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Knobelritters Spielearchiv - Ginkgopolis

Art des Spiels: Bauspiel
Spieleautor:    Xavier Georges
Verlag:         Pearl Games
Vertrieb:       Asmodée
Jahrgang:       2012
Spielerzahl:    1 bis 5 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          45 bis 90 Minuten
Preis:          ca. € 39,-

Zielgruppe:     Spielexperten ++

"Häääh?!"

Das war so in etwa meine Reaktion beim ersten Durchlesen der Spielregel von "Ginkgopolis". Beim zweiten Mal war es noch immer ein nicht minder erstauntes "Wie bitte?!". Das liegt aber nicht daran, dass es sich dabei um ein so kompliziertes, vielschichtiges, hochkomplexes Spiel handelt. Vielmehr sind der etwas ungewöhnliche Spielmechanismus in Verbindung mit der Verwendung seltsamer Terminologien schuld, dass ich mir auch beim dritten Studium des Regelheftes noch absolut nicht vorstellen konnte, wie das Spiel funktioniert. Da ich nicht will, dass es meinen Lesern ähnlich ergeht, halte ich es deshalb für sinnvoll, wenn ich die verwendeten Ausdrücke in für uns Spieler gebräuchlichere Begriffe umwandle.

Wir befinden uns im Jahr 2212. Anders als wir es von Science Fiction-Filmen kennen, setzt die Menschheit nicht auf Megacities, grenzenlosen Wachstum und Technologie-Wahn, sondern - bedingt durch die Verknappung der natürlichen Rohstoffe der Erde - auf eine naturnahe Art der Bebauung, um das empfindliche Gleichgewicht zwischen produzierten und verbrauchten Ressourcen nicht zu gefährden. Mit diesen 5 einleitenden Zeilen belassen wir es aber mit der Hintergrundgeschichte, denn im Wesen haben wir es bei "Ginkgopolis" mit einem Bauspiel zu tun.

Das Geschehen wird mit Karten gesteuert. Da gibt es erstens die "Urbanisierung-Karten", mit denen das anfangs nur aus 3 x 3 Gebäudeplättchen bestehende Dörfchen um neue Landstücke ausgedehnt werden kann. Zweitens finden wir Gebäude-Karten, die hauptsächlich dazu dienen, in die Höhe zu bauen. Die Farbe einer Gebäudekarte zeigt auf den ersten Blick, um welche Gebäudeart es sich handelt. So bringen die roten Produktionsgebäude neue Spielsteine, die blauen Arbeitsgebäude neue Plättchen, und die gelben Gebäude einfach nur Siegpunkte. Von jeder Farbe gibt es übrigens 20 Karten, von 1 bis 20 durchnummeriert.

Durch das Ausspielen von Karten ergeben sich drei verschiedene Aktionsmöglichkeiten. Spielt man eine Karte allein aus - die Spielregel nennt dies "Planen" -, nimmt man sich aus dem Vorrat je nach ausgespielter Karte Spielsteine, Plättchen oder Siegpunkt-Plättchen. Dies kann besonders bei Gebäudekarten recht lukrativ sein, denn dabei richtet sich die Anzahl der "Einnahmen" an der Höhe des entsprechenden Gebäudes.

Wer hingegen eine Urbanisierungs-Karte gemeinsam mit einem Plättchen ausspielt, erweitert die Stadt durch das Hinzufügen dieses neuen Gebäudes am Stadtrand ("Urbanisierung"). Der Buchstabe auf der Karte gibt an, wo genau das neue Gebäude hinkommt. Der Spieler rückt den entsprechenden Marker an den Stadtrand hinaus, stellt einen eigenen Spielstein sowie einen der neutralen Baustellenmarker auf das neue Gebäude und erhält als Belohnung sofort die Einnahmen der daran grenzenden bereits bestehenden Gebäude.

Die dritte mögliche Aktion ist das "Hochbauen", bei dem eine Gebäudekarte gemeinsam mit einem Gebäude-Plättchen ausgespielt wird. Die Gebäudekarte bestimmt das bestehende Gebäude, auf welches das neue Plättchen platziert wird. Die Spielsteine auf dem alten Gebäude werden ihrem Besitzer zurückgegeben, danach stellt der Spieler einen Baustellenmarker und so viele eigene Spielsteine auf das neue Gebäude, wie es seiner Höhe entspricht. Die Regeln für das Überbauen sind relativ leger, man muss lediglich ein paar Extrakosten in Kauf nehmen, wenn man die Farbe des Gebäudes wechselt (einen zusätzlichen Spielstein abgeben) oder die Nummer des neuen Gebäudes niedriger ist als die des bestehenden (die Differenz in Siegpunkten entrichten).

Der Spielablauf ist ebenfalls etwas gewöhnungsbedürftig, aber wer schon mal "7 Wonders" gespielt hat, kennt so in etwa die Vorgehensweise. Jeder Spieler wählt aus seinen 4 Handkarten eine aus, die er - eventuell zusammen mit einem Gebäudeplättchen - hinter seinen Sichtschirm legt. Reihum führen dann alle ihre gewählte Aktion aus, danach werden die verbliebenen Karten an den linken Nachbarn weitergereicht. Bevor die nächste Runde beginnt, zieht jeder Spieler noch eine neue Karte vom Nachziehstapel nach.

Bei "Ginkgopolis" ergibt dies einen eigenartigen Spielrhythmus. Der Nachziehstapel besteht nämlich stets nur aus Karten von aktuell ausliegenden Plättchen und Markern. Erst wenn der Nachziehstapel aufgebraucht ist, kommen jene Gebäudekarten aus dem Vorrat ins Spiel, auf deren entsprechenden Plättchen sich Baustellenmarker befinden. Die Karten überbauter Gebäude hingegen legen die Spieler bei der Aktion "Hochbauen" als Bonuskarten vor sich ab. Es gibt daher praktisch keine sinnlose Karte im gerade aktuellen Stapel, und die Spieler müssen deshalb nicht nur genau abwägen, welche Karte sie für welche Aktion verwenden wollen, sondern auch welche Karten sie damit an ihren Nachbarn weitergeben.

Es gibt nämlich mehrere Wege, an die für den Spielgewinn wichtigen Siegpunkte zu gelangen. Während des Spiels kann man schon Punkte durch das Planen (gelbe Karten) und Urbanisieren (Anlegen an gelbe Karten) erhalten. Das Hochbauen hingegen bringt keine direkten Punkte, dafür aber zwei nicht zu unterschätzende Vorteile.

Zum einen erhält man dadurch ja eine Bonuskarte. Die meisten Bonuskarten erlauben es genauso wie die drei zu Beginn ausgeteilten Charakterkarten, bei einer der 3 Aktionen zusätzliches Material (Spielsteine, Plättchen und/oder Siegpunkte) zu bekommen. Dadurch lassen sich elegante Synergie-Effekte erzielen, beispielsweise um unnötige Auffüllaktionen zu vermeiden. Andere Bonuskarten bringen hingegen bei Spielende zusätzliche Siegpunkte für bestimmte Bedingungen, zum Beispiel 1 Punkt für jedes Gebäude mit 1 oder 2 Ebenen, das der Spieler besitzt. Mit den Bonuskarten kann sozusagen die weitere Vorgehensweise abgestimmt werden, etwa auf welche Aktionsmöglichkeit man sich konzentriert. Das geht dann schon ein wenig in Richtung Strategie.

Der zweite Vorteil beim Hochbauen wird bei der Siegpunktvergabe bei Spielende ersichtlich. Da werden nämlich noch die Stadtviertel abgerechnet. Stadtviertel sind Teile der Stadt, die aus mindestens zwei benachbarten Gebäuden der gleichen Farbe bestehen. Wer in einem Viertel die meisten Spielsteine stellt, erhält so viele Siegpunkte wie die Gesamtzahl der Spielsteine in diesem Viertel. der Zweitplatzierte bekommt nur mehr die Punkte für seine eigenen Spielsteine. Mit dem Hochbauen lassen sich daher nicht nur viele Spielsteine einsetzen, es können sogar ganze Stadtviertel zusammengefasst oder getrennt werden, und auch sicher geglaubte Mehrheiten können noch gekippt werden. Hier gilt es wirklich, den Überblick zu bewahren, mit seinen Handkarten das Beste herauszuholen, und seinen Mitspielern keine Vorlagen zu liefern.

Die eigene Erfahrung hat gezeigt, dass die Spielregel nicht unbedingt geeignet ist, das Spiel verständlich zu vermitteln. Aber hat man "Ginkgopolis" einmal durchschaut, erkennt man die vielen Möglichkeiten, die das Spiel bietet. Es ist gut durchdacht, und dauert auch gar nicht so lange, ja mitunter kann es sogar schneller als erwartet zu Ende sein. Sobald nämlich die Nachziehstapel an Plättchen aufgebraucht sind, kann jeder Spieler noch beliebig viele seiner hinter seinem Sichtschirm verborgenen Plättchen gegen je einen Siegpunkt abgeben. Aus allen abgegebenen Plättchen wird dann ein neuer Nachziehstapel gebildet. Werden aus taktischen Gründen nur wenige Plättchen retourniert, geht es dann nur mehr wenige Runden.

Wenn hier von Taktik die Rede ist, muss man der Fairness halber erwähnen, dass ein gewisser Glücksanteil nicht von der Hand zu weisen ist. Das Nachziehen der Karten und Plättchen birgt naturgemäß eine Portion Zufall. Im Großen und Ganzen sind aber die Spieler selbst ihres Glückes Schmied, denn entscheidend ist immer noch, wie man seine Karten einsetzt. "Ginkgopolis" ist sicher ein ungewöhnliches Spiel, dessen Wiederspielreiz ich relativ hoch einstufe. Ich freue mich nämlich schon auf die nächste Partie, in der ich noch ein paar andere Möglichkeiten ausprobieren möchte...

Franky Bayer

Bewertung: 4 1/2 Schilde