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Knobelritters Spielearchiv - Die Abenteuer des Robin Hood

Art des Spiels: kooperatives Kampagnenspiel
Spieleautor:    Michael Menzel
Verlag:         Kosmos Spiele
Jahrgang:       2021
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 60 Minuten
Preis:          ca. € 48,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spielexperten       (+)

Einleitung

Die Legende von Robin Hood gehört - wie auch die Arthus-Sage - zu den bekanntesten Erzählungen. Obwohl in den ältesten schriftlichen Quellen noch als gefährlicher Wegelagerer einfacherer Herkunft geschildert, wandelte sich die Figur später zum enteigneten angelsächsischen Adeligen und Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit.

Die Geschichte wurde ja schon unzählige Male geschrieben, verfilmt und "verspielt", sodass sich die Frage stellt, was ein kürzlich erschienenes Brettspiel mit dem Titel "Die Abenteuer des Robin Hood" wohl Neues zu bieten hätte. Lassen wir uns mal überraschen…

Spielbeschreibung

Wie nicht anders zu erwarten, zeigt der riesige Spielplan die Stadt Nottingham samt der Burg des Sheriffs, sowie den angrenzenden Sherwood Forest. Auffällig sind die vielen kleinen herausnehmbaren Felder, durch die sich Orte verändern und vor allem verschiedenste Personen auftauchen oder wieder verschwinden können.

Die Spieler übernehmen die Rollen von Robin Hood, Little John, Maid Marian und Will Scarlett und erhalten jeweils ihre dazugehörigen Spielfiguren, welche an ihren designierten Startplatz gestellt werden. Für jeden Spieler wird eine farblich passende Scheibe in den Stoffbeutel gegeben, dazu kommen noch eine weiße, eine graue, eine rote und eine violette Scheibe. Die beiden Letzteren stellen ihre Widersacher dar. Zusätzlich wird noch - je nach Szenario - eine bestimmte Anzahl an weißen und violetten Holzwürfeln in den Beutel gesteckt.

Der Stoffbeutel regelt auch die Spielerreihenfolge, denn nacheinander werden daraus zufällig Scheiben gefischt. Wird die Scheibe eines Spielers gezogen, hat dieser einen Spielzug. Zuerst führt der Spieler eine Bewegung aus, indem er beliebig viele seiner Spielfiguren (maximal 5) aneinander reiht. Schließlich kann er am erreichten Ort eine Aktion durchführen, indem er mit einem Element des Spielplans, das er mit seiner Figur berührt, interagiert.

Viele Gegenstände, Personen, Orte sind mit einem "?" versehen, was bedeutet, dass sie erkundet werden können. Dafür wird im Buch auf der entsprechende Seite nachgeschlagen und an der richtigen Stelle vorgelesen. Dies bringt meist wichtige Hinweise, die für die Bewältigung der Hauptaufgabe hilfreich sind. Andere Spielelemente - vor allem Wachen und Adelige - können überwältigt werden. Dazu müssen Holzwürfel aus dem Beutel gezogen werden. Nur wenn es dabei gelingt, die erforderliche Anzahl an weißen Holzwürfeln zu ziehen (meistens 1 Würfel, bei schwierigeren Gegnern können es auch mehr sein), konnte der Gegner erfolgreich besiegt werden.

Einige Scheiben hingegen bewirken, dass der Gegner aktiv wird ("dunkle Ereignisse"). Bei einer violetten Scheibe bewegt sich die Figur von Sir Guy von Gisbourne über den Spielplan, immer auf der Jagd nach dem ihm am nächsten Spieler. Eine rote Scheibe wiederum lässt die Hoffnung im Land sinken, einige Wachen und Adlige auftauchen bzw. wieder verschwinden, und lässt Wachen Spielfiguren gefangen nehmen, die gerade auf derselben Lichtung stehen. Vor allem aber bewirken rote Scheiben, dass die Zeit verrinnt, indem eine der anfangs auf den Plan vorbereiteten Sanduhren entfernt wird, und das Spielende somit näher rückt.

Gelingt es den Spielern rechtzeitig, die ihnen gestellte Aufgabe zu erledigen, haben sie gemeinsam gewonnen und können das nächste Kapitel der Geschichte in Angriff nehmen. Wurde allerdings vorher die letzte Sanduhr entfernt, sind sie gescheitert und müssen es nochmal versuchen.

Fazit

Und? Was bietet "Die Abenteuer des Robin Hood" nun Neues? Thematisch eher wenig. Es weicht in allen Kapiteln und Handlungsabläufen kaum von der uns heute bekannten Story ab. Nach wie vor werden die armen Dorfbewohner von der Obrigkeit ausgebeutet, werden reiche Adlige von den Geächteten ausgeraubt, und schmieden Prinz John und der Sheriff von Nottingham finstere Pläne. Das soll wohl so sein, trotzdem hätte man sich den einen oder anderen Twist, die eine oder andere überraschende Wendung gewünscht.

Dafür aber finden wir spielerisch erstaunlich viele Ideen vor. Michael Menzel übernimmt einige Mechanismen, einige Elemente aus anderen Spielen und kombiniert diese geschickt miteinander, sodass ein völlig neues Spielgefühl entsteht. Ich muss zugeben, ich bin beeindruckt. Sein Erstlingswerk "Die Legenden von Andor" war zwar nicht schlecht, ich war aber nie ein richtigen Anhänger dieses kooperativen Fantasy-Abenteuerspiels. Mit diesem Werk hingegen hat er bewiesen, welch guter Spieleautor in ihm steckt.

Zu den faszinierendsten Aspekten zählt für mich die Art und Weise, wie die Bewegung der Figuren gehandhabt wird. Der Spielplan weist keine Felder oder sonst irgendeine Einteilung auf. Will ein Spieler seine Figur bewegen, legt er nacheinander seine Bewegungs-Figuren an seine Standfigur an und bildet so eine Kette, an deren Ende er seine zweite Standfigur stellt. Dabei muss er nur darauf achten, dass er nicht über Bäume, Häuser, Personen, Felsen oder sonstiges ziehen darf. In dieser Hinsicht erinnert das Spiel ein wenig an "Table Top"-Games, welche eine ebenso große Aktionsfreiheit auf dem Spielplan erlauben.

Die maximale Zugweite sind somit etwa 13 cm auf dem Spielplan. Es ist manchmal jedoch sinnvoller, kürzere Strecken zurückzulegen, denn wenn man auf die Verwendung seiner langen Figur verzichtet (man nennt dies "Kräfte sparen"), darf man einen weißen Würfel in den Beutel werfen, was sich in späteren Situationen positiv auswirken kann.

Ein weiteres Element, das sich Menzel aus anderen Spielen entliehen hat, ist nämlich das sogenannte "Bag Building". In den Beutel kommt anfangs eine bestimmte Anzahl violetter und weißer Würfelchen. Im Zug von Guy von Gisbourne kommen weitere violette Würfelchen hinzu, während durch das Kräftesparen jeweils 1 weißer Würfel in den Beutel gelangt. Will man einen Gegner überwältigen, fischt man Würfel aus dem Beutel, und nur wenn man dabei auch einen weißen Würfel erwischt, gilt der Kampf als gewonnen. Einige hartnäckigere, stärkere Gegner können das Ziehen von mehr weißen Würfeln erfordern. Dies sorgt für interessante taktische Entscheidungen.

Der Stoffbeutel erfüllt übrigens noch eine andere Funktion. Er regelt nämlich die Spielerreihenfolge. Die Spieler sind also nicht reihum an der Reihe, sondern agieren dann, wenn die Scheibe ihrer Spielerfarbe aus dem Beutel gezogen werden. Zwar keine neue Idee, passt aber hier sehr gut ins Gesamtkonzept, und sorgt zudem für ein paar knifflige Situationen. Im Beutel befinden sich noch zwei besondere Scheiben. Bei der grauen Scheibe ist ein beliebiger Spieler an der Reihe, bei der weißen Scheibe wiederum dürfen alle Spieler in der Reihenfolge ihrer Wahl drankommen.

Immer wieder kommt es im Spiel vor, dass ein Spieler einen Gegenstand in Besitz nimmt, meist nachdem er einen Adligen erfolgreich überfallen konnte. Dies wird nicht durch Plättchen, Karten oder sonstiges angezeigt. Vielmehr legt der Spieler einen Holzwürfel in seiner Farbe auf die entsprechende Abbildung des Spielplans. Die Spieler haben daher bis auf ihre zur Bewegung notwendigen Figuren keinerlei Spielmaterial vor sich liegen, eine - wie ich finde - recht gelungene Reduktion auf das Wesentliche. Die Gegenstände selbst haben zum Teil recht starke Auswirkungen, so erlaubt etwa ein Goldbeutel einem Spieler einen Extrazug, andere können recht wirksam im Kampf eingesetzt werden.

Das Geschehen spielt sich somit nur auf dem Spielplan und im Buch ab. Letzteres ist überhaupt das wichtigste Instrument, um die Geschichte voranzutreiben. Alle relevanten Personen und Gegenstände auf dem Spielplan sind deshalb mit Nummern versehen. Will man also beispielsweise den Schmied befragen, muss nur auf der entsprechenden Seite des Buchs nachgeschlagen werden. In den meisten Fällen verändert sich das Gespräch je nach Kapitel, oft muss der aktive Spieler auch zwischen mehreren Möglichkeiten wählen.

Sicher, mit einer passenden App hätte man alles noch etwas variabler lösen, hätte sogar die Dialoge noch mit Sprache und Geräuschen versehen können. Den Charme eines Buchs, in dem man nachlesen und blättern kann, hier sogar in einer gediegenen Hardcover-Ausgabe, kann aber keine noch so gut programmierte digitale App ersetzen. Überhaupt betrachte ich die Umsetzung mit klassischem Brettspiel-Material, einem für diese Zwecke nahezu perfekt gestalteten Spielplan und Verzicht auf jegliche moderne Technik als das große Plus von "Die Abenteuer von Robin Hood".

Als kooperatives Abenteuerspiel liegt der Schwerpunkt natürlich auf der Geschichte, und wie man das Abenteuer gemeinsam bestehen kann. Taktisch sind die Möglichkeiten eher begrenzt, dennoch sollten sich die Spieler gut absprechen, wer sich wohin begibt, wer welche Aufgabe erledigen soll, schließlich gilt es, die limitierte Zeit für ein Kapitel zu berücksichtigen.

Auch beim spielerisch interessantesten Aspekt, dem Bagbuilding, welches natürlich einen hohen Glücksfaktor mit sich bringt, sollten die Aktionen der Spieler gut aufeinander abgestimmt werden. Das richtige Timing kann helfen, zum richtigen Zeitpunkt die Chance auf einen erfolgreichen Kampf zu erhöhen. Insgesamt besticht die dichte und immersive Atmosphäre, die Michael Menzel geschaffen hat, und welche die Spieler tief ins Geschehen eintauchen lässt.

Und wenn ich schon so voll des Lobes bin, muss ich unbedingt auch noch die fast schon geniale Art und Weise würdigen, wie die Spieler in den ersten beiden Kapiteln an das Spiel herangeführt werden. Ab dem 3. Kapitel sind dann wirklich alle Regeln komplett erklärt. Da es zwei Handlungsstränge gibt - ab dem 5. Kapitel müssen sich die Spieler für eine von zwei Möglichkeiten entscheiden -, lässt sich die vollständige Kampagne auch noch ein zweites Mal durchspielen. Und auch für weitere Partien wurde vorgesorgt.

Das Spielsystem ist aber so variabel, dass wohl bald schon neue Abenteuer erscheinen werden. Alles was man dazu benötigt, ist ein Buch, eventuell noch ein zusätzlicher Spielplan mit neuen Figuren und weiteren Elementen. Ich rechne fix mit ein paar Erweiterungen in den kommenden Jahren. "Die Abenteuer von Robin Hood" könnte damit für "Kosmos Spiele" eine langfristige Erfolgsgeschichte werden. Und wozu? Zu Recht!

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde