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Knobelritters Spielearchiv - Medina

Art des Spiels: taktisches Bauspiel
Autor:          Stefan Dorra
Verlag:         Hans im Glück
Jahrgang:       2001
Spielerzahl:    3 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 60 Minuten
Preis:          ca. € 30,-
Auszeichnung:   2. Platz Deutscher Spielepreis 2001

Was sagt mein Lexikon über Medina?

Medina hieß vorher Jathrib und war bis 661 die Hauptstadt der muslimischen Welt, kam dann unter ägyptische Herrschaft, wurde später ins Osmanische Reich integriert, bevor es 1932 zu Saudi-Arabien kam. Heute hat die Oasenstadt in der Provinz Al Hijac im Westen Saudi-Arabiens 500.000 Einwohner und ist nach Mekka die zweitwichtigste Pilgerstätte des Islams. Die Moschee mit dem Grab des Propheten Mohammeds, der 622 von Mekka nach Medina auswanderte, gilt als eines des kostbarsten Heiligtümer des Islams.

Nichts, aber rein gar nichts erzählt das Lexikon über das Jahr 1822. So müssen wir uns auf die Spielgeschichte von "Medina", einem Spiel des "Hans im Glück"-Verlag, verlassen. Wir Spieler haben die Aufgabe, die "am Fuß des Atlasgebirges gelegene Stadt nach einer langen Zeit des Verfalls wieder aufzubauen". Machen wir doch gerne. Große prunkvolle Paläste, mächtige Stadtmauern, bunte Kuppeln und enge Gassen, da lassen wir uns nicht zweimal bitten, vor allem wenn das Spielmaterial so verlockend schön und aus massivem Holz ist.

Der Spielplan zeigt Medina noch vor der Restaurierung. Vier Ecktürme der Stadtmauern sind gerade noch übrig geblieben. Ansonsten sind alle Felder der rechteckigen Stadt leer, und wurden augenscheinlich vom Wüstensand säuberlich befreit. Eine weiße Spielfigur, die den Beginn einer neuen Marktgasse anzeigt, wird irgendwo in der Stadt platziert. Das restliche Holzmaterial wird gleichmäßig unter den 3 bis 4 Bauherren aufgeteilt. So können wir bei drei Spielern 4 Ziegenställe, 8 Spielfiguren und 10 Mauern in weiß, sowie je 6 Gebäude in vier Farben hinter unserem Sichtschirm verstauen. Nehmen vier Spieler teil, sind's halt entsprechend weniger. Die Dächer in unserer Spielerfarbe jedoch - auf jeden Fall 4 Stück - kommen für alle sichtbar vor den Sichtschirm.

Nun denn, es gibt viel zu tun. Packen wir's an. Wer an der Reihe ist, baut zwei beliebige seiner Holzteile, dann kommt der nächste Spieler dran. Auch wenn die Spielregel da etwas holprig ist und sich des öfteren wiederholt, sind die Bauregeln für die einzelnen Teile ganz einfach und logisch.

Das Wichtigste sind die Gebäude. Es gibt sie in 4 verschiedenen Farben und aus ihnen werden Paläste gebaut. Solange ein Palast niemandem gehört, kann er durch ein Gebäude gleicher Farbe erweitert werden. Einzige Einschränkungen: Es muss sowohl orthogonal als auch diagonal ein Feld Abstand zu anderen Palästen bestehen (es muss also eine "Gasse" frei bleiben). Zudem darf sich immer nur ein Palast jeder Farbe in Bau befinden.

Mit einem Dach nimmt ein Spieler einen Palast in Besitz. Damit darf dieser Palast auch nicht mehr mit Gebäuden erweitert werden. Wichtig ist außerdem, dass jeder Spieler von jeder Palastfarbe nur einen Palast besitzen darf.

Ziegenställe können - sofern noch Platz vorhanden ist - an alle Paläste angebaut werden, also auch an bereits fertig gestellte. So kann auch nachträglich ein Palast noch vergrößert werden. Spielfiguren werden zu einer langen Schlange aneinandergereiht, sie repräsentieren eine belebte Marktgasse, die Vorteile für angrenzende Paläste bringt. Und Mauern werden zur Wiederherstellung der schützenden Stadtmauern verwendet. Sie können nur ausgehend von den Ecktürmen auf Mauerfelder gebaut werden und bringen angrenzenden Palästen wertvolle Punkte.

Soweit die Theorie, aber wie schaut die Praxis aus? Grundsätzlich wird man natürlich versuchen, möglichst große und wertvolle Paläste zu bauen. Für den Palastwert zählen alle Gebäudeteile, die angebauten Ziegenställe, sowie alle angrenzenden Mauerteile und Spielfiguren je einen Punkt. Praktisch ist es aber nicht so einfach, weil alle Spieler dasselbe wollen. Den eigentlichen Reiz des Spiels macht das Timing aus: Wann erachte ich einen Palast als groß genug? Was soll ich sonst bauen, um nicht den nachfolgenden Spielern eine "Auflage" zu liefern. Kann ich noch zuwarten, oder schnappt mir sonst jemand einen Palast vor der Nase weg? Und gibt es später noch genug Platz?

Bis jetzt klingt alles sehr klar und linear strukturiert. Aber der Spieleautor Stefan Dorra hat noch zwei kleine Mechanismen eingebaut, die dem Spiel eine kleine Asymmetrie verleihen: Die 4 Palast-Tafeln und die 4 Turm-Tafeln. Der Spieler, der zuerst einen Palast in einer Farbe fertig stellt, erhält die entsprechende Palast-Tafel, die er solange behält, bis ein anderer Spieler einen größeren Palast besitzt. Und eine Turm-Tafel erhält jeweils der Spieler, der zuletzt einen Palast an der entsprechende Mauer übernommen hat. Sowohl die Palast- als auch Turm-Tafeln haben die Werte 1 bis 4, es gibt also unterschiedlich wertvolle Stadtmauern und Gebäudefarben.

So bauen die Spieler reihum jeweils zwei Bauteile aus ihrem Vorrat. Haben alle Spieler bereits einen Palast in einer Farbe, kommen die restlichen Gebäudeteile dieser Farbe aus dem Spiel. Sobald alle Spieler ihre Bauteile aufgebraucht haben, endet das Spiel. Jeder Spieler zählt die Punkte seiner 4 Paläste zusammen und addiert noch die Punkte seiner Palast- und Turm-Tafeln dazu. Der Spieler mit der höchsten Punktezahl gewinnt.

"Medina" kommt gänzlich ohne jeden Glücksanteil aus. Reine Interaktion zwischen den Spielern bestimmt das Geschehen. Meine Befürchtungen, dies könnte zu einer bestimmten Gewinnstrategie führen, haben sich bis jetzt noch nicht bestätigt, zu sehr hängt alles von den einzelnen Spielern ab. Da entwickelt sich wirklich jedes Spiel anders. Besonders bei erfahrenen "Medina"-Spielern kann es mitunter sehr destruktiv zugehen, und die Paläste werden relativ klein. Wer zum Beispiel bereits einen Palast in einer Farbe besitzt, wird diese Farbe so viel wie möglich zu sabotieren versuchen. Positiv fällt mir noch auf, dass Mauern, Marktgassen und die Tafeln gleichermaßen bedeutend für den Sieg sind.

Alles in allem ist "Medina" ein phantastisches Spiel für eine wirklich vergnügliche Stunde reinsten Spielspaßes. Eine Schande, dass die "Jury Spiel des Jahres", jene selbsternannten "Hüter unserer Spielkultur", dieses sowohl schöne als auch gute Spiel einfach übersehen haben und nicht einmal auf die Auswahlliste gesetzt haben. Für mich persönlich hätte es zumindest nominiert, wenn nicht gar "Spiel des Jahres" werden müssen...

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde