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Knobelritters Spielearchiv - Jórvík

Art des Spiels: Bietspiel
Spieleautor:    Stefan Feld
Verlag:         Eggert Spiele
Vertrieb:       Pegasus Spiele
Jahrgang:       2016
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          45 bis 90 Minuten
Preis:          € 34,90

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Spielexperten ++

In "Jórvík" leiten wir das Geschick eines Wikingerstammes, der sich in Nordengland niedergelassen hat. Über die vier Jahreszeiten eines Jahres versuchen wir, unseren Einfluss auf den Handel in und um Jórvík zu stärken, indem wir die Handwerksleute mit Waren ausstatten, die eingeschifft wurden, Handel treiben, Raubzüge durchführen und auch helfen, die Stadt vor den hinterhältigen Angriffen der Pikten zu verteidigen.

Wieso bloß kommt mir beim Spielen trotz des eindeutig normannischen Hintergrundes ständig die Stadt Hamburg in den Sinn?

Grundsätzlich geht es bei "Jórvík" darum, Karten zu erwerben, welche einem auf die eine oder andere Weise Einkommen oder - noch wichtiger - Siegpunkte bescheren sollen. Diese Karten werden anfangs nach den unterschiedlichen Rückseiten sortiert, welche den vier Jahreszeiten Winter, Frühjahr, Sommer und Herbst entsprechen. Getrennt voneinander gemischt bilden sie anschließend in der richtiger Reihenfolge übereinandergestapelt das Kartendeck.

Das Spiel verläuft dann über mehrere Runden, die sich in vier Phasen untergliedern. In der Angebotsphase werden Karten vom Kartendeck gezogen und auf die der Spielerzahl entsprechenden Kartenfelder gelegt. In der Nachfragephase stellen die Spieler dann reihum ihre Wikingerfiguren auf den Spielplan, um ihr Interesse an den verfügbaren Karten zu bekunden. In der Kaufphase können die Spieler dann die Karten in der vorher bestimmten Reihenfolge kaufen. Schließlich erhalten die Spieler in der Verladephase Einkommen und verladen ihre erhaltenen Waren.

Das Kernelement des Spiels ist der originelle Bietmechanismus. Wer Interesse an einer ausliegenden Karte hat, stellt eine seiner Figuren in der Nachfragephase auf das erste freie Feld unterhalb dieser Karte. Jede weitere Figur - auch desselben Spielers - wird auf das nächste freie Feld darunter gestellt. In der Kaufphase hat der Besitzer der obersten Figur zuerst das Recht, die Karte zu erwerben. Die Kosten richten sich dabei nach der Anzahl aller Figuren unterhalb der Karte. Kann oder will der Spieler die Karte nicht kaufen, nimmt er seine Figur zurück und der nächste Spieler hat die Möglichkeit, die Karte zum nun reduzierten Preis zu kaufen.

Die Karten haben die unterschiedlichsten Funktionen:

Eine Besonderheit stellen die Karten "Angriff der Pikten" dar. Wird so eine Karte aufgedeckt (es kommen insgesamt 4 Karten im Kartendeck vor), müssen sich sofort alle Spieler dieser Bedrohung stellen. Wer mit seinen Kriegern den höchsten Verteidigungswert erreicht, erhält die angegebenen Siegpunkte, während der Spieler mit dem niedrigsten Verteidigungswert entsprechend viele Siegpunkte verliert.

Ist der Kartenstapel aufgebraucht, wird die Runde noch zu Ende gespielt. In einer abschließenden Wertung gibt es noch Punkte für Handwerker, Gelage, Raubzüge und Skalden. Der Spieler, der auf der Punkteleiste am weitesten vorangeschritten ist, hat sich als der geschickteste Stammesführer herausgestellt und gewinnt das Spiel.

Und? Kommt Ihnen da ebenfalls irgendwas bekannt vor? Haben Sie auch so ein gewisses Déjà vu? Richtig, "Jórvík" ist haargenau dasselbe Spiel wie "Die Speicherstadt". Ich habe die Kartenverteilung für die einzelnen Jahreszeiten penibel miteinander verglichen, und gibt tatsächlich bezüglich ihrer Funktion absolut keinen Unterschied zum Eggert-Spiel aus dem Jahre 2010. Es wurden lediglich die Begriffe geändert und an den Wikinger-Alltag angepasst.

Warum es eine Neuauflage mit neuem Thema gibt, kann ich mir nur damit erklären, dass die Hamburger Speicherstadt in Birmingham, Marseille, Rom und Barcelona wahrscheinlich wenig Interesse hervorruft, während Wikinger immer und überall attraktiv sind. Es dürfte sich also um eine Marketing-strategische Maßnahme handeln. Finde ich okay, denn so kommen auch Briten, Portugiesen, Italiener und Franzosen in den Genuss dieses Spiels.

Der Grundmechanismus hat sich jedenfalls eine weite Verbreitung redlich verdient. Auf einfachste und zugleich spielerisch interessante Weise werden Angebot und Nachfrage geregelt, eine innovative und originelle Lösung, die auch für viel Interaktion sorgt. Attraktive Karten lassen den Preis in die Höhe schnellen. In der anschließenden Kaufphase stehen die Spieler meist vor kniffligen Entscheidungen, ob sie eine Karte teuer kaufen oder zu einem reduzierten Preis einem Mitspieler überlassen sollen. Da steckt viel Spannung und Nervenkitzel drinnen. Es gibt noch andere Kniffe und Tricks, welche ich aber den Leser lieber selbst entdecken lasse.

In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der jeweilige Startspieler stark benachteiligt ist. Spieler, die in der Zugreihenfolge weiter hinten sind, können sich's mit ihrer letzten Figur noch etwas besser richten, entweder weil sie vernachlässigte Karten günstig abstauben können, oder indem sie den Preis einer Karte für Mitspieler unerschwinglich oder weniger lukrativ machen.

Letzteres passiert sehr häufig, denn Geld ist stets eine knappe Ressource. Zwar hat man anfangs 5 Münzen, bekommt in Folge aber regulär bloß eine einzige Münze in der Einkommensphase. Manchmal macht es so Sinn, auf den Kauf einer Karte zu verzichten, denn wer in einer Runde keine Karte erhält, bezieht ein um 1 Münze höheres Einkommen.

Die Lagerkapazität ist ebenfalls eng bemessen. Gerade einmal 1 Ware kann eingelagert werden, ansonsten kann man Waren nur über Händler verkaufen, direkt auf Handwerkskarten ablegen oder im Verhältnis 3:1 gegen eine andere Ware tauschen. Kann man eine Ware auf keine dieser Arten verwenden, muss sie ersatzlos abgegeben werden. Die genaue Abwicklung der Verladephase ist etwas kompliziert geraten, dient aber dazu, dass alles korrekt abläuft.

Das bis jetzt beschriebene Spiel wird als "Karl"-Spiel (so nannten die Wikinger die Bauern) bezeichnet. "Jórvík" beinhaltet aber noch eine Variante für Fortgeschrittene: Das "Jarl"-Spiel (Jarl steht für Adelige). Dabei wird auch mit dem oberen Teil des Spielplans gespielt, der zusätzliche Kartenfelder bietet. Dadurch kommen doppelt so viele Karten zum Einsatz. Viele Karten finden sich nun öfters im Stapel, aber auch neue Karten sind darunter, unter anderem Druiden, welche Waren direkt in Siegpunkte verwandeln lassen, neue hilfreiche Gebäude und Verräter, mit denen man seine Mitspieler ärgern kann.

Was diese "Jarl"-Variante aber wirklich anspruchsvoller macht, ist der zusätzliche Bietmechanismus. Auf die Felder des oberen Spielplanteils darf nämlich nur ein einziger Spieler seine Figur setzen. Die derart "reservierte" Karte kommt sofort auf das erste noch freie Reservierungsfeld. In der Kaufphase können dann die Spieler der Reihe nach ihre reservierten Karten erwerben. Der Preis richtet sich nach der Anzahl aller ausliegenden Karten auf den Reservierungsfeldern. Auch hier sinkt der Preis für jede spätere Karte. Diese Regelung birgt viel Ärgerpotential. Wer eine Karte unbedingt haben will, muss sich früh dafür entscheiden, riskiert aber, dass der Preis mit jeder weiteren "Reservierng" steigt. Ein echtes Dilemma, welches tatsächlich eine höhere Herausforderung darstellt.

Wer bereits im Besitz des Spiels "Die Speicherstadt" und der später erschienenen Erweiterung "Kai-Speicher" ist, kann sich die Anschaffung von "Jórvík" sparen, denn beides zusammen entspricht 1:1 dem "Jarl"-Spiel. Allen anderen kann ich das Spiel - auch wegen der schönen Gestaltung - wärmstens empfehlen. Ich persönlich besitze nur das Grundspiel, und bin recht froh über die Neuauflage von Pegasus, weil sie für mehr Interaktion, Abwechslung und knifflige Entscheidungen sorgt.

Franky Bayer

Bewertung: 4½ Schilde