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Knobelritters Spielearchiv - Portobello Market

Art des Spiels: eine Art Eisenbahnspiel
Spieleautor:    Thomas Odenhoven
Verlag:         Schmidt Spiele
Jahrgang:       2007
Spielerzahl:    2 bis 4 Spieler
Alter:          ab 10 Jahren
Dauer:          ca. 45 Minuten
Preis:          ca. € 25,-

"Ein Eisenbahnspiel."

Ein fachkundiger Blick genügte Gerhard und mir auf der Nürnberger Spielwarenmesse, um das neueste Schmidt-Spiel zu beurteilen und einzuordnen. Dabei schaut es ganz unscheinbar aus, ja es wurde sogar äußerlich geschickt getarnt. Es werden nicht in irgendeinem Land Strecken gebaut, um Städte miteinander zu verbinden, sondern Marktstände im Zentrum von London für den berühmten Flohmarkt "Portobello Market" aufgestellt. Und statt der Bahnhöfe finden wir mehr oder weniger zahlungskräftige Kunden, die sich auf den Plätzen einfinden, an denen mehrere Gassen aufeinander treffen. Doch trotz des unschuldigen Themas und der ablenkenden Grafik lassen wir Profis uns nicht so leicht täuschen. Es muss einfach ein Eisenbahnspiel sein, aus, basta!

Schauen wir uns einmal das Spiel genauer an, ob der Spielverlauf vielleicht unserem Verdacht Recht gibt. Das Spiel geht reihum. Ist ein Spieler an der Reihe, wählt er zuerst eines seiner offen ausliegenden Aktionsplättchen und bestimmt damit, wie viele Aktionen er in diesem Zug ausführt. Anfangs besitzt jeder 3 Aktionsplättchen mit den Werten 2, 3 und 4. Nach seinem Zug dreht er das verwendete Plättchen um und kann in der nächsten Runde nur mehr eines der verbleibenden Plättchen nehmen. Sind alle 3 Plättchen verbraucht, dreht er alle um und hat wieder alle Plättchen zur Verfügung.

Zwei verschiedene Aktionen stehen zur Auswahl. Die erste ist das Aufstellen eines Marktstandes. Hierbei stellt der Spieler einen Marktstand seiner Farbe in eine der drei Gassen des Distrikts, in dem sich momentan der Bobby befindet. In den Gassen ist je nach ihrer Länge Platz für 2 bis 6 Marktstände. Der erste Stand in einer Gasse kann an einem beliebigen Ende errichtet werden, alle weiteren in derselben Gasse müssen direkt neben den zuletzt aufgestellten Stand gestellt werden, also in durchgehender Reihe. Für das Aufstellen der Stände sind die aufgedruckten Punkte (von 1 bis 3) ohne Bedeutung, die höheren Werte sind aber wesentlich begehrter, da sie bei Gassenwertungen mehr Punkte einbringen. Der Bobby kann übrigens während des Zuges beliebig - auch mehrfach - in einen anderen Distrikt bewegt werden. Dies kostet keinen Aktionspunkt, dafür müssen aber entweder an die Bank oder an andere Spieler pro überschrittener Gasse Punkte "bezahlt" werden. Im Vergleich zu den hohen Punktewerten, die bei Gassenwertungen erzielt werden können, sind dies zwar nur "Peanuts", aber wer mit dem Bobby allzu viel umherzieht, verliert in Summe wertvolle Punkte.

Die zweite Aktionsmöglichkeit ist das Platzieren eines Kunden. Dies geschieht, indem der Spieler in den Stoffbeutel greift und eine Figur herauszieht. Je nach Farbe handelt es sich dabei entweder um einen Gehilfen (grau) oder um einen Bürger (rosa), welchen er anschließend auf einen beliebigen freien Platz stellt. Im Beutel befinden sich anfangs 5 Gehilfen und 5 Bürger. Wird die letzte Figur aus dem Beutel gezogen und aufgestellt, kommt auf den letzten noch freien Platz automatisch die schwarze "Lord"-Figur.

Sobald eine Gasse vollständig bebaut ist und sich auf beiden angrenzenden Plätzen jeweils ein Kunde befindet, wird sie gewertet. Bei dieser Gassenwertung bekommen alle Spieler, die Stände in dieser Gasse haben, sofort Punkte, unabhängig von eventuellen Mehrheiten. Hierbei zählen nun die Werte der Stände in den Gassen. Je nach den beiden Kunden auf den angrenzenden Plätzen werden diese Punkte noch mit einem Faktor multipliziert. Bei 2 Gehilfen zählt nur der einfache Wert, bei einem Gehilfen und einem Bürger wird bereits verdoppelt. Sind zwei Bürger vertreten, wird gar verdreifacht. Und schlendert der Lord durch die Gasse, ist sogar der vierfache Wert möglich. Alle Punkte werden auf der Punkteleiste festgehalten.

Eine weitere Möglichkeit, an Punkte zu kommen, stellt die Distriktwertung dar. Statt eines normalen Zuges kann man auf seine Aktionspunkte verzichten und eines seiner offenen 2er- oder 4er-Plättchen in einen beliebigen Distrikt setzen. Für jeden eigenen Marktstand in diesem Distrikt erhält man dann 2 bzw. 4 Punkte. Auf diese Weise sind recht viele Punkte zu holen. Für das eingesetzte Aktionsplättchen erhält man ein Ersatzplättchen.

Hat ein Spieler seinen letzten Marktstand aufgestellt, wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt. Zum Schluss werden dann noch die unvollständigen Gassen gewertet, bei denen der Lord vertreten ist. Der Spieler mit den meisten Punkten gewinnt.

Der Spielverlauf offenbart schon einige Parallelen zu Eisenbahnspielen. So wirkt der Aufbau von Marktständen wie der Streckenbau, ja bei näherer Betrachtung haben die Stände selbst sogar eine erstaunliche Ähnlichkeit zu Eisenbahnschienen! Die Kunden, welche auf die Plätze gestellt werden, könnte man wie Bahnhöfe betrachten, den Bobby wie Geometer oder Politiker, welche für ein bestimmtes Gebiet die Bauerlaubnis erteilen.

Was aber den großen Unterschied zu "echten" Eisenbahnspielen ausmacht, ist die relativ kurze Spieldauer. Höchstens eine dreiviertel Stunde dauert eine Partie "Portobello Market". So schnell, dass es häufig vorkommt, dass das Spiel zu Ende ist, bevor überhaupt der Lord seine Aufwartung macht. In dieser kurzen Zeit gilt es für die Spieler, genau abzuwägen, welche Aktionen die meisten Punkte bringen können. Besonders das Ziehen von Kunden sollte mit Bedacht gewählt werden, denn unüberlegtes Ziehen gibt den Mitspielern bestenfalls Hinweise, wo sie nicht bauen sollten, schlimmstenfalls liefert man dem nachfolgenden Spieler eine Steilvorlage, die dieser dankend annimmt und eine hohe Punktezahl kassiert. "Portobello Market" kommt mir wie ein komprimiertes Taktikspiel vor, welches aber besonders in kleineren Spielrunden ausgezeichnet funktioniert. Insgesamt ist es mit Sicherheit das anspruchsvollste Schmidt-Spiel der letzten Jahre.

Franky Bayer

p.S.: Triumph! Gerhard und ich hatten absolut Recht, denn wie wir aus gut informierten Quellen erfuhren, wurde "Portobello Market" ursprünglich als Eisenbahnspiel konzipiert. Unter dem Titel "East India Railway" wurde es von Thomas Odenhoven beim Hippodice Autorenwettbewerb 2006 eingereicht, den es schließlich gewann. Schmidt Spiele hat am schnellsten zugesagt, das Spiel aber etwas gestrafft und ein anderes, attraktiveres Thema übergestülpt.

Bewertung: 4 Schilde