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Knobelritters Spielearchiv - Strasbourg

Art des Spiels: Biet- und Positionierspiel
Spieleautor:    Stefan Feld
Verlag:         Pegasus Spiele
Jahrgang:       2011
Spielerzahl:    3 bis 5 Spieler
Alter:          ab 12 Jahren
Dauer:          60 bis 90 Minuten
Preis:          ca. € 29,-

Zielgruppe:     Spielexperten ++

Versteigerungen, ein immer wieder in Spielen auftauchender Mechanismus. Ich dachte, ich kenne schon alle möglichen Arten von Versteigerungen, schließlich finden sich in meiner umfangreichen Spielesammlung etliche Spiele dieses Genres. Vor allem Reiner Knizia, ein wahrer Meister, was Auktionen, Bietspiele und Versteigerungen anbelangt, hat da so ziemlich jede Möglichkeit ausprobiert.

Bei "Strasbourg", dem neuen Strategiespiel von Stefan Feld, traf ich aber nun auf etwas völlig Neues, ja sogar Unerwartetes. Das fängt schon damit an, dass jeder Spieler in der Planungsphase jeder der insgesamt fünf Runden selbst entscheidet, wie viele Karten er nacheinander von seinem persönlichen Nachziehstapel abhebt, um für alle sieben Auktionen der laufenden Runde auszukommen. Doch auch das Gesamtbild sollte im Auge behalten werden, denn schließlich besteht jedes Set nur aus 24 Einflusskarten, die Werte von 1 bis 6 kommen je vier Mal vor. Damit man also in der letzten, vielleicht entscheidenden Runde noch etwas zu bieten übrig hat, muss man entsprechend haushalten.

Im zweiten Schritt der Planungsphase muss jeder Spieler seine gerade gezogenen Karten in beliebig viele "Einflussstapel" einteilen. Ein Stapel kann dabei aus einer beliebigen Anzahl Karten bestehen, auch eine einzige Karte ist erlaubt. Es müssen nur Anzahl und Höhe aller Stapel jederzeit erkennbar sein. Die Spieler, die bei "Strasbourg" in die Rolle von aufstrebenden Familien im spätmittelalterlichen Straßburg schlüpfen, bereiten auf diese Weise sozusagen ihre "Geldbörsen" für den nachfolgenden Einkauf her.

Danach kommt die sogenannte Aktionsphase, die genauso gut auch Auktionsphase heißen könnte, da hier nun die eigentlichen Versteigerungen stattfinden. In jeder Runde werden sieben "Objekte" (um was sich handelt, will ich erst später erläutern) nacheinander feilgeboten. Reihum decken die Spieler entweder einen beliebigen ihrer Stapel auf und offenbaren damit, wie viel Einfluss sie auf das momentan Angebotene ausüben wollen, oder sie passen. Es muss übrigens nicht erhöht werden, man kann ohne weiteres auch einen Stapel mit niedriger Summe aufdecken, da in den meisten Fällen auch die Spieler mit dem zweithöchsten bzw. dritthöchsten Wert etwas abbekommen. Nachdem jeder Spieler genau einmal an der Reihe war, ergibt sich eine eindeutige Rangfolge nach den Summen der Einflusspunkte der gebotenen Karten, wobei bei Gleichstand derjenige Spieler bevorzugt wird, der näher zum Startspieler sitzt. Der Startspieler wechselt dann immer zum Gewinner der aktuellen Versteigerung.

Diese Art des Bietens ist neu, faszinierend und ungemein spannend. Aber worum wird bei "Strasbourg" überhaupt geboten und gefeilscht? Na, um Einfluss in der französischen Stadt zu gewinnen. Einfluss in den Handwerkszünften, bei den Kaufleuten, im Rat der Stadt, ja sogar in Kirche und Adel.

Bei fast der Hälfte aller Versteigerungen geht es um die Zünfte. Von den fünf verschiedenen Handwerkszünften (Schmiede, Schuhmacher, Fleischer, Bäcker und Weinleute) sind pro Runde drei verschiedene dran. Der Höchstbieter darf den Meister stellen und darf 3 verschiedene Aktionen durchführen: Ein Familienmitglied auf das Ratsfeld der entsprechenden Zunft stellen, eine Ware dieser Zunft an sich nehmen und hinter seinem Sichtschirm verstecken und schließlich darf er noch 1 Familienmitglied auf ein freies Feld der entsprechenden Zunft auf den Spielplan stellen. Während die beiden ersten Vorteile gratis sind und daher stets gerne durchgeführt werden, muss für Letzteres der auf dem Feld angegebene Preis in Münzen bezahlt werden. Wer nicht zahlen will oder kann, darf deshalb auch darauf verzichten.

Der Spieler mit dem zweithöchsten Gebot darf den Gesellen stellen und die beiden damit verbundenen Aktionen durchführen: Wie schon der Meister eine Ware nehmen und - auf freiwilliger Basis - gegen Bezahlung ein Familienmitglied auf dem Stadtgebiet des Spielplans unterbringen. Der Spieler mit dem dritthöchsten Einfluss wird zum Lehrling und darf dann noch wahlweise eine Ware nehmen oder sich mit einem Familienmitglied in der Stadt einkaufen.

Mit den mickrigen 5 Münzen Startkapital kommt man nicht sehr weit, belaufen sich die Kosten für das Aufstellen einer einzigen Figur in der Stadt doch auf bis zu 5 Münzen. Um seine leere Börse aufzufüllen, kann man seinen Einfluss in der Kaufmannschaft geltend machen. Nach jeder Zunft-Auktion wird um den Einfluss bei den Kaufleuten geboten. Allerdings hat hier nur der Höchstbieter die Möglichkeit, beliebig viele seiner gesammelten Warenplättchen gegen bare Münze einzutauschen, um wieder über ausreichend Bargeld zu verfügen.

Ich schrieb im 2. Absatz von 7 Auktionen pro Runde. Je 3 Auktionen für Zünfte und die Kaufleute, da fehlt ganz offensichtlich noch eine Versteigerung. Und tatsächlich: In der allerersten Versteigerung jeder Runde geht es um die Beeinflussung von Kirche und Adel. Der Höchstbieter ist berechtigt, eine seiner Figuren auf das Adelsfeld des Rates zu stellen. Der Spieler auf dem 2. Platz nimmt noch das Kirchenfeld in Besitz. Diese beiden Funktionen geben ihren Besitzern am Ende der Aktionsphase noch das Recht, Gebäude in der Stadt zu errichten. Der Spieler, dessen Familienmitglied zu diesem Zeitpunkt auf dem Kirchenfeld steht, darf eine Kapelle auf einen freien Schnittpunkt zu platzieren, das Adelsfeld wiederum erlaubt es, das Bauwerk dieser Runde (Wert zwischen 2 und 6) auf ein beliebiges freies Baufeld zu legen.

In der abschließenden Ratsphase erkennt man erstmals, um was es bei "Strasbourg" wirklich geht, nämlich um möglichst hohes Prestige, was für uns Spieler selbstverständlich nur eines heißen kann: Punkte, Punkte, und noch mal Punkte! Für jedes eigene Familienmitglied, das nun im Rat der Stadt sitzt, erhält man 1 Prestigepunkt. Wer zudem die Mehrheit im Rat stellt, bekommt ein "Privileg" ausgehändigt. Ein Privileg kann recht hilfreich sein, denn in späteren Runden kann man ein Privileg abgeben, um beim Aufdecken von Einflusspunkten einmal aussetzen zu dürfen, und sich erst nachdem die anderen Spieler ihre Einflüsse offenbart haben entscheiden zu müssen. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

Die paar Ratspunkte sind aber eigentlich nur ein willkommenes Zubrot. So richtig viele Punkte gibt es erst am Ende des Spiels, also nach der 5. Runde. Dann zählt nämlich jedes eigene Familienmitglied im Stadtgebiet 1 Prestigepunkt, Kapellen und Bauwerke an direkt angrenzenden Feldern bringen zusätzliche Punkte ein.

Dies allein macht "Strasbourg" bereits zu einem taktisch anspruchsvollen und äußerst interessanten Spiel. Stefan Feld hat dem Spiel aber mit Aufgabenkarten noch eine strategische Komponente zugefügt. Jeder Spieler erhält bei Spielbeginn verdeckt 5 Aufgabenkarten ausgeteilt. Von diesen darf man eine beliebige Anzahl zurückgeben, mindestens eine muss allerdings behalten werden. Diese Aufgabenkarten bieten die Chance, schöne Extrapunkte zu machen, wenn man bestimmte Bedingungen erfüllt. Behält man sich jedoch eine Karte und schafft es nicht, verliert man hingegen 3 Prestigepunkte.

Die meisten Aufgabenkarten - immerhin 20 von insgesamt 25 - beziehen sich auf Positionen von Familienmitgliedern im Stadtgebiet. Auf der Karte ist dann angegeben, wie viele Figuren dafür notwendig sind, daneben zeigt eine Grafik, wo bzw. wie sie platziert sein müssen, und eine Zahl im Wappen verrät die Prestigepunktezahl bei Gelingen. Die anderen Aufgabenkarten verlangen den Besitz von Warenkärtchen, von Geld, der Startspielerfigur oder einer bestimmten Besetzung im Rat. Je nach Schwierigkeitsgrad sind mit den Karten zwischen 2 und 12 Prestigepunkte zu erzielen.

Die Aufgabenkarten werten das Spiel noch einmal ziemlich auf. Bereits bei Spielbeginn gilt es abzuwägen, welche Karten man riskieren will und welche man lieber bleiben lässt. Danach muss man sein Handeln strategisch auf die gewählten Aufgaben ausrichten. "Strasbourg" kann recht gnadenlos sein und verzeiht kaum Fehler. Übersieht man etwas, kann eine Aufgabe eventuell nicht mehr geschafft werden. Verlangt beispielsweise eine Aufgabenkarte drei Familienmitglieder auf Feldern einer bestimmten Zunft, muss man praktisch in jeder der nur 3 Auktionen für diese Zunft in der Lage sein, sowohl vom Gebot her ein Familienmitglied stellen zu dürfen als auch sich die entsprechenden Kosten leisten zu können, sonst ist man schon zum Scheitern verurteilt. Die in der Spielregel auftauchende Bezeichnung "ein ausgeklügeltes Strategiespiel" ist daher auf jeden Fall berechtigt.

Wenn es doch etwas zu bemängeln gibt, dann der Umstand, dass die zufällige Verteilung der Aufgaben zu Beginn manchmal recht unausgeglichen sein kann. Während sich bei dem einen Spieler gleich mehrere Karten wunderbar ergänzen können, passen bei einem anderen Spieler die Aufgaben überhaupt nicht zusammen, ja können sich sogar manchmal - zumindest was die Taktik anbelangt - etwas widersprechen. Das stört leider ein wenig den ansonsten überaus positiven Eindruck, ein gravierendes Problem ist es aber nicht. Und es ist auf keinen Fall ein Grund, der mich von weiteren Partien abhalten könnte, denn die Symbiose eines originellen Bietmechanismus mit einem strategisch orientierten Positionierspiel ist einfach genial gelungen. Für mich eines der Highlights dieses Spielejahrgangs!

Franky Bayer

Bewertung: 5 Schilde