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Knobelritters Spielearchiv - Der Turmbau zu Babel

Art des Spiels: Mehrheiten- und Verhandlungsspiel
Spieleautor:    Reiner Knizia
Verlag:         Hans im Glück
Jahrgang:       2005
Spielerzahl:    3 bis 5 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          45 bis 60 Minuten
Preis:          ca. € 25,-

Wer hätte das gedacht?

Bereits in Antike gab es - schenkt man dem mir vorliegenden Spiel Glauben - für den Bau von öffentlichen Gebäuden eine Ausschreibungspflicht! Wenn es sich zudem noch um so monumentale Bauwerke handelte, wie die Pyramiden von Gizeh, den Koloss von Rhodos, die Zeusstatue von Olympia, die hängenden Gärten der Semiramis, dem Leuchtturm von Alexandria, das Mausoleum von Halikarnassos und den Artemis-Tempel (besser bekannt als die 7 Weltwunder) sowie den sagenhaften Turm zu Babel, welcher dem Spiel seinen Namen gibt, ist wohl klar, dass eine öffentliche Auftragsvergabe bitter nötig war. Man denke nur an den riesigen Materialaufwand, die jahrelange Bauzeit und eventuelle Kostenüberschreitung.

So ist es auch wenig verwunderlich, dass ein einzelner Baumeister kaum in der Lage ist, alleine die erforderlichen Mittel (Steinmetze, Schiffe, Kamele und Kräne) aufzubringen. Jedes Bauwerk wird in drei Bauabschnitten fertiggestellt, und jeder Bauabschnitt verlangt wiederum bestimmte Materialen bzw. Ressourcen, welche auf zufällig verteilten Bauscheiben angegeben sind. Die erforderlichen Werte (z.B. 4 Kamele) sind jedoch derart unrealistisch und niedrig, dass man hier sicher zur besseren Übersicht ein paar Nullen gestrichen hat.

Nun gut, sagen wir also mal, ein Baumeister beabsichtigt, den ersten Bauabschnitt des Artemis-Tempels zu machen und wählt eine der 3 Bauscheiben aus, beispielsweise eine, die 5 Schiffe erfordert. Um den Bau zu erfüllen, müssten insgesamt 5 Baukarten "Schiff" aufgebracht werden. Nachdem jeder Spieler zu Beginn gerade mal 4 Baukarten vom gemischtem Stapel erhält und nach jedem Zug im Normalfall nur 1 Karte nachgezogen wird, ist es möglich, wenn auch unwahrscheinlich, dass der Baumeister ohne fremde Hilfe auf die 5 Schiffe kommt. Zumeist wird der Baumeister daher auf Zusammenarbeit angewiesen sein und seine Mitbewerber bitten, sich zu beteiligen und dementsprechende Angebote zu machen.

Sobald alle ihre Angebote gewählt haben, werden diese aufgedeckt, und der Baumeister kann sich frei entscheiden, mit welchem oder welchen Konkurrenten er gemeinsam das Projekt durchführt. Jedes ausgewählte "Subunternehmen" - so nennt man das wohl heutzutage - beteiligt sich mit allen angebotenen Karten am Bau, eventuell fehlende Karten können vom Baumeister selber noch ergänzt werden. Jeder Spieler stellt dann als Zeichen, wie viel er zum Bau beigesteuert hat, für jede Karte einen kleinen Bauteil in Form eines Tempelchens seiner Farbe auf das entsprechende Bauwerk. Der Baumeister selbst erhält die entsprechende Bauscheibe.

Jeder Spieler verfügt aber auch über eine "Tauschkarte", die er einem Angebot hinzufügen kann. Damit bekundet er sein Interesse an der Bauscheibe, im Gegenzug "schenkt" er dem Baumeister seine eingesetzten Baukarten. Klar, dass der Baumeister nur einen einzigen Spieler mit Tauschkarte als "Subunternehmer" verpflichten kann, er darf dann für jede eigene sowie jede Karte dieses Spielers je einen Bauteil aufstellen.

Was haben nun Baumeister und Subunternehmen von ihrem Einsatz? Ich kann mir in unserer Zeit eigentlich nur 2 Gründe vorstellen, für die Firmen und Unternehmer überhaupt tätig werden: für schnöden Mammon oder Ruhm und Ehre. Vielleicht konnte sich Reiner Knizia nicht entscheiden, welche Währung wohl in der Antike angemessen gewesen wäre (obwohl Goldmünzen eigentlich immer passen), oder vielleicht wollte er es einfach bewusst abstrakt halten. Jedenfalls geht es bei "Der Turmbau zu Babel" schlicht um Siegpunkte. Sobald alle Bauscheiben einer Sorte vergeben sind, endet das Spiel, unabhängig davon, wie viele Monumente fertig gestellt wurden. Wer dann klarerweise die meisten Siegpunkte erreicht hat, gewinnt.

Siegpunkte gibt es zum Einen, sobald ein Weltwunder fertiggestellt wurde. Der Spieler, der sich die Mehrheit an Bauteilen daran gesichert hat, bekommt die höchste Punktezahl, der Spieler mit den zweitmeisten Bauteilen die Hälfte. Alle anderen Spieler, die noch mit mindestens einem Bauteil beteiligt sind, erhalten noch 3 Punkte. Je später ein Bauwerk vollendet wird, umso mehr Punkte sind damit zu erzielen. Während es beim ersten fertigen Weltwunder gerade mal 8 Punkte für den "besten" Baumeister gibt, sind es bei 7. Bauwerk schon stolze 20.

Auch die Bauscheiben spielen eine wichtige Rolle, sonst machten die "Tauschkarten" ja auch keinen Sinn. Je mehr Bauscheiben einer Art man besitzt, umso mehr Kompetenz beweist ein Baumeister in dieser Materie, umso mehr Punkte bringt das auch. So bringt eine einzelne Bauscheibe "Kamele" bei Spielende gar nichts, zwei "Kamele" sind 5 Siegpunkte wert und drei "Kamele" bereits 10 Siegpunkte. Maximal sind auf diese Weise 20 Siegpunkte (für 4 oder mehr gleiche Bauscheiben) zu erzielen.

Und noch eine dritte Möglichkeit gibt es, an Siegpunkte zu kommen. Kurioserweise erhält ein Spieler nämlich jedes Mal, wenn sein Angebot abgelehnt wurde, für jede angebotene Baukarte 1 Siegpunkt. Wahrscheinlich hat es damals schon - wie wir es in der Gegenwart allzu häufig vorfinden - Bauskandale gegeben, bei denen Baumeister, die bei öffentlichen Aufträgen nicht zum Zug gekommen sind, Klagen bei Gericht eingereicht haben. Die Siegpunkte könnte man daher als "außergerichtliche Entschädigungszahlungen" deuten, um langwierige und kostspielige Prozesse zu verhindern. Es soll Spieler geben, welche diese Regel exzessiv nutzen, indem sie bewusst hohe Angebote machen und Ablehnungen regelrecht provozieren. So kann man billig - also ohne Abgabe einer einzigen Baukarte! - zu Siegpunkten kommen. Und das selbst, wenn es mangels ausreichendem Baumaterial einmal zu keinem Bau gekommen sein sollte.

"Der Turmbau zu Babel" ist wieder so ein typisches Knizia-Spiel mit ineinander verschachtelten Wertungen und einem mathematischen Grundkonzept. Und doch besitzt es wieder was Neues, was Eigenes. Die verdeckten Angebote machen es sehr taktisch und höchst interaktiv, und man kann mit verschiedenen Strategien zum Erfolg kommen. Auch das Spielmaterial ist allererste Sahne, mich spricht vor allem die wunderschöne graphische Gestaltung in blauen und erdigen Tönen an. Mir ist das Spiel daher auch sogleich bei der Messe in Nürnberg ins Auge gesprungen.

Apropos Messe: Bei der Präsentation in Nürnberg fehlten noch die Aktionskarten, die ich aus gutem Grund noch nicht erwähnt habe. Wer als Baumeister ein Weltwunder vollendet und damit eine Wertung auslöst, bekommt eine Aktionskarte vom verdeckten Stapel. Diese können die verschiedensten Auswirkungen haben. Einige sorgen für Kartennachschub oder erlauben Kartentausch, andere bringen zusätzliche Siegpunkte, auch ein Doppelzug ist damit möglich. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Aktionskarten dem Spiel nachträglich zugefügt wurden, um verzögernden Taktiken bedingt durch die progressive Punktevergabe bei Wertungen entgegenzuwirken. Doch leider sind die Karten nicht gut ausgereift und die Stärken der Karten sind sehr unterschiedlich. Ein bisschen mehr Feinabstimmung wäre besser gewesen.

Im Großen und Ganzen aber ist "Der Turmbau zu Babel" ein gelungenes Spiel, welches sich mehr Beachtung im heurigen Spielejahrgang verdient hätte.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde