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Knobelritters Spielearchiv - Love Letter

Art des Spiels: Bluff und Schlussfolgerung
Spieleautor:    Seiji Kanai
Verlag:         Pegasus Spiele
Jahrgang:       2013
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 20 Minuten
Preis:          ca. € 10,-

Zielgruppen:    Gelegenheitsspieler ++
                Partyspieler ++

Von Herzen geliebte Prinzessin Annette,

heute schreibe ich Euch nicht, um Euch erneut von jenen tiefen Gefühlen zu berichten, die meinen Körper durchfahren, wenn ich in Eure geheimnisvollen, dunklen Augen blicke. Auch nicht vom Duft Eures Haars, der an Maiglöckchen und Kornblumen im Frühlingswind erinnert und mir nahezu die Besinnung raubt. Nein, meine Liebe zu Euch soll heute darin Ausdruck finden, indem ich Euch beschreibe, welche übermenschlichen Mühen ich tagein, tagaus auf mich nehme, dass Euch meine Schreiben überhaupt erreichen.

Ich weiß, dass Ihr auch andere Verehrer habt, solche, deren Liebe im Gegensatz zu meiner aber nur vorgetäuscht und gespielt sind. Nein, von jenen vier Herren, die Euch von tiefster Zuneigung berichten, bin doch nur ich der einzig Wahre.

Ich weiß auch, dass Euer zartes Herz gebrochen ist nach den Geschehnissen in unserem Staat. So ist es für mich äußerst verständlich, dass Ihr Euch in Eurer Kemenate eingeschlossen habt und vom Hofstaat wohlbehütet werdet wie der Schatz, der Ihr für Euer Volk und mich seid. So müssen meine Kassiber durch mehrere Hände wandern, um Euch überhaupt zu erreichen. Ich sehe das als Herausforderung, meine Liebe für Euch unter Beweis zu stellen.

Wachen, Priester, Baron Talus, Zofen, die Comtessa und selbst der hohe Herr König achten zu Recht mit Adleraugen auf Euch. Tag für Tag habe ich die Wahl, einem jener Gefolgsleute meinen Brief zuzustecken, in der Hoffnung, dass am Abend - wenn sich die Palasttore schließen - mein Schreiben bei demjenigen ist, der Euch am nächsten steht und er es überreicht.

Das Ränkespiel bei Hofe will wohl durchschaut werden. Von jenen 16 Personen in Eurem Umfeld stehen jeden Tag 15 zur Verfügung. Ich beginne Morgens mit einem Gefallen, etwa bei Wache Odette, streife durch die Räume und treffe auf neue Menschen. Ich entscheide mich, wen ich nun um Hilfe bitte. Der Priester flüstert mir zu, was er von meinen Konkurrenten weiß, eine Zofe schützt vor neuen Intrigen oder Euer Bruder, Prinz Arnaud, kann durchsetzen, dass einer meiner Gegner sich woanders nach Helfern umschauen muss. Wir bluffen und täuschen, versuchen uns gegenseitig auszustechen und aus dem Rennen um Euer Herz zu werfen.

Bis ich irgendwann weiß: Meine Briefe sind bei Euch angekommen und Ihr gewährt mir Eure Zuneigung vor jenen Gecken, die es auch versuchen. Ich verspreche, Euer Herz wieder zum Lachen zu bringen. Denn es schlägt im gleichen Takt wie meines. Das fühle ich.

Euer Comte Guido de Tric Trac

Gleich vorweg: Der obige Liebesbrief stammt nicht aus meiner Feder. Wenn es darum geht, meine Gefühle auszudrücken (oder vorzutäuschen), fehlen mir stets die passenden Worte. Auf der Suche nach einer passenden Einleitung waren die Liebesbriefe und -gedichte im Internet keine wirkliche Hilfe. Um mich von den dort zu findenden, übertrieben schmachtenden Texten berührt zu fühlen, fehlt mir ganz einfach ein X-Chromosom. Ich habe mir daher den Brief von Guido Heinecke aus seiner Website "Tric Trac" - eine sehr empfehlenswerte, top informierte Quelle für alles, was Spiele anbelangt - "ausgeliehen".

Guido hat in seinem Brief schon einige Spielelemente anklingen lassen. Dass die Spieler als glühende Verehrer von Prinzessin Annette versuchen, der Angebeteten einen Liebesbrief zukommen lassen. Und dass sie dafür die Hilfe verschiedener Personen ihrer Entourage benötigen. Unerwähnt blieb allerdings, dass die Personen auf Spielkarten vorkommen. Neben der Prinzessin (Wert 8) gibt es noch - in der Reihenfolge ihrer Werte - die Gräfin (7), den König (6), zwei Prinzen (5), zwei Kammerzofen (4), zwei Barone (3), zwei Priester (2) und gleich fünf Wachen (Wert 1).

Von den 16 Karten wird zu Beginn jeder Runde eine unbesehen in die Schachtel zurückgelegt. Außerdem erhält jeder Spieler eine Karte vom restlichen Stapel, welche er geheim hält. Wer an der Reihe ist, zieht eine Karte vom Stapel und muss anschließend eine der beiden Karten ausspielen. Danach ist der nächste Spieler an der Reihe. Das geht so lange, bis die letzte Karte vom Stapel gezogen wird. Wer dann die Karte mit dem höchsten Wert in der Hand hält, konnte der Prinzessin seinen Liebesbrief überbringen.

Alternativ endet eine Runde schon vorher, wenn nur mehr ein Spieler übrig bleibt (wie man ausscheiden kann, erkläre ich schon noch). Mangels Mitbewerber konnte dieser dann seinen Brief zustellen. In beiden Fällen erhält der überglückliche Freier ein rotes Herz als Zeichen der Anerkennung der Prinzessin. Um das Herz der Prinzessin endgültig zu erobern und als wohlverdienter, endlich beachteter Sieger um ihre Gunst hervorzugehen, gilt es allerdings mehrere Herzen zu gewinnen, abhängig von der Anzahl der Konkurrenten.

"Love Letter" wäre total witzlos, wenn die Personen sich nur durch ihre Werte unterschieden. Jede Person hat jedoch eine Sonderfähigkeit, welche in dem Moment wirksam wird, da man die Karte ausspielt. So kann man mit einer Wache die Identität eines Spielers raten. Trifft man dabei ins Schwarze, ist dieser Spieler sofort ausgeschieden. Andere Personen erlauben das Ausspionieren der Identität eines Mitspieler (Priester), den Vergleich der Handkarten, bei dem der Spieler mit der niedrigeren Karte ausscheidet (Baron), den Tausch der Handkarten (König), den Schutz vor anderen Effekten (Kammerzofe), etc.

Eine besondere Rolle spielt die Prinzessin selbst. Man sollte meinen, dass diese Karte von größter Begehr ist, da ja die Karte mit dem höchsten Wert gewinnt, wenn der Nachziehstapel aufgebraucht ist. Dem ist aber nicht so. Das Ausspielen dieser Karte bedeutet nämlich das sofortige Ausscheiden aus dieser Runde. Hat man die Prinzessin einmal in der Hand, gibt es also fast keine Möglichkeit, sie wieder loszuwerden, und man ist leicht verwundbar. Somit ist der Besitz der Prinzessin, auch wegen der vielen Neider, mit einem hohen Risiko verbunden, weshalb sie meist wie eine heiße Kartoffel behandelt wird.

"Love Letter" ist als Genre schwer einzuordnen. Es ist eine Art Bluffspiel, bei der man von Karte zu Karte bessere Informationen erhält. Taktisch sind die Spieler eher eingeschränkt, denn mit gerade mal zwei Handkarten hat man in einem Spielzug nicht gerade viele Möglichkeiten. Vor allem dann, wenn man zwei gleiche Karten oder die Prinzessin auf der Hand hält, oder wenn man eine Karte schnell abwerfen muss, weil zu viele Spieler deren Identität kennen.

Manchmal ist ein Spieler ausgeschieden, bevor er überhaupt ins Spiel kommt, weil zufällig eine Wache die richtige Karte genannt hat. Bei jedem anderen Spiel wäre das ein "No go". Hier aber sind die Runden so kurz und knackig, dass es wenig ausmacht. Eine neue Runde lässt nicht lange auf sich warten und die Wartezeit kann sinnvoll überbrückt werden, indem man die Mitspieler und deren Mimik und Gestik genau beobachtet.

Während eines Spiels ergeben sich immer wieder witzige Konstellationen, Kartenkombinationen und lustige Situationen. Dies empfinde ich als das größte Plus des Spiels, wenn man bedenkt, dass "Love Letter" lediglich aus 16 Karten besteht. Es ist erstaunlich, wie viel Spielspaß in der kleinen Schachtel steckt. Mit einem Verkaufspreis von nicht einmal 10 Euro kann man "Love Letter" als richtiges Schnäppchen betrachten, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Franky Bayer

Bewertung: 4 Schilde