sogar gänzlich entfallen. Zum Einen finden sich auf vielen Feldern des Spielplans dieselben Symbole wie auf den Karten: Wasser, Hügel, Berge und Wälder. Von den Grundkosten werden nämlich alle Landschaftssymbole abgezogen, die sich auf dem Bauplatz bzw. einem der direkt angrenzenden unbesetzten Felder befinden. Sind also genug Symbole in unmittelbarer Nachbarschaft, muss man selbst für teurere Gebäude nur wenig oder gar nichts entrichten. Zum Zweiten entfallen die Grundkosten komplett, wenn die "sinnvolle Baureihenfolge" eingehalten wird. Diese sinnvolle Bauweise wird durch Pfeile auf dem Ablageplan bestimmt. Hat man beispielsweise bereits einen Steinbruch errichtet, muss für die Festung keine einzige Karte bezahlt werden, vorausgesetzt sie wird auf ein direkt an den Steinbruch angrenzendes Feld gesetzt. Die 30 Gebäude sind in sieben thematische Gruppen eingeteilt, jede mit unterschiedlich vielen und auch unterschiedlich angeordneten Gebäuden.

Eine zusätzliche Regel sorgt dafür, dass man bestrebt ist, seine Plättchen eher aneinander zu legen. Wird nämlich ein Gebäude so gelegt, dass es an kein eigenes Gebäude grenzt, wird damit eine neue Siedlung errichtet. Dabei sind zusätzliche Siedlungskosten zu entrichten, und zwar eine beliebige Karte pro Siedlung, die man bereits auf dem Plan hat.

Nun wäre das Bauen an sich keine Hexerei, wenn alle eigenen Gebäudeplättchen jederzeit zur freien Entnahme stünden. Dem ist jedoch nicht, vielmehr befinden sie sich in vier verdeckten Gebäudestapeln. Wer an der Reihe ist, hat daher die Wahl zwischen zwei Aktionsmöglichkeiten: Entweder 2 x Gebäude aufdecken oder 3 x Bauen. Bei der Aktion "Aufdecken" deckt man das oberste Plättchen eines beliebigen Stapels auf. Das gezogene Gebäude kann man dann - wie oben beschrieben - direkt auf dem Spielplan unterbringen. Kann oder will man es nicht bauen, legt man es auf das entsprechende Feld seines Ablageplans ab. Mit der Aktion "Bauen" kann man schließlich bereits aufgedeckte Gebäude auf dem Ablageplan auf den Spielplan bringen. Man kann teilweise oder auch ganz auf das "Aufdecken" oder "Bauen" verzichten, für jedes nicht durchgeführte Aufdecken oder Bauen darf man eine Landschaftskarte nachziehen. Man darf übrigens niemals die Aktionen "Aufdecken" und "Bauen" in einem Zug vermischen.

Pro Spieler 2 Spielplanteile zu je 7 Feldern... Man braucht kein Mathematikgenie zu sein, um zu bemerken, dass man da unmöglich alle Gebäudeplättchen unterbringen kann. Tatsächlich kommen im Laufe des Spiels neue Spielplanteile hinzu. Jedes Mal wenn ein Spieler das letzte Plättchen eines seiner Gebäudestapel aufdeckt, nimmt er eines der verbleibenden Landschaftsteile und darf es an einer Stelle seiner Wahl anlegen.

Es gibt noch ein paar kleinere Regeldetails, welche für das Spielverständnis an dieser Stelle jedoch nicht erklärt werden müssen. Aus diesen im Prinzip einfachen und leicht verständlichen Regeln (vorbildhaft die Spielregel, die auf 4 Seiten keine Fragen offen lässt) entsteht ein sehr dynamischer Mechanismus mit einem ganz besonderen Dilemma-Effekt. Einerseits ist es kostensparender, zuerst viele Gebäude aufzudecken, um später besser die sinnvolle Baureihenfolge einhalten zu können. Andererseits sind dann vielleicht schon die besten Bauplätze auf dem Spielplan vergeben. Das richtige Timing spielt eine große Rolle. Überhaupt geht es bereits in den ersten Spielrunden zur Sache. Ständig muss man aufpassen, ob nicht ein Mitspieler die Möglichkeit hat, vorzeitig Heiligtümer miteinander zu verbinden. Die gegnerischen Plättchen beeinflussen stets die eigene Entwicklung. Dies sorgt für eine hohe Interaktion zwischen den Spielern. Der taktische Anspruch ist relativ groß. Der einzige Zufallsfaktor, das Aufdecken der Gebäudeplättchen, sorgt im Gegenzug für einen abwechslungsreichen und immer anderen Spielverlauf.

Für mich ist "Attika" somit eindeutig das beste Spiel des heurigen Spielejahrgangs, es ist mittlerweile sogar mein Lieblingsspiel geworden. Ich kann nur jedem empfehlen, es auszuprobieren. Wer dann noch anderer Meinung ist, dem ist nicht zu helfen...

Franky Bayer

Bewertung: 6 Schilde