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Knobelritters Spielearchiv - Meuterer

Art des Spiels: Karten-Rollenspiel
Spieleautor:    Marcel-André Casasola Merkle
Verlag:         Adlung Spiele
Jahrgang:       2000
Spielerzahl:    3 bis 4 Spieler
Alter: 	        ab 12 Jahren
Dauer:          45 bis 60 Minuten
Preis:          ca. € 9,-

Eines der interessantesten Spiele der letzten Jahre ist "Verräter" von Marcel-André Casasola-Merkle. Ganz unscheinbar in einer winzigen Schachtel verpackt, könnte man meinen, es sei ein normales Kartenspiel, wie gerade bei Adlung Spiele mindestens ein halbes Dutzend pro Jahr erscheinen. Bei näherer Betrachtung hingegen muss man feststellen, dass mehr drinnen steckt. "Verräter" kann es nämlich von der Komplexität her locker mit den meisten Brettspielen aufnehmen. Da es nebenbei einige sehr innovative Spielideen beinhaltete, war die Aufnahme in die Auswahlliste 1998 das Mindeste, was die "Jury Spiel des Jahres" machen konnte.

Nach dem Prinzip "Never change a winning team" brachte Casasola-Merkle heuer erneut ein Kartenspiel bei Adlung Spiele heraus, und allein die äußere Ähnlichkeit ist so groß, dass man es für einen Doppelgänger halten könnte. "Meuterer" verwendet auch einige der bewährten Mechanismen von "Verräter". Aber um es gleich vorweg zu nehmen - und all diejenigen zu ärgern, die von einer Rezension nur die letzten Zeilen lesen, um zu wissen, ob ein Spiel gut ist oder nicht - ich finde "Meuterer" sogar um einiges besser.

Die Neugierde ist geweckt worden? Na dann kann ich ja nun auf das Spiel eingehen. Wie schon beim Vorgänger erfüllen Karten die verschiedensten Funktionen. Die ersten 12 Karten stellen Inseln dar, welche beliebig im Kreis ausgelegt werden. Auf jeder Insel sind neben ihrem Namen noch eine Warenart angegeben, die auf der Insel verkauft werden kann. Beim "Piratennest" und beim "Hochland" bedeutet das "Fragezeichen", dass dort jede beliebige Ware benötigt wird. Zusätzlich sind einige Zahlen angeführt. Die Zahl mit dem Schiffsymbol gibt an, wie viele Punkte das Ansteuern der Insel bringt. Die anderen Zahlen sind die Wertungstabelle, die anzeigt, wie viele Punkte man für den Verkauf der verlangten Ware erhält. Nur diejenigen, welche die meisten Waren abliefern können, bekommen Punkte gutgeschrieben. Je weniger Spieler dies sind, umso lukrativer ist das Geschäft.

Das Schiff - ebenfalls durch eine Karte repräsentiert - startet im "Hochland". Im Verlauf des Spiels segelt das Schiff dann im Uhrzeigersinn durch den Inselkreis. Welche Insel das nächste Ziel sein soll, das entscheidet später auf raffinierte Weise der Kapitän, anfangs ein beliebiger Spieler, der dafür die 2 Kapitänskarten erhält. Mit diesen Karten legt er zu Beginn eines Spielzuges die Heuer für seinen Maat fest, von 0 bis 3 Punkte, je nachdem wie viel er auszugeben bereit ist.

Weitere wichtige Karten sind die Warenkarten. Die Waren, die hier im Inselkreis begehrt sind, sind Korn, Tuch, Wein, Salz und Rubine, die in unterschiedlicher Anzahl vorkommen (Korn zum Beispiel 8x, Rubine hingegen nur 4x). Fünf Karten erhält jeder Spieler auf die Hand, und dann kann die Schifffahrt schon losgehen.

Reihum, vom Kapitän beginnend, können die Spieler entweder eine Warenkarte ausspielen und offen vor sich hinlegen, oder aussteigen und die restlichen Handkarten verdeckt vor sich auslegen. Ist dies der Kapitän, legt er somit sein geplantes Fahrtziel fest: So viele Inseln im Uhrzeigersinn weiter, wie er verdeckte Karten ausgelegt hat. Steigt hingegen ein Spieler aus, darf er sich von den Aktionen - welche selbstverständlich auch in Kartenform daherkommen - eine aussuchen. Wir kennen das Prinzip bereits von "Verräter" und "Ohne Furcht und Adel": Der erste Spieler hat noch die volle Auswahl aus 5 Karten, der nächste nur mehr 4 und so weiter.

Schließlich will kein Spieler mehr Karten spielen. Dann decken die Spieler ihre gewählte Aktionskarte auf. Der Kapitän erhält so viele Punkte, wie die Zahl auf der Insel angibt, muss davon seinem Maat - sofern jemand diese Aktionskarte gewählt hat - den vorher festgelegten Lohn "auszahlen". Dann können die Spieler auf den beiden letztbesuchten Inseln Waren verkaufen. Wir erinnern uns: Nur der- oder diejenigen mit den meisten Warenkarten auf einer Insel dürfen sich die Punkte gutschreiben.

Manchmal ist das vom Kapitän gewählte Fahrtziel allerdings für einen nicht attraktiv, oder die Spieler sind dem Kapitän die hohen Einnahmen neidig (vielleicht weil er zu gierig war und seinem Maat zuwenig anbietet?). Da gibt es auf hoher See ein einfaches Mittel, seine Unzufriedenheit auszudrücken: die Meuterei, welche dem Spiel ja ihren Namen gegeben hat. 3 der 5 Aktionskarten regeln dann, für wen die Spieler eintreten wollen: Der Kapitän wird durch seinen treuen "Maat" unterstützt, auf der anderen Seite stehen der "Meuterer" und der "Schiffsjunge". Die Meuterei selbst wird dann durch Konfliktkarten ausgetragen, die sich unter den Warenkarten befinden. Im Gegensatz zu den anderen Warenkarten können Konfliktkarten auch aus der Hand nachgespielt werden, um den Kampf für sich zu entscheiden. Es gewinnt die Seite, welche insgesamt über mehr Konfliktpunkte verfügt. Ist der Meuterer erfolgreich (ihm genügt sogar ein Gleichstand), wird dieser neuer Kapitän, und es wird nun jene Insel angelaufen, die den verdeckten Handkarten des Meuterers entspricht. Dann gehen Kapitän und Maat leer aus, stattdessen kassieren Meuterer und Schiffsjunge Punkte. Der anschließende Warenhandel verläuft jedoch wie gehabt.

Die restlichen beiden Aktionskarten verhalten sich im Falle einer Meuterei neutral: Der "Händler" bekommt beim Warenverkauf immer den Höchstpreis, vorausgesetzt er verkauft auch die meisten Waren auf einer Insel. Der "Lademeister" bekommt bei abschließenden Auffüllen der Kartenhand 3 Extrakarten zur Auswahl. Nach acht Runden beim Spiel zu viert (zu dritt geht's über neun Runden) ist Schluss und wer insgesamt die meisten Punkte aus Warenverkauf und Inselansteuern sammeln konnte, darf sich als Herr der sieben Meere betrachten.

66 Karten und eine Spielregel im Miniformat. Mehr ist nicht drinnen und mehr passt auch nicht in die kleine Schachtel. Beim Verhältnis Spielmaterial zum Luftanteil schlägt "Meuterer" die Konkurrenz mühelos. Ein frühes Tor also gegen die großen Brettspiele mit ihren oft hohlen Schachteln - 1:0.

Die richtigen Warenkarten auf den passenden Inseln an den Mann zu bringen, das beschert den Spielern die meisten Punkte. Mit etwas Kartenglück zieht man Waren nach, die gerade auf den "aktiven" Inseln benötigt werden. Doch generell ist es eher so, dass man schauen muss, möglichst die richtigen Inseln anzusteuern. Da dies erst durch das Ausspielen - ich würde es hier treffender als "Reizen" bezeichnen - festgelegt wird, ist diese Phase ausgesprochen "reizvoll" und sehr interessant.

Dazu noch ein klassisches Dilemma: Steige ich früher aus, kann ich nur wenig Waren anbieten, habe aber dafür mehr Auswahlmöglichkeiten bei den Aktionskarten. Bleibe ich länger im Spiel, kann ich zwar mehr Waren verkaufen und sichere mir so vielleicht wichtige Punkte, muss aber in Kauf nehmen, eine geplante Aktion nicht mehr durchführen zu können. Auch der Kapitän hat wichtige Entscheidungen zu treffen: Wie viel zahle ich diesmal meinem Maat, und welche Insel will ich anlaufen?

So gesehen bietet "Meuterer" all das, was ein modernes Brettspiel auszeichnet: Planung, Taktik und Interaktion. Es passt einfach alles beim Spielablauf, auch die verschiedenen Punktemöglichkeiten sind sorgfältig durchdacht. Für mich ist "Meuterer" die überzeugendste Neuheit aus Essen 2000, daher 2:0.

Der Spielablauf ist nicht einfach zu erklären, aber eine Probepartie im Regelheftchen, mit grafischer Unterstützung auf einigen Übersichtskarten, vermag das Spiel und seinen Reiz relativ schnell rüberzubringen. Auch wenn diese Idee nicht ganz neu ist (auch bei "Verräter" kam sie zum Einsatz), gefällt mir dies doch sehr gut. Ein schöner Treffer zum 3:0.

Auch die Grafik ist stark an "Verräter" angelehnt. Aber das ist ja kein Nachteil, eher sogar ein Qualitätsmerkmal. Diese Kombination Spieleautor und Spielegrafiker kommt nicht so oft in dieser Vollendung vor und beschert dem Spiel ein 4:0.

Keine Frage, das Spiel ließe sich ohne weiteres auf ein Brettspiel ummünzen. Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon ein großes Spielbrett mit Ablagefeldern für alle Karten und Stapel. Schöne Spielfiguren für das Schiff und das Piratenschiff (kommt in einer Variante vor), die Fahrtziele von Kapitän und Meuterer, sowie Punktechips oder -münzen, und sogar einen Notizblock könnte ich mir vorstellen. Aber dann wäre der Preis halt statt knappen ÖS 100,-- gleich einmal das Dreifache! Im Preis-Leistungsverhältnis ist "Meuterer" somit unschlagbar - 5:0.

Der einzige Nachteil dieser kleinen Verpackung: Sie fällt nicht so auf wie die großformatigen Spiele, und findet daher wenig Käufer. Aber dazu sind ich und die gesamte Schreiberzunft da, um Euch Spielern die Vorzüge dieses Spiels näher zu bringen und Euch hiermit das Spiel wärmstens ans Herz zu legen. Das 5:0 spricht ohnehin eine klare Sprache!

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde