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Knobelritters Spielearchiv - Firenze

Art des Spiels: taktisches Bauspiel
Spieleautor:    Andreas Steding
Verlag:         Pegasus Spiele
Jahrgang:       2010
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          45 bis 90 Minuten
Preis:          ca. € 35,-

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Wie nennt man das noch schnell, wenn man das Gefühl hat, etwas schon mal gesehen oder erlebt zu haben? Déjà vu. Obwohl in diesem Fall die italienische Bezeichnung "Gia visto" treffender wäre, spielt sich das Geschehen des neuen "Pegasus"-Spiels "Firenze" doch in Florenz ab. Wie ich auf dieses Gefühl des Vertrauten, des bereits Bekannten komme? Nun, zum einen des Themas wegen, weil in letzter Zeit relativ viele Spiele erschienen sind, die in der italienischen Renaissance-Zeit handeln. Zum anderen aber auch wegen der Spielsteine, die ich schon aus dem Spiel "Patrizier" (Amigo Spiele) kenne. Dieses spielt übrigens in genau derselben Epoche, und dreimal dürfen Sie raten, um was es bei beiden Spielen geht. Richtig! Wir Spieler schlüpfen in die Rolle von Bauherren, welche für die einflussreichen Familien der Stadt die sogenannten "Geschlechtertürme" errichten, Statussymbole als Zeichen ihrer Macht.

Ein abgelutschtes Thema also, könnte man sagen. Doch wenn man "Firenze" ganz unvoreingenommen aus der Sicht eines Spielers betrachtet, verschwinden rasch alle möglichen Bedenken. Mir hat "Firenze" ausgesprochen gut gefallen, weil es einige sehr originelle Spielelemente aufweist, die zu einem stimmigen Spiel zusammengefügt wurden. Doch ich greife in meiner Begeisterung vor, ich sollte vielleicht doch das Spiel von Anfang an beschreiben.

Die Mitte des Spielplans zeigt sechs Türme in den Farben (von links nach rechts) weiß, gelb, grün, rot, blau und violett. Jeder Turm verfügt über sechs Etagen. Diese Darstellung der Türme ist zwar ästhetisch gelungen, aber gleichzeitig verwirrend. Es soll nämlich damit bloß angezeigt werden, dass es von jeder Farbe sechs Bauaufträge, also insgesamt 36 Aufträge gibt. Fünf beliebige Etagen werden zu Spielbeginn mit neutralen Siegel versehen, sodass tatsächlich nur 31 Türme zu bauen sind. Davon werden anfangs noch vier mit Balkonen hervorgehoben, Der Bau dieser besonderen Türme verspricht deutlich mehr Ruhm und Ansehen. Somit bietet sich den Baumeistern in jedem Spiel eine andere Ausgangssituation, wenn man so will die Nachfrage unter den florentinischen Patrizierfamilien.

Jeder erfolgreiche Turmbau bringt seinem Baumeister Punkte ein. Natürlich gibt es umso mehr Prestige, je höher ein Turm wird. Auffallend ist dabei aber auch, dass die Prestigepunkte auch umso höher ausfallen, je weiter rechts er sich am Spielplan befindet. So gibt es beispielsweise für einen weißen Turm bestehend aus 7 Etagen 6 Prestigepunkte, ein gleich hoher siebenstöckiger Turm in violett ist hingegen schon 10 Punkte wert. Dies liegt daran, dass violettes Baumaterial wesentlich knapper bemessen ist als weißes.

Nachdem jeder zu Beginn nur über einen kleinen Anfangsbestand von ein paar "billigen" weißen Bausteinen verfügt, muss es irgendeine Möglichkeit geben, an weiteres Baumaterial zu kommen. In der Tat liegen vor jedem Spielzug eines Spielers stets sechs Karten offen aus, auf denen mindestens 4 zufällig aus einem Stoffbeutel gezogene Bausteine liegen. Wer an der Reihe ist, darf zuerst eine Karte mitsamt den darauf liegenden Steinen an sich nehmen.

Das klingt nun nach einer sehr freien Auswahl, wird jedoch dadurch relativiert, dass nur die Steine auf der äußerst linken Karte kostenlos zu haben sind. Für Steine auf weiter rechts liegenden Karten müssen gewisse "Kartenkosten" entrichtet werden, und zwar je 1 Baustein aus dem eigenen Vorrat auf jede Karte, die sich links von der gewählten Karte befindet. Auf einzelnen, unbeliebten Karten können sich so im Laufe des Spiels ziemlich große Mengen an Bausteinen stapeln. Nach dem Nehmen der Karte rutschen alle Karten rechts davon nach. Auf den letzten Platz der Reihe wird dann eine neue Karte vom Stapel aufgedeckt und wieder mit vier Bausteinen aus dem Beutel bestückt.

Nach der Möglichkeit eines - eher teuren, aber manchmal notwendigen - Tausches (3 beliebige Steine des eigenen Lagers gegen 1 beliebigen Baustein der Kartenreihe), können dann Türme gebaut werden. Bis zu sechs Bausteine des eigenen Lagers können zum Bau eines oder mehrere Türme auf dem Bauplatz verwendet werden. Dabei dürfen sowohl neue begonnen als auch im Bau befindliche Türme erhöht werden, allerdings muss jeder Turm unbedingt einfarbig sein. 2 Bausteine pro Zug können kostenlos verbaut werden, für mehr müssen die Baukosten in Form von Bausteinen aus dem eigenen Lager entrichtet werden, zum Beispiel 3 Steine für 4 verbaute Steine. Die Bausteine erfüllen somit gleich zwei grundlegende Funktionen: Als Baumaterial und als Zahlungsmittel für Karten- und Baukosten.

Dass das Ganze nicht zu einem uneingeschränkten Bausteinsammeln und -verbauen wird, dafür hat Andreas Steding mit einer geschickten Regelung gesorgt. Türme, die zu Beginn eines Zuges schon im Bau waren und in diesem Zug nicht erhöht wurden, gelten nämlich als verwaiste Bauruinen und werden abgerissen. Die (aufgerundete) Hälfte der Bausteine eines abgerissenen Turms kommt zurück in den Beutel. Es gilt daher, seine Bauvorhaben genau zu planen und speziell darauf zu achten, auch für spätere Runden genug passendes Baumaterial zu haben.

Danach erst kann man eventuell einen oder mehrere Aufträge erfüllen. Für jeden Auftrag gilt, dass er laut Spielplan noch zur Verfügung stehen, und die Anzahl der Etagen exakt mit der Anzahl der Auftrags übereinstimmen muss. Dann deckt man den erfüllten Auftrag mit seinem eigenen Siegel ab, kassiert die darauf angegebenen Prestigepunkte und legt alle Steine des entsprechenden Turmes in den Beutel zurück. Zum Abschluss seines Spielzuges überprüft man das Lagerlimit (höchstens 10 Bausteine dürfen gelagert werden) und das Kartenlimit (man darf höchstens 5 Karten besitzen), überzählige Bausteine und Karten müssen abgegeben werden.

Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass ich noch gar nicht beschrieben habe, was es eigentlich mit den Karten auf sich hat. Sie dienen nämlich nicht nur als Ablagefläche für die Bausteine, sondern sind maßgeblich am Spiel beteiligt. Ein Symbol am linken oberen Rand gibt an, was mit der Karte geschieht. Ereigniskarten müssen in dem Moment ausgeführt werden, wann sie genommen wurden. Manche dieser zumeist negativen Karten betreffen nur den Spieler selbst, manche wirken sich auf alle Spieler aus. Personenkarten sind zumeist sehr hilfreiche Karten. Sie werden auf die Hand genommen und können zu einem beliebigen Zeitpunkt ausgespielt werden. Gebäudekarten werden sofort offen ausgelegt. Sie haben ebenfalls positive Auswirkungen für den Spieler, mit dem Unterschied, dass sie nicht nur einmal genutzt werden können, sondern dauerhaft wirksam sind.

Festkarten bringen am Spielende die darauf angegebenen Plus- oder Minuspunkte, dürfen jedoch auch bei Überschreiten des Kartenlimits auf keinen Fall abgelegt werden. Und schließlich sind da noch die Kirchenkarten, die offen auf die "Kirchenfelder" des Spielplans gelegt werden. Dort stellen sie so eine Art öffentliche Auftrag dar, so lange, bis ihr Effekt erfüllt ist.

Diese Aktionskarten sind das Salz in der Suppe, der wahre Geniestreich von "Maître" Steding. Die Kombination aus Aktionskarte plus darauf liegender Bausteine ergibt eine sich ständig ändernde Angebotsreihe. Der Glücksanteil hält sich dabei in Grenzen, da die Karten ja allmählich ins Spiel kommen, sodass man stets offen sieht, was auf einen zukommt. Die Optionen der Mitspieler sollte man dabei nie außer Acht lassen, um keine unliebsamen Überraschungen zu erleben, denn einige der Ereigniskarten können ganz schön gemein sein.

Sobald ein Spieler alle seine Siegel eingesetzt hat, erhält er das Spielendeplättchen, das ihm noch 5 Prestigepunkte einbringt. Die anderen Spieler sind dann noch genau einmal dran, dann wird abgerechnet. Jeder Baumeister bekommt noch die Prestigepunkte seiner Festkarten gutgeschrieben bzw. abgezogen, außerdem gibt es in jeder Turmfarbe noch einen Mehrheitsbonus für die Spieler mit den jeweils meisten Aufträgen dieser Farbe. Wer am Ende die meisten Prestigepunkte besitzt, gewinnt das Spiel.

"Firenze" gefällt mir, wie bereits erwähnt, ausgesprochen gut. Sicher, einige der Spielelemente sind bereits hinlänglich bekannt, aber ihre Kombination ist äußerst gelungen. Meiner Meinung nach ist die Verknüpfung Bausteine plus Karten sogar perfekt. Es verwundert nicht, dass das Spiel beim Hippodice Autorenwettbewerb 2008 (unter dem Titel "Die Architekten von Florenz") den 2. Platz belegen konnte. Nimmt man die wunderschöne grafische Gestaltung (Michael Menzel!) dazu, kann man "Firenze" für Liebhaber taktisch-strategischer Bauspiele wirklich nur wärmstens empfehlen.

So gesehen ist das Déjà-Vu-Erlebnis nur oberflächlich. Das Spiel besitzt genug originelle und eigenständige Ideen. Ich lasse mich gerne wieder ins Florenz zur Zeit der Renaissance versetzen...

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde