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Knobelritters Spielearchiv - Ganymede

Art des Spiels: Logistikspiel
Spieleautor:    Hope S. Hwang
Verlag:         Sorry we're French!
Jahrgang:       2019
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 14 Jahren (?)
Dauer:          20 bis 40 Minuten
Preis:          € 34,90

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spielexperten       (+)

Einleitung

Angenommen, also rein hypothetisch, wir müssten in hoffentlich noch ferner Zukunft mal unseren schönen blauen Planeten evakuieren, sei es wegen atomarer Verstrahlung, Nahrungsarmut oder anderen unwirtlichen Bedingungen, die einen terranen Weiterverbleib unmöglich machen, dann wäre dies mit Sicherheit eine logistische Herausforderung, ein administratives Abenteuer! Natürlich würden sich private Gesellschaften und Konzerne das zu erwartende Megageschäft wegen der Aussicht auf satte Riesengewinne nicht entgehen lassen, eine Entwicklung, die man jetzt schon an einigen privaten Raumfahrtsprogrammen (z. B. "X-Space") erkennen kann.

Genau darum geht es in "Ganymede", bei dem wir als für Raumfahrt spezialisierte Corporation die lange Reise zu entfernten Planeten zu organisieren haben. Nur wer diese Aufgabe - das Rekrutieren von Siedlern, deren Transport in Shuttles zum Mars und weiter zu Ganymed, und schließlich der Take-off von Siedlerschiffen zu geeigneten Planeten der Galaxie - am besten zu meistern imstande ist, wird schlussendlich den Zuschlag bekommen.

Spielbeschreibung

Wie viel Arbeit vor uns liegt, sieht man allein schon an der mehr als dürftigen Ausgangssituation. Wir fangen nämlich fast bei "null" an: Noch kein einziger Siedler rekrutiert, auch noch niemanden auf den Mars, geschweige denn auf Ganymed gebracht. Zwar warten auf dem Jupitermond, immerhin der größte Mond unseres Sonnensystems, bereits 2 unserer Siedlerschiffe, aber diese müssen erst ausreichend bemannt werden, bevor sie losfliegen können. Na, dann lasst uns mal fleißig in die Hände spucken und die Sache angehen!

Wenn wir an der Reihe sind, führen wir genau eine Aktion aus. Dabei stehen uns drei verschiedene Aktionsmöglichkeiten zur Auswahl:

  1. Wir können neue Siedler rekrutieren.
  2. Dazu wählen wir eines von vier Siedlerplättchen aus der offenen Auslage und legen es oberhalb unseres Spielertableaus auf einer der drei dafür vorgesehenen Felder ab. Dann dürfen wir so viele Siedler der angegebenen Farbe auf unsere Erde stellen, wie wir momentan Plättchen des gewählten Symbols an unserem Tableau anliegen haben.

  3. Wir benutzen ein Shuttle, um Siedler zu transportieren.

    Es gibt zwei Arten von Shuttles, die jeweils vier Mal in der Auslage vorkommen. Mit Erdenshuttles (Karten mit blauer Rückseite) können wir Siedler von der Erde auf den Mars bringen, während Marsshuttles (rote Rückseite) für den Transport vom Mars zur Startrampe der Siedlerschiffe auf Ganymed verwendet werden. In beiden Fällen gilt jedoch die Voraussetzung, dass sich die auf der gewählten Shuttle-Karte angegebenen Siedlerfiguren tatsächlich auf dem jeweiligen Startort befinden. Die Karte legen wir dann unterhalb unserer Spielertafel an die Spalte mit dem übereinstimmenden Symbol an. Danach dürfen wir den auf der Karte angeführten Effekt so oft nutzen, wie sich insgesamt Karten in dieser Spalte befinden.

  4. Wir werfen Siedlerplättchen ab, um Basisaktionen zu nutzen.
  5. Je nachdem, wie viele Plättchen wir von unserem Tableau ablegen, dürfen wir entsprechend viele Bonusaktionen nutzen. Folgende Aktionen stehen uns dabei zur Verfügung: Einen beliebigen Siedler rekrutieren und auf die Erde platzieren, eine Siedlerfigur gegen eine andersfarbige Figur austauschen, einen beliebigen Siedler von der Erde zum Mars oder von dort nach Ganymed bewegen, ein neues Siedlerschiff ziehen, oder unseren Marker auf der Reputationsleiste um ein Feld weiterschieben.

Unsere Siedlerschiffe auf den beiden Startrampen benötigen übrigens unterschiedliche Besatzungen. Während das eine mit drei Siedlern derselben Qualifikation bemannt werden muss, benötigt das andere unbedingt einen Siedler jeder Farbe, um abfliegen zu können. Ein Take-Off bringt uns dann neben den angegebenen Punkten meist auch noch einen zusätzlichen Effekt. Auf jeden Fall dürfen wir anschließend ein neues Siedlerschiff auf die Hand nehmen und eines aus der Hand auf den frei gewordenen Platz im Hangar legen.

Sobald eine Korporation ihr viertes Schiff losgeschickt hat, endet das Spiel. Um zu ermitteln, wer von uns schlussendlich den milliardenschweren Zuschlag für die Evakuierung der gesamten Erdbevölkerung erhält, berechnen wir Punkte. Jedes entsandte Schiff bringt die angegebenen Punkte, nicht komplettierte Schiffe noch 1 Punkt je darauf platzierten Siedler. Dazu kommen noch die erreichten Punkte auf der Reputationsleiste. Erzielen wir derart die meisten Gesamtpunkte, konnten wir den lukrativen Auftrag für unsere Korporation an Land ziehen.

Fazit

Wenn ich in der Einleitung von "logistischer Herausforderung" schreibe, dann trifft dies den Kern des Spiels eigentlich ganz gut. "Ganymede" ist im Prinzip ein Wettrennen, bei dem man seine Aktionen so effektiv wie möglich plant und durchführt, um als erster vier Schiffe mit passenden Figuren zu bestücken. Man könnte das Spiel daher am ehesten mit dem ebenfalls sehr Logistik-affinen "Splendor" (Space Cowboys, immerhin nominiert zum "Spiel des Jahres 2014") vergleichen.

Nachdem jeder Spieler über sein eigenes Spielertableau verfügt und dort relativ ungestört seine Figuren lagert und bewegt, gibt es wenig Interaktion. Sie beschränkt sich auf das gelegentliche Wegschnappen passender Shuttles aus der offenen Auslage, manchmal kann auch die bewusste Knappheit der Figuren geringe Auswirkungen auf die Mitspieler haben. Ansonsten werkt jeder Spieler für sich und versucht, seine Aktionen bestmöglich zu koordinieren.

Dazu gehört vor allem das Ausnutzen der Effekte der Karten. Es ist überaus vorteilhaft, mehrere Shuttle-Karten mit demselben Symbol zu sammeln, da dann der Effekt der zuletzt gespielten Karte öfters zum Tragen kommt. Geschickt eingesetzt kann man sich auf diese Weise ein paar Aktionen sparen und somit schneller ans Ziel kommen. Allerdings müssen bei alldem auch die limitierten Aufnahmekapazitäten an Figuren auf den Spielertableaus - maximal 6 Figuren auf der Erde, höchstens 5 Figuren auf dem Mars - berücksichtigt werden, notfalls müssen überzählige Siedler einfach abgeworfen werden ("lost in space!").

Die Farben der Siedler entsprechen übrigens - laut Anleitung - bestimmten Spezialisierungen. So "arbeiten" blaue Siedler in Marketing und Kommunikation, weshalb sie die Rekrutierung neuer Siedler erleichtern. Rote Siedler sind erfahrene Manager, welche Siedler besser an die Bedürfnisse der Korporation anpassen (= Farbe umändern) können. Gelbe Siedler wiederum stellen Ingenieure dar, welche schnelleres Reisen (= Bewegung) ermöglichen. Violette Siedler schließlich sind im sozialen und medizinischen Sektor tätig und daher nützlich, die Reputation einer Korporation zu steigern. Zwar kommen bei jeder Siedlerfarbe alle verschiedenen Effekte vor, aber in der genannten Spezialisierung doch noch etwas häufiger, was man in seine taktischen Überlegungen unbedingt berücksichtigen sollte.

Aber auch die Siedlerschiffe weisen unterschiedliche Fähigkeiten auf. Einige bringen neben fixen Punkte einen Effekt, der einmalig bei Fertigstellung wirksam wird (z. B. zwei Bewegungsaktionen). Andere haben einen variablen Punktewert, der von der Auslage des eigenen Spielertableaus am Ende des Spiels abhängt. So können beispielsweise Schiffe 2 Punkte je Siedlerplättchen, 2 Punkte pro Shuttle einer bestimmten Farbe bringen, oder 6 Siegpunkte, wenn man von jeder der fünf verschiedenen Shuttle-Farben mindestens eine Karte besitzt.

Letzteres wirkt genauso gut der konzentrierten (und gleichermaßen effektiven) Farbenspezialisierung entgegen wie folgende Sonderregel: Man darf sofort ein Schiff - selbst wenn es noch nicht ausreichend Siedler aufgenommen hat, vielleicht sogar noch komplett leer sein sollte- losschicken, sobald man von jeder Farbe eine Shuttle-Karte ausspielen konnte. Dasselbe passiert übrigens ebenfalls, wenn man das letzte Feld der Reputationsleiste erreicht. Diese beiden Regelpassagen bewirken, dass ein Spieler überraschend schnell sein viertes Schiff entsenden und seine Mitspieler damit überrumpeln kann. Erfahrene Spieler hingegen kalkulieren diese Option - sowohl für sich selbst als auch für ihre Konkurrenten - in ihre Taktik mit ein.

Alles in allem bietet "Ganymede" für die relativ kurze Spieldauer (auch in Maximalbesetzung höchstens 40 Minuten) ausreichend taktische Möglichkeiten und Entscheidungsfreiheit. Ein raffiniertes Spiel, das man gerne immer wieder auspackt und sich einmal mehr als Shuttle-Koordinator und Evakuierungsexperte versucht. Und mit den Beraterplättchen aus der Erweiterung "Ganymede: Moon", welche Kollege Roland Winner bereits rezensiert hat, bleibt das Spiel auch auf längere Zeit interessant.

Franky Bayer

Bewertung 4½ Schilde