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Knobelritters Spielearchiv - Die Händler

Art des Spiels: taktisches Handels- und Versteigerungsspiel
Autoren:        Wolfgang Kramer & Richard Ulrich
Verlag:         Queen Games
Jahrgang:       1999
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          60 bis 90 Minuten
Preis:          ca. € 25,-

Transitverkehrsregelung, Euro-Einführung, Evaluierung, HACCP-Hygienebestimmungen, Markt-liberalisierung, etc., etc. ...

Wie ist die heutige Wirtschaftswelt doch kompliziert geworden! Wo sind die Zeiten geblieben, als man noch Waren möglichst günstig einkaufte, zu einem anderen Ort transportierte und dort zu möglichst guten Preisen verkaufte?

Wer sich in diese "guten alten Zeiten" zurücksehnt, findet in "Die Händler", einem Wirtschaftsspiel vom Erfolgsduo Wolfgang Kramer und Richard Ulrich, die Gelegenheit. Es entführt uns in das mittelalterliche Europa, wo zwei bis vier Spieler in die Rolle von Händlern schlüpfen können. Versetzen wir uns also in wehmütige Erinnerung an ein einfacheres Leben und schauen wir einmal, wie der medievale Handel laut Kramer & Ulrich damals so abgehalten wurde.

Eine Übersichtstafel, die den Ablauf einer Spielrunde in Kurzform schildert, gibt uns Aufschluss, dass es damals sechs Aktionsphasen gab, die hintereinander abgehandelt wurden. Es erscheint keineswegs verwunderlich, dass in der 1. Phase der Wareneinkauf im Mittelpunkt stand. Sechs verschiedene Waren, durch farbige Holzzylinder oder -quader dargestellt, gilt es zu handeln: Tuch, Eisen, Wein, Nahrung, Seide und Salz. Ich kann mir vorstellen, dass es noch mehr Waren gegeben haben muss, aber für das Spiel tun's diese sechs Waren auch. Der Reihe nach dürfen nun wir Spieler, pardon: Händler bis zu drei beliebige Waren einkaufen. Der Einkaufspreis ist für jede Ware auf einer Preistafel angegeben und liegt so zwischen100 und 400 Gulden, das Geld ist an die Bank zu entrichten. Die Waren platzieren wir dann in unser eigenes Warenhaus in einer der sechs Handelsmetropolen: Brügge, Köln, Wien, Genua, Genf und Paris. Zu beachten ist allerdings, dass in jeder Stadt nur drei Warenarten erzeugt werden, ergo nur solche Waren in einer Stadt gelagert werden können, die dort auch vorkommen.

Bevor es nun ans Transportieren der Waren zu einer anderen Stadt geht, müssen diese natürlich zuerst einmal auf einen Wagen verladen werden. Phase zwei lautet daher: Wagen ersteigern und beladen. Drei Karren in verschiedenen Städten sind in dem Spiel dafür vorgesehen. Doch einfach so draufladen spielt sich so nicht! Da müssen vorerst die Besitzverhältnisse geklärt werden, oder genauer gesagt: Für jeden Wagen wird durch eine verdeckte Versteigerung der Lademeister ermittelt. Hatten wir die meisten Gulden für einen Wagen in der Faust, zahlen wir das Geld an die Bank und haben nun das Recht, kostenlos drei gleiche Waren aus dem Lager der Stadt auf den entsprechenden Karren zu laden. Die anderen Händler schauen zwar nicht unbedingt durch die Finger, sie können maximal zwei Waren zuladen. Jedoch müssen sie nun mit uns den Zuladungspreis frei aushandeln, sind also schlussendlich der Entscheidung des Lademeisters ausgeliefert.

Sind alle drei Wagen vergeben und beladen, folgt nun endlich der Transport, oder wie es in unserem Spiel heißt: Wagen und Kurier bewegen. Grundsätzlich darf dabei jeder Wagen von jedem Händler entlang der Wege zwischen den Städten fortbewegt werden. Die Zugweite liegt zwischen einem und vier Feldern, wie jeder Spieler haben auch wir Plättchen mit den Werten 1 bis 4 vor uns liegen. Ein benütztes Plättchen wird umgedreht und steht uns für die nächste Runde nicht mehr zur Verfügung. Sind wir an der Reihe, entscheiden wir auch bei etwaigen Abzweigungen, in welche Richtung der Karren fahren soll. Da benachbarte Städte zwischen 7 und 8 Feldern voneinander entfernt liegen (die maximale Entfernung zweier Städte beträgt 10 Felder), erreichen zumeist ein oder zwei Karren pro Runde irgendeine Stadt. In dieser Phase wird auch der Kurier, eine hölzerne Reiterfigur, gezogen. Treffen auf einem Feld ein Wagen und der Kurier aufeinander, darf sich der Spieler, der am Zug ist, vom Stapel mit den Einflusskarten eine Karte ziehen.

Jetzt haben wir die Waren endlich dort, wo wir sie hinwollten (oder eben nicht...). Aber halt, noch wird nicht verkauft. Denn zwischendurch können sich ja die Preise für die einzelnen Waren verändert haben, so genau weiß man dies nicht! In der Phase 4 Preise ändern nimmt nun jeder Händler all seinen Einfluss zusammen, um die Preise von ein oder zwei Waren um eine Position nach oben zu ändern. Auf seiner Preisscheibe stellt jeder geheim die Zeiger auf eine oder zwei Waren ein (auch ein Passen ist möglich, aber wer will das schon?). Nach dem Aufdecken wird Spieler um Spieler für jeden Zeiger auf einer Warenart der entsprechende Warenstein auf der Preistafel um eine Zeile nach oben verschoben. So können die Verkaufspreise steigen, gleichzeitig aber auch die Einkaufspreise der Waren für die nächste Runde. Können, wohlgemerkt, denn wenn der Warenstein schon ganz oben angelangt ist, wandert er beim nächsten Mal wieder nach ganz unten in der Preistafel, und der Profit ist im Keller. Jedenfalls sind jetzt die Verkaufspreise festgelegt und wir können endlich:

Unsere Wagen-Ladungen verkaufen! Na hoffentlich sind die Verkaufspreise nun recht hoch. Ändern können wir es im Nachhinein sowieso nicht mehr, und die Ladungen aller Wägen, die eine Stadt erreicht haben, müssen nun mal verkauft werden, zum jetzigen Preis eben. Da kommt Freude auf, besonders, wenn die gelieferte Ware nicht in der betroffenen Stadt erzeugt wird, denn in diesem Fall gibt es noch einen Bonus, der umso heftiger ausfällt, je länger in dieser Stadt kein Händler mehr vorbeigeschaut hat. Den Geldbeutel prall gefüllt, müssen wir uns aber nun darum sorgen, dass wir innerhalb der Händlerzunft Karriere machen, und das machen wir in Phase 6:

Repräsentationsaufwand und sozialer Aufstieg. Vorerst einmal heißt es, seine Abgaben an die Zunft zu entrichten. Solange man noch ein bedeutungsloser Krämer ist, zahlt man nichts. Aber danach richtet sich die Höhe des Repräsentationsaufwandes nach der erreichten Position: 100 Gulden als Kaufmann, 200 als Gildemitglied bis hinauf zu unglaublichen 1600 Gulden als Ratsherr. Danach bemühen wir uns, in der Hierarchie aufzusteigen. Zwei Stufen können wir maximal in einer Runde emporklettern, je früher wir das machen, desto billiger ist es. Als Zeitmesser dient hier die Anzahl der Warenankünfte. Bewegen sich die Kosten des sozialen Aufstiegs anfangs gerade um die 1000 Gilden pro Stufe, wird's nach sechs, sieben Wagenankünften schon sehr, sehr teuer: 2000 Gulden und mehr!

Aber was soll's, das muss man bereits sein zu zahlen, denn schließlich wollen wir ja am Ende des Spiels als erfolgreichster Händler dastehen, also weiter oben als unsere Mitspieler stehen. Das Spiel endet schließlich nach einer festgelegten Anzahl von Wagenankünften, bei vier Spielern (optimale Spieleranzahl) nach 8 Ankünften, erfahrungsgemäß nach fünf oder sechs Runden.

Nun könnte man meinen, dass - ob der Fülle an Ideen - der Zugang zum Spiel recht schwierig ist (wir kennen das ja schon zur Genüge: stundenlanges Vorlesen in seitenlangen Spielregeln mit dauerndem Herumblättern). Aber mit einem Übersichtsblatt, wie man es sich besser nicht vorstellen kann, werden der Aufbau des Spiels und der Spielablauf in seinen groben Zügen recht anschaulich dargestellt. Das reichhaltige und sehr ansprechend gestaltete Spielmaterial sorgen dann dafür, dass man sich sofort in das Spielgeschehen stürzen möchte. Ein großer, von Joe Hartwig gezeichneter Spielplan, alle Plättchen und Kärtchen aus dickem Karton und viel, viel Holz (hervorzuheben sind die drei großen Holzkarren und eine große Holzfigur als "Kurier") rechtfertigen den Preis von cirka 60 DM.

Eine weitere Frage ist, ob die vielen verschiedenen Spielelemente überhaupt zusammenpassen. Dies kann ich ruhigen Gewissens mit einem klaren "Ja!" beantworten. Alle Mechanismen sind gut aufeinander abgestimmt, die Preise und Kosten stehen in einer vernünftigen Relation. Besonders beeindruckt hat mich die Ausgewogenheit der Ausstattungs- und Einflusskarten, die ich der Einfachheit halber noch nicht vorher erwähnt habe. Von den Ausstattungskarten erhält jeder Spieler zwei, die eine mit etwas stärkerem Einfluss, die andere etwas schwächer. Sie erlauben verschiedene Aktionen. So kann man mit der "Wagnerei" pro Runde einen Wagen um einen zusätzlichen Bewegungspunkt weiter ziehen. Das "Kontor" ermöglicht die Preisveränderung einer beliebigen Ware um eine Zeile nach oben oder unten. Der Besitzer der Karte "Günstiger Einkauf" kann für nur 100 Gulden drei beliebige Waren einkaufen, und so weiter. Selbst nach drei, vier Partien konnte ich bisher keinen unverhältnismäßigen Vorteil irgendeiner Ausstattungskarte feststellen.

Ist also alles eitel Wonne, Sonnenschein? Komischerweise nicht! Denn ob das Spiel einen spannenden Verlauf nimmt oder ob es bis zum Schluss ohne Höhepunkte bleibt, hängt viel von den Spielern und ihrem Verhalten ab. Wird zu kooperativ gespielt und kommen sich die Spieler untereinander nicht in die Quere, ist das Erreichen des höchsten Posten kein ernsthaftes Problem und es kommt leicht Langeweile auf. Aber wenn hingegen beinharter Konkurrenzkampf angesagt ist, wenn bei jeder Versteigerung "gereizt" wird und keine Gelegenheit ausgelassen wird, seinen Mitbewerbern eins auszuwischen - Ärgerpotential ist ja genug vorhanden! - , ja dann entwickelt sich ein Spiel, das alle Beteiligten fordern und bis zum Spielende fesseln kann. Ich selbst habe beide Extreme schon erlebt und von anderen Spielrunden ähnliches erfahren. Darum kann ich auch "Die Händler" trotz des exzellenten Spielmaterials, der vielen taktischen Möglichkeiten und der guten Abstimmung der einzelnen Spielelemente nicht uneingeschränkt empfehlen, sondern allen, die das Spiel probieren, ans Herz legen: Spielt aggressiv, der Spielreiz ist so viel größer!

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde