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Knobelritters Spielearchiv - Venezia 2099

Art des Spiels: Sammel- und Spekulationsspiel
Spieleautor:    Leo Colovini
Verlag:         Piatnik Spiele
Jahrgang:       2014
Spielerzahl:    2 bis 5 Spieler
Alter:          ab 8 Jahren
Dauer:          30 bis 45 Minuten
Preis:          ca. € 29,-

Zielgruppe:     Gelegenheitsspieler ++

Was habe ich in Venedig nicht schon alles erlebt! Ich habe für Casanova den Gondoliere gespielt, meinen eigenen Tauben-Clan in den Sestieri geführt, am Ponte Vecchio Handel getrieben und Commissario Brunetti beim Lösen eines Falls geholfen. Und dann erst die ganzen Bautätigkeiten! Was habe ich in der Lagunenstadt nur geschuftet: Pfähle in den sumpfigen Untergrund geschlagen, unzählige Casas und Palazzi errichtet, Brücken über die Kanäle gebaut, und und und. Mich verbinden viele, viele schöne Stunden mit Venedig. Doch was ich jetzt erleben muss, das bricht mir das Herz. Venezia, meine "Serenissima", das Juwel der nördlichen Adria, versinkt langsam in den Fluten des Meeres. Und mir bleibt nichts anderes mehr übrig, als schweren Herzens zumindest einige der kostbaren Kunstschätze vor dem alles zerstörenden Nass zu retten.

In dieses zukünftige Horrorszenario entführt uns das Spiel "Venezia 2099". Anders als in den meisten anderen Spielen über die Lagunenstadt zeigt der Spielplan aber keine maßstabgetreue Abbildung, sondern wird variabel aufgebaut. In das quadratische Spielbrett werden zufällig 8 x 8 Plättchen gelegt. Die meisten Plättchen sollen venezianische Stadtteile darstellen, sie unterscheiden sich voneinander in Farbe (schwarz, braun, aquamarin, lila, rot und hellgrün), sowie in ihrem Wert (2, 3, 4, 5, 6, 7, 8 und X). Das ergibt 48 Plättchen, die restlichen Plättchen sind sogenannte "schwimmende Plattformen".

Auch auf den Prophezeiungskarten finden wir dieselben Farben und Werte mit einer Ausnahme: Es gibt keine 2er-Karten. Von diesen 42 gut gemischten Karten wird der Großteil zufällig und verdeckt unter den Spielern verteilt, der Rest kommt ungesehen aus dem Spiel. Die quadratischen Schatzplättchen werden, nach Farben sortiert, neben das Spielbrett bereit gelegt. Zum Abschluss der Vorbereitungsarbeiten erhält jeder ein von der Spielerzahl abhängiges Startkapital an Münzen, zwei Gondelkarten in seiner Farbe, sowie ein paar Spielfiguren, welche von den Spielern reihum - eine nach der anderen - auf beliebige Felder der Spielplans platziert werden.

Wer an der Reihe ist, kann zuerst eine seiner Figuren bewegen. Eine Figur darf dabei beliebig weit in beliebiger Richtung gezogen werden, allerdings weder über Wasserfelder noch über andere (auch eigene) Spielfiguren hinweg.

Anschließend kann der Spieler einen Schatz kaufen. Er nimmt ein Schatzplättchen, das der Farbe eines Stadtteils entspricht, auf dem eine seiner Spielfiguren steht. Der Kauf erfolgt, indem der Spieler auf das gewählte Feld eine Münze mehr ablegt, als bereits Münzen darauf liegen. Somit kostet der erste Schatz eines Feldes nur 1 Münze, der zweite schon 2 Münzen, der dritte 4, etc.

Und schließlich muss der Spieler eine seiner Prophezeiungskarten ausspielen. Er wählt dabei die Karte mit dem niedrigsten Wert auf seiner Hand. Der betroffene Stadtteil versinkt für immer in den Fluten, oder auf das Spiel umgemünzt: Das Plättchen wird auf die Wasserseite umgedreht. Stand auf dem Plättchen eine Figur, fällt diese ins Wasser. Sie wird aus dem Spiel genommen, es sei denn ihr Besitzer gibt eine seiner Gondelkarten ab, um sie zu retten.

Auf diese Weise gehen immer mehr Stadtteile unter. Nachdem die letzte Karte ausgespielt wurde, findet noch eine Schlusswertung statt, bei der die Spieler Siegpunkte für ihre gesammelten Schätze, überlebende Spielfiguren und verbliebene Münzen erhalten. Der Spieler mit den insgesamt meisten Punkten gewinnt.

Venedig versinkt also, aber ein paar wenige Stadtteile bleiben davon verschont. Neben den sechs 2er-Plättchen werden bis zum Spielende noch - je nach Spielerzahl - 6 bis 7 Stadtteile nicht unter Wasser sein. Welche dies sind, wird zwar schon bei der Kartenverteilung ganz zu Beginn festgelegt, doch die Spieler selber besitzen ja lediglich die Informationen ihrer eigenen Handkarten. Sie wissen also anfangs nur, welche Stadtteile auf jeden Fall untergehen.

Durch das geregelte Ausspielen der Prophezeiungskarten - stets die Karte mit dem niedrigsten Wert - erfahren die Spieler dann allmählich mehr. Für die Schlusswertung ist möglichst frühzeitige Kenntnis über verschonte Stadtteile von großem Nutzen. Schließlich bringen am Ende Spielfiguren auf Stadtteilen Punkte entsprechend dessen Wertes. So sind die 2er-Stadtteile zwar von Haus aus sicher, bringen dafür aber bloß 2 läppische Punkte. Bei den Stadtteilen mit hohen Werten offenbart sich hingegen erst sehr spät ihr Schicksal, weshalb man entweder länger wartet oder riskiert bzw. spekuliert. Manchmal ist es sinnvoller, einen Stadtteil auf Verdacht zu besetzen mit dem Risiko, die Figur zu verlieren, anstatt den Mitspielern mögliche wertvolle Punkte zu überlassen.

Auch auf die Wertung der Kunstschätze wirken sich übriggebliebene Stadtteile aus. Je weniger Stadtteile einer Farbe am Ende noch im Spiel sind, umso wertvoller, weil seltener sind deren Schätze. Versinken etwa von den roten Stadtteile alle bis auf den 2er-Stadtteil, ist jedes rote Schatzplättchen stolze 6 Punkte wert. Bleiben 2 Stadtplättchen übrig, sind es immerhin noch 3 Punkte je Schatz. Bei mehr als 3 Stadtplättchen lohnt sich ein Erwerb nicht mehr, denn deren Schätze zählen nur mehr 1 Punkt, genauso viel wie man am Ende für jede verbliebene Münze bekommt.

Jeder Spielzug ist somit geprägt von ständigem Taktieren, Beobachten der Mitspieler, Abwägen der Wahrscheinlichkeiten, Spekulieren auf hoffentlich punkteträchtige Schätze und möglichst günstiges Positionieren der eigenen Spielfiguren, basierend auf den zur Verfügung stehenden Informationen. Allerdings kann die zufällige Kartenverteilung in unterschiedlichen Wissensständen der Spieler resultieren, was sich nach meiner Erfahrung aber nicht negativ aufs Spielgeschehen auswirkt.

Wichtiger ist da schon der taktisch kluge Einsatz der Gondeln. Diese können nämlich nicht nur eigene Figuren vor nassen Füßen bewahren, sondern auch zur Überbrückung von Wasserflächen dienen, um auf ein beliebiges abgeschnittenes oder auf andere Weise nicht zu erreichendes Stadtteil ziehen zu können. Im Idealfall sogar beides gleichzeitig. Hierbei kommt es auf gutes Timing an. Da Gondeln bei Spielende nichts wert sind, sollten sie auch bestmöglich genutzt werden. Also weder früh, um im Notfall noch einschreiten zu können, noch zu spät, wenn kein vernünftiges Feld mehr frei ist.

Das daraus resultierende Spielgefühl ist für mich etwas zwiespältig. Einerseits gefällt mir das taktische Zocken, das Spekulieren um die möglichen verschonten Stadtteile und die Kunstschätze, auf der anderen Seite fühle ich mich ein bisschen "gespielt", weil mir etwas die Einflussmöglichkeiten für gezieltes Vorgehen fehlen. Das erklärt auch, warum das Spiel in meinen "Veteranen"-Runden nicht überzeugt hat. In lockeren Spielerunden hingegen wird die etwas komplizierte Endabrechnung kritisiert.

Beim Spielmaterial fällt das zusammensteckbare Spielbrett aus vier Plastikteilen auf, das den 64 Plättchen nicht nur einen ordentlichen Platz bietet, sondern praktischerweise durch Vertiefungen das Herausnehmen der Plättchen erleichtert. Die Stadtteil- und Schatzplättchen sind von guter Qualität, die Holzfiguren schön groß. Die Spielregel lässt keine Fragen offen, und das auch für Spieler, deren Muttersprache Englisch, Französisch, Italienisch, Holländisch, Polnisch, Tschechisch, Slowakisch oder Ungarisch ist. Die Wiener Spielkartenfabrik Ferdinand Piatnik dürfte sich wohl an die frühere große Bedeutung Österreichs im Herzen Europas erinnern.

Der Venezianer Leo Colovini hat mit "Venezia 2099" ein Spiel geschaffen, das funktioniert und gute Unterhaltung für eine halbe, dreiviertel Stunde bietet, aber eben nicht nachhaltig begeistern kann. Bleibt nur zu hoffen, dass sich die Schreckensvision des Untergangs seiner Heimatstadt nicht bewahrheitet. Aber dazu müsste wohl der Großteil der Menschheit radikal umdenken...

Franky Bayer

Bewertung: 3 ½ Schilde