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Knobelritters Spielearchiv - Notre Dame

Art des Spiels: Aufbauspiel
Spieleautor:    Stefan Feld
Verlag:         alea Spiele
Jahrgang:       2007
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          45 bis 75 Minuten
Preis:          ca. € 25,-
Auszeichnung:   2. Platz Deutscher Spielepreis 2007

Notre Dame...

Vor meinem geistigen Auge sehe ich die mächtige mittelalterliche Kathedrale gegen den Pariser Nachthimmel. Ich sehe Anthony Quinn als den fast tauben, buckligen Glöckner Quasimodo. Ich erblicke die bildhübsche Zigeunerin Esmeralda, großartig gespielt von Gina Lollobrigida, in die sich der Glöckner verliebt hat. Und den Geistlichen, ebenfalls von Lust zerfressen nach Esmeralda, die er aus lauter Schuldgefühl der Hexerei bezichtigt. Ich sehe Gaukler, Bettler, einen wütenden Mob, dies alles vor der herrlichen Kulisse der französischen Hauptstadt des 14. Jahrhunderts.

Doch von alledem kommt im Spiel "Notre Dame", der neuesten Veröffentlichung von alea Spiele, nichts vor. Zwar wird die Kathedrale ganz zu Beginn des Spiels in die Mitte des Spielplans platziert, rundherum so viele Stadtviertel wie Spieler mitmachen, sie spielt aber dennoch keine zentrale Rolle. Und der Glöckner taucht bloß als kleine Spielfigur auf, um den jeweiligen Startspieler jeder Runde anzuzeigen. Kein Zweifel daher: Bei dem Spiel geht es also eindeutig um etwas völlig anderes als im berühmten Roman von Victor Hugo.

Die Spieler übernehmen darin vielmehr die Rollen von einflussreichen Pariser Bürgern, welche durch die geschickte Verwaltung ihrer Bezirke möglichst viel Macht, Geld und vor allem Wohlstand und Ansehen - dargestellt durch Prestigepunkte - erlangen und gleichzeitig der drohenden Rattenplage Herr werden wollen.

Jeder verwaltet also sein eigenes Stadtviertel, in welchem sich verschiedene Gebäude befinden. Jedes der 7 Gebäude bringt dem Spieler beim Platzieren eines Einflusssteines einen bestimmten Vorteil. So erhält man mit einer "Bank" selbstverständlich neue Geldmünzen, und zwar so viele, wie nun insgesamt Einflusssteine auf diesem Feld liegen. Eine "Residenz" sorgt für sofortige Prestigepunkte und eine "Klosterschule" für neue Einflusssteine aus dem Vorrat, wobei in beiden Fällen die Wirkung wie bei der Bank kumulativ ist.

"Park" und "Hospital" wiederum helfen, die Rattenplage in Grenzen zu halten, denn durch das Platzieren eines Einflusssteines in eines dieser Felder wird der "Rattenstein" auf der Seuchenleiste im eigenen Hafen um 1 Feld zurückgesetzt. Einflusssteine im Hospital haben zudem noch eine nachhaltige hygienische Wirkung, auf die ich später noch zurückkomme. Das "Gasthaus" ist recht flexibel verwendbar, da man nach Belieben 1 Geldmünze oder 1 Einflussstein erhält oder den Rattenstein um 1 Feld zurücksetzen darf.

Bleibt nur mehr die "Kutscherei" übrig. Wer dorthin einen Einflussstein setzt, darf seine Kutsche bewegen, und zwar um maximal so viele Plätze des Spielplans, wie nun Steine in der Kutscherei liegen. Mit der Kutsche versucht man, Botschaften zu besuchen, die neben unterschiedlichen Prestigepunkten (1 bis 4) auch noch andere Vorteile (Münzen, Einflusssteine, etc.) bringen können. Dabei ist es nicht nur gestattet, die Stadtviertel der Mitspieler zu bereisen, es ist sogar unumgänglich, da man ein zweites Botschaftsplättchen einer Farbe erst dann einsammeln darf, wenn man bereits von allen anderen mitspielenden Farben eines besitzt.

Wie nimmt man als verantwortungsbewusster Bürger nun aber Einfluss auf das Geschehen in seinem Stadtviertel? Dazu erhält jeder einen Satz aus 9 Aktionskarten. Neben den 7 Gebäudekarten findet sich darunter noch ein "Vertrauter", der als eine Art flexibel einsetzbarer Einflussstein betrachtet werden kann, und eine Karte für die "Notre Dame". Auf das Feld der Kathedrale können Steine mehrerer Spieler gesetzt werden, allerdings muss der Kirche vorher etwas Geld gespendet werden. Dafür winken nicht nur sofortige Prestigepunkte (abhängig von der Höhe der Spende), sondern nach jeder dritten Runde noch eine kleine zusätzliche Prämie.

Apropos "Runden": Damit wären wir auch schon beim Spielverlauf. Das Spiel verläuft über 3 Durchgänge, die jeweils aus 3 Runden bestehen. Für jeden Durchgang mischen die Spieler ihre Aktionskarten. Jede der 3 x 3 Runden ist in fünf Phasen unterteilt. In Phase 1 werden - nach einem bestimmten Schema - 3 Personenkarten aufgedeckt. In Phase 2 werden die Aktionskarten ausgewählt, indem jeder Spieler von seinem Stapel 3 Aktionskarten abhebt und eine davon auf die Hand nimmt. Die anderen beiden werden dem linken Nachbar weitergereicht. Aus den beiden Karten des rechten Nachbarn nimmt man wieder eine Karte auf die Hand und reicht die andere wiederum nach links. Zusammen mit der Karte, die man nun noch von rechts erhält, hat man nun wieder 3 Aktionskarten (von 3 verschiedenen Spielern) auf der Hand.

Nur zwei dieser 3 Aktionskarten werden in Phase 3 der Reihe ausgespielt und - wie bereits weiter oben beschrieben - ausgeführt. Die dritte Karte wird ohne jede weitere Auswirkung verdeckt abgelegt. In Phase 4 kann man nun eine der drei ausliegenden Personenkarten "bestechen", indem man eine Münze abgibt und danach die Vergünstigung der bestochenen Person nutzt. Eine Beschreibung der einzelnen Personen, wie Stadtwache, Hofdame oder Bürgermeister würde zu weit führen, aber in den meisten Fällen kann man damit zu weiteren Einflusssteinen, Geldmünzen und vor allem Prestigepunkten kommen, auch im Kampf gegen die Rattenplage sind einige Personen recht hilfreich.

In der Phase 5 wird nämlich für jeden Spieler der aktuelle Seuchenwert ermittelt. Jeder Spieler muss den Rattenstein auf seiner Seuchenleiste um so viele Punkte vorrücken, wie sich auf den 3 ausliegenden Personenkarten Ratten befinden. Im günstigsten Fall ist dies nur eine einzige Ratte, es können aber bis zu 8 Ratten werden. Für jeden Einflussstein im eigenen Hospital verringert sich der Zuwachs um 1. Die hygienischen Zustände in seinem Stadtviertel sollten nicht völlig ignoriert werden, denn überschreitet der Rattenstein der Wert "9" auf der Leiste, verliert man neben einem Einflussstein in seinem Viertel auch noch 2 wertvolle Prestigepunkte.

Wer nach 9 Runden die meisten Prestigepunkte gesammelt hat, gewinnt natürlich das Spiel. Natürlich ist jeder Spieler auf das Wohlergehen und das Ansehen seines eigenen Stadtviertels konzentriert, muss logistische Probleme lösen und immer wieder mit den stets zu knappen Ressourcen (Einflusssteine und Geldmünzen) und der drohenden Rattenplage kämpfen. Kritiker sehen darin einen Mangel an Interaktion.

Meiner Meinung nach kommt die Interaktion jedoch nicht zu kurz, da es einige Berührungspunkte zwischen den Spielern gibt. Besonders bei den Kutschen, wo man sich gegenseitig vorteilhafte Botschaften wegschnappen kann, und in der Notre Dame, wo es um die Prämienteilung geht, muss sehr wohl auf die Aktionen der Mitspieler geachtet werden. Die eigentümliche Verteilung der Aktionskarten verleiht dem Spiel einen zusätzliche Kick. Dieser interessante Mechanismus sorgt dafür, dass man sich flexibel auf die Möglichkeiten einstellen muss, die einem gerade geboten werden. Außerdem entwickelt sich dadurch das Spiel jedes mal anders.

Dies ist überhaupt die große Stärke von "Notre Dame": Kein Spiel verläuft so, wie man es sich erwartet. Ich musste im Laufe der vielen Partien, die ich inzwischen gespielt habe, bereits einige vorgefasste taktische Aspekte revidieren. Anfangs dachte ich, je mehr Einflusssteine man in seinem Viertel hat, umso besser ist es, bis in einer Partie ein Mitspieler gegen Ende des Spiels keinen einzigen Stein am Spielplan hatte, und trotzdem um den Sieg mitspielte. Auch war ich der Meinung, dass Rattenplagen möglichst vermieden werden sollten, aber hier hat mir ebenfalls ein Mitspieler in einer Partie das Gegenteil beweisen können. Wenn ich etwas aus allen Partien feststellen konnte, dann nur, dass man keinen Spieler allzu leicht Botschaften einsammeln oder alleine die Notre Dame besetzen lassen sollte.

Mit "Notre Dame" hat alea Spiele endlich wieder ein Spiel herausgebracht, das die Zielgruppe der Vielspieler begeistern kann. Es ist taktisch anspruchsvoll, abwechslungsreich und immer wieder von neuem reizvoll. Die grafische Gestaltung sagt mir auch sehr zu, nur die Plättchen, Münzen und Chips hätten doch etwas stabiler ausfallen können.

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde