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Art des Spiels: Arbeitereinsetzspiel Spieleautor: Johannes Natterer Verlag: Hans im Glück Jahrgang: 2022 Spielerzahl: 2 bis 4 Spieler Alter: ab 14 Jahren Dauer: 90 bis 150 Minuten Preis: ca. € 69,- Zielgruppe: Spielexperten ++ |
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Geld regiert die Welt
Das wissen wir alle und in diesem Fall versuchen wir, als Politiker auf
dem fernen Planet B unsere Taschen vollzustopfen, nachdem die Erde für die
Menschheit Geschichte ist. Warum gerade da und warum überhaupt so weit
hergeholt, ist nicht ersichtlich, das Zukunftsthema spielt keine Rolle, aber
irgendein Thema muss ja her.
Auch die „korrupten Deals", die der Schachteltext erwähnt, sind so nicht zu spüren. Im Grunde ist "Planet B" ein Wirtschaftsspiel mit Anleihen aus der Politik, was die Wahlen angeht, dazu später mehr. Der Hintergrund ist beliebig und wie in jedem Wirtschaftsspiel geht es darum, das Beste für sich selbst herauszuholen, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Die sind in diesem Fall reichlich gegeben, dabei ist ein Spielzug grundsätzlich sehr einfach: Man stellt einen kleinen Holzkoffer an einen der drei Konzerne und führt die Aktionen dieses Konzerns aus. Das sind immer mehrere und es ergeben sich meist herrliche Kettenzüge, zumal die jeweiligen Aktionen in beliebiger Reihenfolge ausgeführt werden können.
Man kann Gebäude bauen, das sind Karten; Arbeiter erhalten und/oder in die eigenen Gebäude setzen, die dann, falls voll besetzt, weitere Aktionen ermöglichen; man kann Rohstoffe produzieren, oder auf 3 Fraktionsleisten vorschreiten und/oder diese werten; man kann sogenannte Newskarten nehmen, die auch wieder weitere Aktionen erlauben, usw.
Das kann hier im Detail längst nicht alles genannt werden und muss es auch nicht, aber es ist absolut spannend, seinen eigenen Spielzug auszuführen und zu versuchen, damit so viel zu erreichen, dass die anderen Spieler (und man selbst) nur staunen können. Die Verschachtelungen sind enorm, bestens ausgetüftelt und vielfältig, eine wahre Pracht.
Manche Aktionen kosten etwas, z. B. Geld, Rohstoffe oder eine Verschlechterung auf der Stimmungsleiste, beim Gebäudebau bekommt man aber auch sofort Siegpunkte. Die Konzernkarten sind doppelseitig, wenn eine Seite „fertig" ist, d. h., vier Koffer daneben stehen (bei vier Spielern), wird sie umgedreht bzw. durch eine neue ersetzt, wenn dies schon die andere Seite war, das ist bestens geregelt, ebenso wie die kurze Zwischensequenz, die dann stattfindet. Der Auslöser profitiert davon und der Wahlmarker wird vorgerückt, was auch durch andere Effekte geschehen kann.
Damit kommen wir zur „Politik", sprich zur Wahl. In einem Beutel sind sogenannte Wahlzettel, das sind griffige kleine Holzchips. Natürlich kann man durch diese oder jene Effekte weitere eigene Chips hinzufügen. Die eigentliche Wahl ist dann immer ein echt spannender Moment und ein sehr schönes, haptisches Spielelement. Reihum zieht jeder Spieler drei Chips aus dem Beutel und legt sie vor sich ab und wer schließlich die meisten eigenen vor sich liegen hat, wird neue Präsidentin (wo ist der Präsident? S. u. zum Gendern), der mit den zweitmeisten Vize und ein drittes und viertes Amt mit gequält witzigen Namen gibt es auch. Das Gejohle und Gezeter ist immer groß, wenn die Chips ans Tageslicht gezogen werden - „du ziehst immer nur meine Chips!", „hah, dieses Mal habe ich endlich eigene gezogen", „hähä, da habe ich schon wieder deine gezogen" usw.
Natürlich spielt der Zufall da eine Rolle, das gehört bei einem Spiel dazu, aber er lässt sich in Maßen manipulieren, z. B. durch sog. „Betrugsmarker", falls man sie gekauft hat. Sie erlauben, vier Chips zu ziehen oder schon zu Wahlbeginn einen eigenen Chip auszulegen. Das ist kein Betrug, sondern es sind einfach Spielmechanismen und Taktiken, die es zu nutzen gilt.
Die Präsidentin sackt haufenweise Siegpunkte ein und muss in jedem Spielzug eine Gesetzeskarte ziehen, vom „moralischen" Stapel oder vom „unmoralischen", je nach ihrer obersten Newskarte. Dann entscheidet sie sich für eine von zwei Optionen, die ihr selbst gut tun und meist auch anderen Spielern; die anderen Ämter haben andere Aufgaben. Diese „Moral" spielt auch bei anderen Dingen eine Rolle und ist ebenfalls nur ein guter Spielmechanismus, ohne jede Wertung. Es ist kaum möglich, zwei Mal nacheinander Präsidentin zu sein, denn die Chips des Spielers werden alle zurückgenommen, der Vize nimmt nur seine eigenen vor ihm liegenden zurück und alle anderen kommen wieder in den Beutel und haben bei der nächsten Wahl viel bessere Chancen, auch sehr gut ausgetüftelt.
Eine weitere Besonderheit bei "Planet B" ist die clevere Benutzung der Geldscheine als solche und als Siegpunkte, wenn sie mit der neutralen Rückseite abgelegt werden - streng getrennt vom eigenen Geld. Ein 10er Geldschein ist natürlich auch 10 Siegpunkte wert, beispielsweise, aber an der Rückseite eben nicht zu erkennen. Das Spielmaterial ist sehr durchdacht, die ausgestanzten Rohstoffleisten verhindern ein Verrutschen, ebenso bei der Stimmungsleiste, die bei den Wahlen mit zusätzlichen Chips im Beutel zum Tragen kommt, eventuell auch für die anderen Spieler, grob gesagt. Statt vieler verschiedener Rohstoffmarker gibt es nur eine Sorte, mit der in der entsprechenden Spalte die Menge markiert wird. Die Produktleisten auf dem eigenen Spielertableau kann man übrigens wie alles andere ändern und beeinflussen.
Die Spielanleitung ist, rein regeltechnisch gesehen, gut und weckt etwas Hoffnung, weil zu Beginn gesagt wird, dass „du" natürlich für alle Spieler gilt. Wenn schon diese Einsicht herrscht, stellt sich die Frage, warum dieser schlechte Stil überhaupt benutzt wird. Aber es kommt noch schlimmer. Es wird gegendert bis zum Geht-nicht-mehr, das trübt die Lesbarkeit gewaltig und sollte bei einer Gebrauchsanweisung, denn das ist eine Spielregel, nicht der Fall sein. Und sonst auch nicht. Der Mensch ist der Mensch und eine Frau oder ein Mann, der Spieler ist der Spieler und eine Frau oder ein Mann, fertig - noch nie hat jemand gemeint, ein Spieler sei nur eine männliche Person… a propos, die Person, Hilfe, ich fühle mich diskriminiert! Das geht doch nicht, ich bin ein Personer! Man sieht, wohin dieser ganze Gender-Unsinn führt, und wer so ausgiebig davon Gebrauch macht beweist, dass er (oder sie, haha) die Begriffe Sprachkultur und Sprachverständnis nicht nur nicht kennt, sondern auch nicht weiß, was sie bedeuten, aber in der Lage ist, die Sprache gewaltig zu verhunzen.
Die vermeintlich witzigen Begriffe der Regel sind genau das eher nicht, aber das ist anders als die Sprachverunzierung Geschmackssache - die „Workies" namens „Crafties" und „Brainies" heißen bei uns einfach Arbeiter, orange und violette, die „Billies" sind die Geldscheine. Der Hinweis, sich selbst auf das Tableau zu stellen, wenn die „Workies" ausgehen, ist auch nur bedingt witzig, aber egal. Das „alte" HiG-Regel-Layout mit farbigen Balken und Kapiteln gefiel mir persönlich auch besser, nebenbei gesagt.
Tatsächlich witzig, sprich humorvoll, sind manche Gebäudenamen, wie das „Plumpsklo" (auf der Karte orthografisch falsch „Plumsklo" geschrieben) oder die „Hanf Manufaktur" oder das „Bordell" - ts, ts, das ist wirklich verrucht, oder nicht? Auch einen Brettspielverlag kann man bauen, natürlich HiG.
Dieser hat mit "Planet B" einen Glücksgriff und seinem Namen mal wieder alle Ehre gemacht. Alle Meckerei über die Regel und das aufgestülpte Thema ist Nebensache und bald vergessen, wichtig ist das Spiel als solches, sehr kompetitiv und interaktiv, spielerische Feinkost für Vielspieler mit seinen vielen Facetten und Möglichkeiten und auf jeden Fall Plan A, wenn es um einen wahrlich spannenden Spieleabend geht. Zum Schluss werden die Siegpunkte in Geld umgemünzt, vereinfacht gesagt, und nur das zählt. Die vielfachen Wege, es einzuheimsen, begeistern immer wieder.
Ferdinand Köther
Bewertung: 4 Schilde