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Knobelritters Spielearchiv - Cartagena

Art des Spiels: Laufspiel mit Karten
Spieleautor:    Leo Colovini
Verlag:         Winning Moves
Jahrgang:       2000
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 8 Jahren
Dauer:          30 bis 45 Minuten
Preis:          ca. € 15,-

Wo nehmen die Spieleautoren bloß ihre Ideen zu Spielethemen her?

Im mir vorliegenden Fall wird die "legendäre Flucht einer Handvoll Piraten im Jahre 1672 aus der berüchtigten Festung von Cartagena" nachgespielt. Schnell meinen Computer angeworfen und auf meiner recht nützlichen "Encarta Enzyklopädie" nachgeschaut. Aha, da steht's...

"Cartagena. In der Antike Carthago Nova, Hafenstadt in Spanien in der Provinz Muncia am Mittelmeer... bedeutendster Kriegshafen Spaniens... Sehenswert sind die Überreste der alten Stadtmauern und der Burg, die wahrscheinlich zu Zeiten der Karthager entstand."

Hafenstadt in Spanien? Zur Sicherheit noch in meinem Volksbrockhaus gestöbert. Und da ist noch ein zweites Cartagena vermerkt: "Hafenstadt in Kolumbien. Im Mittelalter größter spanischer Karibikhafen."

Ob in einem der beiden Cartagenas jedoch ein spektakulärer Gefangenenausbruch im 17. Jahrhundert stattgefunden hat, darüber finde ich leider nichts. Und selbst wenn, dann sind ernsthafte Zweifel darüber angebracht, dass "alten Quellen zufolge nicht lange danach in den Piratennestern der Karibik ein Spiel auftauchte, das dieses Ereignis zum Thema hatte und sich bald großer Beliebtheit erfreute."

Sei's wie's sei. Wühlen wir nicht näher darin herum, sondern widmen wir lieber unsere Aufmerksamkeit dem Spiel selber: "Cartagena" von Leo Colovini, erschienen bei Winning Moves. Am Auffälligsten in der quadratischen Schachtel - vom Format her ein wenig größer als die Zweipersonenspiele von Kosmos - sind die sechs Spielplan-Segmente aus Pappe. Alle zeigen auf Vorder- und Rückseite labyrinth-ähnliche Tunnelabschnitte. Zusammengesetzt ergeben sie einen langen, sich windenden Fluchttunnel, an dessen einen Ende jeder Spieler seine 6 Piraten (Pöppel) stellt. Am anderen Ende wartet eine Schaluppe (ebenfalls aus Pappe) auf die Entkommenen. Wichtig sind die sechs Symbole, die sich auf jedem Tunnelabschnitt in immer verschiedener Folge befinden. Diese Symbole (Totenkopf, Dreispitz, Dolch, Flasche, Schlüssel und Pistole) finden sich nämlich auch auf den knapp über 100 Karten.

Unsere spielerisch versierten Leser werden sich schon denken können, wie das Spiel funktioniert. Man spielt eine Karte und darf eine beliebige eigene Figur zum nächsten freien Feld mit gleichem Symbol ziehen. Dadurch, dass besetzte Felder einfach übersprungen werden, sind mitunter weite Wege möglich. Auch das Spielziel versteht sich von selbst: Alle seine Ausbrecher als erster auf die Schaluppe zu bringen.

Sechs Karten bekommt man zu Beginn ausgeteilt. Karten, die man einsetzt, kommen auf den Ablagestapel und es gibt kein automatisches Auffüllen der Kartenhand. Was kann man also tun, um wieder an Karten heranzukommen? Dazu braucht man die 2. Zugmöglichkeit: Einen beliebigen eigenen Pöppel zurückziehen zum nächsten besetzten Feld. Steht dort eine einzelne Figur - gleichgültig ob eigene oder fremde - bekommt man eine Karte vom Nachziehstapel. Sind es gar zwei Figuren, erhält man 2 Karten. Felder, auf denen bereits 3 Figuren stehen, werden dann allerdings übersprungen.

In seinem Zug kann man drei Pöppel bewegen. Welchen Pöppel man zieht, ob man ihn vorwärts oder zurück bewegt, welche Karte man verwendet, es gibt immer eine Vielzahl an Alternativen. Es ist ein genial einfacher Mechanismus, so einfach, dass man sich fragt, warum noch niemand vorher draufgekommen ist. Auf eine gut durchdachte und funktionierende Weise sind somit Bewegung und Kartennachschub miteinander verwoben.

Auf beschriebene Weise - wie sie laut Spielgeschichte auf Jamaika sehr verbreitet gewesen sein soll - gefällt "Cartagena" als kurzweiliges, unterhaltsames Spielchen, welches bereits ab 8 Jahren zu bewältigen ist und gerade mal eine halbe Stunde in Anspruch nimmt. Der Glücksfaktor ist dabei relativ hoch. Aber es gibt ja noch eine etwas andere - "Tortuga" genannte - Version. Hierbei wird einfach mit offenen Karten gespielt (auch der Nachziehstapel), ein Trick, der nicht das erste Mal angewendet wird, um die taktische Komponente eines Spiels zu erhöhen. Während man in der "Jamaica"-Version nur den Einsatz der eigenen Karten optimieren musste, sind nun auch die Möglichkeiten der Mitspieler zu berücksichtigen. Das erfordert wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Konzentration. Taktische Überlegungen treten anstelle von Lockerheit und Leichtigkeit, und vor allem: Die Spieldauer erhöht sich beträchtlich, insbesonders wenn einige Dauergrübler mitmachen. Für meinen Geschmack ist soviel Taktik schon ein bisschen zuviel des Guten, noch dazu da sich das Geschehen, bis man an der Reihe ist, bereits so viel geändert haben kann, dass jede noch so geniale Vorausplanung sinnlos ist. Trotzdem: Beide Varianten haben ihren eigenen Reiz, und jeder kann selbst wählen, welche Art er bevorzugt.

Zum Material: Die Piratenfiguren sind zwar nur ganz normale Pöppel, wie man sie auch von "Mensch ärgere Dich nicht!" kennt. Aber die Farbwahl und die grafische Gestaltung wissen zu gefallen. Es muss ja nicht jedes Spiel von Franz Vohwinkel oder Doris Matthäus gestaltet sein, eine Abwechslung tut einmal gut.

"Cartagena" ist kein Meisterwerk, bietet dafür aber gute Unterhaltung. Da ist es dann unwichtig, ob die Spielgeschichte stimmt oder nicht.

Franky Bayer

Bewertung: 3 Schilde (Jamaica-Version)

Bewertung: 3 Schilde (Tortuga-Version)