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Knobelritters Spielearchiv - Caylus

Art des Spiels: Aufbau- und Entwicklungsspiel
Spieleautor:    William Attia
Verlag:         Ystari Games
Jahrgang:       2005
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          75 bis 150 Minuten
Preis:          ca. € 35,-
Auszeichnung:   Jurypreis 2005 "Komplexes Spiel"

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Wenn man solange wie ich in der Spieleszene ist und über Spiele schreibt, erwartet man Neuerscheinungen mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist jede Lieferung wie eine Bescherung am Heiligen Abend: Vorfreude, Schachtel öffnen, schauen, was drin ist, sich am Material erfreuen, in ersten Testspielen die Qualität des Spiels ausloten, sich mit der Zeit ein Urteil bilden. Andererseits hat mich jahrelange Erfahrung gelehrt, dass die wirklich guten Spiele äußerst dünn gesät sind. Meist treffe ich auf Variationen von bekannten Spielmechanismen, ein Mehrheitenspiel hier, ein Legespiel da. So richtig Neues und Originelles ist selten darunter, und das ist dann doch ein bisserl enttäuschend.

Umso schöner, wenn man dann das Glück hat, auf ein außergewöhnliches Spiel zu stoßen, welches sich von der Masse der mittelmäßigen Spiele abhebt. Ein spielerisches Juwel mit dem gewissen Etwas, bei dem man gleich spürt, dass da etwas wirklich Gutes drinsteckt. Genau dieses Gefühl hatte ich mit dem Spiel "Caylus" des französischen Kleinverlags "Ystari Games". Wir Spieler schlüpfen darin in die Rollen von Baumeistern, die sich anschicken, König Philipp dem Schönen Ende des 13. Jahrhunderts im südfranzösischen Caylus ein Schloss zu errichten und gleichzeitig die Infrastruktur des Städtchens zu entwickeln.

So ganz alleine schaffen wir die viele Arbeit natürlich nicht, denn es gilt, Baumaterial und andere Rohstoffe herbeizuschaffen, für Nachschub an finanziellen Mitteln zu sorgen und vor allem Bautätigkeiten sowohl am Schloss als auch in der Stadt durchzuführen. Daher besteht auch unsere Hauptaufgabe in jeder Runde, unseren Arbeitern die verschiedensten Aktionen zuzuweisen. Wer an der Reihe ist, setzt dazu einen seiner Arbeiter auf ein freies Gebäude seiner Wahl bzw. ins Schloss, oder er passt und beteiligt sich nicht weiter am Einsetzen in dieser Runde. Für das Einsetzen eines Arbeiters ist eine bestimmte Anzahl an Denaren an die Bank zu entrichten, je mehr Spieler bereits gepasst haben, umso höher ist dieser Betrag. Nur bei eigenen Gebäuden ist stets nur 1 Denar an die Bank zu entrichten.

Die Gebäude sind das Um und Auf des Spiels. Die meisten Gebäude liefern die Rohstoffe für später benötigte Bauarbeiten, wie zum Beispiel das Sägewerk (liefert Holz) oder den Bauernhof (bringt entweder Nahrung oder Tuch). Auf Märkten und bei Hausierern können Rohstoffe für bare Münze gekauft bzw. verkauft werden. Andere Gebäude wiederum erlauben bestimmte Tätigkeiten. So können mit dem Zimmermann neue Holzgebäude errichtet werden, wozu allerdings gleichzeitig die dafür angegebenen Rohstoffe abgegeben werden müssen.

Die neuen Gebäude sind im Vergleich mit den anfangs bereits vorhandenen Gebäuden etwas vorteilhafter, so bekommt man bei den meisten Holzgebäuden bereits zwei Rohstoffe, die Steingebäude liefern sogar deren drei. Auch die Tauschkurse der Märkte sind deutlich günstiger. Der größte Unterschied zu den neutralen Gebäuden liegt aber darin, dass der Besitz eines neuen Gebäudes mit einem Häuschen des Erbauers gekennzeichnet wird. Neben den Siegpunkten, die es einmalig bei der Errichtung gibt, bekommt der Besitzer jedes Mal einen Siegpunkt, wenn ein anderer Spieler dieses Gebäude in Anspruch nimmt.

Alle verschiedenen Gebäude hier aufzulisten, würde nicht nur den Rahmen dieser Rezension sprengen, sondern auch den Leser langweilen. Trotzdem muss ich noch ein paar wichtige Gebäude erwähnen. Die Spezialgebäude zum Beispiel, die den Spielern bereits zu Beginn zur Verfügung stehen, und für einige Annehmlichkeiten sorgen, wie Nachschub an Denaren ("Kontor") oder Vorrücken in der Startreihenfolge ("Ställe"). Oder den "Notar", mit dessen Hilfe man ein - wegen des höheren Einkommens recht nützliches - Wohngebäude aufstellen darf. Die "Goldmine", in der kostbares Gold zu holen ist. Oder schließlich den "Architekten", mit dem erst die rohstoffintensiven, aber sehr siegpunktträchtigen "Prestigegebäude" (Statue, Universität, Theater, Kathedrale, usw.) ins Spiel kommen können.

Die Gebäude sorgen also für reichlich Abwechslung. Für den Anfänger ist es nicht leicht, die mannigfaltigen Möglichkeiten zu erkennen, obwohl recht logisch aufgebaute Piktogramme die wichtigsten Werte auf einen Blick übermitteln: Wie viele Rohstoffe für den Bau benötigt werden, wie viele Siegpunkte es dafür gibt, und welche Aktionsmöglichkeiten dieses Gebäude bietet.

Oder besser gesagt: Bieten könnte! Einen wesentlichen Spielmechanismus habe ich ja noch gar nicht erklärt. Es ist nämlich nicht so, dass jeder Arbeiter automatisch seine geplante Aktion durchführen kann. Vielmehr ist dafür das Einverständnis des Vogt, eines mächtigen Beamten notwendig. Er schreitet die Straße vom Schloss aus allmählich voran, und lediglich jene Gebäude, bis zu denen er gelangt ist, dürfen tatsächlich aktiviert werden, während Arbeiter, welche sich in weiter vom Schloss entfernten Gebäuden befinden, unverrichteter Dinge heimgehen müssen. Der Vogt ist jedoch bestechlich, und mit genügend Denaren, aber auch mit Hilfe des Spezialgebäudes "Händlergilde" kann der Vogt veranlasst werden, bis zu 3 Gebäude vor oder auch zurück zu gehen. Die später errichteten Gebäude sind zwar meist viel besser, bergen dafür aber ein größeres Risiko, wenn die neidvolle Konkurrenz den Vogt zu weit in die verkehrte Richtung schickt.

Eine zweite wichtige Persönlichkeit ist der Seneschall, der sich ebenfalls langsam vom Schloss weg bewegt. Im Gegensatz zum Vogt ist er unbestechlich, sondern zieht normalerweise bloß 1 Feld vor. Nur wenn sich der Vogt auf der Straße vor ihm befindet, rückt er gleich 2 Felder vor. Der Seneschall ist vor allem am Voranschreiten der Arbeiten am Schloss interessiert. Je nachdem, wo er sich gerade aufhält, wird am Schloss an den verschiedenen Abschnitten gebaut. Anfangs am Bergfried, wo jedes Bauelement stolze 5 Siegpunkte bringt. Später am Mauerwerk, bei dem es 4 Punkte pro Element gibt. Und schließlich an den Türmen, die noch 3 Punkte je Element wert sind. Jeder Arbeiter im Schloss kann gleich mehrere Elemente auf einmal errichten, für den Bau jedes einzelne Elements sind aber stets 3 verschiedene Rohstoffe nötig, von denen einer auf jeden Fall Nahrung sein muss. Der Seneschall zwingt nicht nur die Baumeister, immer schneller zu bauen, er treibt auch das Spielende unaufhaltsam voran, denn sobald er ein bestimmtes Feld erreicht, endet die Partie. Das Spiel ist ebenfalls sofort zu Ende, wenn das letzte verfügbare Turm-Element verbaut wurde.

Die beschriebenen Regeln - ich bin nicht sehr ins Detail gegangen - sorgen bereits für ein abwechslungsreiches Spiel, das gänzlich ohne Zufallselement auskommt. Auf welche Weise man zu Siegpunkten kommt , liegt einzig und allein bei den Spielern: Ob mit dem Bau von vielen Gebäuden, deren Nutzung von Mitspielern, der Errichtung von Prestigeobjekten oder der Konstruktion von Schlosselementen, oder gar mit dem Ansammeln von Gold (jeder Würfel "Gold" ist am Ende 3 Siegpunkte wert), vieles ist möglich. Eine sichere Gewinnstrategie habe ich bis jetzt noch nicht feststellen können, es kommt sehr darauf an, wie die Mitspieler agieren. Aufgrund dieser hohen Interaktion entwickelt sich auch jede Partie anders, was wiederum einen gesteigerten Wiederspielreiz garantiert.

Das Tüpfelchen auf dem "i" ist aber die Regelung der "Gunst des Königs", mit deren Hilfe sich die eigene Taktik noch "feinabstimmen" lässt. Wer das Spezialgebäude "Turnierplatz" benutzt, in einer Runde am meisten am Schloss gebaut hat, bei den verschiedenen Abrechnungen des Schlosses (Bergfried, Mauerwerk und Türme) eine bestimmte Anzahl an Schlossabschnitten gebaut hat oder gewisse Prestigegebäude errichtet, gewinnt die Gunst des Königs und darf auf einer eigenen Tabelle seinen Spielstein in einer von 4 Zeilen vorrücken. Auf diese Weise kann man entweder Prestigepunkte gewinnen, Denare kassieren, Rohstoffe erlangen oder gewisse Gebäude (jene, mit denen sich neue Gebäude bauen lassen) exklusiv nutzen. Die richtige Nutzung dieser zusätzlichen Möglichkeiten spielt eine wichtige Rolle.

Eine große Komplexität und eine lange Spieledauer (notorische Grübler können das Spiel auf deutlich mehr als die angegebene Spielzeit ausdehnen): Gelegenheitsspielern ist "Caylus" eher abzuraten. Wer aber auf solche Spiele - "Caylus" ist da am ehesten mit dem ebenfalls ausgezeichneten "Puerto Rico" zu vergleichen - steht, findet darin ein absolutes Spitzenspiel, bei dem die einzelnen Mechanismen perfekt aufeinander abgestimmt sind. Die Interaktion ist sehr hoch, alle Spieler sind stets am Geschehen beteiligt, weshalb die zwei Stunden wie im Flug vergehen. Vielspieler sollten sich "Caylus" auf keinen Fall entgehen lassen.

Ach, wenn man doch öfters beim anfangs erwähnten Schachtelauspacken auf so ein taktisches Meisterwerk treffen würde...

Franky Bayer

Bewertung: 6 Schilde